Protokoll der Sitzung vom 01.04.2009

(Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren von der Regierung und von den regierungstragenden Fraktionen, wir haben diesen Eilantrag gestellt, damit die Gelegenheit besteht, dass Sie sich heute eindeutig zum Standort Bochum und zu Opel positionieren und deutlich sagen können, dass Sie bereit sind, nötigenfalls – als Ultima Ratio – mit in dieses Unternehmen einzusteigen. Das hat Rheinland-Pfalz gesagt,

(Ministerin Christa Thoben: Stimmt nicht!)

und das werden auch andere sagen. Das ist die Entscheidung, die ansteht. Darum geht es. Und diese Entscheidung muss hier heute fallen. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall von der SPD)

Danke schön, Frau Kraft. – Als nächster Redner spricht der Kollege Sagel.

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Zunächst einen Satz zum Verfahren: Es freut mich, dass die SPD jetzt auch einen Eilantrag gestellt hat, nachdem ich bereits einen vor einer Woche gestellt habe, der zunächst weiter hinten auf der Tagesordnung stand. Noch einmal danke, dass das Verfahren jetzt etwas geändert worden ist.

Die aktuelle Krise der Automobilindustrie und der Automobilzulieferer trifft besonders die Opel-Werke in den vier Bundesländern NRW, Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen. Durch die Krise des Mutterkonzerns General Motors, welcher bereits seit 2005 Verluste in Milliardenhöhe schreibt, sind die vier deutschen Standorte von Insolvenz bedroht. Es ist also kein Problem, dass wir nur in NRW haben. Es ist aber unerträglich, wie die CDU/SPD-Bundesregierung mit den Hoffnungen der Menschen bei Opel aus ideologischen und wahltaktischen Motiven spielen. Wir erleben hier eine Schaufensterpolitik; der Ministerpräsident war ja kürzlich in den USA, hat auch mit General Motors geredet und nichts erreicht.

Bei ihrem Besuch bei Opel lehnt die Kanzlerin einen direkten Staatseinstieg bei Opel erneut aus ideolo

gischen Gründen ab. Das ist ein Teil der Bundesregierung. Der andere Teil: SPD-Spitzenkandidat Walter Steinmeier lässt sich auch während einer Afghanistan-Konferenz nicht davon abhalten, eine Staatsbeteiligung bei Opel einzukalkulieren. Das ist die Haltung der Bundesregierung. Das heißt: Es gibt keinen klaren Kurs. Es wird geeiert und gewackelt.

Die Hoffnungen des deutschen Autoherstellers Opel auf staatliche Unterstützung in den USA haben erneut einen Dämpfer erhalten. Führende Gläubiger des krisengeschüttelten amerikanischen OpelMutterkonzerns GM haben massive Zweifel an dessen Sanierungsplänen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Hilfssicherungen weiter daran geknüpft, dass das Sanierungskonzept der Mutter in Detroit zukunftsfähig ist. Zudem setzt die Bundesregierung auf eine weitestgehende Loslösung Opels von GM sowie auf den Einstieg eines Investors.

Union und FDP wollen einen direkten staatlichen Einstieg bei dem Autohersteller vermeiden. Deshalb soll ein Investor gefunden werden. Das ist die reale Politik, die wir im Augenblick erleben.

GM hat sich über Anleihen bei Investoren am Kapitalmarkt 27 Milliarden Dollar beschafft. Die Gläubiger befürchten nun im Falle einer Pleite, leer auszugehen. Es sei unklar, ob der Sanierungsplan GM tatsächlich vor der Insolvenz bewahren könne. Auch die Arbeitnehmerseite soll für weitere Zugeständnisse Anteile am Konzern bekommen, erzielte aber darüber bisher keine Einigung mit GM.

Der Sonderberater der US-Regierung für die Autobranche, Steve Rattner, kritisierte die GM-Gläubiger als weniger konstruktiv als die Gewerkschaften. Auch sehr interessant zu hören.

Der Autokonzern muss der US-Sanierung ein Sanierungskonzept vorlegen. Auf dieser Basis will die Task-Force der US-Regierung Präsident Obama eine Empfehlung zum weiteren Vorgehen bei GM geben. Die Bandbreite reicht über Staatshilfen von insgesamt bis zu 30 Milliarden Dollar bis hin zum Insolvenzverfahren mit ungewisser Auswirkung auf die deutsche Tochter Opel.

Aufgrund der aktuellen Situation stellen zur kurz- und mittelfristigen Sicherung aller vier OpelStandorte die Bildung eines Bundeskonsortiums und die Gründung einer gemeinsamen Firma Opel eine zukunftsfähige Alternative zu den Plänen von GM dar. Deswegen fordere ich die Landesregierung zu folgenden Maßnahmen auf:

Erstens: Aufnahme von Verhandlungen mit den Landesregierungen der drei weiteren betroffenen Bundesländer, um Kaufvarianten zur Herauslösung der Opel-Werke aus dem GM-Konzern vorzulegen.

Zweitens. Gründung eines Konsortiums aus den betroffenen Bundesländern NRW, Hessen, Rheinland Pfalz und Thüringen sowie die Einbringung von Beteiligungen bei Opel, um mindestens die Sperr

minorität zu erlangen mit dem Ziel, Standorte und Arbeitsplätze zu sichern und zukunftsfähig zu gestalten, das heißt: sozial, ökologisch und nachhaltig.

