Protokoll der Sitzung vom 13.11.2008

Ich will deutlich einräumen, dass daran auch die damalige Bundesregierung Schuld hatte, indem sie die Kapitalertragsteuer so geändert hat, wie sie geändert wurde. Das ist neben der deutschen Einheit einer der großen negativen Einflussfaktoren. Aber es ist im Bundestag auch Ihre Fraktion gewesen, die das immer gefordert hat. Das will ich deutlich sagen. Wir müssen heute gemeinsam mit dieser Problemlage umgehen.

Umgehen heißt nicht – das will ich an der Stelle ganz klar in Abgrenzung zu Ihnen sagen –, dass man den Kommunen Geld vorenthält, das den Kommunen eigentlich zusteht. Von den hohen Steuereinnahmen haben Sie vieles weggenommen: Krankenhausfinanzierung, Grunderwerbsteuer. Das alles wurde hier hundert Mal genannt. Vielmehr würde es sich gehören, dass Sie den Kommunen geben, was ihnen ist.

Letzte Bemerkung: Die Frage, ob der Weg, den die Kolleginnen und Kollegen in diesem Eilantrag vorgezeichnet haben, der richtige Weg ist oder nicht, würde ich gern in der für Anfang Januar vereinbarten Debatte auch debattieren; denn diese Debatte steht jetzt an, insbesondere nach dem Expertengespräch, das wir im Übrigen zu der Beratung unseres Antrages beantragt haben.

Selbstverständlich ist das dann einer der möglichen Wege. Aber Sie werden nicht umhinkommen – wie es die Gemeindeprüfungsanstalt und die anderen Experten gesagt haben –, den Kommunen zu helfen, die sich alleine nicht mehr helfen können und bei denen die Gemeindeprüfungsanstalt auch sagt: Selbst alle Maßnahmen, die sie ergreifen könnten, reichen nicht aus, um aus der Schuldenspirale herauszukommen.

Allerletzte Bemerkung: Da auch kommunale Schulden immer gesamtstaatliche Schulden sind, sind sie

in letzter Konsequenz auch unsere Schulden – spätestens bei einer negativen Eröffnungsbilanz wie in Oberhausen.

Das heißt: Wenn wir nicht anfangen, diese Kassenkredite abzubauen, dann werden wir ein massives Problem haben. Deswegen, glaube ich, kommen Sie auch nicht darum herum, Ihre Position in dieser Frage in Kürze zu ändern. – Schönen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Als nächster Redner spricht für die Landesregierung Herr Minister Dr. Wolf. Bitte schön, Herr Minister.

Frau Präsidentin! Mehr sehr geehrten Damen und Herren! Von den Regierungsfraktionen und auch von der Regierung ist in den letzten Jahren immer wieder deutlich gesagt worden, dass die Finanzlage der Städte und Gemeinden nach wie vor angespannt ist. Das gilt im Übrigen auch für die Finanzlage des Landes.

In der Bewertung allerdings, ob es besser geworden ist als früher, unterscheiden wir uns, glaube ich, sehr deutlich. Wenn uns der Abgeordnete der Grünen gerade wieder erklären wollte, was Sie alles Tolles früher gemacht haben, dann will ich nur noch darauf hinweisen, dass die Steuereinnahmen in netto, also nach Abzug aller Kosten, zwischen 2000 und 2005 praktisch gleichgeblieben sind, während sie in den letzten Jahren der neuen Regierung von etwa 14 Milliarden € auf 18 Milliarden € gestiegen sind. Das ist nun einmal nicht wegzudiskutieren. Das zeigt, dass sich die Situation deutlich verbessert hat und insofern auch Möglichkeiten der Konsolidierung genutzt werden müssen, wenn man davon ausgeht, dass es in der Vergangenheit natürlich zu explosiven Kassenkrediten gekommen ist.

Ich bin Herrn Kollegen Löttgen sehr dankbar dafür, dass er noch einmal darauf hingewiesen hat – da bitte ich Sie auch darum zuzuhören –: 70 % des Kassenkreditbestandes sind bis 2005 aufgebaut worden. Wo war denn da Ihre Erregung? Was haben Sie denn in der Zeit gemacht? – Nichts, null.

(Beifall von der CDU)

Das heißt, dass die jetzigen Chancen besser geworden sind. Es haben sich ja auch einige bewegt, meine Damen und Herren.

Man kann auch nicht immer nur auf die Strukturschwäche verweisen. Ich darf darauf hinweisen, dass beim Expertengespräch im Ausschuss sehr deutlich gesagt worden ist, dass es eben keine eindeutige Zuordnung gibt. Anzunehmen, dass sozusagen die Lage, die Struktur automatisch auch eine schlechte Kassenlage bedeutet, stimmt nämlich nicht.

Richtig ist das, was in einer anderen Sitzung des Kommunalausschusses diskutiert worden ist. Man muss einfach einmal auch in ein Benchmarking eintreten. Man muss sich einmal anschauen, wie denn das Ausgabeverhalten von Kommunen gleicher Größe und etwa gleicher Soziostruktur aussieht. Dann werden sie feststellen, dass das im Einzelnen sehr, sehr unterschiedlich ist. Natürlich muss man auch eine Konsolidierung im eigenen Bereich betreiben.

