Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Als Nächster spricht der fraktionslose Abgeordnete Rüdiger Sagel.
Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Ich wünsche Ihnen allen ein schönes, gutes neues Jahr. Das ist aber auch schon das einzig Positive, was man zu diesem Tagesordnungspunkt sagen kann.
Schlafmützenpolitik als tatkräftiges und, wie der Ministerpräsident gesagt hat, rechtzeitiges Handeln zu verkaufen, ist ein schlechter Witz. Es ist eine Farce, was die Landesregierung abliefert. Die Laienspielschar – der Rüttgers-Club und die FDP – hat alles andere getan, als diese Krise zu bewältigen. Es ist sehr voreilig, wenn der Ministerpräsident davon spricht, dass die Krise schon weitgehend bewältigt sei. Es ist und bleibt eine der gravierendsten Krisen, die wir in der Politik erlebt haben und derzeit erleben. Ich kann überhaupt nicht ersehen, dass die Probleme im Augenblick tatsächlich gelöst werden.
Fakt ist doch: Die FDP blockiert. Sie wartet erst einmal das Wahlergebnis der Hessenwahl ab. Das, was in Berlin beschlossen worden ist, ist alles andere als in die Tat umgesetzt. Wir haben es gestern bei der Anhörung im Ausschuss erlebt: Das RWI hat mir gestern recht gegeben. Das Wirtschaftsinstitut hat ganz klar gesagt, dass die Politik, die jetzt mit diesem Konjunkturprogramm gemacht wird, zu spät kommt. – Das ist kein Wunder; denn diese Krise ist schon lange sichtbar.
Die Fraktion der Linken im Bundestag hat schon sehr frühzeitig einen Antrag für ein 50-MilliardenProgramm gestellt. Auch ich selbst habe schon im Oktober im Landtag einen Antrag für ein zusätzliches NRW-Programm von 3 Milliarden € gestellt. Interessanterweise werden genau diese originären Forderungen, die die Linke gestellt hat, jetzt von der Bundesregierung aufgegriffen. Aber es ist, wie gesagt, viel zu spät, und es ist überhaupt noch nicht ersichtlich, dass das Konjunkturprogramm II tatsächlich in die Realität umgesetzt wird.
Denn im Augenblick sieht die Realität so aus, wie einer der Sachverständigen in der Anhörung gesagt hat: Jetzt lassen doch in den Verwaltungen erst mal alle den Griffel fallen und warten ab, wohin die Subventionen tatsächlich fließen. – Wir können überhaupt nicht sehen, dass tatkräftig etwas unternommen wird, um diese Krise in Nordrhein-Westfalen, dem wichtigsten und bevölkerungsreichsten Industrieland in Deutschland, zu bewältigen.
Die Krise ist eine Vertrauenskrise, sehr richtig bemerkt, Frau Kraft und Herr Stahl. Aber wer hat diese Krise verursacht? Waren es nicht SPD und CDU, war es nicht die Große Koalition in Berlin, die tagtäglich den Zockern und den Nieten in Nadelstreifen in den Banken und Unternehmen für ihre neoliberale Politik Tür und Tor geöffnet hat, was dazu geführt hat, dass wir diese Krise in dieser Schärfe haben?
Die Zeit drängt. Viel zu lange hat die Große Koalition in Berlin gezögert, ein Konjunkturprogramm aufzulegen. Nach dem Motto „Es kann nicht sein, was nicht sein darf“ wurden die Auswirkungen der Finanzkrise auf die Realwirtschaft ignoriert. Jetzt wurde überhastet ein Programm entworfen, das Gefahr läuft, wirkungslos zu verpuffen und zudem sozial völlig unausgewogen ist.
Bundes- und Landesregierung setzen ihren Kurs der sozialen Kälte unvermindert fort. Entgegen aller Sonntagsreden von sozialer Gerechtigkeit haben Sie ein Programm zusammengekungelt, das an der großen Mehrheit der Bevölkerung vorbeigeht. Das Programm der Koalition hat eine schwere soziale Schieflage. Unternehmen, Reiche und Vermögende werden weiter entlastet, Normalverdienende so gut wie gar nicht, Geringverdienerinnen und -verdiener, Rentnerinnen und Rentner, Bezieher von Sozialleistungen gehen weitgehend leer aus. Sie werden am Ende die Lasten zu zahlen haben. Das ist die konkrete Politik.
Bei der Steuer gibt es einen Nachlass von ungefähr 4 € im Monat für Niedrigverdienerinnen und -verdiener. Eine Currywurst mit Pommes im Monat mehr, das haben Sie in Berlin beschlossen.
Bei Leuten mit einem Jahreseinkommen von 60.000 € liegt der Steuernachlass zum Beispiel bei 22 € im Monat, beträgt also mehr als das Fünffache. Das macht deutlich, wie weit die Schere auch dort
wieder auseinanderklafft und dass Sie nichts unternommen haben, um hier tatsächlich etwas Konkretes zu tun.
