Protokoll der Sitzung vom 29.01.2009

Die kommunalen Spitzenverbände haben in einer Stellungnahme zum Haushalt und in zwei Briefen, die an unsere Fraktion gegangen sind, deutlich gemacht: Diese Deckelung, die Kontingentierung der U3-Plätze im Haushalt ist nicht bedarfsgerecht. Sie geht vollkommen an den Bedarfen der Familien, die in den Kommunen erhoben werden, vorbei.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das ist Planwirtschaft, die Sie mit dieser Deckelung vornehmen. Das entspricht nicht den Erfordernissen, die vor Ort vorhanden sind und die vor Ort formuliert werden.

Dann begehen Sie wieder zu Ihrer Verteidigung – wahrscheinlich hören wir das auch gleich wieder vom Minister – die Peinlichkeit zu behaupten, Nordrhein-Westfalen sei beim U3-Ausbau an die Spitze der Bundesländer gerückt.

(Minister Armin Laschet: In die Mitte!)

Jetzt revidieren Sie es. Ich habe die Presseerklärung – ich zeige sie Ihnen gleich – aus Ihrem Haus vom 14. April 2008 vorliegen. Ich gebe Sie Ihnen gleich noch einmal: „Nordrhein-Westfalen rückt an die Spitze.“ Das haben Sie selber erklärt, auch an verschiedenen Orten; es ist ja nachzulesen. Das ist

(Minister Armin Laschet: Wie immer gelo- gen!?)

das haben wir schon immer gesagt – gelogen, pardon, es ist Aufschneiderei, wie wir das von Ihnen kennen, Herr Minister Laschet.

(Minister Armin Laschet: Zahlen sind Zahlen, Fakten sind Fakten!)

Jetzt revidieren Sie es, weil wir seit Ende 2008 die Daten des Statistischen Bundesamtes auf dem Tisch haben. An diesen Daten kommen auch Sie nicht vorbei. Diese Daten zeigen: Nordrhein-Westfalen ist, meine Damen und Herren, mitnichten an die Spitze beim U3-Ausbau gerückt. Wir stehen an vorletzter Stelle.

(Minister Armin Laschet: Das sind Zahlen vor KiBiz!)

Nach uns kommt nur noch Niedersachsen. Mit unserem Ausbau haben wir nicht die gesamte Dynamik, die bundesweit vonstatten geht, wobei Bundesländer wie Hessen, die im Jahre 2005 noch weit hinter uns standen, einen wesentlichen Schub gemacht haben, sodass sie jetzt bei den Prozentzah

len, die die Bedarfsdeckung betreffen, weit über uns stehen. Das haben wir mitnichten erreicht.

Wir sehen auch hier wieder: Jeder, der dem Minister glaubt – manche von Ihren Abgeordneten tun das ja –, sei mit diesem Beispiel gewarnt. Glauben Sie nicht immer alle Zahlen, die Sie aus dem Hause Laschet geliefert bekommen!

(Beifall von den GRÜNEN)

Es ist auch spannend, dass, wenn Sie über Erfolge Ihrer Familienpolitik reden, immer nur die Zahl 1,18 Milliarden kommt, die im Haushalt steht. Ich möchte darauf hinweisen, dass so eine Zahl allein überhaupt nichts über die Qualität, die damit erfüllt wird, aussagt. Das ist der erste Punkt. Der zweite Punkt ist, dass wir wissen, dass hier Äpfel mit Birnen verglichen werden. Das haben wir Ihnen in den letzten Haushaltsberatungen immer wieder mitgegeben. Das heißt, Sie rechnen viele Leistungen, die nicht direkt bei den Kindern ankommen, in diesen Haushaltsansatz hinein.

Wenn wir außerdem noch hineinrechnen, dass Sie 21 Millionen € an Bundesgeldern aus dem KrippenKompromiss nicht an die Kommunen weiterleiten, sondern in diesem Haushalt einbehalten und selbst verfrühstücken wollen, dann sind wir weit unter einer Milliarde €. Wir kommen zu dem Ergebnis, dass jetzt weniger Geld für die Kinderbetreuung, für die Kernarbeit der Kindertagesstätten, im Haushalt steht als im Jahre 2005, als Sie die Regierung übernommen haben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Fazit ist: Sie betrügen die Kommunen um die Bundesmittel. Sie nutzen nicht den Schwung, der durch die bundesweite Debatte, durch die 4 Milliarden €, die der Bund zur Verfügung gestellt hat, in den U3Ausbau gekommen ist, sondern Sie hemmen mit diesem KiBiz, mit dieser Kontingentierung, mit dieser Planwirtschaft die Entwicklung, die die Kommunen gerne für die Familien in Angriff nehmen wollen.

