Mit der Reform der Lehrerausbildung verfolgen wir drei wesentliche Ziele: Die Lehrerausbildung wird erstens professioneller, zweitens profilierter und drittens auch praxisnäher.
Professioneller wird die Lehrerausbildung dadurch, dass sie zusammenfasst: Was ist das wirkliche Rüstzeug, das wir den Lehrerinnen und Lehrern
mitgeben müssen? Welche Kompetenzen brauchen sie für ihren Lehrerberuf? Dazu gehören ganz sicherlich Kompetenzen wie Diagnosefähigkeit, Förderung gerade derjenigen Kinder, deren Muttersprache nicht deutsch ist. Professioneller wird sie auch dadurch, indem wir die Fachdidaktiken stärken.
Die neue Lehrerausbildung wird profilierter dadurch, dass wir einen genauen Schulformbezug festlegen. Ganz wichtig ist, dass alle Ausbildungszeiten aller Schulformen gleich lang sind.
Die neue Lehrerausbildung wird dadurch praxisnäher, dass wir von Anfang an – schon in der universitären Phase – eine Verbindung von Theorie und Praxis anlegen wollen.
Die Zweiphasigkeit der Ausbildung – Studium und Vorbereitungsdienst – bleibt erhalten. Das Studium wird gestaltet durch Zentren der Lehrerbildung. Der Vorbereitungsdienst wird über Zentren für schulpraktische Lehrerbildung gesteuert. Die Studienphase wird der Bologna-Vereinbarung folgen und aus einem dreijährigen Bachelor- und einem zweijährigen Masterstudium bestehen.
Wir bilden künftig Lehrerinnen und Lehrer aus, die alle eine gleichwertige Ausbildung erhalten. Zukünftig werden Universitäts- und Seminarausbildung keine getrennten Bereiche mehr sein, sondern aufeinander bezogen sein. Wir wollen eine Lehrerausbildung aus einem Guss.
Unsere Lehrerausbildung wird den Bedingungen der einzelnen Schulformen entsprechend ausgeschärft. Wir führen endlich wieder ein eigenständiges Grundschullehramt ein. Alle Lehrerinnen und Lehrer erhalten darin eine grundsätzliche Lehrbefähigung für sprachliche und mathematische Grundbildung.
Das Lehramt an Haupt-, Real- und Gesamtschulen wird fachlich, fachdidaktisch und pädagogisch gestärkt. Hier steht natürlich die Berufsorientierung im Mittelpunkt, aber auch der Umgang mit besonders schwierigen Lerngruppen.
Das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen behält das hohe fachliche Niveau für das Ziel Studierfähigkeit. Aber auch hier stärken wir die Fachdidaktik, und hier – das ist sehr wichtig – führen wir ein neues Studienelement ein: Deutsch für Schülerinnen und Schüler mit Zuwanderergeschichte.
Das Lehramt an Berufskollegs sichert die berufspädagogische Kompetenz in beiden Fächern, und es sichert ebenfalls die Lehrbefähigung für Bildungsgänge, die zur Hochschulreife führen. Gerade das wird immer wichtiger. Was die Berufskollegs anbelangt, bedenken Sie bitte, dass heute bereits 10 %
Das Lehramt für sonderpädagogische Förderung trägt einem integrativen Verständnis von Förderung Rechnung. Es umfasst neben zwei Förderschwerpunkten auch die Befähigung zu zielgleichem Unterricht in zwei Unterrichtsfächern.
Wir gewährleisten, dass das Studium den Anforderungen an den Lehrerberuf entspricht. Deshalb wird das Schulministerium an dieser Qualitätssicherung entscheidend mitwirken. Die Freiheit der Hochschule bleibt erhalten. Freiheit heißt jedoch nicht Beliebigkeit. Das Studium ist an die inhaltlichen Standards für die Bildungswissenschaften gebunden. Diese Standards hat die KMK einvernehmlich verabschiedet.
Das Studium ist auch an die Fachwissenschaften und Fachdidaktiken gebunden. Diese werden die unmittelbare Grundlage für Akkreditierungsverfahren sein. Wir sichern diesen Anspruch bereits über die Qualifikation, die während des Studiums erworben wird und beim Zugang zum Vorbereitungsdienst mitgebracht werden muss.
Diese Vorgaben bewirken, dass der Vorbereitungsdienst auf einer verlässlichen Basis stehen kann. Nur so können wir auch den Vorbereitungsdienst deutlich straffen. Unser Ziel ist dabei eine überschaubare, kompakte Ausbildungszeit für den Lehrerberuf.