Ich nenne nur ein Beispiel. Die Stadt Waltrop, die ja nun auch immer schlecht dagestanden hat, hat es immerhin in das genehmigte HSK geschafft. Das heißt, da ist ein Stück Bewegung hineingekommen.

Das müssen wir auch erwarten, wenn Kommunen in so schlechten Zahlen stecken. Denn es ist doch zu Recht gesagt worden, dass die Kommunen, die ihre Hausaufgaben machen, die sich mühen, die auf Dinge verzichten und die mit ihren Bürgern auch darüber diskutieren, dass sich das eine oder andere in schlechten Zeiten nicht realisieren lässt, nun nicht hinten herunterfallen dürfen und letztendlich zusehen müssen, wie anderen die Mittel einfach zugeteilt werden. Das ist doch klar, meine Damen und Herren.

Wolkenkuckucksheim SPD: 5,53 Milliarden € in sechs Jahren sollen aus dem Landeshaushalt fließen. Hat irgendeiner auch nur annähernd von der SPD gehört, wie so etwas finanziert werden soll? Wie soll das denn gehen, meine Damen und Herren, gerade angesichts aufziehender Rezessionswolken am Konjunkturhimmel?

Ein konditionsloser Erlass von Schulden kann doch kein zielführender Weg sein. Hier muss von den Kommunen auch verlangt werden, dass sich selber anstrengen.

In dem Zusammenhang ist auch noch hinzuzufügen: Wir wollen uns doch in der nächsten Zeit mit dem GFG beschäftigen. Wir wollen das LenkGutachten auswerten und in einer gemeinsamen Anstrengung die Verteilungsgerechtigkeit und die Leistungsgerechtigkeit im GFG angehen. Herr Engel hat zu Recht darauf hingewiesen, dass auch das Stichwort Gemeindefinanzreform genannt werden muss.

Hier gibt es keine simple Lösung, aber es gibt eine Aussage: Alle müssen das tun, was jeder Familienhaushalt auch tun muss, nämlich nicht mehr ausgeben als einnehmen. Das ist der entscheidende Punkt. Hier müssen Bewegungen erkennbar sein. Da kann nicht die Antwort lauten: Wir haben alles getan, es geht nicht mehr. – Die Fragen, die sich stellen, liegen im Bereich der freiwilligen Ausgaben. Sie stellen sich aber auch im Bereich des Personalhaushalts und des Verwaltungshaushalts. Sie stellen sich auch bei den Zuschüssen und reichen bis hin zu der Frage, mit welchem Aufwand gesetzliche Leistungen erbracht werden.

Meine Damen und Herren, auch in diesen Fragen gibt es deutliche Unterschiede in den verschiedenen Kommunen. Da muss man sich an den Besten orientieren und nicht darauf verweisen, dass man die Kraft nicht findet, vor Ort entsprechende Beschlüsse zu fassen. – In diesem Sinne herzlichen Dank!

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. – Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, sodass wir am Schluss der Beratung sind und über den Eilantrag bzw. seinen Inhalt direkt abstimmen können.

Wer dem Inhalt des Eilantrags der Fraktion der SPD mit der Drucksache 14/7870 zustimmen möchte, den bitte ich die Hand zu heben. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist dieser Eilantrag mit den Stimmen der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP gegen die Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und des fraktionslosen Abgeordneten Sagel abgelehnt.

Ich rufe auf:

10 Transparenz bei der Verwendung von Studiengebühren herstellen

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/7828

Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/7888

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion der SPD dem Kollegen Schultheis das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir erinnern uns, im Juni dieses Jahres beschloss die Koalition eine erste landesweite Studie zur Verwendung von Studiengebühren als Legitimation für ihr vermeintlich gutes Handeln in dieser Sache. Die Umstände, unter denen diese Studie in Gang gesetzt worden ist, müssen sicherlich noch aufgehellt werden. Aber das soll nicht Thema des heutigen Berichts- und Diskussionspunkts sein.

Meine Damen und Herren, diese Studie hat allerdings niemand mehr ernst genommen, als sich herausstellte, dass die Aussagekraft bei rund 0,4 Promille lag. Es waren nur 161 Studierende befragt worden. Von den 29 Hochschulen, die in Nordrhein-Westfalen Studiengebühren erheben, hatten die Autoren fünf Hochschulen besucht. Man hatte jedoch von allen Hochschulen entsprechende Berichte eingeholt.

Abgesehen davon, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass sich auch hier wieder zeigte, wir wertlos die Ergebnisse waren, war es genau dieser Punkt, der in meiner Fraktion zu Nachfragen führte. Wir hatten uns nämlich parallel dazu die vorliegenden Verwendungsberichte der einzelnen Hochschulen angesehen. Das Ergebnis war: Die Zahlen aus der Studie und die Zahlen, die der Öffentlichkeit vorgelegt wurden, waren zum Teil nicht identisch und zum Teil detailgetreu.