Drittens. Umwandlung der Marke Opel in ein Unternehmen Opel als Aktiengesellschaft oder GmbH, an welcher die vier Bundesländer eigentumsrechtlich beteiligt sind, als Voraussetzung für die Schaffung einer europäischen Lösung.

Das könnte die Landesregierung tatsächlich machen, um die Arbeitsplätze bei Opel auch in NRW zu sichern. Ich nehme aber einmal an, Ihre Pläne gehen wieder in eine völlig andere, in eine völlig falsche Richtung. Wahrscheinlich werden wir demnächst erleben, dass Opel auch in Deutschland insolvent wird.

Danke schön, Herr Sagel. – Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Wittke von der CDU-Fraktion.

(Zuruf von der SPD: Jungfernrede! – Gegen- ruf von Oliver Wittke [CDU]: Ich bin schon ganz aufgeregt!)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lassen Sie mich eines gleich vorneweg sagen. Jawohl, wir wollen Opel helfen. Jawohl, wir wollen die Marke Opel erhalten. Jawohl, wir wollen den Produktionsstandort in Bochum und die 6.000 Arbeitsplätze möglichst dauerhaft sichern.

(Beifall von der CDU)

Wir wollen diese Ziele erreichen, weil wir fest davon überzeugt sind, dass Opel zukunftsfähige Autos bauen kann und damit auch wettbewerbsfähig bei uns in Europa und darüber hinaus ist. Wir wollen diese Ziele erreichen, weil wir glauben, dass die Mitarbeiter von Opel in der Vergangenheit und in der Gegenwart einen guten Job gemacht haben und auch in der Zukunft machen werden. Wir wollen diese Ziele erreichen, weil wir nicht für Fehler eines Managements von General Motors in den USA büßen wollen.

(Beifall von der CDU)

Ich sage aber genauso deutlich: Es ist unseriös, wenn man eine bedingungslose Hilfe verspricht und die Geldsäcke quasi vor die Tür stellt, getreu dem Motto: Die Amerikaner sollen einmal kommen, sich kräftig bedienen und sehen, was sie daraus machen.

(Beifall von CDU und FDP)

Liebe Frau Kraft, genau das haben Sie getan. Sie haben den amerikanischen Managern die Geldsäcke vor die Tür gestellt und gesagt: Bedient euch, macht damit, was ihr wollt, uns ist es egal.

(Beifall von CDU und FDP – Zurufe von der SPD)

Das ist Wahlkampf. Das ist billig. Es ist perfide, wie Sie sich heute hier geriert haben.

(Zurufe von der SPD)

Um das genauso deutlich zu sagen: Damit liegen Sie genau auf dem Kurs Ihres Oberwahlkämpfers, des Bundesaußenministers, der auch nichts Besseres zu tun hatte, als eine bedingungslose Hilfe zu versprechen.

(Beifall von der CDU)

Nicht anders ist es zu verstehen, wenn Sie in Ihrem Antrag fordern, unverzüglich und ohne Wenn und Aber tätig zu werden.

(Gisela Walsken [SPD]: Schreien Sie doch nicht so!)

Ohne Wenn und Aber ist dasselbe wie bedingungslos. Das wird es mit uns nicht geben.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, es ist nicht nur ein Sanierungskonzept notwendig. Wir müssen auch sicherstellen, dass eine möglicherweise zu gewährende Staatshilfe aus Deutschland, aus Nordrhein-Westfalen bei uns vor Ort in Bochum ankommt.

(Zuruf von der SPD)

Wir wollen keine Arbeitsplätze in Amerika sichern, sondern Arbeitsplätze hier bei uns in Bochum und in Deutschland.

(Beifall von der CDU)

Wir wollen private Investoren finden, weil wir sicher sind, dass privates Kapital notwendig ist, um dieses Unternehmen dauerhaft in eine gute Zukunft zu führen.

Es ist aber wahr, bis dahin muss noch viel Arbeit geleistet werden. Darum ist derjenige, der heute schon den Weg kennt, entweder ein Prophet oder schlicht unseriös. Darum verstehe ich, dass wir wechselseitig versuchen, uns mit Zugeständnissen und Aussagen darüber zu übertreffen, wie sehr wir auf der Seite der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Opel unter anderem in Bochum, aber auch in den anderen deutschen und europäischen Standorten stehen.

Man muss aber auch aus der Geschichte lernen. Frau Kraft, wenn Sie sich hierhin stellen, wie sich weiland Herr Schröder vor die Mitarbeiter der Firma Holzmann gestellt hat, und den Fehler ein zweites Mal begehen,

(Beifall von CDU und FDP)

kann ich nur sagen: Irgendwann muss man es doch begreifen. Irgendwann muss man doch lernen, wie man mit den Menschen umgeht.

(Zuruf von der SPD)

Wo ich gerade bei den Menschen, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern; bin: Frau Kraft, ich finde es nicht in Ordnung, wie Sie mit den Ängsten der Menschen in Bochum spielen.

(Hannelore Kraft [SPD]: Das sagt gerade der Richtige!)

Ich finde es nicht in Ordnung, wie Sie an dieser Stelle eine Notsituation für parteipolitisches KleinKlein ausnutzen.