Der Vorbereitungsdienst wird 2011 unter dem Aspekt der Straffung und Systematisierung auf 18 Monate umgestellt. Unser langfristiges Ziel ist es, nach einer gründlichen Überprüfung einen mindestens einjährigen Vorbereitungsdienst zu schaffen.
Ich sage Ihnen: Nordrhein-Westfalen setzt mit diesen Veränderungen am konsequentesten genau die Reform durch, die seit dem Gutachten der TerhartKommission der KMK 1999 bundesweit diskutiert wird. Nun haben wir nicht mehr 1999. Wir sind zehn Jahre weiter. Wir freuen uns, dass wir für diese Lehrerausbildung schon deutliches Lob erfahren haben, gerade was die Konsequenz der Ausrichtung anbelangt.
Vielen Dank, Frau Ministerin. – Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Professor Bovermann das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin Sommer, es ist immer schön, Ihnen bei Ihren vorweihnachtlichen Geschichten zuzuhören.
Mit diesen Worten charakterisierte der vor 100 Jahren verstorbene Wilhelm Busch den Lehrerberuf. Den Kindern Lesen, Schreiben und Rechnen beizubringen sowie der Weisheit Lehren ist auch heute noch eine wichtige Aufgabe, reicht aber längst nicht mehr aus. Die Anforderungen sind sehr viel vielfältiger geworden.
Sowohl das Lehrerausbildungsgesetz von 2002, unter Rot-Grün verabschiedet, als auch der heute eingebrachte Entwurf zur Reform der Lehrerausbildung sehen daher Lehrerkompetenzen für Unterricht und Erziehung, Beurteilung und Diagnostik, Evaluation, Qualitätssicherung, Beratung, Kooperation und Schulentwicklung vor. Darüber hinaus betonen sie die Befähigung zur individuellen Förderung und – das ist ganz wichtig – zum Umgang mit der Heterogenität der Schülerinnen und Schüler.
Wir wissen nicht, wie Wilhelm Busch wohl den Nachfolger von Lehrer Lämpel heute skizzieren würde. Unstrittig dürfte jedoch sein, dass die Lehrer heute täglich eine schwierige Aufgabe bewältigen müssen. Sie üben einen komplexen Beruf aus, der starke Belastungen mit sich bringt, und – das sollte hier unterstrichen werden – sie verdienen die Anerkennung auch und gerade der Politik.
Meine Damen und Herren, zunächst ist positiv hervorzuheben, dass mit dem vorgelegten Gesetzentwurf eine gleich lange Ausbildung für alle Lehrämter eingeführt wird. Es ist ein wichtiger Schritt, allen Lehrern eine gute Ausbildung zukommen zu lassen, ohne Unterschiede zwischen der Grundschule sowie der Sekundarstufe I und II zu machen. Es ist heute nicht mehr begründbar, dass gerade für die so wichtige Arbeit in den Grundschulen eine kürzere Ausbildungszeit erforderlich sein soll.
Allerdings: Wo Licht ist, ist auch Schatten. Die schwarz-gelbe Koalition hält an der Unterscheidung nach schulformbezogenen Lehrämtern fest. Neben dem neuen Lehramt an Grundschulen besteht eines an Hauptschulen, Realschulen und Gesamtschulen – allerdings nur für die Jahrgänge 5 bis 10 –, ein ande
res an Gymnasien und Gesamtschulen, ein weiteres an Berufskollegs, und schließlich gibt es ein Lehramt für sonderpädagogische Förderung. Der Schulformbezug wurde nicht zugunsten eines Schulstufenbezugs überwunden, sondern im Gegenteil noch verschärft.
Im Masterstudiengang für das Lehramt an Haupt-, Real- und Gesamtschulen müssen die Studierenden demnächst ein Profil Hauptschule oder ein Profil Realschule wählen.
Schwarz-Gelb hält auch in der Lehrerausbildung aus ideologischen Gründen am dreigliedrigen Schulsystem fest. Sie gehen sogar noch hinter Lehrer Lämpel zurück, nämlich bis auf den preußischen Minister Karl Abraham von Zedlitz, der 1787 die drei Schulformen Bauern-, Bürger- und Gelehrtenschule propagierte.
Wie Sie wissen, setzt sich die SPD demgegenüber für ein längeres gemeinsames Lernen ein. Gemeinschaftsschulen brauchen gemeinsam ausgebildete Lehrer. Das ist unser Konzept.
Kritik muss auch an den Praxiselementen angemeldet werden. Der Gesamtumfang für das Assistenz-, Orientierungs- und Berufsfeldpraktikum liegt bei zwölf Wochen. Gegenüber bisher 14 Wochen Orientierungs- und Kernpraktikum bedeutet das nicht mehr, sondern weniger Praxis. Zudem ist die Ausgestaltung der Praxiselemente vage und widersprüchlich.