Protokoll der Sitzung vom 28.01.2009

Meine Damen und Herren, verstehen Sie mich nicht falsch. Um Spitzenverbräuche und Versorgungslücken aufzufangen, braucht man Gaskraftwerke. Auch um die unstete Wind- und Sonnenenergie auszugleichen, braucht es immer mehr Gaskraftwerke. Aber diese Kraftwerke sind für die Grundlastversorgung ungeeignet, weil sie viel zu teuer sind. Ohne Kohlekraftwerke und Kernenergie laufen wir in eine riesige Versorgungslücke. Da gehen die Lichter ohne Import aus Kernenergie aus Frankreich und Tschechien bald aus.

Kommen Sie mir auch nicht mit den angeblich exorbitanten Exportquoten des deutschen Stroms, Herr Kollege Priggen, die Sie ja immer anführen. Sie wissen genauso gut wie ich, dass das fast ausschließlich Überkapazitäten aus dem Windstrom sind, die dann anfallen, wenn sie niemand braucht, meine Damen und Herren.

Denn weil man Strom nicht vernichten kann, wird er teilweise sogar nach Skandinavien und in die Schweiz – mit dem billigen Strom werden dort die Talsperren gefüllt – verschenkt. Manchmal zahlen deutsche Energieversorger sogar dafür, um Windstrom absetzen zu können, und das, obwohl die Bürgerinnen und Bürger die Einspeisevergütung staatlich verordnet bezahlen müssen. Daher kommen die angeblichen Stromüberschüsse.

Wie wir in Zukunft unsere Grundlast decken wollen, bleibt bei Ihnen, meine Damen und Herren der Opposition, ungelöst. Die NRW-SPD hat hier im Plenum immer und immer wieder für die Vollversteigerung von Emissionszertifikaten gekämpft. Wir haben immer gesagt: Das ist ökologisch und wirtschaftlich unsinnig. Die Quittung kam letzte Woche: RWE resigniert und wird keine Kraftwerke mehr in Deutschland bauen; andere werden folgen. Das war abzusehen. Die Folgen: Veraltete Kraftwerke bleiben am Netz, der Strompreis steigt durch die zusätzlich notwendigen Käufe von CO2-Zertifikaten weiter an, die energieintensive Industrie wandert ab. Aber zum Glück gibt es ja noch Herrn Gabriel und die SPD.

Man fordert jetzt, dass die Energieversorgung für den Bau neuer Kraftwerke eine Subvention von 15 % der Investitionssumme erhalten soll, meine Damen und Herren. Da muss man sich schon fragen, ob da beim morgendlichen Hose-Anziehen die berühmte Kneifzange zum Einsatz kommt: Erst 13 Milliarden € abschöpfen und in die Staatskasse, und anschließend eine neue Subvention fröhlich verteilen! Ist das noch normal, meine Damen und Her

ren? Das ist so, als wenn man einem Bauern ein Schwein wegnimmt, ihm drei Schnitzel zurückgibt und ihm sagt, dass er damit doch gefälligst froh sein soll.

Um dem Fass den Boden auszuschlagen, schimpft Herr Gabriel noch am vergangenen Montag bei der Gründung der Agentur für Erneuerbare Energien in Bonn auf die Milliarden-Subventionen für konventionelle Energieträger ein. Das ist nun wirklich eine Verdummung des Volkes.

Meine Damen und Herren, wir haben es Ihnen vorher immer wieder gesagt: Nachdem die Grünen schon jahrelang mit vereinfachten Parolen und Protesten Kraftwerksbauten zu blockieren versucht haben, haben sie mit der Ausgestaltung des Emissionshandels endlich ein wirkungsvolles Mittel zur Gefährdung unserer Energieversorgung und damit der Grundlage unseres Wohlstands gefunden.

Die NRW-SPD ist dem Ganzen gründlich auf den Leim gegangen. Kein Wunder, dass sich Herr Römer über die Energieversorger beklagt. Es wundert nicht, dass Ihre vertrauliche Handreichung an den Landesvorstand ein einziges Klagelied ist. Keiner will Ihnen mehr vertrauen, beklagen Sie da. Wundert Sie das, Herr Kollege Römer? Sie schröpfen das Unternehmen und gefährden Arbeitsplätze und Investitionen in erheblichem Maße. Und dann sollen die Betriebsräte und Arbeitnehmer das auch noch mitmachen? Das ist ja blanker Suizid.