Das ist das Versagen Ihrer Politik, auch Ihrer Haushaltspolitik. Bessern Sie – wie wir das beantragen – an dieser Stelle deutlich nach, schaffen Sie mehr U3-Plätze, und geben Sie den Kommunen endlich das Geld, das ihnen zusteht!

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Asch. – Als nächster Redner hat für die Landesregierung Herr Minister Laschet das Wort. Bitte schön, Herr Minister.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Trotz der im Moment eher auf Finanzfragen konzentrierten öffentlichen Debatte bleibt es eine der ganz zentralen Aufgaben,

Nordrhein-Westfalen zum kinderfreundlichsten Land zu machen. Hier wollen wir zusätzliche Mittel einsetzen.

Mit dem Kinderbildungsgesetz haben wir eine gute Grundlage für frühe Bildung geschaffen. Nach vielen Besuchen in Kindertagesstätten in den letzten Monaten kann ich Ihnen sagen: Der Start zum KiBiz am 1. August ist gelungen. Überall vor Ort spürt man, es kommt mehr Geld an.

(Beifall von der CDU)

Schon 2008 hat sich das Land wie noch nie zuvor an den Kosten beteiligt. Zum ersten Mal in der sechzigjährigen Landesgeschichte haben wir über eine Milliarde € für frühkindliche Bildung eingesetzt. Für Kindertagesbetreuung, für Sprachförderung, für Familienzentren einschließlich der Investitionen für den U3-Ausbau kommen wir im neuen Jahr mit diesem Haushaltsplan erneut um 210 Millionen € höher. 1,23 Milliarden € stehen für die Kommunen für die Kindertagesstätten zur Verfügung. Darin ist auch das Bundesgeld erhalten, Frau Asch, exakt 84 Millionen €. Aber die Summe ist weitaus höher als alles, was wir in den letzten Jahren erlebt haben.

(Beifall von der CDU)

Lassen Sie mich eine Bemerkung zum Kollegen Jörg machen, und zwar auf die Frage, ob das Geld nicht abfließt. In der Tat war es ein hohes Ärgernis, dass im Jahre 2008 das Geld nicht abgeflossen ist. Sie wissen, dass das nicht in der Verantwortung der Landesregierung liegt. Wir haben die beiden Landschaftsverbände ins Ministerium einbestellt und ihnen deutlich gemacht, dass wir erwarten, dass das Geld zügig in den Kindertagesstätten ankommt.

Die Rückmeldungen aus dem Monat Januar sind so, dass in hohem Umfang jetzt das Geld in die Kommunen abfließt. Man hat den Stau, der sich ergeben hat, abgearbeitet, sodass wir davon ausgehen können, dass in diesem Jahr – das passt auch in diese konjunkturelle Phase – die 84 Millionen € aus dem Vorjahr plus die erneut 84 Millionen € für das Jahr 2009 in den Kindertagesstätten investiert werden. Ich glaube, das ist gut für die Kinder. Das ist aber auch für diese konjunkturelle Phase von ganz großer Bedeutung.

Wir bauen die Plätze für die unter Dreijährigen weiter aus. Im nächsten Kindergartenjahr werden für 55.600 Kinder dieses Alters Plätze in Kindertageseinrichtungen zur Verfügung stehen.

Christian Lindner hat eben eine beeindruckende Gegenüberstellung von 2005 und 2009 gemacht. Bei diesem Thema ist es eine Verfünffachung für Eltern, eine Verfünffachung der Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. 55.000 Kinder haben jetzt die Chance, schon frühkindliche Bildung unter drei Jahren zu erfahren. Auch das gehört in die Erfolgsbilanz.

Ein weiteres großes, erfolgreiches Projekt werden wir ebenfalls fortsetzen. Bis zum Ende dieses Jahres wird es in Nordrhein-Westfalen rund 1.750 Kindertageseinrichtungen geben, die sich zu Familienzentren weiterentwickeln.

