Protokoll der Sitzung vom 29.01.2009

Ich bin stolz drauf, dass ich bei diesen Haushaltsplanberatungen wiederum das Fazit ziehen kann: Auch 2009 wird in Nordrhein-Westfalen deutlich mehr Geld für Bildung ausgegeben.

(Beifall von CDU und FDP)

In Anlehnung an die Bemerkung von Oliver Wittke kann ich daher feststellen: Mehr Geld für Bildung ist nicht nur wohltuend für die Bildungspolitiker in unserem Lande, sondern mehr Geld für Bildung heißt auch mehr Chancen für die jungen Menschen in unserem Lande. Diese frohe Botschaft tue ich gerne kund, und man kann sie gar nicht oft genug wiederholen.

(Zuruf von Hannelore Kraft [SPD])

Frau Kraft, was soll man bei 1,4 Milliarden € mehr für Schule und Bildung noch sagen? Das ist mehr; da können Sie herumrechnen, wie Sie wollen. Sie sind vollkommen unglaubwürdig.

(Beifall von der CDU)

Es gibt mehr Geld für Bildung, und damit ist eindeutig ein Fakt gesetzt.

(Beifall von CDU und FDP – Zuruf von Han- nelore Kraft [SPD])

Lautstärke ersetzt auch nicht die guten Argumente.

(Hannelore Kraft [SPD]: Nehmen Sie mal zu den Fakten Stellung!)

Frau Kraft, ich bin doch dabei. Lassen Sie mich doch mal zu Ende führen. Ich singe auch nicht dazwischen, wenn Sie reden, auch wenn es mich manchmal reizen würde.

Deshalb unser Dank an den Finanzminister und an Frau Sommer, die erreicht haben, dass der Bildungsetat im laufenden Jahr 2009 weiter erhöht wird.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Innerhalb der Haushaltsplanberatungen werden sich die Ministerin und Berni Recker sicher gleich mit dem Ganztag und mit vielen Zahlen und Belegen im Einzelnen befassen, Frau Kraft.

Ich möchte hier ein Stück politische Zwischenbilanz ziehen. Zunächst einmal haben wir uns das Ziel gesteckt, mehr und bessere individuelle Förderung zu erreichen. Als wir im Jahr 2006 das neue Schulgesetz in Kraft setzten, stieß man gelegentlich auf ein leichtes Lächeln, wenn wir gesagt haben, die zentrale Zielvorgabe des neuen Schulgesetzes sei die Verbesserung der individuellen Förderung. Die vollkommene Zentrierung des schulischen Betriebs auf die einzelne Schülerin, den einzelnen Schüler wurde leicht polemisch oder überzeichnet dargestellt. Heute wird das nicht mehr belächelt. Heute ist es Allgemeingut der bildungs- und schulpolitischen Diskussion – bundesweit –, dass die individuelle Förderung der Schlüssel zu mehr Bildungserfolg ist.

(Beifall von der CDU)

Nordrhein-Westfalen hat da bundesweit eine Vorreiterrolle. Das war zu Ihrer Zeit nicht so.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Lächerlich!)

Wir haben dafür gesorgt, dass die individuelle Förderung Einzug in den Alltag unserer Schulen erhält.

(Zuruf von Bodo Wißen [SPD])

Wer war das denn jetzt? Herr Link? – Der ist noch gar nicht da. Schulpolitiker müssen ja auch früh aufstehen.

Das ist geschehen durch mehr und gezieltere Fortbildungen zu diesem Thema, durch gezielte Förderungen gegen das Sitzenbleiben und Wiederholen, durch gezielte Sprachtests und Sprachförderung, durch mehr Freiräume im Stundenplan für gezielte Förderung besonders leistungsstarker und auch leistungsschwacher Schülerinnen und Schüler, durch mehr Lehrer und durch mehr Ganztag, durch mehr Unterricht und durch weniger Unterrichtsausfall.

(Beifall von der CDU)

Das ist etwas ganz anderes als das, was Sie in den 39 Jahren an den Tag gelegt haben.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, auf eines sind wir ganz besonders stolz: Durch unsere Schulpolitik ist mehr soziale Gerechtigkeit erreicht worden.

(Beifall von CDU und FDP)

Nachweislich hat unser Land bei der Durchbrechung des fatalen Zusammenhangs zwischen sozialer Herkunft und Schulerfolg die größten Fortschritte gemacht.

(Lachen von Bodo Wißen [SPD])

Nach drei Jahren schwarz-gelber Regierung können wir sagen: Kinder aus bildungsfernen Elterhäusern und aus Migrantenfamilien bekommen in unserem Bildungssystem bessere Chancen.

Herr Kollege.

Ich möchte keine Zwischenfragen beantworten.

Deshalb sind alle zusätzlichen Ressourcen wichtig, deshalb sind bei uns alle zusätzlichen Ressourcen im Bildungsbereich gut angelegt. Nach 39 Jahren Sonntagsreden zur Chancengleichheit befinden wir uns auf dem Weg zu mehr Gerechtigkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir können mit dem Erreichten noch nicht zufrieden sein, aber die Richtung stimmt. Daher möchte ich mich bei Frau Ministerin Sommer herzlich bedanken, der dieser Weg ein besonderes Anliegen ist.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, wir fühlen uns darin bestätigt, dass wir sagen: Individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler ist der Weg zu mehr Bildungsgerechtigkeit und eben nicht eine neue Strukturdebatte. Nimmt man aber die veröffentlichte Meinung zur Kenntnis, so erscheint manchmal die Diskussion in einer Schieflage; denn gerade von der Opposition wird häufig der Eindruck erweckt, als stehe eine Renaissance der Gesamtschulbewegung auf breiter Front vor der Tür.