Wie man der Presse jetzt entnehmen konnte, hat Ihnen das auch der Hauptvorstand der IG BCE in einem Brief schwarz auf weiß bestätigt. Betriebsräte und Gewerkschaften werden Ihnen nicht in Ihrem Deindustrialisierungskurs folgen.

Dass das andere Länder und der Bund insgesamt anders sehen, liegt natürlich auf der Hand, denn dort sind auch andere Interessen. Baden-Württemberg hat CO2-freie Kernenergie und kaum Kohle. Überhaupt hat fast kein Land diese einmalige Struktur. Deshalb vertreten wir die Interessen von Nordrhein-Westfalen. Offensichtlich müssen wir diesen Job auch für die SPD machen.

Meine Damen und Herren, insgesamt werden wir, CDU und FDP, mit der Energie- und Klimaschutzstrategie die Emissionen um 33 % auf der Basis von 1990 senken. Das geht vor allem über die Effizienz. Ein effizienter Umgang mit Energie – das sind sich wohl alle hier einig – ist volkswirtschaftlich und ökologisch der beste Weg, um Klimaschutz und Ressourcenschonung zu betreiben.

Wir Freien Demokraten wollen eine Energieversorgung, die den Ansprüchen der Versorgungssicherheit, der Bezahlbarkeit und der Umweltverträglichkeit gleichermaßen Rechnung trägt. Dazu gehört die Verlängerung der Laufzeiten für unsere sicheren und CO2-freien Kernkraftwerke genauso wie Kohlekraftwerke und ein vernünftiger Ausbau von erneu

erbaren Energieträgern unter Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten.

Keine Energieform darf aus ideologischer Verblendung von vornherein ausgeschlossen werden. Auf allen Gebieten muss geforscht werden, meine Damen und Herren. Deshalb forschen wir weiter an der Kerntechnik, an der CCS-Technologie und an der Speichertechnik für regenerative Energieträger. In Jülich wird auch an einem solarthermischen Kraftwerk geforscht. Auch darin liegt eine große Chance für die Energieversorgung der Zukunft.

Meine Damen und Herren, FDP und CDU machen dieses dann zukunftsfähig und krisenfest. Wir laden auch die anderen Fraktionen ein, endlich wieder die Interessen Nordrhein-Westfalens zu vertreten und sich nicht in persönlichen Eitelkeiten und ideologischen Spinnereien zu verzetteln. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. – Für die Grünen spricht nun Herr Kollege Priggen.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lassen Sie mich mit einer kurzen Bemerkung zu der zwischen Herrn Weisbrich und Herrn Brockes eingeleiteten Bergbaudebatte anfangen: Wir befinden uns im Jahre 2009.

(Christof Rasche [FDP]: Das stimmt!)

Wenn wir ehrlich sind, müssen wir feststellen: Von 1997 bis 2005 gab es eine Bergbaufinanzierungsregelung, die unter der Regentschaft von Bundeskanzler Kohl mit einem FDP-Bundeswirtschaftsminister Rexrodt beschlossen worden ist, und zwar einstimmig im Bundestag mit Zustimmung von SPD und Grünen. Damit wurde die Finanzierung von 1997 bis Dezember 2005 geregelt. Zumindest die CDU war mit Kohl federführend. Die FDP sagt ja immer: Wir wollten eigentlich nicht, wir mussten nur. – Aber wir können es nicht abstreiten. Ich weiß, dass Joschka Fischer es mitgetragen hat.

Festgelegt worden ist – das war unser großer Fehler –, dass der Finanzierungsanteil von NordrheinWestfalen im Dezember 2005 bei etwas mehr als 21 % lag. Das ist unsere Hypothek. Es hat drei Jahre, 2006 bis 2008, gegeben, in denen Rot-Grün das mit Bewilligungsbescheiden gemacht hat. Anschließend gab es einen Kurswechsel. Jetzt befinden wir uns in der Ausstiegsphase.

Ganz ehrlich müssen wir doch sagen: Die Entwicklung ganz alleine den 39 Jahren SPD-Regierung anzulasten, obwohl es, wenn man durch die Historie geht, bei der Kohle seit den 60er-Jahren …

(Christian Weisbrich [CDU]: Habe ich doch gar nicht gemacht!)

Sie dürfen ihn wegen des Sockels ab und zu quälen, Herr Kollege Weisbrich. Das ist völlig in Ordnung. Aber wir sollten schon sagen, dass das Ganze ein Stück weit im Konsens geschehen ist.

