Protokoll der Sitzung vom 19.03.2009

Sie müssten jeden energiepolitischen Antrag damit begründen und zur weißen Gentechnik Ja sagen.

Aber hier wird die grüne Gentechnik aus ideologischen Gründen verteufelt,

(Ralf Witzel [FDP]: So ist das! – Svenja Schulze [SPD]: Und von 80 % der Bevölke- rung!)

obwohl wir weniger Düngemitteleinsatz haben könnten, weniger Herbizide, weniger Pestizide und weniger Fungizide einsetzen müssten, höhere Erträge und weniger Wasserverbrauch haben wollen.

(Beifall von der FDP – Stefanie Wiegand [SPD]: Das ist doch nicht wahr!)

Das alles sind positive Sachen, die uns als Ziele vor Augen stehen und in Einzelteilen durchaus greifbar sind.

(Svenja Schulze [SPD]: Ach, Quatsch! Wo denn?)

Deswegen, muss ich sagen, kann ich es eigentlich nicht hinnehmen, das aus ideologisch verbrämten Gründen abzulehnen. Ich sage ganz klar: Wenn man gewisse Spielregeln einhält, soll es der Markt selbst entscheiden.

Sie haben recht: Derzeit haben viele Menschen Urängste vor Gentechnik, obwohl sie sie in anderen Bereichen täglich nutzen, Stichworte: weiße und rote Gentechnik. Diese Menschen gilt es, auch über Chancen und Risiken der grünen Gentechnik aufzuklären. Ich kann nur wiederholen, was unser Umweltminister vorgetragen hat:

Nordrhein-Westfalen will die verantwortbaren Potenziale der Gentechnik in der Landwirtschaft nutzen und eigene Erfahrungen mit der Anwendung gentechnisch veränderter Pflanzen sammeln. Der Anbau von in der EU zugelassenen gentechnisch veränderten Pflanzen soll zukünftig die gleichen Chancen haben wie der Anbau konventioneller Pflanzen.

Dem ist nichts hinzuzufügen. Dem stimme ich genauso zu. Das ist die Position von FDP und CDU. Was unser Umweltminister gesagt hat, ist genau richtig. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von FDP und CDU)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Herr Minister Laumann,

an Ihrem Namenstag haben Sie heute aber Großeinsatz. Sie haben das Wort. Bitte schön.

(Günter Garbrecht [SPD]: Das ist die All- zweckwaffe der Landesregierung!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag wird die Landesregierung aufgefordert, Nordrhein-Westfalen zur gentechnikfreien Region zu erklären und den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen grundsätzlich zu untersagen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Landesregierung hat Ihnen bereits mehrfach erläutert, dass das so nicht möglich ist. Das geltende Recht erlaubt nicht, dass das Land Nordrhein-Westfalen von der Landesregierung zur gentechnikfreien Region erklärt und der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen im Freiland grundsätzlich untersagt wird.

Ein pauschales gesetzliches oder behördliches Verbot, das in Nordrhein-Westfalen den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen umfassend ausschließt, ist mit dem derzeitigen EU-Recht nicht vereinbar. Vorübergehende Verbote auf Basis der nationalen Schutzklausel – genau darauf berufen sich auch die von Ihnen genannten Verbote in Österreich und Ungarn – können nur durch die zuständigen Bundesbehörden ausgesprochen werden.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Sie zitieren mehrfach den bayerischen Umweltminister Söder. Aber auch in Bayern wird es keine solche Länderverfügung geben. Das stellte Landesumweltminister Söder gegenüber dpa klar: Der Freistaat könne dies nicht im Alleingang entscheiden. Dies sei Sache des Bundes und müsse von Ministerin Aigner entschieden werden.

Nebenbei erwähnt: In Nordrhein-Westfalen findet seit 2008 kein kommerzieller Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen mehr statt. Gemäß Ihrer Definition ist NRW bereits seit 2008 eine gentechnikfreie Region.

(Stefanie Wiegand [SPD]: Kann aber jeder- zeit wieder beantragt werden!)

Sie fordern in Ihrem Antrag die Unterstützung von Frau Ministerin Aigner hinsichtlich eines etwaigen Verbotes von MON810. Sofern die Prüfung durch die zuständige Bundesbehörde Verstöße hinsichtlich der Voraussetzungen für den grundsätzlichen Verkauf und Anbau ergibt, werden die Landesbehörden selbstverständlich im Rahmen ihrer Zuständigkeit die entsprechenden Verbote oder Beschränkungen überwachen.

Darüber hinaus ist mir wichtig, eines ganz deutlich zu sagen: Ziel der Landesregierung ist es, den

Landwirten die grundsätzliche Wahlfreiheit ihrer Anbauformen zu gewährleisten,

(Zuruf von Stefanie Wiegand [SPD])

was bei der zwangsweisen Einführung gentechnikfreier Regionen in Nordrhein-Westfalen nicht mehr gegeben wäre. Die Landesregierung favorisiert hier das Prinzip der Freiwilligkeit. Dies entspricht auch der Position der Bundeslandwirtschaftsministerin; ihre Überlegungen zu gentechnikfreien Regionen oder Ländern unter dem bestehenden EU-Recht basieren nach meinem Kenntnisstand auf der Freiwilligkeit.

In Nordrhein-Westfalen haben sich bereits Landwirte zusammengeschlossen und freiwillig auf die Verwendung von gentechnisch verändertem Saatgut oder gentechnisch veränderten Futtermitteln verzichtet. Diese Gebiete mit Zusammenschlüssen mehrerer Landwirte im Rahmen von freiwilligen Selbstverpflichtungen bezeichnen sich dann als sogenannte gentechnikfreie Regionen. In Nordrhein-Westfalen gibt es neun gentechnikfreie Regionen. 19 Kommunen haben beschlossen, auf ihren eigenen kommunalen Flächen keine GVO anzubauen.

