Sowohl die Landesregierung als auch die Koalitionsfraktionen agieren in der gegenwärtigen Lage äußerst umsichtig und verantwortungsvoll. Lassen
Trotz der extrem schwierigen Haushaltslage des Landes gelingt es uns, auf Rekordniveau in Bildung und Infrastruktur zu investieren.
Die zur Verfügung stehenden Kredit-, Bürgschafts- und Beratungsprogramme zur Liquiditätssicherung, Investitionsstärkung sowie zur Neuausrichtung von Unternehmen wurden erweitert bzw. angepasst. Auf Antrag der Koalitionsfraktionen wird im Haushaltsgesetz 2009 der Bürgschaftsrahmen um 900 Millionen € auf 1,5 Milliarden € angehoben. Um das Vergaberecht zu vereinfachen und Investitionen zu beschleunigen, werden die Wertgrenzen für die Vergabe öffentlicher Aufträge sowohl des Landes als auch der Kommunen kräftig erhöht.
Meine Damen und Herren, mit diesen und anderen Maßnahmen leistet das Land eigene sinnvolle Beiträge zur Bewältigung der gegenwärtigen Lage.
Wir schaffen damit Voraussetzungen dafür, dass Nordrhein-Westfalen gestärkt aus der Krise hervorgeht. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. – Jetzt hat der Abgeordnete Priggen für Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Herr Präsident! Herr Ministerpräsident! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Vor welchem Hintergrund findet die Debatte über den Haushalt des Wirtschaftsministeriums statt? Das haben Herr Brockes und auch Herr Lienenkämper angesprochen. Sie findet statt vor dem Hintergrund dessen, was gestern im Bundeskabinett geschehen ist, vor dem Hintergrund dessen, was wir diskutieren, seitdem der Ministerpräsident im August des vergangenen Jahres das erste Mal das Problem einer möglicherweise drohenden Rezession angesprochen hat.
Wir sprechen hier über einen Haushalt, der vorgelegen hat, bevor die Bundesregierung gestern ein zweites Konjunkturpaket über 50 Milliarden € auf den Weg gebracht hat. Vorher gab es bereits eines über 30 Milliarden €:
Geschätzter Herr Kollege Lienenkämper, das, was Sie gerade alles erzählt haben – das Umfeld der Haushaltsberatungen ist schnell beschrieben, und dann sind Sie auf lauter Schlagwörter gekommen –, ist für mich, ehrlich gesagt, ein Stück weit eine Verweigerung vor der Realität, vor der wir jetzt stehen.
Wenn ich mir den Haushalt anschaue, dann ist darin nichts enthalten, was mit der bedrohlichen Lage zu tun hat, über die wir diskutieren – nichts! –, nicht einmal mehr die Kosten.
Ich will nur auf einen Punkt eingehen, die Abwrackprämie. Diese Abwrackprämie, so wie sie in Berlin eingestielt worden ist, halte ich für eine zutiefst unsinnige Maßnahme. Warum soll ich ein neun oder zehn Jahre altes Auto, das völlig in Ordnung ist, das jemand noch Jahre fahren kann, in die Schrottpresse geben und das mit 2.500 € staatlichem Geld bezuschussen lassen, was wir nachher alle wieder über Schulden abzahlen müssen? Was soll sinnvoll daran sein, vernünftiges Vermögen zu vernichten und in die Schrottpresse zu stecken? – Dies ist nur ein Beispiel. Es gibt noch viele weitere Beispiele dieser Art.
Warum ich das als Beispiel anführe? Weil wir aus Nordrhein-Westfalen mit 300 Millionen € an den Kosten beteiligt sind, die dafür in diesem Jahr anfallen werden. Das heißt, die Negativposition ist auch noch nicht im Haushalt enthalten, allerdings sind wir sicher, dass sie kommt.
Herr Lienenkämper, Sie haben gerade gesagt, die Landesregierung sei seit August in der Diskussion über ein Antirezessionsprogramm. Sie habe es vorgelegt und gefordert. – Wir lassen die Feinheiten über das, was sie gefordert hat, weg. Seit August zumindest läuft die Diskussion.
Ich gucke mir einmal an, was im Haushalt an ganz konkreten Maßnahmen enthalten ist, um die Rezession zu wirken. Ich habe das bisher so verstanden: Was wir machen müssten, wäre, uns Maßnahmen herauszusuchen, die möglichst schnell beschäftigungswirksam und langfristig vernünftig sind.
Die Abwrackprämie fällt für mich nicht darunter, aber lassen wir das jetzt einmal weg. Die Ministerin hat das im Übrigen in Ihrer Rede bei der Sondersitzung neulich selber gesagt. Ich will Frau Ministerin Thoben einmal zitieren: „Sinnvoll sind Maßnahmen, die nicht nur die Nachfrage stärken, sondern die Rahmenbedingungen für einen mittelfristig höheren Wachstumspfad verbessern.“ Da sind wir sicherlich im Konsens.