Für mich aber ist etwas ganz anderes entscheidend. Der Haushalt soll im Prinzip die Situation nach vorne beschreiben. Er geht aber für mich wiederum – wie die eben geführte Debatte – an den tatsächlichen Anforderungen weit vorbei.

Wir haben zwei große Diskussionen über internationale Probleme. Da ist zum einen der Klimaschutz. In Kopenhagen steht für dieses Jahr die nächste große Konferenz an, und alle hoffen, dass – was sich andeutet – die Amerikaner ihren Kurs ändern. Wir wollen aber zunächst abwarten, was wirklich unterschrieben wird. Darüber hinaus hat die Europäische Union mit einem Beitrag der Bundesregierung ein bestimmtes Emissionshandelssystem beschlossen.

Herr Brockes traut uns anscheinend viel zu, hat er doch eben gesagt, die Grünen setzten ihre Vorstellungen vom Emissionshandel um. In der Bundesregierung war das aber die Große Koalition, und alle CDU-Abgeordneten im Bundestag haben es mit beschlossen. Es gibt nur eine einzige Gruppe, die an der Stelle völlig isoliert ist. Das sind Sie hier von CDU und FDP in Nordrhein-Westfalen. In Brüssel ist beschlossen worden. Dort waren es nicht die Grünen – so stark sind wir dort auch nicht –, sondern das System ist europäische Beschlusslage.

Die Anforderungen aus dem Klimawandel werden nicht schwächer werden, sondern die Situation spitzt sich – nach allem, was wir wissen – eher zu.

(Beifall von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

International wird es in Richtung Emissionshandel gehen. Wir sind gar nicht auseinander: Irgendwann wird es dazu kommen, dass der Emissionshandel das EEG und andere Vergütungen tatsächlich überflüssig macht. Dessen bin ich mir sicher.

(Beifall von Holger Ellerbrock [FDP])

Es wird nur länger dauern. Der Emissionshandel muss konsequent eingesetzt werden. Alles, was die beiden Vorredner von CDU und FDP dazu erzählt haben, macht deutlich, dass Sie das nicht wahrhaben wollen, was in Brüssel und Berlin beschlossen worden ist und mit Kopenhagen nun weitergeführt wird. Es ist die Grundlage, auf der wir arbeiten müssen. Sie stellen sich den Problemen aber nicht.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Wir haben uns in der Enquetekommission mit der Frage danach beschäftigt, wie lange es noch Erdöl und Gas gibt. Beim Öl haben wir einen Preisverfall mit großer Geschwindigkeit erlebt: Im Juli letzten Jahres waren es 147 $ je Barrel. Jetzt liegen wir bei etwas über 30 $ je Barrel. Das hat niemand von uns erwartet. Wir dürfen aber alle davon ausgehen,

dass es an dem Punkt nicht bleibt, sondern dass der Preis wie beim Gas steigen wird. Wir sind – das haben wir auch gelernt – mit allen Prognosen vorsichtig. Die Fragen des Klimaschutzes und nach der Ressourcenverknappung werden im Energiebereich wichtigste Einflussfaktoren auf den Weltenergiemärkten sein.

Es gibt auf der linken Seite des Plenums niemanden, der sagen würde, wir brauchten keine Kohlekraftwerke und werden deshalb keine mehr haben. Wir wissen sehr wohl, dass Kohlekraftwerke über die nächsten 20, 30 und 40 Jahre weltweit gebaut und auch betrieben werden. Das ist einfach Realität. Die Frage stellt sich nur: Öffnen wir uns als Energieland Nummer eins den neuen Märkten, die sich durch Klimaschutz, Ressourcenverknappung und anderes abzeichnen? Oder machen wir an der Stelle die Augen zu?

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Ihre Leistung besteht in dem geordneten Ausstieg aus der Kohle. Aber im Moment versagen Sie völlig in der Frage: Was macht dieses große, industriell starke Maschinen- und Anlagenbauland in den Märkten, die durch die drei E – erneuerbare Energien, Energieeinsparung und Effizienz – bestimmt werden? Es geht auch um Windräder, die aber nur einen ganz kleinen Teil ausmachen. Es geht auch darum, wer die energieeffizientesten Produktionsprozesse hat. Wer hat die energiesparendste Druckmaschine? Wer bringt als Erster das Drei- und das Ein-Liter-Auto auf den Markt? Das werden die Märkte sein, auf denen weltweit nachgefragt werden wird.

