Frau Thoben, ich habe es Ihnen immer wieder gesagt. Sie reiten ein totes Pferd. Ich habe Ihnen gesagt: Steigen Sie endlich ab! Sie haben das ignoriert, sind starrsinnig auf Ihrem toten Pferd sitzen geblieben. Jetzt sehen Sie ziemlich belämmert aus.
Die Diskussion über die zukünftige Vollauktionierung im Emissionshandel für die Energiewirtschaft möchte ich heute nicht erneut führen. Entscheidungen sind gefallen, ohne dass diese Landesregierung dabei irgendeine gestaltende Rolle gespielt hätte. Aber es kommt noch schlimmer, Frau Thoben. Sie und auch Herr Lienenkämper gehen mit dieser Niederlage in verheerender Weise um. Sie nörgeln rum, Sie verabschieden sich sogar von den eigenen Klimaschutzzielen.
Sie analysieren aber nicht, warum die Entscheidung in Brüssel für eine Vollauktionierung in der Energiewirtschaft gefallen ist. Diese Analyse ist aber wichtig. Es kommt darauf an, Ursachen und Wirkungen nicht zu verwechseln, damit Legenden erst gar nicht entstehen. Deshalb nur ein kurzer Blick auf die Vorgeschichte dieser Entscheidung, die auf der europäischen Ebene mit ausdrücklicher Unterstützung der Bundeskanzlerin und der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gefallen ist.
In der ersten Handelsperiode, Frau Thoben, wurden die Zertifikate kostenlos zugeteilt, von den Energiekonzernen dennoch eingepreist. Die Folge: Die
Verbraucherinnen und Verbraucher mussten die höheren Preise zahlen. In der aktuell laufenden zweiten Handelsperiode erhalten die Konzerne die Zertifikate weiterhin größtenteils kostenlos. Die Konzerne preisen weiter lustig ein. Wiederum müssen die Verbraucherinnen und Verbraucher – auch in Nordrhein-Westfalen – die Leidtragenden sein.
Ich will das gar nicht selbst kommentieren. Ich zitiere einmal den Vorsitzenden der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, Hubertus Schmoldt. Er hat am 2. Dezember 2008 in der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ erklärt, warum die Europäische Union den Energieerzeugern keine kostenlosen Lizenzen mehr geben will. Er sagte damals, dass – ich zitiere – „die Stromkonzerne … die Lizenzen voll eingepreist und dadurch jährlich 3 bis 5 Milliarden € eingestrichen“ haben.
Sein Kommentar, der Kommentar von Humbertus Schmoldt, war damals – ich zitiere ihn wieder – kurz und knapp: „Das ist eine Schweinerei.“
Die politische Schlussfolgerung, meine Damen und Herren, der Großen Koalition war und ist deshalb, leistungslose Zusatzgewinne zumindest ab 2013 nicht länger bei den Unternehmen zu belassen, sondern das Geld für Investitionen zu verwenden, die bei den Menschen in Deutschland ankommen und die unserer Volkswirtschaft auf direkte Weise nutzen. Das ist vernünftig, und das haben wir unterstützt.
Also keine Legende! Ursache für die Vollauktionierung ist das Verhalten der Stromkonzerne und nicht etwa die Unvernunft des Europaparlaments, der Bundeskanzlerin, der CDU/CSU-Bundestagsfraktion oder gar der SPD. Wer diese politische Lehre aus den ersten beiden Handelsperioden nicht ziehen will, der erweist, Frau Thoben, Nordrhein-Westfalen einen Bärendienst und der lässt sich – ich sage das ganz deutlich – vor den Karren der Stromkonzerne spannen. So verstehe ich allerdings nicht den Primat der Politik, den im Übrigen die Energievorstände in Sonntagsreden auch immer wieder selbst bemühen.
Ein weiterer Punkt, an dem wir in diesem Zusammenhang nicht vorbeikommen: Der Vorstandsvorsitzende der RWE Power AG, Johannes Lambertz, begründet den Weiterbetrieb von fünf Altblöcken in Frimmersdorf bis 2012 eben mit der Ausgestaltung des Emissionshandels in der zweiten Handelsperiode, also mit der größtenteils kostenlosen Zuteilung von Zertifikaten an RWE. Frau Thoben, das ist der Zusammenhang, den Sie bis heute immer noch nicht erkannt haben.
