Protokoll der Sitzung vom 29.01.2009

Wenn die Mitarbeiter bei den Verbraucherzentralen und in den Biologischen Stationen wiederum diese Kalkulationssicherheit bekämen, würde ich das ausgesprochen begrüßen.

Meine Damen und Herren, wir wollen in NordrheinWestfalen keinen Sonderweg gehen, wie Rot-Grün das hier laufend praktiziert hat. Wir wollen die Vorgaben aus Brüssel und Berlin sachgerecht 1:1 umsetzen.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Ihr setzt sie 1:0,5 um!)

Auch das bedeutet Kalkulationssicherheit für die Betroffenen, weil sie nicht mehr befürchten müssen, dass wir das, was aus Brüssel und Berlin kommt, hier noch einmal verändern. Das ist ebenfalls ein wichtiger Punkt.

Meine Damen und Herren, wer die Mitwirkungsrechte der Naturschutzverbände beklagt, muss sich schon eine Frage gefallen lassen. Hier setzen wir ja eine Vorgabe des Bundesnaturschutzgesetzes um. Die Kollegen von der SPD haben an dieser Stelle eine intellektuelle Höchstleistung vollbracht. In Berlin werden die Bundesvorschriften beklatscht, begrüßt und als hervorragend dargestellt. Wenn das Gleiche in Nordrhein-Westfalen erfolgt, ist es ein Ding des Teufels; dann reden sie von „Mitwirkungsbeschränkungen“, „unverantwortlich“, „despektierlich gegenüber dem Ehrenamt“ usw.

Vielleicht können wir diese intellektuelle Höchstleistung gleich im Rahmen des Beitrags von Frau Watermann-Krass noch einmal näher hinterfragen. Das ist schon ein Stück aus dem Tollhaus, meine Damen und Herren.

(Svenja Schulze [SPD]: Frei jeglicher Sach- kompetenz, Herr Ellerbrock – wie immer!)

Damit komme ich zu dem nächsten Punkt, bei dem wir uns von Rot-Grün unterscheiden. Wir führen den ländlichen Raum als eigenständigen Lebens-, Wirtschafts- und Entwicklungsraum nicht nur im Munde, sondern leben diese Überzeugung auch tatsächlich. Das Wirtschaftsministerium als Landesplanungsbehörde bringt den Begriff Kulturlandschaft in besonderem Maße nach vorne.

Herr Minister, gelegentlich muss man neue Gedanken ja auch im Plenum ansprechen und diskutieren. Was halten Sie denn davon, im Zuge der Landesplanung gerade für den ländlichen Raum die besten landwirtschaftlichen Flächen mit den höchsten Bodenwerten planerisch besonders vor konkurrierender Flächeninanspruchnahme zu schützen? In gleicher Weise, wie wir Naturschutzgebiete in besonderem Maße schützen oder Gewerbegebiete ausweisen, könnten wir auch die besonders wichtigen Kernzonen – darunter fallen für mich zum Beispiel auch Unterglaskulturen – in besonderem Maße planerisch sichern. Möglicherweise können wir diesen neuen Gedanken aus dieser Plenardiskussion heraus entwickeln und noch einmal vortragen. Vielleicht sollten wir uns in unseren Arbeitskreissitzungen einmal darüber austauschen.

Meine Damen und Herren, diese Landesregierung macht auch Ernst damit, nicht mit der ideologischen Scheuklappe am Markt vorbei Ökolandwirtschaft zu fördern. Wir wollen hier gleichgewichtig fördern, Ökolandwirtschaft wie konventionelle Landwirtschaft. Der Markt soll es regeln. Im Übrigen belegen Studien auch, dass es vom Grundsatz her keinen qualitativen Unterschied dazwischen gibt. Ökolandwirtschaft ist heute eine gut genutzte und ausbaufä

hige Marktnische, die großteils ohne Subventionen marktfähig ist.

Es ist schade, dass mein Kollege Hubertus Fehring heute nicht dazu spricht. Als Bio-Bauer sagt er: Wir brauchen das nicht. Wir können hier alleine klarkommen. Geht weg mit den ganzen Auflagen und Förderungen. Lasst mich am Markt arbeiten! – So äußert sich ein praktizierender Landwirt. Ich bin Hubertus Fehring dankbar dafür, dass er das auch immer so nach außen trägt.

Außerdem ist die Gleichgewichtigkeit auch gut für das Binnenverhältnis in der Landwirtschaft, damit Neiddiskussionen erst gar nicht aufkommen. Jeder nutzt die Chance, die er persönlich sieht.

Die „Allianz für die Fläche in NRW“ hat Frau Kollegin Fasse bereits angesprochen. Die 77 gepflanzten Alleen wurden auch schon erwähnt. Daher brauche ich nicht mehr darauf einzugehen.

Meine Damen und Herren, nun komme ich zu den anerkannten Naturschutzverbänden. Dem Wahlversprechen folgend haben wir es geschafft, die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald als gleichberechtigten Partner zu integrieren. Das halte ich für einen wichtigen Punkt.

