Die von uns geforderte Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes liegt mittlerweile vor. Das ist sicherlich ein guter Schritt, ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Das heißt nicht, dass an diesem Entwurf im Gesetzgebungsverfahren nicht noch die eine oder andere Änderung möglich sein wird. Tatsächlich wird dies im Sinne der Bürgerinnen und Bürger und eines weitergehenden Datenschutzes auch erforderlich sein. Entsprechende Vorstöße sind von SPD-Kollegen in der Bundestagsfraktion bereits erfolgt.
Positiv hervorzuheben am vorliegenden Entwurf zu einer Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes ist sicherlich das sogenannte freiwillige Datenschutzauditverfahren.
Aus Sicht der Innenpolitik, die ich hier vertrete, möchte ich einige weitere Punkte herausheben. Im Sinne des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Bürgerinnen und Bürger ist die Einschränkung des sogenannten Listenprivilegs ein wichtiger Schritt. Zurzeit ist die Nutzung personenbezogener Daten zum Zwecke der Werbung auch ohne Einwilligung möglich. Und das hat gerade den Handel mit sensiblen Daten in einem enorm hohen Maße gefördert, obwohl dieser bis dato auch schon zu einem gewissen Teil unzulässig war.
Dem schiebt das neue Gesetz einen Riegel vor, indem die Verwendung solcher Daten für Werbung, Markt und Meinungsforschung von der ausdrücklichen Zustimmung des Betroffenen abhängig gemacht werden soll.
Grundsätzlich positiv zu bewerten ist auch die Einschränkung von sogenannten Kopplungsgeschäften. Gemeint ist etwa die Bindung eines Vertragsabschlusses an die Einwilligung, die Daten zu Werbezwecken nutzen zu dürfen.
Unverständlich ist mir, liebe Kolleginnen und Kollegen, warum Kopplungsgeschäfte nur für marktbeherrschende Unternehmen verboten sein sollen. Dies muss nach Auffassung der SPD-Landtagsfraktion auf alle Betriebe ausgedehnt werden.
Sicherlich muss man auch über die aus meiner Sicht sehr langen Übergangsfristen noch einmal intensiv nachdenken.
Zu begrüßen ist, dass die Gesetzesnovelle schärfere Sanktionsmöglichkeiten bei Rechtsverstößen vorsieht. Dazu gehört beispielsweise die Erweiterung der Möglichkeit, Bußgelder zu verhängen. Auch Gewinne, die durch illegalen Datenhandel zustande gekommen sind, können nunmehr abgeschöpft werden.
desdatenschutzgesetzes deutliche Fortschritte bringt. Sie trägt den Anforderungen an einen modernen und zeitgemäßen Datenschutz Rechnung. Das schließt nicht aus – ich habe es eben bereits erwähnt –, dass es in Details noch Änderungen im Gesetzgebungsverfahren im Sinne eines effektiven Datenschutzes für die Bürgerinnen und Bürger geben wird. Bekanntlich können wir als Landesgesetzgeber auf das Bundesdatenschutzgesetz nur einen bedingten Einfluss nehmen.
Wichtiger als dieser Aspekt ist aus landespolitischer Sicht für mich die Frage der Personalausstattung der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit. Es ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Binsenweisheit, dass die besten Gesetze nichts nutzen, wenn ihre Einhaltung nicht hinreichend kontrolliert wird und Verstöße nicht entsprechend geahndet werden.
Hier, meine Damen und Herren, können wir als Landtag, als Landesgesetzgeber ansetzen. Zu Recht forderte Bundesjustizministerin Zypries, dass die Länder die Kontrollmöglichkeiten im Datenschutzbereich und die Kompetenzen der Datenschutzbeauftragten ausweiten müssen.