Für Familien mit Kindern gibt es nur Almosen – einmalig 100 € je Kind. Auch die Anhebung der Regelsätze für Hartz-IV-Kinder von 60 auf 70 % ist vollkommen unzureichend. Menschen in Armut können dies nur als zynisch empfinden.
Im Gegensatz zu dieser Knauserigkeit wird nach einem 480-Milliarden-€-Schutzschirm für Banken ein weiterer Schutzschirm für Unternehmen in Höhe von 100 Milliarden € aufgespannt – und die Bürgerinnen und Bürger sollen dafür zahlen.
Bei genauerer Betrachtung des Konjunkturprogramms zeigt sich, dass sich bei fast allen entscheidenden Punkten die CDU durchgesetzt hat und Geschenke an ihre Klientel verteilt.
Besonders deutlich wird dies bei den geplanten Steuersenkungen. Hatten die Sozialdemokraten ursprünglich darauf gedrängt, Entlastungen bei niedrigen Einkommen über eine Erhöhung durch eine Reichensteuer gegenzufinanzieren, passiert nun das Gegenteil. Der Grundfreibetrag, von dem alle Einkommen gleichmäßig profitieren, wird weniger stark erhöht als ursprünglich geplant. Gleichzeitig wird die Steuerkurve so verschoben, dass Spitzenverdiener besonders stark entlastet werden. So wird es gemacht – und die Sozialdemokraten sind dabei.
Besonders bedenklich ist übrigens auch die langfristige Wirkung dieses Pakets. Während die politisch und ökonomisch sinnvollen Maßnahmen wie Schulsanierung und Kinderzuschläge nur einmal anfallen, bleiben die Steuergeschenke vor allem an die Reichen auf Dauer bestehen.
Die Einnahmeausfälle, die sich daraus zwangsläufig ergeben, werden in Kombination mit der ebenfalls beschlossenen Schuldenbremse in der Zukunft zu neuen Sparhaushalten führen. Das sind die konkreten Auswirkungen Ihrer Politik.
Die Linke hat dem Konjunkturprogramm der Bundesregierung einen Vorschlag für einen neuen Gesellschaftsvertrag für soziale Gerechtigkeit, Demokratie und Ökologie zur Bewältigung der Krise entgegengesetzt. Dabei müssen auch die Profiteure der Krise endlich zur Kasse gebeten werden – von Ihnen hat man auch heute hier kein Wort dazu gehört –, nämlich zum Beispiel durch eine Millionärssteuer auf das Vermögen in Höhe von 5 %. So könnten alleine 80 Milliarden € zusätzlich eingenommen werden. Von Ihnen wurde dazu kein Wort gesagt, weder von den Grünen noch von der SPD – von CDU und FDP natürlich sowieso nicht. Die machen nur solche Geschichten wie die Einführung von Studiengebühren in Nordrhein-Westfalen, wodurch die Menschen, vor allem die Studenten, noch einmal zusätzlich belastet werden.
Eine frühzeitige Einführung von Mindestlöhnen würde überdies Steuereinnahmen sichern. Auch das ist mit Ihnen aber nicht möglich.
Ich habe hier im Landtag – übrigens als Erster – einen umfangreichen Entschließungsantrag zu der aktuellen Diskussion, die wir heute hier führen, eingebracht. Ich bitte darum, über diesen Antrag in den einzelnen Punkten abzustimmen. Vielleicht können sich ja zumindest SPD und Grüne in dem einen oder anderen Punkt entschließen, meinen Vorschlägen und denen der Linken doch noch zuzustimmen. Darüber würde ich mich freuen.
Insgesamt kann man nur sagen: Dieses Konjunkturprogramm geht an den Realitäten völlig vorbei. Sie haben nichts getan, um die Krise zu bewältigen. Sie haben das Ganze verschleppt. Die FDP ist der größte Verhinderer hier im Land. Das sind die Schlimmsten – die Heuschrecken-Partei hier im Landtag.
Vielen Dank, Herr Kollege Sagel. – Es liegt noch eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung vor. Frau Kollegin Gödecke, Sie haben das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da Frau Thoben ihre Rede mit dem Appell an das Parlament beendet hat, sich nicht nur konstruktiv in den Prozess einzubringen, sondern auch später im Bundesrat zuzustimmen, da Herr Papke die Differenzen, die zwischen der Koalition bestehen, deutlich gemacht hat, das Konjunkturpaket II in wesentlichen Teilen noch einmal infrage gestellt hat und seine Strategie offengelegt hat sowie gleichzeitig die Haltung vertreten hat, keine Blockadehaltung im Hinblick auf die Zustimmung im Bundesrat einnehmen zu wollen, da Frau Freimuth dann aber auf die Zeit nach der Bundestagswahl verwiesen hat
ich habe noch ausreichend Redezeit; lassen Sie mich bitte herleiten – und da der Ministerpräsident rund ein Drittel seiner Redezeit dafür genutzt hat, sich mit der FDP auseinanderzusetzen, ihr noch einmal die zentralen Differenzen aus seiner Sicht erläutert hat und dafür geworben hat, dass sie wirklich wahrmachen soll, dass sie keine Blockadehaltung einnimmt, aber ebenfalls mit der Frage geendet hat, man wisse allerdings nicht, was das konkret bedeute, würden wir gerne wissen, was das konkret bedeutet.