Ab diesem Moment musste jedem klar sein, dass die Landesregierung über ein zweites Berichtswesen verfügt, das sie den Autoren zur Verfügung gestellt haben musste.

Ich bin meiner Kollegin Hendricks sehr dankbar, die dann der Landesregierung eine entsprechende Anfrage stellte und die Antwort von Ihnen bekam, dass es dieses parallele Berichtswesen abseits der Öffentlichkeit tatsächlich gibt, und nicht nur das – es muss sogar semesterweise berichtet werden.

Was uns noch mehr wunderte, war der Inhalt der Berichte. Die Verwendung der Studiengebühren, Modalitäten der Aufkommensverteilung in der Hochschule, Arbeit des Prüfungsgremiums, anhängige Klageverfahren und schließlich auch die Informationsstrategie der Hochschulen sind angeforderte Berichtspunkte. Insbesondere die Punkte vier und fünf, also anhängige Klageverfahren und Informationsstrategie, sind sehr fragwürdig für jemanden, der doch behauptet hat, das Erheben und Verwenden sowie Informieren über Studiengebühren sei nicht seine Aufgabe, sondern die Sache jeder einzelnen Hochschule selbst.

Gemessen an ihren eigenen ordnungspolitischen Vorgaben, Herr Minister, muss man fragen: Was gehen Sie die Klagen der Studierenden und deren Daten noch an? Warum ist immer noch bei jedem Verfahren ein Vertreter der Landesregierung im Gerichtssaal? Kann es sein, dass die Freiheit doch nicht für alle gelten soll?

Dieser Verdacht liegt natürlich besonders nahe, wenn Sie behaupten, dass ein Anspruch der Studierenden auf Einsichtnahme in die Berichte der Hochschulen an die Landesregierung nicht besteht. Dieses Denken steht aus unserer und auch aus meiner persönlichen Sicht einem FDP-Minister überhaupt nicht gut an.

(Beifall von der SPD)

Nehmen Sie sich hier bitte nicht Ihren Kollegen Wolf zum Vorbild; dessen Verhaltensweisen und der Umgang mit Daten war hier schon verschiedentlich ein Thema.

Die Veröffentlichung der Berichte würde aber nicht nur für Transparenz nach außen, sondern auch nach innen sorgen. An manchen Hochschulen erfahren die Studierenden so gut wie gar nichts über die Verwendung ihrer Studiengebühren. Man muss

klar sagen: Ein DIN-A4-Blatt als Nachweis über die Verwendung von Millionen an Euros in einem Jahr ist ein Vorgehen, das nicht nur zu kritisieren, sondern einfach nicht hinzunehmen ist.

Ich weiß, hier sind manche Hochschulen besser als andere – gar keine Frage –, und wir sollten die besten Hochschulen zum Vorbild erheben und den Hochschulen klar sagen: So muss ein Bericht aussehen. Wir müssen eine Vergleichbarkeit der Berichte herstellen. Nur so können wir Transparenz erzeugen.

Es kann nicht Aufgabe der Studierenden sein, sich jeden Millimeter selbst erkämpfen zu müssen. Es muss ein klarer Kriterienkatalog für das Berichtswesen her. Das hätte aus meiner Sicht einen interessanten Nebeneffekt, denn wenn die Hochschule die Verwendung der Studiengebühren offenlegen muss, können die Studierenden überprüfen: Wurden wir ausreichend beteiligt? Das Prüfungsgremium selbst kann hinschauen: Wurde ordentlich verwendet?

Beides – das muss klar gesagt werden – findet oft oder noch immer nicht statt. Warum? Weil Transparenz fehlt. Wer hat diese Transparenz nicht gewollt und warum nicht? Weil Sie immer noch verschleiern wollen. Studiengebühren, meine Damen und Herren, Herr Minister, sind eben keine zusätzlichen Haushaltsmittel, die Sie bereitstellen.

(Beifall von der SPD)

Es geht um eine Verschleierung dessen, was mit diesen Studiengebühren wirklich geschieht. Studiengebühren sind in diesem Land nichts anderes als eine verdeckte Sondersteuer zur Finanzierung der Hochschulen.

Auf die Fragen, wer das Sanierungsprogramm für die Hochschulen bezahlt und ob unter Umständen dafür auch Studiengebühren herangezogen werden sollen, haben wir vom Herrn Minister keine klare Antwort erhalten. Das ist ein weiterer Beweis dafür, meine Damen und Herren. Ich hoffe, dass Sie hier für mehr Klarheit sorgen.

Herr Kollege, ich darf Sie bitten, zum Schluss zu kommen.

Frau Präsidentin, ich höre auf, meine Redezeit ist zu Ende. – Wir erwarten mehr Klarheit und einen klaren Kriterienkatalog, sodass für Transparenz gesorgt werden kann und diese Transparenz auch alle Interessierten und Beteiligten nutzen können. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.