In das gleiche Horn stößt auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Schaar. Meine Damen und Herren, Innenminister Wolf – heute ist er nicht da, er wird vertreten – ist allerdings anderer Meinung. Er brüstet sich gern damit, dass die Landesbeauftragte über eine besonders gute Ausstattung verfügt. So hat er in einem Interview am 4. September dieses Jahres im WDR, im Deutschlandradio zum Besten gegeben – ich zitiere –:
Wir haben die bestausgestattete Datenschutzbehörde auch im Ländervergleich. – Ich will nicht ausschließen, meine Damen und Herren, dass unsere Landesbeauftragte marginal noch besser ausgestattet ist als die in vielen anderen Bundesländern. Das ist aber mitnichten der Verdienst dieser schwarzgelben Landesregierung. Denn seit 2006 wird das Personal bei der Landesbeauftragten trotz eines Aufgabenanstiegs kontinuierlich heruntergefahren. Und das kann man auch im Datenschutzbericht 2007 nachlesen. Dort heißt es – ich zitiere –:
Kontinuität bei der Bearbeitung der jährlich steigenden Zahl von Anfragen und Beschwerden zu wahren, wird indes gerade vor dem Hintergrund von Personalkürzungen immer schwieriger. – Zitat Ende.
Im bereits genannten Interview mit dem Deutschlandradio lehnte Innenminister Wolf Forderungen nach mehr Personal im Bereich der Datenschutzbeauftragten kategorisch ab. Konsequenterweise, könnte man sagen, sieht der Haushalt 2009 in diesem Bereich auch keine Verstärkung vor.
Was dem Ganzen aber die Krone aufsetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen: Der Haushalt 2009 sieht nicht nur keine Verstärkung vor, nein, es geht noch einmal um drei Stellen runter. Das muss man sich einmal vor Augen führen. Damit wird für mich ganz deutlich, welch geringe Bedeutung Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, und die Damen und Herren der Landesregierung dem Datenschutz in NRW zumessen. Bei einer augenscheinlich gewachsenen Flut von Datenschutzproblemen ist dies aus meiner und aus Sicht meiner Fraktion in keinster Weise nachzuvollziehen.
Die Ausstattung der Landesdatenschutzbeauftragten mit Personal muss den gewachsenen Anforderungen angepasst und erhöht werden, damit die Wirksamkeit der Gesetzgebung nicht von vornherein an Vollzugsdefiziten leidet. Ich fordere die Regierungsfraktionen daher eindringlich auf: Werden Sie Ihrer Verantwortung endlich gerecht! Räumen Sie dem Datenschutz endlich den politischen Stellenwert ein, der ihm gebührt! Sorgen Sie mit Ihrer Mehrheit dafür, dass mehr Personal zur LDI gelangt, damit in Nordrhein-Westfalen künftig unter anderem eine wirksamere Kontrolle im Sinne eines effektiven Datenschutzes zugunsten der Rechte der Bürgerinnen und Bürger möglich ist! – Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Herr Kollege Stüttgen. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit kann ich die Aussprache beenden.
Die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat um eine direkte Abstimmung gebeten. Wir stimmen also über den Antrag Drucksache 14/8086 – Neudruck – ab. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Bündnis 90/Die Grünen. Wer ist dagegen? – CDU, FDP und SPD. Gibt es Enthaltungen? – Was haben Sie denn gemacht, Herr Sagel?
Wir fügen also den Stimmen der Grünen auch noch die Stimme des fraktionslosen Abgeordneten Sagel hinzu. Das ist doch nicht etwa ein Zeichen? – Damit ist der Antrag mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen und des Abgeordneten Sagel abgelehnt.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben vor nicht allzu langer Zeit im Plenum über das Thema Sozialticket geredet. Ich habe gesagt: Es wird die Nagelprobe dieser christdemokratisch geführten Landesregierung sein, ob sie in unserem mobilitätsstarken Land, dem Land der Mobilität Nummer eins auch denjenigen Mobilität zukommen lässt, die weniger Geld haben. Daran wird sich nämlich festmachen, ob die Landesregierung tatsächlich ihrem Anspruch gerecht werden kann, für alle Menschen in unserem Land Mobilität ermöglichen zu wollen.
Leider hat die Regierung diese Nagelprobe nicht bestanden. Es ist in der Zwischenzeit noch schlimmer gekommen; daher rührt der Eilantrag. Herr Rüttgers ist und bleibt ein Sozialschauspieler. Er verschanzt sich jetzt auch noch hinter seinen Truppen beim VRR.
Worum geht es? – Mit Mehrheit hat die CDU im Verwaltungsrat am 10. Dezember 2008 beschlossen, das Großkundenvertriebsmodell ab dem 1. Januar 2009 nicht mehr anzubieten. Was heißt das? – Das Großkundenvertriebsmodell ist die Grundlage für die Einführung von Sozialtickets. Wer ein Sozialticket in Nordrhein-Westfalen will – und das wollen eine ganze Menge Menschen –, der muss das Großkundenvertriebsmodell beibehalten, so wie es schon bestand, oder er muss zumindest eine Alternative aufzeigen, auch und gerade im größten Verkehrsverbund Nordrhein-Westfalens.
Dafür bietet der Antrag eine letzte Chance. Daher war es richtig und wichtig, dass wir ihn noch vor dem 1. Januar einbringen, weil wir um die Bedeutung der Mobilität für die Menschen in NRW wissen,
weil wir diese Mobilität für alle Menschen, auch für diejenigen mit weniger Geld im Portemonnaie, aufrechterhalten wollen. Sie wollen das offenbar nicht.
Sie haben das Sozialticket nicht gewollt; deswegen lehnen Sie das Großkundenvertriebsmodell ab. Sie wollen es abschaffen, obwohl der Kollege Lorth in der entsprechenden Debatte im Landtag erklärt hat, dass es den Kommunen und Verkehrsverbünden eindeutig freigestellt sei, mit diesem Großkundenvertriebsmodell zu arbeiten oder Alternativen zu schaffen. Ihre Kolleginnen und Kollegen von der CDU im VRR-Verband haben diese Möglichkeit, die
Sie selbst aufgezeigt haben, jetzt abgeschnitten. Darüber müssten Sie vielleicht auf dem einen oder anderen Parteitag noch einmal nachdenken.
Früher standen Stadt und Land Hand in Hand für eine gute Politik zwischen Landes- und kommunaler Ebene. Das ist bei dieser Landesregierung nun eindeutig vorbei. Dafür ist das Sozialticket ein neuer Beweis.
Bislang konnten die Städte den niedrigen Preis für das Ticket durch die Inanspruchnahme des erst im Jahre 2005 – so alt ist das gar nicht – eingeführten Großkundenvertriebsmodells anbieten, das ihnen auf Grundlage eines klar definierten Leistungskatalogs eine Preisreduktion von bis zu 16 % ermöglichte. Dortmund konnte so beispielsweise ein Sozialticket für nur 15 € im Monat anbieten. Zahlreiche Kommunen, die über die Einführung von Sozialtickets noch entscheiden wollten, sind nun durch diesen Beschluss vor den Kopf gestoßen worden.
Anträge der SPD-Fraktion im VRR, die Beschlussfassung zu vertagen und alternative Angebote für das Sozialticket zu prüfen, sind von der CDUMehrheit abgelehnt worden. Damit ist klar: Die Einführung von Sozialtickets in den Kommunen soll mit diesem Beschluss unmöglich gemacht werden. Hier zeigt sich das wahre Gesicht der schwarz-geführten Regierung: links blinken, rechts fahren.
Sehr geehrte Damen und Herren, das war das eigentliche Ziel dieses Beschlusses; sonst hätte man ihn nicht so überstürzt und ohne Beratung gefasst, sonst hätte man nicht in Kauf genommen, dass eine große Unsicherheit bezüglich Firmentickets, Kombitickets usw. besteht.
Zuvor hatte sich die Landesregierung selbst dagegen ausgesprochen, die Sozialtickets in den Kommunen zu fördern. Ich erinnere an die Rede von Minister Wittke, in der er deutlich macht, dass Sozialtickets zwar eine tolle Sache sind, aber nur dann, wenn Kommunen für die Finanzierung geradestehen. Die CDU-Mehrheit im VRR-Verwaltungsrat setzt diese unsoziale Politik der Landesregierung nun fort. Beide lassen die Kommunen allein, die sich für ein Minimum an Mobilität für alle Teile der Bevölkerung einsetzen.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich spreche doch bestimmt für das ganze Haus, wenn ich feststelle, dass Mobilität – wie schon ausgeführt – ein Grundbedürfnis ist und ohne ein Mindestmaß an Mobilität keine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben möglich ist.
Es ist auch die Aufgabe des Landes, die Einführung von Sozialtickets zu unterstützen. Damit kann man die Kommunen nicht alleine lassen. Wir bleiben bei unserer Forderung, dass diejenigen Kommunen, die Sozialtickets einführen, eine monatliche Förderung von mindestens 4 € pro Ticket bekommen sollen.