Was die Sitzverteilung angeht, haben wir im Zusammenspiel mit der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald dafür gesorgt, dass die in besonderem Maße vor Ort verankerte LNU auch in besonderem Maße berücksichtigt wird. Der BUND, zentral gesteuert, hat seinen Sitz; der NABU, mehr regional organisiert, hat seinen Sitz; und diejenigen, die die Masse der kleinen Organisationen vertreten, haben jetzt auch ihren richtigen Stellenwert.

Meine Damen und Herren, ich bin gespannt auf die Ausführungen der Kollegin Watermann-Krass und freue mich, dass ich Sie gleich noch acht Minuten lang erfreuen darf. – Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Für die Grünen spricht Herr Kollege Remmel.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Fachbezogene Haushaltsdebatten in der zweiten Lesung bieten immer auch die Chance, unsere Augen auf die großen Problemlagen zu richten. Gibt die Politik im Lande, gibt die Landesregierung, geben die Koalitionsfraktionen die entsprechenden Antworten auf diese Herausforderungen?

Ich sehe im Moment drei große Herausforderungen. In der aktuellen Situation einer schwierigen wirtschaftlichen Lage wird landauf, landab mal laut, mal leise darüber diskutiert, dass Anforderungen des

Umwelt-, Verbraucher- und Naturschutzes, die die Menschen und die Natur haben, zurückstehen und dass wir warten sollen, weil wir jetzt erst eine neue wirtschaftliche Dynamik gewinnen müssen. Das wird von Vertretern der Wirtschaft behauptet, man hört es aber auch aus Ihren Reihen. Darauf habe ich heute von Ihnen keine Antwort bekommen.

Es gibt eine andere große Herausforderung, bei der wir in schwieriges Wasser geraten. Das, was die Große Koalition angekündigt hat, in dieser Legislaturperiode hinzubekommen, nämlich ein Umweltgesetzbuch, wird es nicht geben. Wir laufen im Natur- und Gewässerschutz in die Situation einer konkurrierenden Gesetzgebung hinein, die das gültige Recht zerfasert und damit ein Einfallstor für Aufweichungen bietet, die wir gerade zum jetzigen Zeitpunkt nicht brauchen. Wir brauchen Weiterentwicklungen.

Die dritte große Herausforderung lautet: In welcher Weise können wir die aktuelle Wirtschafts-, Finanz-, aber auch die globale Krise im Bereich der Ökologie und des Klimas so nutzen, dass wir sie neu zusammenbinden und den Umwelt- und Klimaschutz in eine ökonomische Dynamik einweben?

Dazu muss man sich die Antworten der Landesregierung anschauen. Gibt es hier überhaupt Antworten? – Nein, wir müssen feststellen: Neben der Bildung ist der Umwelt- und Klimaschutz die große Schwachstelle dieser Landesregierung.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Er taucht in den offiziellen konzeptionellen Reden überhaupt nicht auf – ich erinnere an die abgegebenen Regierungserklärungen –, er ist in der offiziellen Regierungspolitik quasi nicht vorhanden.

(Friedhelm Ortgies [CDU]: Zuhören!)

Die entscheidende Frage ist: Wie gewinnen wir ökologische Zukunft? Hier taucht die Landesregierung ab, ist quasi nicht vorhanden. Zum Klimaschutz werden zwar Konzepte vorgelegt, aber nicht ausgeführt.

Ist der Flächenverbrauch tatsächlich reduziert worden? – Nein, wir müssen feststellen, dass er ansteigt.

Wird die ökologische Landwirtschaft tatsächlich gefördert? – Nein, im Vordergrund stehen Masse statt Klasse, Wachsen statt Qualität, die Förderung eines weiteren Ausbaus der Agrarindustrie.

Was passiert mit unserer Natur, mit dem Wald? – Der Wald in Nordrhein-Westfalen wird ausverkauft. „Privat vor Staat“ ist die entscheidende Melodie, anstatt das Thema umzukehren und die Förderung des Naturschutzes im Wald an die erste Stelle zu rücken.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Wie sieht es beim Naturschutz insgesamt aus? – Statt neue Nationalparks jetzt schon einzuweihen – wir könnten welche einweihen –, gibt es Auseinandersetzungen, stoppt die Landesregierung bestimmte Verfahren. Im bestehenden Nationalpark wird nicht weiterentwickelt, sondern man begibt sich im Gegenteil auf den Pfad, den Naturschutz-, den Nationalparkgedanken an den verschiedensten Stellen abzugraben.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Können Sie auch sagen, wo?)

Im Bereich des Gewässerschutzes – ich erinnere an das Stichwort PFT – gibt es keinen Fortschritt, keine Zukunft zu gewinnen. Im Bereich der Lebensmittelkontrolle wurde groß angekündigt, mehr Kontrolleure in die Geschäfte zu schicken, um den Verbraucherschutz zu stärken, im Bereich des wirtschaftlichen Verbraucherschutzes gerade zum jetzigen Zeitpunkt die gleiche Augenhöhe herzustellen. – Auch hier keine Initiativen der Landesregierung.