Deren Abschaltung, meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, hatte RWE im Rahmen des Kraftwerkserneuerungsprogramms in Schreiben
an den Regionalrat Köln bereits für spätestens 2007 zugesagt. Diese Abschaltung ist im Übrigen nach der Inbetriebnahme des BoA 1 zwingend im Sinne der Vereinbarung mit der Landesregierung vom 20. Oktober 1994.
Ich muss nicht daran erinnern, dass Garzweiler II nicht genehmigt worden wäre, wenn RWE nicht zugesagt hätte, alte Blöcke Zug um Zug durch neue, hocheffiziente Kraftwerke zu ersetzen.
Das Ergebnis: Die Bundeskanzlerin hat konsequent die Position der Großen Koalition vertreten und die Vollauktionierung in der Stromwirtschaft mit durchgesetzt. Damit ist aber – das ist das Ergebnis hier in Nordrhein-Westfalen, Frau Thoben – die Landesregierung, die Regierung Rüttgers, auf ganzer Linie grandios gescheitert. Ich bin gespannt, ob die Energieministerin auch 2009 immer noch auf ihrem toten Pferd sitzen bleiben will, ob sie gleich immer noch versuchen will, uns zu erklären, warum sie die Vollauktionierung für falsch hält.
Eine solche Nörgelei, Frau Thoben, hilft niemandem. Sie ändert nichts am Ergebnis. Sie ist kein Beitrag zum Klimaschutz, und sie trägt im Übrigen – und darauf müssten wir doch alle achten – nicht zur Akzeptanz der Braunkohle bei und sichert darüber hinaus auch keine Arbeitsplätze im Revier. Frau Thoben, die Menschen brauchen endlich klare Aussagen, wie die Landesregierung mit dem Ergebnis umgehen will. Das wäre Regierungsverantwortung, die Sie bis heute leider nicht wahrgenommen haben. Ich bin auf Ihre Erklärungen gleich gespannt.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Haushaltskapitel Bergbau und Energie wird leider immer noch nahezu vollständig dominiert von den Zuschüssen für den Absatz deutscher Steinkohle, auch wenn dieser Ansatz in diesem Jahr von 540 auf 516 Millionen € gekürzt werden konnte.
Vor diesem Hintergrund – das muss ich schon sagen – ist es schon ziemlich dreist, Herr Römer, was Sie als alter Kohlelobbyist hier über fehlende Finanzmittel an anderer Stelle vortragen.
Das Geld, das wir für die Energiepolitik von gestern dank Lobbyisten wie Ihnen ausgeben müssen, fehlt uns angesichts leerer Kassen für die Gestaltung der Zukunft.
Sie haben relativ wenig zum Energiehaushalt gesagt. Das kann ich in gewissem Umfang auch nachvollziehen, weil für die Energiepolitik unseres Landes lediglich zwei Ansätze unmittelbar haushaltswirksam sind.
Zum einen ist es das Ziel-2-Programm. Von den im Wettbewerbsverfahren bisher bewilligten 380 Millionen € gingen rund 80 Millionen € in Energieprojekte wie Energieforschung, Energieeffizienz und rationelle Energienutzung. Und – Kollege Priggen, ich denke, da können auch Sie zustimmen – diese Vergabe im Wettbewerbsverfahren ist angesichts knapper Kassen sinnvoll, um das Beste herauszukitzeln. Das ist ein schöner Anteil, der bisher in den Energiesektor geflossen ist.
Zum anderen ist das „Programm für rationelle Energieverwendung, regenerative Energien und Energiesparen“ – kurz „progres.nrw“ – haushaltswirksam; Sie haben es früher REN-Programm genannt, Herr Priggen. Dieses Programm wurde um gut 8 Millionen € auf jetzt 20 Millionen € aufgestockt. Aus diesem Programm wird jetzt in konzentrierter Form auch die äußerst erfolgreich operierende EnergieAgentur.NRW finanziert, die mit dazu beiträgt, das Energiebewusstsein im Land zu verändern. Das halte ich grundsätzlich für eine gute Entwicklung.
