Protokoll der Sitzung vom 28.01.2009

Die Investitionen und die Maßnahmen sollten nachhaltig sein. Darüber werden wir im Zusammenhang mit der Energiepolitik noch zu sprechen haben.

Wir möchten gerne gestärkt aus dieser Krise hervorgehen – nicht mit Aktionismus, aber mit ordentlicher Beratung und Hilfestellung für Unternehmen, die durch das Tempo der Anpassung überfordert sind.

Letzter Punkt: Stellen wir uns einmal vor, wir würden das Jahr 2009 am Ende mit einem realen Rückgang des Wachstums abschließen. Die Prognosen gehen ja noch ein bisschen auseinander. Nehmen wir aber einmal an, wir blieben bei 2,5 %. Dann würde sich die gesamte Wirtschaftsleistung Nordrhein-Westfalens auf dem Niveau von 2005 oder 2006 bewegen. Wenn wir nicht so viel gegeneinander reden, sondern gemeinsam vorgehen würden, könnten wir das schaffen, und zwar so, dass die Menschen es aushalten können. – Danke schön.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Als nächster Redner spricht Herr Kollege Eiskirch für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte die 15 Sekunden Redezeit zu einer kurzen Klarstellung nutzen.

Frau Thoben, bevor Sie es woanders ein zweites Mal verkehrt darstellen: Die SPD hat im Haushalts- und Finanzausschuss nicht gegen die Erhöhung des Bürgschaftsrahmens gestimmt, sondern sich der Stimme enthalten, und zwar mit folgender Begründung: Wir sind dafür, dass der Bürgschaftsrahmen erhöht wird – aber nicht im Haushaltsgesetz; diese 600 Millionen € sollen in einem anderen Verfahren für Bürgschaften ausgegeben werden.

Ich möchte das nur der Klarstellung halber hier zu Protokoll geben. Wir haben uns enthalten, weil wir dies für die falsche Stelle halten. Inhaltlich sind wir sehr für die Erhöhung des Bürgschaftsrahmens. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Eiskirch. – Als nächster Redner spricht Herr Kollege Sagel.

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Wo sind Sie denn gut gerüstet, muss ich Sie als Linker fragen – angesichts dessen, was wir gerade weltweit, aber auch in Deutschland und hier in Nordrhein-Westfalen erleben. Wir erleben im Moment doch einen Bankrott des Systems. Ich kann nicht erkennen, dass Ihre Wirtschaftspolitik tatsächlich ein Ausweg aus der Krise ist.

Das gilt gerade für Sie von der FDP. Sie mit Ihrer Politik sind doch die größten Bankrotteure; denn Sie haben mit Ihrer neoliberalen Politik der letzten Jahre und Ihren Attacken immer wieder ganz wesentlich dafür gesorgt, dass genau das eingetreten ist, was wir jetzt real erleben.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Ja, Sie von der Heuschrecken-Partei FDP sind die größten Bankrotteure. Herr Brockes, wenn Sie sich hierhin stellen und dann noch davon reden, man solle alles ruhig den Bach heruntergehen lassen, muss ich Sie fragen: Haben Sie eigentlich den Schuss gehört? Offensichtlich gar nicht, in keiner Weise! Es ist sehr bedauerlich, dass viele Wechselwähler von der CDU immer noch zur FDP gehen, weil sie meinen, dass bei der FDP Wirtschaftskompetenz vorhanden sei. Das Gegenteil ist der Fall. Sie sind wirklich die größten Bankrotteure, die es hier im Land gibt.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Der Niedergang der sozialistischen Planwirtschaft ist uns doch bekannt!)

Wenn ich mir das Ganze anschaue, kann ich nur sagen: Die ganze Haushaltspolitik in NordrheinWestfalen ist ein Witz. Von Haushaltskonsolidierung kann keine Rede sein. Sie werden dieses Jahr eine neue Rekordverschuldung ansteuern. Wahrscheinlich wird die Gesamtverschuldung Ende des Jahres insgesamt über 120 Milliarden € betragen. – Das ist das, was hier real läuft. Da können Sie so viel von Ihren Verschuldungstheorien erzählen, wie Sie lustig sind.

Aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise ist der Landeshaushalt 2009 auch überhaupt nicht bilanzierbar. Finanzminister Linssen hat deshalb bereits angekündigt, zu einem späteren Zeitpunkt einen Nachtragshaushalt vorzulegen, in den alle Unwägbarkeiten einfließen sollen. Momentan findet eine Politik mit ungedeckten Schecks statt. Das ist die Realität.