Jetzt ist die Frage: Was ist konkret drin? Da finde ich nichts! Es ist mehrfach gesagt worden – das sehe ich als einen gewissen Winkelzug –, infrastrukturelle, investive Maßnahmen, die sowieso im Haushalt aufgeführt sind, würden jetzt als Konjunkturmaßnahmen verkauft. Gut. Aber lassen wir das.
Neue Zielsetzungen, neue additive Dinge sind nicht enthalten. Was ich als das Schlimmste empfinde – das hat der Kollege Eiskirch richtigerweise angesprochen –, ist, dass der Haushalt des Wirtschaftsministeriums auf der einen Seite langweilig ist, da
ein großer Teil durch die Steinkohleverpflichtungen festgelegt ist. Diese sind im Übrigen auch in der langfristigen Hypothek sogar einmal einstimmig beschlossen worden. Dieser Teil ist gebunden, daran wird weiter gearbeitet, er wird weiter reduziert. Der Weg ist auch absolut richtig.
Er war ansonsten für das Parlament immer ein bisschen langweilig, weil der zweite dicke Posten, die Ziel-2-Mittel, die über sieben Jahre angelegt sind, für uns relativ wenig Diskussionsraum geben. Ich fand es positiv – das will ich ganz klar sagen –, dass Frau Ministerin Thoben, anders als wir es früher in der Regierung gemacht haben – das sage ich ganz ausdrücklich –, mehr Transparenz gebracht hat, indem sie die Wettbewerbsbereiche und anderes transparenter dargestellt hat.
Ich fand es ebenfalls positiv – um das ganz klar zu sagen –, dass versucht worden ist, über diese Wettbewerbsorganisation einmal etwas anders zu machen.
Die Rezessionsdrohung ist seit August vom Ministerpräsidenten thematisiert worden. Wir wissen seitdem, ohne in Panik zu verfallen, dass wir gegensteuern müssten. Wenn Frau Ministerin in ihrer Rede selber gesagt hat, wir sind stärker betroffen, weil bei uns bestimmte Bereiche – auch gemessen am Bundesschnitt – ein bisschen stärker bedroht sind, dann wäre doch die Frage: Kann man nicht auch aus den vorhandenen Mitteln des Landes Teile zur Beibehaltung des Wettbewerbs – von mir aus in den Bereichen, die bereits angelaufen sind –, Teile der Gelder aus dem Ziel-2-Programm nehmen, um damit genau entsprechend diesem Gedanken antirezessive Maßnahmen im Bereich Handwerk, Gebäudewirtschaft und Ähnliches zu fördern?
Ich meine nur Punkte, über die wir keinen politischen Dissens haben und die ganz eindeutig im Bauhandwerk positive Beschäftigungswirkung haben, um diese Bereiche zu stabilisieren oder Beschäftigung aufzubauen, die zwangsläufig woanders wegfällt.
Das sind die Maßnahmen, die wir diskutieren müssen. Ich kann Ihnen sagen: Wenn wir in der Regierung wären, würden wir seit August diskutieren, was es für konkrete Möglichkeiten gibt, die man dafür nutzen könnte. Ich hätte erwartet, dass es so etwas wie eine Taskforce zwischen Handwerk, Abgeordneten der Regierungsfraktionen und Ministerium gibt, die überlegt, ob in den bekannten Programmszenarien mit den bekannten Mitteln, ohne das Rad neu zu erfinden, Maßnahmen in Angriff genommen werden können, die über die Ziel-2-Zielsetzung
gedeckt sind und die man schnell so umsetzen kann, dass sie unten abgefordert werden. Solche Programme gibt es!
Ich will eines erwähnen: Das, was wir früher unter REN gemacht haben, was bei Ihnen unter Progress lief – das sind die Leute, die hier alle hinten in den Reihen sitzen, die das früher schon fachlich bearbeitet haben –, ist ein Programm, bei dem mit 1 € staatlichem Geld 5 € Investitionen losgetreten worden sind. Und ich rede jetzt nicht über unsere Streitfelder wie Windräder oder Ähnliches.
Um klarzustellen, was ich meine, möchte ich ein kurzes Beispiel anführen: Umstellung von Nachtspeicherheizungen – 500.000 Stück bei uns, 1,4 Millionen im Bund. Angela Merkel sagt, die sollen in zehn Jahren alle abgeschafft sein. Das ist ökologisch und ökonomisch richtig, weil die Stromheizung die teuerste sein wird.