Entweder stellen wir uns in diesen Märkten auf und machen uns das zu eigen, oder NordrheinWestfalen wird eben nicht das Energieland Nummer eins sein, sondern Zug um Zug verlieren. Bei den erneuerbaren Energien bekommen wir doch beinahe im Monatsrhythmus die Bilanz um die Ohren geschlagen. Wir waren im Binnenbereich einmal das stärkste Land und rutschen jetzt immer weiter nach hinten. Die ostdeutschen Länder wie zum Beispiel Brandenburg überholen uns Zug um Zug. Das ist auch Ergebnis einer konsequenten Politik.

Wir haben uns auf einer Ausschussreise durch Deutschland unter anderem die Windkraft bei ENERCON angeschaut. Wir haben uns Photovoltaik in Sachsen angeguckt. Alle anderen Bundesländer – auch CDU-regierte – sind an der Stelle besser und konstruktiver nach vorne aufgestellt als wir. Bei ENERCON arbeiten 11.000 Leute in der Windkraft. Während die Autoindustrie mit Abwrackprämien betteln muss, um Autos zu verkaufen, kommt ENERCON und spricht von zwei Jahren Lieferzeit bei einem Exportanteil von knapp 70 %.

Das genau sind die Bereiche, die positiv sind und die wir entwickeln müssen. Bei denen verlieren wir aber in Nordrhein-Westfalen Zug um Zug, Frau

Ministerin. Wir werden dort verlieren, wo wir keine eigene Fertigung haben. Dabei wünsche ich mir, dass wir das in Duisburg hinbekommen. Das will ich klar sagen. Ansonsten verlieren wir auch bei den Zulieferern Zug um Zug, weil die bei ENERCON zwischen dem Hafen in Emden und dem Werk in Aurich eine Bahnstrecke reaktiviert haben und eine eigene neue Gießerei bauen, weil NRW nicht genügend schnell große Gussteile liefern kann.

Natürlich geht die Zulieferindustrie in der Tendenz dorthin, wo die großen Produktionsstandorte sind. Wenn wir nur Zulieferer sind, verlieren wir Zug um Zug. Das wird immer weniger werden.

Ich will noch ein Detail erwähnen: Selbst Siemens steigt auf die getriebelose Technik von ENERCON um. Das ist aus meiner Sicht die beste, die es weltweit gibt. Sie merken: Der Zug mit den Getrieben geht tendenziell eher abwärts. Wir sind stark bei den Zulieferteilen, die aber möglicherweise auf den Zukunftsmärkten nicht mehr gefragt sind. Das ist keine Strategie nach vorne.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Deshalb müssten wir uns so aufstellen, dass wir die Bereiche zum Thema machen, die diese Märkte bestimmen. An der Stelle vermisse ich Ihr positives, aktives Handeln nach vorne.

Weil Sie es in Ihrem Programm stehen haben, spreche ich es auch an: Sie werden den Etat im progres-Programm in diesem Jahr von 11 Millionen € um knapp 8 Millionen € auf etwa 20 Millionen € erhöhen. In der Begründung steht, dass das sehr stark in Richtung der Wasserstoffinitiative geht. Ich habe mich sehr stark für die Brennstoffzelle interessiert, weil ich selber überlegt habe, sie als Heizungssystem einzusetzen.

Ich weiß aber, dass wir seit fast 10 oder 15 Jahre nach Vaillant pilgern und fragen können, wann sie die erste Zelle haben, weil wir sie gerne einsetzen möchten. Als Techniker hat man natürlich Spaß daran, so ein Ding zu Hause zu haben, um auszuprobieren, ob das vernünftig funktioniert. Aber ich weiß, dass die nicht liefern können. Das sind nicht die Einzigen; es gibt auch noch Brötje und andere: Sie alle können nicht liefern, weil die Technik schwieriger als erwartet ist.

Wir wissen, dass das in der Fahrzeugtechnik eingesetzt werden sollte. Auch da gibt es Probleme.

Wenn ich die EU-Beschlüsse richtig lese, ist es so, dass sich die EU jetzt in Richtung Elektromobilität bewegt. Das ist ein ganz spannender Weg. Aber es ist eine Elektromobilität, bei der die Fahrzeuge mit Strom aus erneuerbaren Energien angetrieben werden. So hat es die EU beschlossen. Wir wissen nämlich genau, dass wir die biogenen Treibstoffe in dem Maße, wie sie gewünscht werden, gar nicht herstellen können.