Sinnvoll wären aus meiner Sicht eine vorläufige Haushaltsführung und eine Verabschiedung des Haushalts zu einem späteren Zeitpunkt, wobei in den Haushalt insbesondere die Auswirkungen des Konjunkturprogramms, vor allem aber auch die Bilanzen der immer maroder werdenden WestLB – es gibt schon wieder 80 Milliarden € neue Risiken, wie wir gerade vernommen haben – mit einfließen müssen.

Von daher lautet mein Petitum: Man kann diesen Haushalt zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nicht seriös diskutieren. Deswegen machen die Haushaltsberatungen in dieser Woche auch keinen Sinn.

Ich kann zwar verstehen, dass hier Änderungsanträge gestellt werden. Falls es tatsächlich noch zu einer dritten Lesung kommt, werde ich in Kürze auch meine entsprechenden Anträge einbringen. Ich halte es zum jetzigen Zeitpunkt aber für völlig verfehlt, über diesen Haushalt zu diskutieren.

Wie gesagt, gibt es darin Risiken und Unwägbarkeiten in Größenordnungen, von denen wir uns im Moment noch keine seriöse Vorstellung machen können. Es geht um Milliardensummen. Aus meiner Sicht wird die Verfassungsgrenze gerissen werden. Der Finanzminister spricht ja selber davon, dass die 2,97 Milliarden €, die er im Augenblick ausweist, nicht ausreichen werden. Deswegen will er ja den angekündigten Nachtragshaushalt erarbeiten.

Herr Linssen ist vollständig mit seiner Haushaltspolitik gescheitert – genauso wie der Ministerpräsident. Alles, was Sie angekündigt haben – Stichwort: Haushaltskonsolidierung –, findet nicht statt. Es gibt eine Rekordverschuldung. Der jährliche Schuldendienst liegt jetzt bei mehr als 5 Milliarden €. Das ist Ihre Schuldenpolitik. Sie haben angekündigt, niemals Nachtragshaushalte vorzulegen. Auch das wird es jetzt geben. Sie haben angekündigt, die

Neuverschuldung nicht hochzufahren. Auch das tun Sie jetzt, und zwar in Verdoppelung dessen, was Sie im ursprünglichen Haushalt für 2009 angesetzt hatten.

Das ist Ihre Politik: katastrophales Scheitern in jeder Beziehung. Ich kann überhaupt nicht erkennen, wie Sie tatsächlich Haushalte konsolidieren wollen.

Ein Letztes: Vor einiger Zeit bin ich als Linker hier noch ausgelacht worden, als ich von Verstaatlichung und Vergesellschaftung geredet habe. Ich kann nur sagen: Links wirkt mittlerweile offensichtlich. Der Ministerpräsident geht bei der Verstaatlichung und Vergesellschaftung voran. Er fordert es mittlerweile selber. Bei der Commerzbank haben wir es schon erlebt.

Für sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Politik gibt es im Augenblick nur eine verlässliche Kraft. Die Linke macht hier wirklich glaubwürdig Politik. Sie hingegen beschränken sich im Augenblick auf ungedeckte Schecks und Schattenhaushalte, die in keiner Weise finanziert sind. Sie sind vollständig gescheitert.

(Zuruf von Christian Weisbrich [CDU])

Wir haben hier im Moment ein Bankrottsystem Ihrer Politik vorliegen. Das ist die Realität.

Vielen Dank, Herr Kollege Sagel. – Frau Ministerin Thoben hat sich noch einmal für die Landesregierung zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Thoben.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Laut Protokoll des Haushalts- und Finanzausschusses hat sich anders, als Herr Eiskirch das hier vorgetragen hat, die SPD bei dem Antrag, den Bürgschaftsrahmen zu erhöhen, nicht der Stimme enthalten, sondern mit Nein gestimmt.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr zum Teilbereich Wirtschaft und Mittelstand. Damit kommen wir zum

Teilbereich Energie

Zunächst hat sich für die SPD Herr Kollege Römer zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Haushaltsdebatten – wir haben das gerade gemerkt – sind immer auch Generaldebatten. Das gilt selbst

verständlich auch für die Energie- und die Klimapolitik.

Ich will es gleich vorwegnehmen: Der Befund nach dreieinhalb Jahren schwarz-gelber Regierungszeit ist für diesen Bereich vernichtend. Die schwarz-gelbe Regierungszeit – das ist deutlich geworden – ist für die Energiepolitik in Nordrhein-Westfalen eine verlorene Zeit. Sie ist im Übrigen, Frau Thoben, auch für die Klimapolitik eine verlorene Zeit. Leere Versprechen, Verhinderungspolitik und erfolglose Initiativen – ich werde darauf gleich noch eingehen – kennzeichnen die Zwischenbilanz der Energieministerin des ehemaligen Energielandes Nummer eins.

