rum, also insgesamt 171 Zentren, und darüber hinaus ein flächendeckendes Angebot schaffen. Das ist ein stolzes Vorhaben, für das Sie gerade einmal 2,5 Millionen € veranschlagen. Das wären noch nicht einmal 15.000 € pro Zentrum.
Sie müssen eingestehen, dass dies eine wahnwitzige und unglaubwürdige Größenordnung ist. Sie werden argumentieren, diese Beratungsleistungen entstünden nicht zusätzlich, sondern das Bestehende müsse lediglich neu und anders gebündelt werden.
Offensichtlich ist bei Ihnen der Wunsch Vater des Gedankens, denn tatsächlich brauchen wir ein anderes, ein umfangreicheres Raumangebot sowie Personalaufstockungen und Qualifizierungsmaßnahmen, die entsprechend eingeplant werden müssen. Vergessen Sie auch nicht den Landesanteil bei den Trägern der Familienbildung und die Kinder, die keine Tagesstätte besuchen. Für diese müssen andere Modelle, andere Konzepte entwickelt werden, für die ebenfalls Geld benötigt wird. Wir müssen neue Antworten finden.
Glauben Sie nicht, dass Sie hier irgendetwas beschließen können, was den Kommunen Geld kostet. Mit Ihren 2 Millionen € können Sie vielleicht die Lachmuskeln der Kämmerer kitzeln, wenn Sie Spaß daran haben. Offenbar haben Sie keine Vorstellung von den Dimensionen, um die es geht.
Herr Lindner, wir reden doch von landesweit fast 10.000 Kindertagesstätten. Der Landesanteil an den Betriebskosten liegt bei fast 1 Milliarde €. Wietere Milliarden kommen von den Kommunen, den Trägern, den Eltern, aber auch von der Privatwirtschaft - die Sie hier interessanterweise völlig außen vor gelassen haben.
Wir Grünen fordern nicht nur ein seriöses Finanzierungskonzept, sondern wir wollen ein umfassendes fachlich-inhaltliches Konzept, mit dem die Idee von Familienzentren wirklich erfolgreich umgesetzt werden kann.
Wir erwarten von Ihnen, dass Sie Ihre Hausaufgaben machen - das sind jetzt Ihre Hausaufgaben -, Ihre Verantwortung ernst nehmen und damit aufhören, symbolische Politik zu betreiben und Worthülsen zu produzieren.
Vielen Dank, Frau Kollegin Asch. - Als Nächster hat Herr Minister Laschet für die Landesregierung das Wort.
(Christian Lindner [FDP]: Die letzten zehn Jahre haben Sie bei jeder Kürzung die Hand gehoben, und jetzt das! - Weitere Zurufe)
Ich unterbreche diese angeregte Unterhaltung nicht gern. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich denke, für unser Ministerium ist es eines der wichtigsten Themen in dieser Wahlperiode, Kindertageseinrichtungen zu Familienzentren weiterzuentwickeln.
Frau Asch und Frau Altenkamp, Sie haben hier gesagt, das alles sei nichts Neues, das alles gebe es schon. Das gebe es quer durch NordrheinWestfalen und in ganz Deutschland. Solche Einrichtungen hießen zum Beispiel „Haus des Kindes“ oder „Mutter-Kind-Zentrum“.
Und außerdem, wenn es so etwas nicht gibt - das ist der zweite Teil Ihrer Argumentation, die in sich nicht logisch ist, denn entweder gibt es so etwas oder nicht -, so heißt es bei Ihnen weiter, Sie hätten schon seit Jahren Anträge liegen, und all das, was die Koalitionsfraktionen hier jetzt vorlegten, sei nicht neu. Die Frage ist doch: Wenn all das nicht neu ist, warum haben Sie es dann nicht gemacht?
Wenn es so einfach ist, auf die Idee zu kommen, Kindertageseinrichtungen sowie Familienberatung und Familienbildung zusammenzuführen, warum haben Sie es dann nicht gemacht?
Es gibt im Lande zwei oder drei Einrichtungen, die das aus eigener Kraft und aufgrund eigener Ideen in Gang gesetzt haben. Wir greifen jetzt das auf, was freie Träger erdacht haben, und versuchen, das zu einem Modell für das ganze Land zu machen. Das ist die Lage, in der wir uns jetzt befinden. Insofern verstehe ich die Kritik nicht, dass das alles schon existiere und dass man deshalb hier nichts mehr tun müsse.
Wir haben in Nordrhein-Westfalen - auch das ist eine Hinterlassenschaft, bei der wir jetzt ansetzen müssen - bei der Betreuung der unter Dreijährigen einen Deckungsgrad von 2,8 %. Im europäischen Vergleich ist das eine schlechte Ausgangslage, um zu mehr Kinderfreundlichkeit in einem Land beizutragen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist nämlich für viele, die Kinder haben wollen, die ganz entscheidende Frage.