Sicherlich fehlen für eine zukunftsorientierte Energiepolitik – das wird immer so sein – Haushaltsmittel; dafür hätten auch wir gerne mehr. Aber Sie – insbesondere Sie persönlich, Kollege Priggen, zunehmend auch die SPD – propagieren zur Beschaffung der Finanzmittel einen Weg, den wir so nicht mitgehen können. Herr Kollege Römer hat sich eben lange über die Vollauktionierung ausgelassen. Sie wollen auch die Erlöse aus der Auktionierung nutzen, um insbesondere bei uns im Lande Energieprojekte finanzieren zu können.
Das ist ein frommer Wunsch, der allerdings mit der Realität wenig zu tun hat. Sie wissen, dass ein Großteil der Mittel bei der EU hängen bleibt. Sie wissen, wenn man diese Art von Energiepolitik zu Ende denkt, müssen die Auktionserlöse genutzt werden, um an anderen Orten in der Welt zukunftsweisende Energieprojekte zu finanzieren, mitnichten die energetische Gebäudesanierung in Deutschland. Das ist ein frommer Wunsch; das wäre schön, aber es wird am Ende nicht durchtragen. Wir werden Ende nächsten Jahres, wenn die Konferenz in Kopenhagen als Kyoto-Nachfolgekonferenz abgeschlossen sein wird, wissen, wo wir stehen.
Also: Diese Finanzierung über den Zertifikatehandel ist der alte Umverteilungsreflex: Nimm’s den einen, gib’s den anderen; nimm’s den Reichen, gib’s den Armen. Damit kommen wir an dieser Stelle bestimmt nicht weiter.
So können wir auch nicht das finanzieren, was energie- und klimapolitische Gutmenschen allenthalben für erforderlich halten, und zwar ohne ökonomische Tragfähigkeit. Das ist der entscheidende Punkt. Die Wirtschaftsministerin warnt seit Langem vor einer derart blauäugigen Politik, die industrielle Arbeitsplätze aus unserem Land vertreibt – Herr Kollege Römer, das sollten Sie sich mal überlegen –, ohne dem Klimaschutz in irgendeiner Weise zu nutzen. Sie wollen Energiekonzerne bestrafen – darüber kann man hin- und herdiskutieren –, aber Sie helfen dem Klimaschutz auf diese Art und Weise überhaupt nicht, weil ohne ein weltweit verbindliches Handelssystem Emissionen nicht eingespart, sondern lediglich verlagert werden.
Kollege Priggen, wenn Zementwerke die Produktion nach Indonesien verlagert, bleiben die CO2-Emissionen die gleichen, aber es ist für die Region viel schlimmer. Wenn Stahl- oder Aluminiumwerke nach Brasilien und die Chlor-Alkali-Chemie an Standorte mit niedrigeren als den deutschen Stromkosten flüchten, gehen Zigtausende, um nicht zu sagen Hunderttausende Arbeitsplätze bei uns verloren, und wir haben für den Klimaschutz nichts gewonnen. Das halte ich für ökonomisch unverantwortbar,
Kollege Römer, was soll ich Sie kritisieren? Das hat doch tagesaktuell ein ganz anderer getan. Ihr Vorgänger im Amt als wirtschaftspolitischer Sprecher, Kollege Werner Bischoff von der IG BCE, hat Ihnen doch heute voll eins zwischen die Hörner gehauen und vor einem politischen Bumerang gewarnt, der auf die SPD zukommen könnte, wenn sie Ihre maßlose Verteufelung der Energiewirtschaft fortsetzt, wie Sie das eben wieder vorgeführt haben.
Klares Wasser und frische Luft sind selbstverständlich wichtig für uns alle, aber sie ersetzen doch nicht Brot und Arbeit. Von daher müssen wir sehen, eine vernünftige Balance zu halten. Das hat diese Landesregierung und diese Wirtschaftsministerin immer gemacht, und deswegen stehen wir voll dahinter. Seien Sie sich über eines klar – das brauche ich dem Kollegen Priggen nicht zu sagen, aber Ihnen, Herr Römer, weil Sie immer noch von einer Zukunft für die Steinkohle in Nordrhein-Westfalen herumfantasieren –: Je schneller wir die Kohlesubventionen beenden und je eher wir einer Laufzeitverlängerung der sichersten Kernkraftwerke der Welt zustimmen, desto sozialverträglicher werden wir die Energielandschaft zukunftsfähig umgestalten können.