Ihre erfolglosen Initiativen und Ankündigungen, Frau Thoben, möchte ich jetzt gar nicht im Einzelnen beleuchten. Nur drei Beispiele aus der Kategorie leere Versprechen: Klimaschutzkonzept, leere Ankündigungen ohne konkrete Maßnahmen. Die Zahlen – das wissen Sie selbst – sind heute schon größtenteils Makulatur.

Kraft-Wärme-Kopplung: Nach dreieinhalb Jahren soll jetzt wohl Anfang 2009 eine Studie in Auftrag gegeben worden sein oder noch gegeben werden. Nach dreieinhalb Jahren!

Kraftwerkserneuerungsprogramm: Vereinbarungen zur Realisierung sollten den Wirtschaftsausschuss – so haben Sie das angekündigt – Ende Oktober 2008 vorgelegt werden. Herr Lienenkämper hat schon vorsorglich und sicherheitshalber das Ganze auf 2010, also in die nächste Wahlperiode verschoben – alles leere Versprechen!

Ein Beispiel zur Verhinderungspolitik: Der Windenenergieerlass der schwarz-gelben Landesregierung behindert sogar den Austausch alter Windräder. Der Bauminister hatte gleich zu Beginn der Legislaturperiode die Richtung vorgegeben, als er lautstark forderte – ich zitiere –, die Windenergie kaputt zu machen. Die FDP drückt bei diesem Thema mit Wortschöpfungen wie Windindustriemonster, Herr Brockes, ein ganz besonderes Politikverständnis aus.

Diese Verhinderungspolitik, meine Damen und Herren, hat aber für Nordrhein-Westfalen ganz praktische Folgen. NRW fällt im Ländervergleich immer weiter zurück, und Investoren werden aus unserem Land vertrieben.

(Beifall von Reiner Priggen [GRÜNE])

Das wird an Zahlen mehr als deutlich. 2004 hatte Nordrhein-Westfalen noch einen Anteil von 11,3 % am Neubau von Windrädern in Deutschland. Unter Schwarz-Gelb ist dieser Anteil bis Mitte 2008 auf 5,4 % eingebrochen und damit mehr als halbiert worden. Und deutschlandweit ruiniert diese schwarz-gelbe Landesregierung den einst guten Ruf des Energielandes Nordrhein-Westfalen.

Ende 2008, meine Damen und Herren, wurde in Berlin der Bundesländer-Vergleich zum Thema erneuerbare Energien vorgestellt. Die schwarz-gelbe

Landesregierung hat ein blamables Zeugnis bekommen. Im Gesamtranking der Bundesländer liegt Nordrhein-Westfalen auf einem verheerenden zwölften Platz. Dahinter liegen nur noch Stadtstaaten, Hamburg und Berlin, sowie die schwarz dominierten Bundesländer Hessen und Saarland.

Noch düsterer sieht es für Erfolge beim technologischen und wirtschaftlichen Wandel aus. Hier landet Nordrhein-Westfalen auf dem vorletzten Platz. Es ist für unser Land beschämend. Das ist das Ergebnis Ihrer grottenschlechten Regierungsarbeit, Frau Thoben.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Warum ist das so? Kein Investor wird sich dort niederlassen, wo er auf ein investitionsfeindliches Klima trifft. Wertschöpfung, Arbeit und Ausbildungsplätze aus erneuerbaren Energien entstehen dort, wo diese willkommen sind. Deshalb ist Brandenburg vorne und nicht Nordrhein-Westfalen. Das nur zu einem Beispiel aus der Kategorie Verhinderungspolitik!

Erfolglose Initiativen: Frau Thoben, Sie haben es vorhin selbst angesprochen, und ich komme darauf zurück. Ende Dezember 2008 wurde in Brüssel über den Emissionshandel ab 2013 entschieden. Kein Benchmark, keine Ausnahmen für die deutschen Stromkonzerne, stattdessen Vollauktionierung, also eine 100%-ige Niederlage der Landesregierung.

Frau Thoben, ich habe es Ihnen immer wieder gesagt. Sie reiten ein totes Pferd. Ich habe Ihnen gesagt: Steigen Sie endlich ab! Sie haben das ignoriert, sind starrsinnig auf Ihrem toten Pferd sitzen geblieben. Jetzt sehen Sie ziemlich belämmert aus.