Zu diesem Thema ist mir eine Vorbemerkung wichtig: Die Gesamtschule ist fester Bestandteil unseres gegliederten Schulsystems. Die CDU steht zu unseren Gesamtschulen, sie steht auch zu deren Oberstufen.

(Bodo Wißen [SPD]: Seit wann?)

Sie erhalten alle Möglichkeiten und Unterstützungen, sich im Wettbewerb zu bewähren. Wir erkennen das Engagement der Lehrerinnen und Lehrer ausdrücklich an.

(Beifall von der CDU)

Wir wissen, es gibt überaus erfolgreiche Gesamtschulen mit hervorragenden Ergebnissen. Wir wissen aber auch, 30 % der Schülerinnen und Schüler verlassen die Gesamtschule mit dem Hauptschulabschluss 10a. Und diese haben dieselben Probleme wie zahlreiche Hauptschülerinnen und Hauptschüler, nämlich einen Ausbildungsplatz, kurzum: einen Anschluss an die Schullaufbahn, zu finden. Deshalb ist unsere Hauptschulinitiative das geeignete und probate Mittel für alle Schülerinnen und Schüler an Hauptschulen, aber auch an Gesamtschulen.

Aber es lohnt sich auch der Blick auf die Details. Wir haben im Schulgesetz richtigerweise festgestellt, dass neu zu errichtende Gesamtschulen nicht automatisch als Ganztagsschulen geführt werden. Wir haben landesweit 396 Städte und Gemeinden. In neun von ihnen – das sind 2,27 % – gibt es Anträge auf Neueinrichtung von Gesamtschulen.

So wurde in Siegburg eine Gesamtschule genehmigt, aber die erforderliche Anmeldezahl wurde nicht erreicht. Das Gleiche gilt in der Gemeinde Morsbach, da gab es zu wenig Schüler, und ebenfalls in der Gemeinde Alfter, die dann keinen Antrag auf Einrichtung einer Gesamtschule stellte. Pläne für die Einrichtung einer neuen Gesamtschule in Leverkusen wurden wieder aufgegeben. In Wuppertal gab es eine Diskussion, aber keinen Antrag. In Lippstadt scheiterte ein privater kommerzieller Träger an den fehlenden Räumlichkeiten. In Hemer wird ein Antrag gestellt. Für Bonn ist eine weitere Gesamtschule genehmigt, und wir warten die Anmeldezahlen ab. In Bad Salzuflen – das Besondere zum Schluss – gibt es ein Bürgerbegehren gegen eine neue Gesamtschule. Dadurch wird der Stadtratsbeschluss gesperrt, weil das Ergebnis des Bürgerentscheids im März abgewartet werden muss. – Das ist wahrhaftig keine Massenbewegung.

Es bewährt sich, dass diese Landesregierung gerade auch gegenüber der Einrichtung von Gesamtschulen pragmatisch und nicht ideologisch vorgeht. Die Betrachtung der strukturellen Veränderungen im nordrhein-westfälischen Schulsystem zeigt: Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger favorisiert das gegliederte Schulsystem und dessen Erweiterungen.

Der Blick auf die strukturellen Veränderungen im System gibt uns Recht; denn das Erfolgsmodell der modernen Herausforderungen im Bildungssystem präsentiert das neue Schulgesetz. Die dort vorgesehene Verbundschule aus Haupt- und Realschule ist inzwischen in 13 Fällen landesweit genehmigt und entwickelt sich eindeutig zum Erfolgsmodell. Die Verbundschule ist eine konsequente Weiterentwicklung des gegliederten Schulsystems. Wir registrieren, dass sie auch die passgenaue Antwort auf die demografischen Veränderungen ist.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Aus diesen Schulen hören wir Aufbruchstimmung und Zuversicht. Aus diesen Schulen hören wir eine hohe Akzeptanz durch Eltern und die Schulträger. Für die Koalition ist es eine Freude zu sehen, wie dieses jüngste Pflänzchen im gegliederten Schulsystem zu einer richtigen Pflanze heranreift.

Aber dies ist eben nicht nur Euphemismus. Die Zahlen für den Hauptschullehrgang gehen von 24 auf 40 hoch, insgesamt gibt es 90 Anmeldungen. Das zeigt: Die Verbundschule in Everswinkel ist die passgenaue Antwort auf die Herausforderungen vor Ort. So muss man es angehen. In anderen Orten und Städten ist es genauso.

Eine Bemerkung noch zur Weiterbildung: Hier garantieren wir Kontinuität und Planungssicherheit. Wir nehmen eine kleine Verbesserung im Bereich des Handlings für die Bildungshäuser vor. Durch die eingeleitete Evaluation werden wir bis Ende 2010 zu guten und richtigen Entwicklungsperspektiven für die durch das Weiterbildungsgesetz gestützte Weiterbildungslandschaft kommen. Diese Evaluation ist nicht als Einsparmodell gedacht.

Diese Koalition ist mit dem Konzept der individuellen Förderung statt ideologischer Strukturdebatten auf dem richtigen Weg. Dieser Weg kann nur erfolgreich sein, wenn auch die entsprechenden Ressourcen bereitgestellt werden. Dies ist mit dem Haushalt 2009 wieder in vorbildlicher Weise gelungen. Kurz und gut: Der Bildungshaushalt in NRW ist vorbildlich in Deutschland. Trotz schwieriger Rahmenbedingungen leisten wir einen entscheidenden Beitrag für mehr Bildungsgerechtigkeit und einen wichtigen Schritt in Richtung Wissensgesellschaft.