Protokoll der Sitzung vom 12.11.2008

Es ist doch unsere Landesregierung, die zurzeit Anstrengungen unternimmt, damit wir zu einem höheren Schonvermögen kommen, weil wir nicht wollen, dass Leute, die 30 Jahre gearbeitet haben, nach zwölf Monaten Arbeitslosigkeit ihre Lebensversicherung auflösen müssen und im Alter arm sind und unsere Kinder nicht lernen: Wer gespart hat, der ist der Dumme. Das dieses noch nicht Gesetz ist, wird auch vom Bundesarbeitsminister verhindert, und das war Herr Müntefering und ist Herr Scholz, und niemand anderes ist dafür zuständig.

(Beifall von CDU und FDP)

Die haben doch dasselbe Parteibuch wie Sie! Sie können morgen mit uns im Bundestag einen Antrag stellen, die Rechtslage betreffend das Schonvermögen zu verändern, aber Ihre Fraktion sperrt sich gegen einen solchen Antrag und sonst niemand!

(Beifall von CDU und FDP – Zuruf von Achim Tüttenberg [SPD])

Ich weiß, warum Sie den hier zur Rede stehenden Antrag hier im Landtag gestellt haben. Frau Nahles war hier und hat gefordert: Ihr müsst den Rüttgers und den Laumann mehr angreifen.

(Lachen von der SPD)

Wenn dieser Antrag der Ausfluss eines solchen Angriffes war, dann wünsche ich Ihnen viel Spaß. Ich bleibe ganz ruhig dabei, aber merken Sie sich: Wir werden in jeder Debatte reagieren. – Schönen Dank.

(Anhaltender Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Laumann. – Für die SPD-Fraktion hat als Nächster Herr Kollege Schmeltzer das Wort.

(Stöhnen von der CDU)

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Es freut mich, dass Sie amused sind, wenn ich hier rede. Es macht doch sehr viel Spaß, nach einem aufgebrachten Arbeits- und Sozialminister Laumann zu reden. Das gibt einem Gelegenheit, ihm immer wieder mal vor Augen zu halten – nachdem er gesagt hat, was seiner Meinung nach die Wahrheit ist –, was wirklich die Wahrheit ist.

(Lachen von der CDU)

Ich schreibe es Ihnen wirklich immer gerne ins Stammbuch, Herr Minister Laumann: Die Wahrheit ist nicht dann die Wahrheit, wenn Sie sagen, es wäre die Wahrheit. – Da liegen manchmal noch Welten zwischen, Herr Minister Laumann.

(Beifall von der SPD)

Fangen wir mit dem letzten humoristischen Teil an, mit der Kollegin Nahles. Wir brauchen hier in Nordrhein-Westfalen nicht Frau Nahles, damit sie uns

sagt, was wir sagen sollen, wenn es gegen Rüttgers und Laumann geht.

(Lachen von der CDU – Zuruf von der CDU: Doch, doch!)

Im Gegenteil: Wir machen uns immer und immer wieder dafür stark – in allen Bundesländern –, den Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen und aller Parteien immer wieder deutlich zu machen, dass dies hier auf dem Platz des Ministerpräsidenten ein Sozialschauspieler ist und dass er hier in NordrheinWestfalen in der aktiven Politik definitiv anders handelt, als er draußen in anderen Ländern redet. Das ist nämlich die Wahrheit, Herr Minister Laumann.

(Beifall von der SPD)

Lassen Sie uns nun zu der Mähr von der Verlängerung des Arbeitslosengeldes I kommen.

(Minister Karl-Josef Laumann: Ja!)

Es ist immer wieder lustig, sich das anzuhören.

Sie wissen genauso gut wie ich, dass der Vorschlag, den Sie irgendwann einmal im Rahmen eines Finanzierungspakets gebracht haben, nachdem sich die Sozialdemokraten auch der Bezugszeiträume des Arbeitslosengeldes I angenommen haben, von Ihrer Bundeskanzlerin Merkel 1:1 in den Papierkorb geschmissen wurde, weil er Ältere gegen Jüngere ausspielte und nicht kostenneutral war. Deswegen ist Frau Bundeskanzlerin Merkel richtigerweise unserem Vorschlag gefolgt. Das war ein guter Schritt von Frau Merkel.

(Beifall von der SPD – Lachen und Zurufe von der CDU: Och!)

Herr Laumann hat sinngemäß die Frage gestellt, ob die Tendenz des Antrags sein sollte, die Politik der Regierung sei unsozial. – Ich will Ihnen eine kurze und knappe Antwort geben: Ja, das ist die Tendenz dieses Antrags.

(Beifall von der SPD)

Noch ein freundschaftlicher Hinweis an Kollegin Löhrmann: Sie haben viel Zusätzliches und Richtiges gesagt. Dem will ich gar nicht widersprechen. Lassen Sie uns das um all die Punkte, die richtig waren, ergänzen. Ich gehe aber davon aus, dass wir, auch wenn wir die zusammengeführt haben, immer noch nicht alle Punkte der unsozialen Politik der Landesregierung aufgeführt haben.

Minister Laumann hat viele Dinge angesprochen, die nicht sein Ressort betreffen. So ist es nicht verwunderlich und auch nicht sträflich, wenn sie nicht richtig sind.

