Protokoll der Sitzung vom 18.12.2008

(Beifall von den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Priggen. – Für die SPD spricht nun Herr Römer.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Diese Aktuelle Stunde ist wichtig für NordrheinWestfalen nach den Ergebnissen in Brüssel. Wir haben sie deshalb beantragt. Ich will einleitend sagen: Die Würfel sind gefallen. Und die Entscheidung über die Ausgestaltung des Emissionshandels ab 2013 steht für Nordrhein-Westfalen, das Industrie- und Energieland. Dabei sind vier Punkte des EUKlimapakets ganz besonders wichtig.

Erstens. Die Klimaschutzziele werden eingehalten. Damit wird das Klima geschützt, und NordrheinWestfalen kann die Chancen – ich knüpfe an Herrn Priggen an – auf dem boomenden Markt der erneuerbaren Energien nutzen. Die SPD hat dies immer wieder gefordert und unterstützt. Die Klimaskeptiker in den Reihen der Union sind mit dem Versuch gescheitert, den Klimaschutz unter dem Vorwand der Finanzkrise aufs Abstellgleis schieben zu wollen. Das als Erstes.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Zweitens. Energieintensive Industriebranchen wie Zement und Stahl erhalten die CO2-Zertifikate kostenlos, wenn sie klimafreundlichste Technik anwenden. Das sichert die Wettbewerbsfähigkeit unserer

Arbeitsplätze. Wir haben dies von Anfang an gefordert. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel

(Zuruf von Ministerin Christa Thoben)

hat dazu, Frau Thoben, mit der IG-Metall – Sie müssen das lesen und zur Kenntnis nehmen, was um Sie herum passiert – frühzeitig eine gemeinsame Position entwickelt und im Übrigen erfolgreich in Berlin und in Brüssel vertreten.

Drittens. Die Vollauktionierung in der Stromwirtschaft wurde beschlossen. Nichts anderes konnte die Lehre aus der laufenden zweiten Handelsperiode sein. Die Vollauktionierung ist auch deshalb vernünftig, weil die großen Energiekonzerne schon heute die bislang kostenlos erhaltenen Zertifikate über den Strompreis von ihren Kunden bezahlen lassen.

Es gibt zukünftig keinen Grund für Preiserhöhungen mit Hinweis auf den Emissionshandel. Die Versuche der Regierung Rüttgers, hier Geschenke an einzelne Konzerne zu machen, sind gescheitert. Auch das ist festzuhalten.

Viertens. Meine Damen und Herren, das Klimapaket gibt Planungssicherheit für die Energiewirtschaft. Alle Voraussetzungen, um das Kraftwerkerneuerungsprogramm jetzt zeitnah umzusetzen, sind gegeben. Hinzu kommt, dass mit dem Klimapaket Investitionszuschüsse für diejenigen Stromproduzenten ermöglicht werden, die auf neue, hocheffiziente Kraftwerke setzen. Wir haben genau diese Investitionszuschüsse, Frau Thoben, für neue Anlagen immer wieder gefordert und gewollt. Sie waren dagegen.

Diese Fördermöglichkeiten stehen großen und kleinen Energieversorgern gleichermaßen offen, die in Kraft-Wärme-Kopplung oder in Kondensationskraftwerke mit besonders hohen Wirkungsgraden investieren wollen. Sie sind also eine Chance für neue Marktteilnehmer und damit für mehr Wettbewerb.

Mit diesen vier Eckpunkten ist klar: Die Bundeskanzlerin hat konsequent die Position der Großen Koalition vertreten und die Vollauktionierung in der Stromwirtschaft durchgesetzt. Und damit, Frau Thoben, ist die Landesregierung, ist die Regierung Rüttgers auf ganzer Linie grandios gescheitert.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Der Ministerpräsident ist so vorgegangen, wie wir das von ihm gewohnt sind. Erst ist er wenig mutig, ich könnte auch sagen, er ist feige. Dann macht er Symbolpolitik. Wie war es denn auf dem Bundesparteitag der CDU? Genau hier hätte doch der Landesverband des Energielandes Nordrhein-Westfalen seine Stimme erheben müssen, um seine Position in der Bundes-CDU durchzusetzen. – Fehlanzeige! Kein einziger Antrag aus NordrheinWestfalen zur Energie- und Klimapolitik, kein Braunkohlen-Benchmark, keine kostenlosen Zertifikate für die Energiewirtschaft, keine Bremsversuche

an der Klimapolitik der Bundeskanzlerin, keine einzige politische Initiative. Und dann geht der Parteitag der CDU zu Ende, ohne dass der Ministerpräsident seine Deckung verlassen hätte.

Dann kommt die Woche der Entscheidung. Alle wussten, dass der Europäische Ministerrat am 11. und 12. Dezember den Sack zumachen würde. Alle wussten es. Am 11. Dezember schreibt der Ministerpräsident der Kanzlerin noch schnell einen Brief. Da konnte er nämlich sicher sein, meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, dass sein Brief Frau Merkel vor dem Gipfel nicht mehr erreichen würde. Eine tolle Leistung!

Am 12. Dezember erfolgte dann die Entscheidung in Brüssel. Frau Thoben, kein Benchmark, keine Ausnahme für die deutschen Stromkonzerne, stattdessen Vollauktionierung – eine hundertprozentige Niederlage dieser Landesregierung. Ja, Frau Thoben, ich möchte es Ihnen nicht ersparen. Ich habe es Ihnen immer wieder gesagt: Sie reiten ein totes Pferd. Steigen Sie endlich ab! Sie haben das ignoriert, Sie sind starrsinnig auf Ihrem toten Pferd sitzen geblieben. Jetzt hat die Bundeskanzlerin höchstselbst Sie von diesem toten Pferd geschubst, und Sie sind hart auf den Boden der Wirklichkeit aufgeprallt. Eine tolle Leistung dieser Landesregierung!