Die Strompreise explodieren, Sie schimpfen auf die Konzerne. In Wirklichkeit ist aber in diesem Sektor
der Staat der große Preistreiber. Das sollten Sie endlich mal zur Kenntnis nehmen. Das könnte man auch ganz anders gestalten. Wenn mehr als 40 % der Stromkosten staatlich verursacht sind für Steuern und Abgaben und wenn in Ihrer glorreichen rotgrünen Regierungszeit die Steuern und Abgaben auf Strom um 528 % gestiegen sind, muss man doch einmal sagen: Schluss, da ist etwas faul im Staate Dänemark; das kann so nicht weitergehen; das müssen wir ändern.
Deswegen ist die Energiepolitik der Landesregierung vernünftig. Sie betreibt eine Energiepolitik mit Verlässlichkeit und Augenmaß. Wir tragen diese Energiepolitik voll mit. Deshalb stimmen wir dem Haushaltskapitel 08 050 zu. – Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kein anderes Kapitel des Gesamthaushalts zeigt eindrucksvoller, was 39 Jahre lang in diesem Lande schiefgelaufen ist, wie das Kapital „Bergbau und Energie“. Auch wenn die SPD heute ständig von Zukunftsenergien spricht, so ist es Ihre Verantwortung, Herr Kollege Römer, dass auch im Jahre 2009 über eine halbe Milliarde Euro, fast 95 % des Teilbereichs Energie, in die Subventionierung des Steinkohlenbergbaus gehen. Das wollte ich eigentlich in diesem Jahr nicht schon wieder thematisieren. Denn es gehört zum Erfolg dieser Landesregierung, dass damit endlich bald Schluss ist.
Trotzdem muss ich es wieder ansprechen, weil die SPD – allen voran Herr Römer – weiterhin dem Gespenst des Sockelbergbaus hinterherrennt. Wenn Sie den Sockelbergbau propagieren, seien Sie bitte ehrlich, Herr Römer, und erzählen Sie den Menschen, wie viel das kostet, und machen Sie nicht wie Pipi Langstrumpf aus drei mal drei sechs! Steinkohle wird in Deutschland aufgrund der geologischen Lage niemals wirtschaftlich abzubauen sein und damit auch keinen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten können. Trotzdem stecken wir weiterhin Hunderte Millionen in die Subventionierung, was letzten Endes nur zulasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler geht.
Damit sind wir schon beim Thema Versorgungssicherheit angekommen. Gerade in den letzten Wochen haben wir gesehen, was passiert, wenn man einseitige Abhängigkeiten schafft. Gas ist in Deutschland der wichtigste Rohstoff zum Heizen. Knapp die Hälfte der Heizungen in Deutschland wird mit Gas befeuert. Umso wichtiger ist eine sichere Gasversorgung, damit im Winter keiner ohne warme Wohnung bleiben muss.
Durch die Politik von SPD und Grünen wird jedoch genau diese einseitige Abhängigkeit von russischem Gas gefördert. Die ideologisch verblendete Ablehnung der friedlichen und CO2-freien Nutzung der Kernenergie durch SPD und Grüne sowie der Kampf der Grünen und von Teilen der SPD gegen hocheffiziente moderne Kohlekraftwerke treiben die Energieversorger dazu, mehr Gas zu verstromen.
Meine Damen und Herren, verstehen Sie mich nicht falsch. Um Spitzenverbräuche und Versorgungslücken aufzufangen, braucht man Gaskraftwerke. Auch um die unstete Wind- und Sonnenenergie auszugleichen, braucht es immer mehr Gaskraftwerke. Aber diese Kraftwerke sind für die Grundlastversorgung ungeeignet, weil sie viel zu teuer sind. Ohne Kohlekraftwerke und Kernenergie laufen wir in eine riesige Versorgungslücke. Da gehen die Lichter ohne Import aus Kernenergie aus Frankreich und Tschechien bald aus.