Ihnen ist wohl entgangen, Herr Minister Laumann, dass aufgrund von KiBiz – Kollegin Altenkamp hat die Erhebungen diese Woche vorgestellt – bei den Elternbeiträgen für die Betreuung von zweijährigen Kindern, die das 45-Stunden-Angebot in Anspruch

nehmen, eine Differenz von 600 € besteht. Zum Beispiel betragen die Elternbeiträge bis zu 840 € …

(Zuruf von Gabriele Kordowski [CDU])

Ach, Frau Kordowski, Sie schreien doch sonst nicht so laut!

… in den Städten Bochum, Gelsenkirchen, Mülheim, Hagen, aber in Pulheim, Bünde, Troisdorf beginnen sie bei 235 €. Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Wer regiert denn hier? Wer muss denn Ihre Gesetze umsetzen? – Die Gemeinden, die in den letzten dreieinhalb Jahren systematisch von Ihnen ausgeblutet werden.

(Beifall von der SPD – Widerspruch von der CDU – Zuruf von Minister Karl-Josef Lau- mann)

Ich will Ihnen etwas zu den Kosten sagen, Herr Minister Laumann. In meiner Stadt, die keine sozialdemokratische Mehrheit hat, kostet uns das KiBiz zusätzlich 1 Million € aus dem städtischen Haushalt. Das ist Ihre Politik zulasten der Städte und Gemeinden.

(Beifall von der SPD)

Es ist in diesem Antrag viel angesprochen worden. Das ist auch richtig so. Es ist kein Sammelsurium, wie es Kollege Romberg bezeichnet hat, sondern eine kurze Zusammenstellung der unsozialen Maßnahmen, die wir geändert wissen wollen – zugunsten der Menschen, der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land.

Es gehört sich nicht, Herr Kollege Romberg, Herr Kollege Laumann, immer wieder zu sagen: Wir, die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen, haben es geschafft, die Arbeitslosenstatistik dahin zu kriegen, wo sie steht. Schauen Sie sich einmal die anderen 15 Bundesländer an! Sind die auch von Rüttgers und Laumann regiert? – Ich glaube nicht. Das ist die Folge der Reformen, die der Arbeitsmarktpolitik gutgetan haben und endlich auch in NordrheinWestfalen greifen, aber nicht, weil Rüttgers und Laumann hier das Sagen haben, um es noch mal deutlich zu machen.

Aber wie steht es mit Ihren Versprechungen aus dem Wahlkampf 2005? Ich erinnere mich sehr gut an die Demonstration des öffentlichen Dienstes vor dem Landtag und die Versprechungen von Herrn Rüttgers direkt gegenüber den Demonstranten: Wir nehmen diese unsozialen Sonderopfer, Sonderzahlungskürzungen, zurück. Wir nehmen die 41Stunden-Woche zurück.

Was machen Sie denn gerade? – Durch die Hintertür zementieren Sie die 41-Stunden-Woche für die Beamtinnen und Beamten. Die sogenannten Sonderopfer, die Sie zurücknehmen wollten, haben Sie so verschärft, dass man sich verfassungsrechtlich darüber Gedanken machen müsste. Sie haben die

Beamtinnen und Beamten in diesem Land belogen, verschärfen das aufs Tiefste,

(Beifall von der SPD)

und reden hier von Gerechtigkeit. Das ist nämlich die Wahrheit, Herr Minister Laumann! Wenn Sie, wie Sie es immer wieder darlegen, Gewerkschaftler sind, würden Sie ganz anders mit diesen Themen umgehen, wie beispielsweise im öffentlichen Dienst mit dem Landespersonalvertretungsgesetz.

Herr Kollege Brakelmann, Sie haben es richtig festgestellt. Wir haben keine Änderungen zu Ihrem Gesetzentwurf zum LPVG eingebracht. Ich frage Sie ernsthaft: Wo sollen wir denn Änderungen einbringen, wenn Sie bei den Rechten für die Beschäftigten massiv für Kahlschläge sorgen? Sie rasieren sie, und es gibt keine Mitbestimmung mehr. Da sind keine Änderungen möglich, da kann es nur Ablehnung geben. Das haben wir gemacht.

(Beifall von der SPD)

Sie haben die Sense angelegt; ich will nur wenige Mitbestimmungstatbestände anführen: Abmahnung, Kündigung, Befristung, Rationalisierung, Privatisierung – zentrale Elemente sozialer Gerechtigkeit. So sieht die Mitbestimmung in Betrieb und Verwaltung bei Ihnen aus.

Herr Brakelmann, nach Ihrem Wortbeitrag muss ich wirklich fragen: Sind Sie immer noch Betriebsrat? Das kann ich mir nicht vorstellen. Wenn Ihre Kolleginnen und Kollegen einmal den Redebeitrag und Ihre Stellungnahmen zur Mitbestimmung bekommen würden, könnte es bei der nächsten Betriebsratswahl Schwierigkeiten geben.

(Beifall von der SPD)

Das war typisch für Ihr Verhalten hier im Haus. Da hat ein Betriebsrat über die Sensementalität dieser Landesregierung bei der Mitbestimmung gesprochen.

(Beifall von der SPD – Widerspruch von der CDU)

Lassen Sie mich zu einem wesentlichen Punkt in diesem Land, in der Bundesrepublik Deutschland, kommen. Sie haben das SGB II angesprochen, Herr Minister Laumann. Wir haben eine Große Anfrage gestellt. Sie haben sie weitestgehend beantwortet. Schlimmstenfalls haben Sie geschrieben: Mir liegen keine Daten vor. Ich will Ihnen noch einmal in Verbindung mit einigen anderen Themen, die wir immer wieder diskutieren, die Ergebnisse hier im Land vor Augen halten.