Herr Kollege Jörg, Sie sagen: Die können mit dem Geld nicht arbeiten; es ist nicht möglich, für 12.000 € im Jahr ein Familienzentrum zu betreiben. – Dieser These von Ihnen widersprechen Tag für Tag durch ihre konkrete Arbeit 1.750 Einrichtungen. Die machen das nämlich. Die sagen: Herr Kollege Jörg hat nicht Recht; wir können das. – Die Erzieherinnen und Erzieher sagen: Wir machen es Tag für Tag; wir erreichen niederschwelliger die Eltern. – Frau Asch hat eben sogar gesagt: Die sind an der Kapazitätsgrenze angekommen. – Sie müssen sich in der Opposition mindestens mal einigen, ob Sie, Herr Jörg, sagen, es funktioniert überhaupt nicht, oder ob Frau Asch Recht hat, dass sie an der Kapazitätsgrenze sind mit dem, was sie an Familienbildung leisten.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Warum müssen wir uns einigen? – Andrea Asch [GRÜNE]: Wir sind verschiedene Fraktionen!)

In diesem Jahr werden 20 Millionen € für die Familienzentren zur Verfügung stehen. Das sind Investitionen in unsere Kinder, die gut angelegt sind.

(Vorsitz: Präsidentin Regina van Dinther)

Wir haben im letzten Jahr den Bildungsgipfel der Bundeskanzlerin erlebt. Da haben sich die 16 Bundesländer darauf verständigt, Aufstieg durch Bildung bis zum Jahre 2012 mit konkreten Maßnahmen möglich zu machen. Sie haben dort verabredet, dass sie bis zum Jahre 2012 in allen 16 Ländern Sprachstandsfeststellungen mit vier Jahren einführen und dann die Kinder im Kindergarten fördern wollen. Nordrhein-Westfalen macht das schon. Nordrhein-Westfalen macht das seit 2007.

Herr Jörg, Sie haben gesagt, die Sprachförderung liegt am Boden. Die Sprachförderung hat heute viermal so viel Geld wie zu dem Zeitpunkt, als wir die Regierung im Jahre 2005 übernommen haben.

(Beifall von der CDU)

28 Millionen € sind auch nach sozialdemokratischer Rechnung immerhin viermal mehr als 7 Millionen €. Über Adam Riese und Zahlen können wir wirklich nicht streiten. Wahrscheinlich lag es daran, Herr Kollege Jörg, dass Herr Lindner Ihnen deutlich gemacht hat: Lieber gar keine Zahlen nennen! – Denn wenn Sie Zahlen nennen würden, müssten Sie zugestehen, dass 28 jedenfalls viermal mehr als sieben ist, egal, wo man seine Bildungserfahrungen gemacht hat.

(Beifall von CDU und FDP)

In diesem Jahr werden mehr Kinder als im letzten Jahr an einer zusätzlichen zweijährigen Sprachförderung vor der Einschulung teilnehmen. Im Jahr

2008 waren es 68.000 Kinder; wahrscheinlich werden es im Jahr 2009 über 100.000 Kinder sein. Mit Delfin 4 haben Schul- und Jugendministerium gemeinsam ein Verfahren eingeführt, das von anderen kopiert wird.

Letztens hat mir ein Koalitionsabgeordneter vertraulich gesagt: Sie müssen sich nicht immer so viel mit Frau Asch beschäftigen. Die behauptet manchmal auch nur Sachen, damit Sie Ihre ganze Rede Frau Asch widmen. – Deshalb, liebe Frau Asch, versuche ich es, ganz kurz zu machen. Auch Ihnen kommt man vielleicht eher entgegen, wenn man mit Zahlen argumentiert.

Dieses blaue Buch ist der Haushaltsplan. Ich weiß nicht, ob sie schon einmal hineingeschaut haben. Wenn Sie hineinschauen, werden Sie unter der Titelgruppe 60 „Förderung der Familienhilfe und Familienbildung“ die Zahlen für 2008 und für 2009 finden. Im Jahr 2008 waren es 22.037.400 €. Im Jahr 2009 sind es 22.037.400 €. Das ist also exakt dieselbe Summe wie im Vorjahr. Sie haben hier eben mit Akrobatik vorrechnen wollen, dort sei gekürzt worden.

(Andrea Asch [GRÜNE]: Das war ein Origi- nalzitat der kommunalen Spitzenverbände!)

Bei der Familienhilfe und der Familienbildung ist kein einziger Euro gekürzt worden. Das ist die Widerlegung des ersten Punktes Ihres Vortrags.

(Beifall von der CDU)

Zweitens ich zu keinem Zeitpunkt gesagt, Nordrhein-Westfalen sei Spitze bei den U3-Plätzen.

(Andrea Asch [GRÜNE]: Dazu kommen wir gleich!)