Dann teilt der Ministerpräsident der Presse mit, dass dieses Ergebnis Nordrhein-Westfalen schaden wird. Welche Konsequenzen die Landesregierung aus dem ja nicht überraschenden Ergebnis ziehen will, verrät er uns nicht. Anstatt zu handeln und zu regieren, nörgelt er herum. Ich bin gespannt, was uns gleich noch an Nörgelei zugemutet wird.

Wir, die SPD-Landtagsfraktion, haben bereits im September eine klare Position in den Landtag eingebracht. Wir haben die Bundeskanzlerin dabei unterstützt, sich für eine Vollauktionierung in der Stromversorgung einzusetzen. Und wir haben, Frau Thoben, mit Sigmar Gabriel dafür gekämpft, dass ein Teil der Erlöse in ein Investitionsprogramm zum Austausch veralteter Kraftwerke gepackt werden kann. Reiner Priggen hat gerade darauf hingewiesen.

Wir haben uns damit durchgesetzt. Damit ist eine gute Grundlage für Neuinvestitionen hier in Nordrhein-Westfalen geschaffen worden. Eine gute Grundlage, Frau Thoben, und gute Chancen vor allem für neue Marktteilnehmer und für mehr Wettbewerb, gute Chancen für mehr Energieeffizienz, weniger CO2-Emissionen und damit für mehr Klimaschutz! Das alles musste aber gegen diese Landesregierung durchgesetzt werden.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Diese Landesregierung war kilometerweit von der Position der Bundesregierung und der Bundeskanzlerin entfernt. Deshalb muss man hier als Fazit zie

hen: Die Regierung Rüttgers ist auf der ganzen Linie grandios gescheitert.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das Schlimme ist: Diese Landesregierung hat Nordrhein-Westfalen energie- und klimapolitisch von der Lokomotive in das Bremserhäuschen manövriert. Damit, Frau Thoben, hat diese Landesregierung den Interessen unseres Landes enorm geschadet. Ich bin auf das gespannt, was Sie uns gleich servieren wollen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Herr Römer. – Für die CDU spricht Herr Weisbrich.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Prophet Jeremia empfahl einst dem Volke Israel: Suchet der Stadt Bestes und betet für sie! Denn wenn es ihr wohl geht, so geht es auch euch wohl. – Für mich ist das die knappste Beschreibung dessen, was der Auftrag von Volksvertretern ist. Wir sind aufgerufen, das Wohl des Landes zu suchen.

An diesem Auftrag gemessen, empfinde ich allerdings die Argumentation von SPD und Grünen als ziemlich peinlich. Dort, wo wir zusammenstehen müssten,

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

erleben wir von Ihnen lediglich den Versuch, der Regierung Knüppel zwischen die Beine zu werfen, und unverhohlene Schadenfreude.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Jetzt kommt die Dolchstoßlegende!)

Herr Remmel, endlich hat der europäische Ministerrat gegen die Interessen von NordrheinWestfalen entschieden – toll!

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Haben Sie das der Kanzlerin gesagt?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie kann man als Landespolitiker so auch nur denken? Die Landesregierung kämpft für den Erhalt von Arbeitsplätzen in Nordrhein-Westfalen. Sie fallen ihr in den Rücken.

(Zurufe von SPD und GRÜNEN)

Das ist unsolidarisch und dumm. Je lauter Sie schreien, desto dümmer wird es.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren! Klimaschutz ist eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit – zweifelsohne –, aber für die gesamte Menschheit, für alle Europäer, nicht nur für uns in Deutschland und schon gar nicht nur für uns in Nordrhein-Westfalen.

Deshalb sagen wir: Klimaschutz ja – aber bitte im Rahmen eines internationalen Abkommens,

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Aber erst, wenn die Erde kaputt ist!)

mit dem vergleichbare Lasten für die wichtigsten Wettbewerber festgezurrt werden.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Das ist doch entschieden!)

Was der Ministerrat jetzt beschlossen hat, ist aus meiner Sicht ein Hammer für die Wirtschaft in Deutschland und vor allem für uns in NordrheinWestfalen. Das wird uns noch sehr sauer aufstoßen.

(Beifall von der FDP)

Durch die Vollauktionierung der CO2-Zertifikate für die deutschen Stromerzeuger werden die Strompreise um bis zu 50 % steigen. Das können Sie drehen und wenden wie Sie wollen, das können Sie abstreiten. Es wird so kommen. Da sind sich alle Experten eigentlich einig. Für die Wirtschaft bedeutet das in Zeiten wie diesen Zusatzlasten von 10 bis 15 Milliarden € pro Jahr. Wir sind in einer der größten Wirtschaftskrisen, die wir erlebt haben. Wenn wir dann die Wirtschaft ohne Notwendigkeit mutwillig so zusätzlich belasten, kann ich nur sagen: Dümmer geht’s nimmer!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Herren Sarkozy und Barroso wollen sich für die Weltklimakonferenz in Kopenhagen profilieren und wir sollen zahlen. Es ist schön, wenn Europa Vorreiter sein will

(Zuruf von Norbert Römer [SPD])

oder sein soll – dagegen habe ich auch nichts –, aber dann bitte gleichmäßige Lastenverteilung!