Protokoll der Sitzung vom 29.01.2009

Deswegen werde ich dem Kabinett in der übernächsten Woche vorschlagen, dem Krankenhausfinanzierungsgesetz, wie der Bund es verabschiedet hat, im Bundesrat nicht zuzustimmen. Ich bereite zurzeit im Haus eine Verfassungsklage in dieser Frage vor, und ich werde das Kabinett auch bitten, mir die Möglichkeit zu geben, vor das Verfassungsgericht zu ziehen, damit diese Ungleichbehandlung in Deutschland nicht Bestandteil der Gesundheitspolitik von Ulla Schmidt in Zukunft und auf Ewigkeit bleiben kann.

(Beifall von der CDU)

Ein weiterer Punkt ist für mich, dass wir in diesem Jahr den Krankenhausrahmenplan vorantreiben werden. Ich denke, dass wir es schaffen, Ihnen diesen Krankenhausrahmenplan bis zum Sommer 2009 vorlegen zu können. Wenn man daran denkt, dass andere Regierungen dafür Zeiträume von zwei bis zweieinhalb Jahre gebraucht haben, können Sie das zwar auf die Tagesordnung jeder Ausschusssitzung setzen, aber Sie müssen zugeben, dass unser Ministerium unter meiner Führung in dieser Frage zügig, zielorientiert und engagiert arbeitet. Im Sommer können wir uns dann über diese Fragen auch unterhalten.

Es war Bestandteil der Politik der nordrheinwestfälischen Landesregierung und auch meiner eigenen Politik, dass ich nicht wollte, dass die schwierige Frage der psychiatrischen Versorgung der Menschen in unserem Land immer gesondert geregelt wird. Ich hätte es gerne gesehen, wenn wir es auch in diesem Bereich durchhalten würden, nicht zu stigmatisieren. Dazu gehört auch, dass die Psychiatrieplanung im Krankenhausrahmenplan mit der Planung der somatischen Krankenhäuser zusammen behandelt werden muss.

In Anhörungen einerseits zu sagen, hört mit der Stigmatisierung der Psychiatrie auf, und andererseits zu erwidern, wir können es jetzt nicht mehr abwarten, bis der Krankenhausrahmenplan da ist, und dann zu fordern, diesen Bereich wieder vorzuziehen und einen Sonderplan zu erstellen, das kann doch nicht Sinn der Sache sein, wenn man das als Ganzes begreifen will.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich möchte auch, meine sehr verehrten Damen und Herren, gerne durchhalten, dass wir in diesem Bereich nicht ideologisch arbeiten. Ich weiß, dass die Landschaftsverbände aufgrund der Geschichte und der Entwicklung der psychiatrischen Versorgung eine große Tradition haben und viele Erfahrungen sammeln konnten. Dort ist eine Menge Fachwissen vorhanden. Das kann aber nicht bedeuten, dass

jede psychiatrische Einrichtung, die wir neu schaffen, automatisch in der Trägerschaft des Landschaftsverbandes steht.

(Andrea Asch [GRÜNE]: Was? Stimmt doch gar nicht!)

Ich möchte nämlich erreichen, dass wir Einrichtungen dahin bringen, wo es in der Fläche zurzeit noch gar keine Einrichtungen gibt. Denken Sie etwa an viele Kreise in Ostwestfalen-Lippe oder im Münsterland. Daher bin ich der festen Überzeugung, dass es richtig ist, dies im gesamten Krankenhausrahmenplan zu bedenken.

Aber ich bin dafür, die Einrichtungen und gerade kleinere Einrichtungen, die wir neu schaffen, um in die Fläche zu gehen und zu dezentralisieren, mit der fachlichen Kompetenz der bestehenden Einrichtungen zu verbinden. Deswegen muss das kein Widerspruch sein.

(Andrea Asch [GRÜNE]: Richtig! Genau das machen die Landschaftsverbände!)

Zur Kinder- und Jugendpsychiatrie möchte ich ganz offen sagen:

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Ich finde, die Ausschusssitzung in der letzten Woche hat sehr deutlich gemacht, dass alle einschließlich der Kostenträger für einen schnellen Ausbau sind. Deswegen werden wir Ihnen in den nächsten Wochen Pläne vorlegen, um das vor den Krankenhausrahmenplan zu ziehen, damit dieser Bereich relativ schnell in die Umsetzungsphase kommt.

(Günter Garbrecht [SPD]: Manchmal ist er doch lernfähig!)

Ganz wichtig ist mir, dass wir uns in diesem Landtag damit beschäftigen, wie wir in den Landkreisen eine gute landärztliche Versorgung behalten. Wenn der Hausarzt in den Dörfern in Ostwestfalen-Lippe oder im Sauerland ausstirbt, bekommen wir ein erhebliches Problem bei der Versorgung einer älter werdenden Gesellschaft.

(Beifall von Walter Kern [CDU])

Deswegen werden das Ministerium und die Landesregierung auch in diesem Bereich neue Akzente in den vor uns liegenden Jahren setzen.

Sie sehen: Wir sind gut aufgestellt. Die Menschen können unserer Politik vertrauen.

Herr Minister.

Solange wir sie gestalten, gibt es in diesem Land auch bei der gesundheitlichen Versorgung Sicherheit und soziale Gerechtigkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Laumann. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir zum Einzelplan 11 nicht vor.