(Zuruf von Stefanie Wiegand [SPD])

Mir ist es wichtig, dass die Landwirte diese Wahlmöglichkeit haben und auch behalten. Im Bundesratsverfahren zur Festlegung der Anforderungen an den Anbau von gentechnisch verändertem Mais habe ich mich für einen erhöhten Schutz der ökologischen Landwirtschaft eingesetzt, indem ich die größeren Abstände zum Genmaisanbau eingefordert habe.

Ich wehre mich vehement gegen den Vorwurf, ich hätte geplant, Nordrhein-Westfalen zum Versuchslabor für Agrogentechnik zu machen. Mir ist sehr bewusst, dass die grüne Gentechnik in der Öffentlichkeit unterschiedlich bewertet wird. Die Chancen und Risiken müssen gründlich abgewogen werden. Dabei haben die Sicherheit von Mensch und Umwelt und die Wahrung der Schöpfung oberste Priorität.

Wenn Sie die zitierte Internetseite weiter gelesen hätten, wäre Ihnen aufgefallen, dass ich keineswegs den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen propagiere, sondern den Landwirten empfehle, sich selbst für oder gegen den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen zu entscheiden. Dies hat bisher dazu geführt, dass freiwillig – das heißt: im Konsens aller Beteiligten – kein Anbau in NordrheinWestfalen stattfindet.

Über den Erfolg geprüfter und zugelassener gentechnisch veränderter Sorten soll der Markt, das heißt der Nutzen für die Anbauer sowie die Akzeptanz und der Wille der Verbraucher, und sollen nicht politische Vorgaben entscheiden.

Die Politik muss Rahmenbedingungen schaffen, die die Sicherheit und die Wahlfreiheit für Anbauer und Verbraucher gewährleistet. – Schönen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. – Die Debatte ist damit beendet. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat um direkte Abstimmung gebeten. Also stimmen wir jetzt über den Inhalt des Antrags Drucksache 14/8710 ab. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Grünen und die SPD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – CDU- und FDP-Fraktion. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Antrag in direkter Abstimmung abgelehnt.

Meine Damen und Herren, bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich auf eine Situation aufmerksam machen und eine modifizierte Rüge aussprechen, auch wenn es das eigentlich gar nicht gibt.

In der gestrigen Debatte zum Tagesordnungspunkt 2 „Aktuelle Stunde“ zur WestLB hat Kollege Horst Becker Herrn Hegemann mit einem Tier verglichen und hat gesagt, er verhalte sich wie ein bestimmtes Tier. Das ist im Übrigen ein sehr sympathisches Tier, so ein kleines, das sich sehr groß machen kann. Er hat dafür den Begriff „Riesenochsenfrosch“ benutzt.

(Heiterkeit)

Ich nehme an, dass Herr Kollege Hegemann das auch sportlich nimmt. Aber wir sollten den Vergleich mit Tieren meiden. Das gehört nicht ins Parlament. Deshalb habe ich die herzliche Bitte, das zu unterlassen.

(Allgemeiner Beifall)

Wir kommen zum nächsten Tagesordnungspunkt. Meine Damen und Herren, Sie brauchen den Saal nicht zu verlassen, es geht nämlich um ein ganz wichtiges Thema. Ich rufe auf:

9 Situation des Zeitungsmarktes in NordrheinWestfalen 2008

Große Anfrage 21 der Fraktion der SPD Drucksache 14/7126

Antwort der Landesregierung Drucksache 14/8531

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/8809

Wer gestern in der „Süddeutschen Zeitung“ gelesen hat, dass es wahrscheinlich in einer der größten Städte der Vereinigten Staaten von Amerika keine Tageszeitung mehr geben wird, weiß, über welch brisantes Thema wir jetzt miteinander debattieren werden.

Ich eröffne die Beratung zu dieser Großen Anfrage und erteile als erstem Redner dem Kollegen Marc Jan Eumann von der SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich bin, lieber Edgar Moron, ganz gerührt ob der Zuneigung, die der Präsident diesem Tagesordnungspunkt zugesprochen hat. Ich habe den Artikel, gestern in der „Süddeutschen Zeitung“ erschienen, mitgebracht, der mit „Stadt ohne Zeitung“ überschrieben ist und schildert, was die Medienkrise für Amerika und auch für den Willensbildungsprozess in einer Kommune bedeutet. Es ist noch nicht ausgemacht, ob es den Blick in die Tageszeitung, dieses Ritual, das in unserem Beruf und in unserem Lebensabschnitt unverzichtbar ist, in zehn Jahren noch geben kann.

Wir alle teilen wohl die Einschätzung, dass wir auf die Tageszeitung, ihre Vielfalt, ihre Information, ihre Kritik, ihre Unterhaltung nicht verzichten wollen. Die Medienwissenschaftler Stephan Weichert und Leif Kramp haben es in einer jüngst bei der FriedrichEbert-Stiftung veröffentlichten Studie mit dem provokanten Titel „Das Verschwinden der Zeitung?“ treffend ausgedrückt, wenn sie formulieren:

Der journalistische Geist der gedruckten Presse kann – und muss – weiterleben, nicht aus wirtschaftlichen Gründen, sondern weil er identisch ist mit der Idee einer lebendigen Demokratie: Ohne das publizistische Gegengewicht einer funktionierenden Medienlandschaft kann keine Aufklärung, keine Meinungsbildung mehr stattfinden. Glaubwürdigkeit, Orientierung, Unabhängigkeit sind die Pfunde, mit denen der Zeitungsjournalismus nach wie vor wuchern kann.