Obwohl ich ein Anhänger des Ordnungsrechts bin, ist mir klar: Wir bekommen es nicht mit dem Ordnungsrecht hin, sondern nur dann, wenn wir einen additiven Zuschuss geben. Das wäre über das Ziel2-Programm gedeckt. Um das ganz klar zu sagen: Eine alte Nachtspeicherheizung zu ersetzen, ist eine handwerkliche Leistung. Es müssen Heizkörper und Rohre verlegt werden; es ist ein Bauhandwerk.
Als Fraktion haben wir uns gefragt: Was müssten wir investieren, um die Zielsetzung von Angela Merkel zu erreichen? Man könnte hier ansetzen. Zuerst müsste man mit den Wohnungsbaugesellschaften reden, die große Bestände haben. Anschließend müsste man aus dem Ziel-2-Programm die Wettbewerbsorientierung nur in Teilen weiterführen, einen Teil nehmen und sagen: Das machen wir. – Das würde sich alles decken; darüber bestünde kein Streit.
Aber man müsste es als Signal alsbald auf den Weg bringen, weil man natürlich diejenigen, die das machen wollen, so weit in der Vorbereitung gewinnen müsste, dass es ab April umgesetzt werden und die Arbeit beginnen kann. Denn es ist natürlich klar, dass so etwas nicht mitten in der Heizperiode zu machen ist. Damit die Wohnungsbaugesellschaften entscheiden, bedarf es klarer Signale der Regierung. Es bedarf auch klarer Anreize, was fließen soll. Instrumente sind da, Wege sind da. Es ginge also.
Wenn dann die Bilanz gezogen wird – damit komme ich auf das Negative –, was Thomas Eiskirch eben gemacht hat, stellt man fest: Es stehen 2,5 Milliarden € als Programmrahmen zur Verfügung. Ein Viertel der Laufzeit ist vorbei. Jedoch ist nicht ein Viertel der Summe bewilligt oder auf den Weg gebracht worden, sondern die Bewilligungssumme umfasst lediglich rund 100 Millionen €.
Im Detail finden sich Einzelpositionen wie Zuschüsse für die Energieagentur, die ich richtig finde; das will ich nicht kritisieren. Sie sind für den ganzen Zeitraum bewilligt, was auch richtig ist. Ich erkenne auch ausdrücklich an, dass Sie das vernünftig und finanziell gestärkt weitermachen. Aber an wirklich investiven Mitteln sind bisher tatsächlich etwa 40 Millionen € vergeben worden. Das ist in einer solchen Situation nicht zu akzeptieren, in der die Ministerin neulich selber gesagt hat, dass rasch gehandelt werden muss.
Dann muss man auch in der Lage sein, seine Programme auch ein Stück weit neu zu justieren und zu sagen: Der Wettbewerbsgedanke war richtig. Aber in dieser Situation müssen wir einen gewissen Teil nehmen und dort etwas umsetzen, wo es für das Handwerk, für das Bauhandwerk und alle anderen richtig ist, um Arbeitsplätze zu stabilisieren. – Da kommt aber gar nichts.
Selbst wenn Sie es täten, brauchte es doch Wochen und Monate, bis es sich unten in Beschäftigung umsetzt. Das finde ich nicht richtig. Deshalb sage ich: Dieser Haushaltsplan wird den Anforderungen aus der Wirtschaftskrise überhaupt nicht gerecht. Es geht nicht darum, sich hier hinzustellen und neue Schulden zu fordern. Alleine vor dem Hintergrund des zur Verfügung stehenden Geldes wird es den Anforderungen nicht gerecht. Diese deutliche Kritik muss man machen.
Sie haben eine Reihe von Sachen gesagt. Natürlich ist die Situation im Jahr 2008 ein Stück weit besser gewesen als früher. Wir könnten uns jetzt in üblicher Manier darüber streiten, ob das nicht Effekte der großen Konjunktur sind. Wir können uns alle nur freuen, dass Sie das Glück gehabt haben, an der Regierung zu sein, als das so war.
Die Frage lautet aber: Welche konkreten Maßnahmen macht diese Regierung in dieser Krise, die sich bekanntermaßen seit August entwickelt und stärker wird? Die Bilanz ist anders, als Sie sie geschildert haben. Als Regierungsfraktionen müssten sie in eine wesentlich intensivere Diskussion mit der Regierung gehen und steuern. Sie können es; das haben wir früher auch gemacht.
Ich könnte Ihnen Geschichten erzählen, wie wir mit den Ministern diskutiert und gerungen haben – fragen Sie die Mitarbeiter, die dort hinten noch sitzen –, um Einzeldetails solcher Programme so zu verbessern, dass etwas passiert. Es muss ein Prozess des Ringens geben. Das ist auch nicht schlimm. Sie sind dafür da, mit der Regierung darum zu kämpfen. Da passiert aber zu wenig. Deshalb ist der Haushalt nicht vernünftig. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Für die Landesregierung erhält Frau Wirtschaftsministerin Thoben das Wort.