Die Abstimmungen zum Einzelplan 11 erfolgen nach 14 Uhr.

Ich rufe nun auf:

Einzelplan 15 Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration

Er besteht aus den Teilbereichen „Generationen und Familie, Kinder und Jugend“, „Frauen“ und „Integration und Eine-Welt“.

Ich weise auf die Beschlussempfehlung Drucksache 14/8015 und auf die Änderungsanträge der Fraktionen von SPD und Grünen hin.

Wir kommen zu:

Teilbereich Generationen, Familie, Kinder und Jugend

Ich eröffne die Beratung und erteile für die Fraktion der SPD dem Kollegen Jörg das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In dreieinhalb Jahren hat sich die Situation für Kinder und Jugendliche in NordrheinWestfalen erheblich verschlechtert.

(Beifall von Bodo Wißen [SPD])

Nordrhein-Westfalen ist ungerechter geworden – nicht nur für Kinder und Jugendliche, sondern auch für ihre Eltern. Leistungsdruck, Konkurrenz und Wettbewerb sind die ideologischen Eckpunkte dieser Landesregierung. „Privat vor Staat“ ist das Brandmal der Landesregierung, das in alle Lebensbereiche eingebrannt werden soll. Viele Themenfelder im Einzelplan 15 sind von diesem Brandmal betroffen.

Ich fange bei den Kleinsten an, nämlich bei den U3Betreuungen im Land. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, die ersten drei Jahre sind die wichtigsten im Leben eines Menschen. Denn in ihnen werden Grundlagen für die Zukunft und Impulse für ein selbstständiges Leben gegeben. Das ist eine ganz zentrale Lebensphase.

Wie reagiert die Landesregierung auf diese Situation? – Mit einem Spar- und Verwahrgesetz, dem sogenannten Kinderbildungsgesetz. Seit Inkrafttreten des Gesetzes im August 2008 wird immer deut

licher: Das KiBiz wirkt – als falsche Medizin mit erheblichen Nebenwirkungen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall von der SPD – Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Lassen Sie mich einige dieser Nebenwirkungen nennen.

Zunächst stellen wir fest, dass die Ausbauquoten für die unter Dreijährigen auf Kosten der Qualität genau bis zum notwendigen Limit steigen sollen und dass Kinderbildung im Wesentlichen zur Glückssache wird.

Für die Gebühren der Kinderbetreuung ist weniger der Geldbeutel als vielmehr der Wohnort der Eltern entscheidend. Millionäre in der einen Region des Landes haben Glück und zahlen rund 250 €; Eltern, die in einer anderen Region dieses Landes leben und ein durchschnittliches Einkommen beziehen, kann es passieren, dass sie ein Vielfaches davon bezahlen. Das ist zutiefst ungerecht, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Ungerechtigkeit spüren auch die Beschäftigten in den Einrichtungen. Sie müssen mit einer Situation fertig werden, auf die sie nicht ausreichend vorbereitet wurden, und erhalten zunehmend befristete und Teilzeit-Arbeitsverträge. Jedes Jahr haben sie Angst um den Fortbestand ihrer Einrichtungen. Statt jedoch mit den neuen Herausforderungen die dringend benötigten Kompetenzen der vorhandenen Kräfte zu bündeln und systematisch weiterzuentwickeln, sind die Kindpauschalen so berechnet, dass eine Qualifizierung und Weiterqualifizierung mit entsprechenden Freistellungen kaum möglich ist, meine Damen und Herren.

Das wirkt sich auch auf die Auszubildenden aus. Der Beruf wird unattraktiv; ganz unabhängig davon, dass viele Einrichtungen keine Jahrespraktikanten mehr einstellen, was allein schon schlimm genug ist. Darüber hinaus werden die schlechten Rahmenbedingungen auch zu einem Fachkräftemangel führen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das ist gegenüber den Mitarbeitern und vor allen Dingen gegenüber den Kindern ungerecht.

(Beifall von der SPD)

Gleichzeitig sorgen sich Kinderpflegerinnen und andere Ergänzungskräfte um ihre Arbeitsplätze. Sie sollen an hektisch zusammengeschusterten Fortbildungen teilnehmen, die weder zahlenmäßig noch inhaltlich den heutigen Anforderungen gerecht werden. Die Beschäftigten in den Einrichtungen laufen auf dem Zahnfleisch. Sie sind den Arbeitsbelastungen nicht mehr gewachsen. Der in dieser Gemengelage entstehende Stress wirkt sich natürlich auf die Kinder aus. Das ist gegenüber den Beschäftigten und gegenüber den Kindern ungerecht.

Die Bundesmittel für den Ausbau der Betreuungsplätze für die unter Dreijährigen verschwinden entweder im Landeshaushalt oder werden wegen bürokratischer Verzögerungen nicht abgerufen.

So werden dann auch die Kommunen und die Träger ungerecht behandelt.

(Beifall von der SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich schlage der Landesregierung vor – weil Ihnen das Motto „Privat vor Staat“ unangenehm geworden ist –, ihr Motto in „Gleiches Unrecht für alle“ zu ändern. Das würde die Situation in den Kindertageseinrichtungen und im Land insgesamt deutlicher beschreiben als „Privat vor Staat“. „Gleiches Unrecht für alle“ ist das Motto Ihres Kinderbildungsgesetzes.