Wenn man sieht, wie niedrig der Deckungsgrad ist, aber nicht gleich ein paar Millionen € mehr fordern will, muss man überlegen, wie man in dieser desaströsen Haushaltslage etwas auf den Weg bringen kann, das genau dem angestrebten Ziel dient. Das ist die Idee, die auch in den Anträgen der Koalitionsfraktionen aufleuchtet.
Zum einen wollen wir Plätze, die aufgrund des demographischen Wandels frei werden, für die Betreuung der unter Dreijährigen nutzen. In den letzten Wochen haben wir mit den Trägern recht schnell eine Budgetvereinbarung getroffen, die es ihnen erleichtert, diese Umwandlung vorzunehmen, und die bürokratische Hemmnisse beseitigt.
Zum anderen soll die Betreuung in der Tagespflege - durch Tagesmütter und Tagesväter - erleichtert werden. Die Vermittlung muss geleistet werden. Natürlich muss die Betreuung auf einer qualifizierten Grundlage erfolgen. Ich glaube, das ist zwischen allen Fraktionen in diesem Hause unstreitig. Wir werden hierfür ebenfalls Kriterien entwickeln, auf deren Basis das stattfinden kann.
Das ist eine Sache, die nicht Millionen von Euro kosten muss. Ich finde, Sie sollten in diesen Zeiten nicht alle Programme und Ideen, die man auf den Weg bringt, daran messen, wie viele Millionen Euro damit verbunden sind. Es kann auch kreativ sein, zwei Einrichtungen, die sich an zwei Orten befinden, zusammenzuführen und zu sagen: Dadurch erwächst ein Mehrgewinn.
In diesen Zeiten - wir haben die Haushaltsdaten vor wenigen Tagen gehört - muss sich die Politik abgewöhnen, Qualität und Qualitätssteigerung immer nur daran zu messen, wie viele Millionen Euro in welchem Haushalt eingestellt sind.
Insofern sind Familienzentren in Zeiten schwacher Kassen eine Möglichkeit, dennoch einen Beitrag dazu zu leisten, dass Nordrhein-Westfalen das kinder- und familienfreundlichste Land in Deutschland wird. Das ist unsere Ambition, und deshalb sind diese Ideen hier entwickelt worden.
Kommunen nicht vergessen. Wenn man von den Kommunen spricht, handelt es sich zunächst einmal nicht um den Ausschuss für Kommunalpolitik dieses Landtags - obwohl man das sicherlich auch in diesem Ausschuss beraten kann. Die Kommunen setzen das vor Ort um.
Wir haben mit den Kommunen bereits in einem Workshop am 28. September Gespräche darüber geführt. Das war unmittelbar nach den Ferien. Im Juni quasi die Ernennungsurkunde zu bekommen und dann schon im September mit den Kommunen und den Trägern, die das Ganze umsetzen sollen, ein Gespräch zu führen und eine Grundidee für die Bildung von Familienzentren vorzustellen - schneller geht es wirklich nicht.
Nun behaupten Sie, die Konzepte seien noch gar nicht bis zum Ende durchdacht. Das ist gerade unser Ansatz. Wir legen drei oder vier Ideen vor. Wir stellen Modelle vor, wie das funktionieren kann, und werden in diesem Prozess gemeinsam mit den Trägern exakt ein Modell entwickeln, das im Jahr 2007 in ein neues GTK münden wird.
Früher mag das anders gewesen sein. Damals mag man das alles von oben verordnet haben. Aber diesen Weg des Dialogs mit den Kommunen gehen wir ganz bewusst.
Frau Altenkamp, ich komme noch einmal auf Ihre Bemerkung zurück, dass das Kind im Mittelpunkt stehen solle. - Das soll ein ganzheitliches Konzept werden. Die Familien sollen gestärkt werden. Auch die Eltern sollen in ihrem Erziehungsauftrag und in ihrer Erziehungskompetenz gestärkt werden. Das Kind soll im Mittelpunkt stehen.
Deshalb wird diese Beratung keine Allerweltsberatung werden. Wir wollen in diese Familienzentren nicht auch noch eine Schuldnerberatung, eine Rentnerberatung und am Ende sogar eine Abfallberatung hineinbringen. Vielmehr soll in diesen Familienzentren in der Tat das stattfinden, was die Familien bewegt und was sie als Erziehungsstärkung brauchen. Insofern ist diese Kritik - oder dieser Vorwurf - ebenfalls nicht berechtigt.
Einen weiteren Punkt müssen wir uns klar machen, wenn wir von den 171 oder 174 Zentren sprechen, die wir im nächsten Jahr in jedem Jugendamtsbezirk realisieren wollen. Viele Städte melden sich im Moment schon im Ministerium. Das Echo ist durchweg positiv. Manche sagen, es könnten auch drei oder vier werden, sie hätten unterschiedliche Ideen. Bei dem einen Zentrum, das in einem sozialen Brennpunkt liege, wolle man zum Beispiel die Frage der Integration in den Mittelpunkt stellen. Bei einem anderen bestehe die räumliche Möglichkeit, die Beratung direkt hinzu
zunehmen. Wir haben Modelle, wo nur die Träger miteinander kooperieren. Es wird also eine große Vielfalt an Familienzentren im Land entstehen.
Auch das ist wiederum nötig. Sie können eben nicht für jeden Jugendamtsbezirk das Gleiche vorgeben, ob das eine ländliche Region ist, ob das eine Großstadtregion ist, ob das eine mittlere Stadtgröße ist, ob das eine Region mit hohem Migrantenanteil ist oder eine Region mit geringem Migrantenanteil. Sie brauchen für jeden Jugendamtsbezirk ein anderes Modell, denn Sie haben überall eine andere örtliche Situation. Auch dies wollen wir mit den Trägern gemeinsam erörtern.
Wenn die Kooperation innerhalb des Netzwerkes Familienzentren gelingt, können auch vereinzelt Angebote innerhalb des Gebäudes der Kindertageseinrichtungen stattfinden. Diese sollten - auch das ist hier bereits erwähnt worden - in das Viertel hineinwirken. Das sollten Orte für Familien werden, die auch ein ganzes Stadtviertel, einen ganzen Stadtteil mit beeinflussen und zu einem Zentrum dieses Ortes werden.
Die Pilotphase beginnt am 1. Januar 2006. Durch die Ausschreibung eines Wettbewerbs wollen wir Best-Practice-Modelle ermitteln, also einmal sehen, wie die Träger mit den von uns vorgegebenen Ideen so etwas in der Realität umsetzen können.
Das Ganze wird wissenschaftlich begleitet werden, weil wir eben nicht glauben, dass das alles schon untersucht ist und dass das alles schon existiert. Auch die Modelle aus anderen europäischen Mitgliedstaaten sind nicht ganz mit dem vergleichbar, was wir hier mit den Familienzentren bei uns in Nordrhein-Westfalen wollen.
Bildung und Beratung, Vermittlung von Tagesmüttern und Tagesvätern sind Bereiche der frühkindlichen Bildung, wo die Sprachförderung eine ganz entscheidende Rolle spielt.
Auch da haben Sie nach den Finanzmitteln gefragt. Wir werden auch im Haushalt für Sprachförderung mehr Geld einsetzen als im letzten Haushalt. Denn wenn man auf der einen Seite an die Migrantenkinder die Anforderung stellt, dass sie, wenn sie in die Schule kommen, die deutsche Sprache sprechen sollen, dann heißt das auf der anderen Seite natürlich, man muss fördern und schon ab dem vierten Lebensjahr ansetzen, um Sprachförderung zu leisten.
Das wird in diesen Familienzentren ebenfalls geschehen. Sprachförderung ist ein ganz wichtiger Schwerpunkt. Wenn das Schuleintrittsalter von, ich glaube, im Moment 6,4 Jahren dann Stück für
Stück reduziert wird, ist besprochen, dass die frei werdenden Mittel ebenfalls ganz gezielt für Sprachförderung eingesetzt werden können. Also auch hier gilt: Man muss nicht mehr Geld, man muss nicht Millionen in ein System hineinzahlen, sondern man kann durch eine Neuorganisierung zwischen Schule und Kindertagesstätte ebenfalls Ressourcen frei machen für das wichtige Thema Sprachförderung.
Im Idealfall - wir haben das diese Woche im Ausschuss ja erörtert - wird die Sprachförderung mit dem vierten Lebensjahr beginnen. Man wird eine gemeinsame Methodik haben, die dann auch in der Schule fortgesetzt werden kann. Das Schulministerium und das Generationenministerium werden das in einer Kooperationsvereinbarung exakt regeln.
Wenn jeder mitzieht, wenn die Eltern mitziehen, dann haben die Kinder eine Sprachbiographie, mit der sie dann in der Schule ankommen und mit der sie in der gleichen Weise zielgerichtet gefördert werden können. Deshalb ist die Mitwirkung der Eltern bei diesen Familienzentren ganz wichtig.
Lassen Sie mich dies noch als Nebeneffekt, aber nicht als Hauptidee der Familienzentren nennen: Wenn wir wissen, dass die Zahl der Familien mit Zuwanderungsvorgeschichte aufgrund der Demographie in den nächsten Jahren noch weiter steigen wird, dann ist das eigentlich auch der ideale Ort, um Integration möglich zu machen.