Ich erinnere an das Gehampel beim Gesundheitsschutz, bei der Einrichtung der Umweltzonen im Ruhrgebiet. Ist das zukunftsfähig, was wir an dieser Stelle einrichten?

(Holger Ellerbrock [FDP]: Ist es! Ehrlich!)

Wenn wir die ganze Serie der Chemiestörfälle betrachten, müssen wir feststellen. Es fehlt an Zukunft, weil es an entsprechender Umweltverwaltung fehlt. Die ist über die Jahre abgebaut worden. Hier fehlen Sachverstand, Kompetenz und auch das Zusammenführen verschiedener Behörden.

Das ist also insgesamt eine nicht zukunftsfähige Bilanz. Wir müssen uns fragen: Was müssen wir eigentlich tun? Die Ausdruckslosigkeit der Regierungsfraktionen zeigte sich auch in den Haushaltsberatungen im Ausschuss: kein einziger Antrag, keine einzige Initiative. Das, was Sie jetzt nachgelegt haben, musste mit Erlaubnis des Fraktionsvorstandes erst abgesegnet werden und ist auch nicht der große Ausblick in die Zukunft.

Zukunft ist jetzt. Durch Entscheidungen heute, durch Änderungen jetzt können wir die Zukunft gewinnen. Wir dürfen nicht im Kleinteiligen und auch nicht in der Fortsetzung und im Verwalten dessen, was jetzt schon im Haushalt steht, denken.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenn Barack Obama, Ban Ki Moon und auch die Grünen in Deutschland

(Heiterkeit von CDU und FDP)

über einen „Green New Deal“ reden, dann muss das auch Thema im Landtag von Nordrhein-Westfalen sein. Eine Zusammenführung von Ökologie und Ökonomie ist gerade in der jetzigen Krisensituation eine große Chance für die heimische Wirtschaft, aber auch insgesamt eine Perspektive, ein zentraler Baustein zur Lösung der globalen Krise. Nicht nur

aus ökologischen Gründen, sondern aus eigenem wirtschaftlichen Nutzen heraus sollten wir die Umwelt zum Jobmotor einer zukünftigen Entwicklung in Nordrhein-Westfalen machen. Nordrhein-Westfalen hat hier exzellente Voraussetzungen, weil wir als Industriestandort in vielen Bereichen gute Grundlagen aufweisen.

Das müsste gefördert und ausgebaut werden. Dies ist die zentrale Herausforderung, der sich auch der Umweltminister und der Umweltetat stellen müsste, im Bereich der Rohstoff- und Materialeffizienz, der nachhaltigen Wasserwirtschaft, der Entsorgungswirtschaft, der Abfallwirtschaft, der Kreislaufwirtschaft. Das sind alles Bereiche, in denen jetzt durch entscheidende Weichenstellungen zukünftig Arbeitsplätze geschaffen und gleichzeitig die entscheidenden Schritte mit ambitionierten Umweltstandards für mehr Arbeitsplätze und mehr Leistung für die Umwelt unternommen werden könnten.

Was wollen wir? – Wir wollen unser wertvolles Naturerbe sichern. Biologische Vielfalt war Thema der Biodiversitätskonferenz. Aber es müsste sich dann auch im Haushalt ausdrücken, dass wir einen breiten Schirm über das Naturerbe in NordrheinWestfalen aufspannen. Dafür braucht es entsprechende finanzielle Unterstützung. Auch das können wir im Haushalt nicht erkennen.

Wir wollen gesundes Leben in Nordrhein-Westfalen, und zwar weniger Lärm, weniger Feinstaub, weniger Stickoxide. Wo sind hier die großflächigen Ansätze? Allein eine umfassende Lärmsanierung erfordert einen enormen Mitteleinsatz. Und es gibt auch hier die Perspektive auf zusätzliche Arbeitsplätze. Es wäre die Aufgabe des Umweltministers, im Rahmen des Konjunkturpaketes II, dafür zu sorgen, einen großen Batzen der Mittel für die Lärmsanierung in unseren Kommunen abzugreifen. Das ist eine große Baustelle. Im Haushalt und in den Äußerungen bisher null.

Wir müssen die Verbraucherinnen und Verbraucher mächtig machen in einer Situation, in der es nicht nur um Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und Arbeitgeber geht. Vielmehr sind die Verbraucherinnen und Verbraucher die größte Gruppe, die allerdings in einem solchen Marktgeschehen unorganisiert ist. Sie muss organisiert sein und am Marktgeschehen auf gleicher Augenhöhe teilnehmen.

Wie können wir das erreichen? – Indem wir Verbraucherinnen und Verbraucher informieren und Kennzeichnungen vorgeben, aber auch Beratungsleistungen zur Verfügung stellen. Dafür haben wir in Nordrhein-Westfalen die Verbraucherzentralen. Anstatt diese Verbraucherzentralen zu stärken, werden ihnen perspektivisch Mittel weggenommen. Wir müssten die Verbraucherzentralen deutlich stärken. Dazu haben wir entsprechende Anträge gestellt, weil nur durch starke Verbraucher das Marktgeschehen insgesamt befördert wird.