Deshalb beziehe ich mich auf unseren Entschließungsantrag Drucksache 14/8307, konkret auf Punkt 3 des Beschlussteils, und beantrage diesbezüglich getrennte Abstimmung, damit für alle hier im Land deutlich wird, was es heißt, wenn die FDP keine Blockadehaltung einnimmt und die CDU darum bittet, dass man im Bundesrat zustimmt. – Vielen Dank.
Frau Kollegin Gödeke, vielen Dank für Ihren Hinweis und den entsprechenden Antrag. Wir werden das im Rahmen der Abstimmung gleich berücksichtigen.
Jetzt liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit ist der Tagesordnungspunkt abgearbeitet, und wir kommen zu den Abstimmungen. Wir müssen jetzt über eine Reihe von Anträgen abstimmen.
Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag 18/8300 des fraktionslosen Abgeordneten Sagel vom 15. Januar 2009. Herr Sagel hat beantragt, dass wir über die von ihm vorgeschlagenen Beschlusspunkte einzeln abstimmen. Das können wir gerne tun.
Daher stimmen wir zunächst über Punkt 1 seiner Forderungen ab. Wer stimmt dieser Forderung zu? – Herr Kollege Sagel. Wer stimmt dagegen? – Alle Fraktionen. Enthält sich jemand? – Das ist nicht der Fall. Dann ist dieser Punkt nur mit der Stimme des Herrn Sagel versehen und damit mehrheitlich abgelehnt.
Wir kommen zu Punkt 2. Wer stimmt dem zu? – Herr Kollege Sagel. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Dieser Punkt ist abgelehnt.
Punkt 3 des Antrags! Wer stimmt Punkt 3 zu? – Herr Kollege Sagel. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist auch dieser Punkt mit den Stimmen aller vier Fraktionen abgelehnt.
Wir kommen zu Punkt 4. Wer stimmt ihm zu? – Herr Kollege Sagel. Wer stimmt dagegen? – Alle vier Fraktionen. Wer enthält sich? – Niemand. Damit ist auch hier die Entscheidung eindeutig und dieser Punkt abgelehnt.
Punkt 5 des Antrags! Wer stimmt ihm zu? – Herr Kollege Sagel. Wer stimmt dagegen? – Alle vier Fraktionen. Enthält sich jemand? – Damit ist auch dieser Punkt abgelehnt.
Nun soll die Gesamtabstimmung zu diesem Antrag erfolgen. Wer stimmt dem Entschließungsantrag Drucksache 14/8300 zu? – Herr Kollege Sagel. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist dieser Entschließungsantrag mit den Stimmen aller vier Fraktionen abgelehnt.
der Grünen Drucksache 14/8306. Er wird in seiner Gesamtheit zur Beschlussfassung vorgelegt. Wer stimmt diesem Entschließungsantrag zu? – Die Grünen und die SPD. Wer stimmt dagegen? – CDU und FDP. Wer enthält sich? – Kollege Sagel. Damit ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen der Entschließungsantrag Drucksache 14/8306 abgelehnt.
Wir kommen drittens zur Beschlussfassung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/8307.
Zunächst stimmen wir über Punkt 3 ab. Wer stimmt diesem Beschlusspunkt zu? – Die SPD. Wer stimmt dagegen? – CDU und FDP. – Wer enthält sich? – Die Grünen und der fraktionslose Kollege Sagel. Damit hat die Mehrheit der Koalitionsfraktionen bei Enthaltung der Grünen und des Kollegen Sagel diesen Punkt abgelehnt.
Wir kommen zur Gesamtabstimmung über den Entschließungsantrag Drucksache 14/8307. Wer stimmt diesem Entschließungsantrag zu? – Die SPD. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP, die Grünen und Herr Kollege Sagel. Enthält sich jemand? – Damit ist dieser Antrag in seiner Gesamtheit mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der Grünen und des Kollegen Sagel abgelehnt.
Wir kommen viertens zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/8308 in der Fassung des Neudrucks. Über diesen Antrag soll in seiner Gesamtheit entschieden werden. Wer stimmt dem Entschließungsantrag zu? – Die SPD und die Grünen. Wer stimmt dagegen? – CDU und FDP. Wer enthält sich? – Kollege Sagel. Damit ist dieser Entschließungsantrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt.