Protokoll der Sitzung vom 18.03.2009

Herr Linssen, Herr Rüttgers, bei der WestLB scheint das Ende nahe zu sein: Heute Not, morgen Tod. – Das ist mein Fazit dessen, was ich heute gehört habe.

Ich kann nur festhalten: Das Land sucht offensichtlich nur noch Schadensbegrenzung. So konnte man das heute auch in den Medien lesen. Man kann das als Eingeständnis des Scheiterns betrachten, aber auch als Realitätsgewinn. Auch so wurde das dargestellt.

Doch es stellt sich in der Tat die Frage: Wie groß ist eigentlich der Schaden, den wir hier vorfinden? – Milliarden, das ist klar. Man kann aber auch sagen – auch das ist ein Fazit der heutigen Debatte und Situation –: Die Heuschreckenpartei FDP ist endlich am Ziel ihrer Träume, denn die Privatisierung der WestLB steht kurz bevor. Das ist die Situation, die wir heute ganz real vorfinden.

Zur verfehlten Strategie der Landesregierung: Herr Finanzminister Linssen, Sie waren nicht erfolgreich. Das ist einfach das Fazit, das man am heutigen Tage ziehen muss. Ihr Agieren hat zu riesigen Verlusten für die WestLB geführt, und wir wissen nicht, was noch weiter droht.

Man muss aber auch anmerken, dass auch die Vorschläge von SPD und Grünen nicht zielführend waren. Da gebe ich Ihnen völlig recht. Wenn man an die LBBW verkauft hätte, dann hinge man jetzt wahrscheinlich mindestens genauso – wenn nicht sogar noch tiefer – in dem ganzen Schlamassel. Von daher

kann ich nur sagen: Lösungsvorschläge – jedenfalls solche, die tatsächlich zielführend wären – sind bisher Mangelware.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Machen Sie doch eine Koalition!)

Nein, ich will keine Koalition.

Die Grünen haben ihre Position bezüglich der WestLB dreimal innerhalb kürzester Zeit gewechselt. Gerade der Kollege Groth hat sich dabei mit seinen Strategien alles andere als wirklich wegweisend und zielführend erwiesen.

(Ralf Witzel [FDP]: Der hat auch keine Ah- nung!)

Das ging ja in kürzester Zeit hin und her. Man konnte die Richtungswechsel so schnell kaum nachvollziehen.

Fakt ist, dass man sich verspekuliert hat. Wir reden mittlerweile sogar davon, dass noch rund 100 Milliarden „aufgehübscht“ werden müssen und ausgelagert werden sollen. Wir haben die Situation, in Berlin keinen Rettungsschirm zu haben. Ich glaube auch, dass es nicht wirklich weiterführt, vonseiten der Koalition immer wieder nach Berlin und auf den Bundesfinanzminister zu verweisen. Eines ist klar, wir werden eine Lösung in Nordrhein-Westfalen bekommen müssen. Aber ich sehe natürlich auch die Problematik, an der vor allem die neoliberale Heuschreckenpartei FDP schuld ist, dass die Politik der EU-Kommission der WestLB und der Landesregierung Nordrhein-Westfalen die Pistole auf die Brust setzt.

Fakt ist, für den hochbelasteten unrentablen Teil muss allein die öffentliche Hand aufkommen, also letztlich der Steuerzahler. Wir werden selbst dann, wenn es zu einer Versteigerung der WestLB kommt, vermutlich nicht – wie damals bei der Berliner Bank – 19 interessante Bieter haben, die tatsächlich bereit sind, Milliardensummen auf den Tisch zu legen, sondern möglicherweise die Situation erleben, für die WestLB so gut wie gar nichts zu bekommen.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Vielleicht wird sie für einen Euro über den Tisch gehen.

Es bleibt festzustellen – ich komme zum Ende, Frau Präsidentin –, so haben wir uns die Sozialisierung nicht vorgestellt, dass Verluste durch den Steuerzahler übernommen werden müssen und eventuelle zukünftige Gewinne an Private gehen. Wenn schon auf einen Investor aus dem kommunistischen Chine gehofft wird, wird dieser wohl letztlich nicht zum Zuge kommen, aber es ist interessant, dass man dies als letzte Hoffnung sieht. Da sehe ich keine konkrete Lösung.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Einer ist aus Kuba!)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Sagel. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD Kollege Körfges das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war bis jetzt eine spektakuläre Debatte. Nur, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, Ihre Krawallstrategie, die Sie sich offensichtlich vor Beginn der Debatte überlegt haben, ist nicht aufgegangen. Sie sind die Antworten auf alle maßgeblichen Fragen schuldig geblieben.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Herr Hegemann, Sie melden sich wieder in gewohnt qualifizierter Manier zu Wort. Ich habe Ihnen schon mal gesagt, die Lautstärke steht negativ reziprok zu dem, was Sie inhaltlich beizutragen haben.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Herr Kollege Hegemann, wer in einer so ehrabschneidenden – ich sag mal –, sehr oberflächlichen und von keiner Sachkenntnis getrübten Art und Weise Kolleginnen persönlich diffamiert, sollte vielleicht überlegen, ob er hier am richtigen Platz ist.

(Beifall von SPD und Andrea Asch [GRÜNE])

Das gilt auch für diejenigen, die hier eine Art Umkehr der Verursachungslast mit uns vornehmen wollen. Die, die ihr Selbstverständnis als Parlamentarier darin sehen, vor schwierigen Debatten im Plenum zu warnen, damit der Schaden, den sie selber angerichtet haben, nicht größer wird, müssen sich nach meinem Dafürhalten nach ihrem Selbstverständnis fragen lassen.

(Beifall von der SPD)

Denn Ihr Plan A ist doch von Ihnen selber in der Ausschusssitzung karikiert worden.

(Gisela Walsken [SPD]: Ja!)

Herr Finanzminister, Herr Ministerpräsident, die Fragen werden gestellt und bleiben auf der Tagesordnung. Von uns wird gefragt:

Mit wem bitte haben Sie bei der Heleba zu welcher Zeit und worüber gesprochen?

Meine Damen und Herren von der Regierung, wie sieht denn Ihr Plan zur Konsolidierung aus?

Wie weit sind Sie in der Tat mit der EU, mit Frau Kroes? Wir können gemeinsam darüber schimpfen; da bin ich gerne bei Ihnen. Mir stinkt dieses neoliberale Grunddenken der Kommission an vielen Stellen auch.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Nur, darüber schimpfen ist die eine Sache, dem Parlament reinen Wein darüber einzuschenken, an welcher Stelle der Verhandlungen Sie sich mit der

EU-Ebene befinden, ist die andere. Ist es tatsächlich so, dass am 31. März der Hammer fällt, oder aber herrscht da ein flexibler Umgang? All diese Fragen werden hier einfach nicht beantwortet und gehen in Ihrer allgemeinen Krawallstrategie unter. Das ist dem Thema nicht angemessen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Seltsamerweise wissen das die Zeitungen, vermute ich, von denen, mit denen der Herr Ministerpräsident in Kontakt steht – von Korrespondenz kann man nicht reden, die schreiben Ihnen ja, aber kriegen keine Antwort, Herr Rüttgers –, den eigenen Parteifreunden. Da werden offensichtlich Zahlen übermittelt.

Herr Finanzminister, stimmt es, wie wir heute in den Medien nachlesen konnten, dass der Wert der Bank nach Ihrer Einschätzung bei 700 Millionen liegt? Können Sie das hier dementieren, oder können Sie uns dazu, wie diese Zahl offensichtlich aus Kreisen, die Ihnen näherstehen als uns, in die Öffentlichkeit gekommen ist, etwas sagen?

Wie sieht es mit dem gegenwärtigen Zustand des Rettungsschirms aus?

Über die EU haben wir schon gesprochen. Aber wie ist das denn bebucht? Stimmt es tatsächlich, dass wir bei den 5 Milliarden schon Oberkante Unterlippe sind? Wäre das nicht gegebenenfalls ein Problem, das man mit den Miteigentümern besprechen müsste, statt die hier plenar zu beschimpfen?

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Da titelt heute Morgen eine maßgebliche Regionalzeitung: Die WestLB ist der Politik nur noch lästig und steht zum Verkauf. – Ich kann das verstehen. Herr Dr. Rüttgers gefällt sich als Ritter der schnellen Schlagzeile. Überall da, wo ein nettes Foto zu machen ist, inszeniert er sich als Retter. Wenn es dann ernst wird, wollen Sie mit der Sache nichts zu tun haben.

An der Stelle haben Sie uns alle ganz nahe bei sich, wenn Sie sagen: Wir brauchen eine Konsolidierung aller Landesbanken

(Beifall von Frank Sichau [SPD])

in der Bundesrepublik Deutschland. Die haben allerdings eher CDU-Bezüge als sozialdemokratische Bezüge: acht Ministerpräsidenten, achtmal CDU, acht Landesbanken. Sie schaffen es nicht, wie vieles andere, Herr Dr. Rüttgers, an der Stelle innerhalb Ihrer eigenen Partei Einfluss auszuüben.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Die Neuregelung der Arbeitsmarktstrukturen ist Ihnen auch gründlich misslungen, weil Sie bei Ihrer eigenen Fraktion in Berlin offensichtlich kein Gehör finden. Werfen Sie doch anderen nichts vor, das Sie selber nicht zuwege bringen!

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Nach den Implikationen, bezogen auf die anderen Beteiligten – Stichwort: NRW.BANK –, habe ich noch ein paar Fragen. Was ist mit der Integration des Wohnungsbauvermögens? Müssen nachher die Sozialmieter in unserem Lande die Zeche für verfehlte Spekulationspolitik bei der Westdeutschen Landesbank zahlen?

(Beifall von der SPD)

Was ist mit der Sparkassenbeteiligung? Was ist mit dem kommunalen Einfluss der Landschaftsverbände bei der NRW.BANK? Stimmt die Zahl von 335 Millionen €, die gegebenenfalls zum Nachschießen tatsächlich in den Raum gestellt worden ist?