unkoordinierte und unnötige Standortdebatte ausgelöst, die fast ein ganzes Jahr andauerte. Dieser grundsätzliche handwerkliche Fehler führte nicht zu der gewünschten Aufbruchstimmung, sondern zu einer breiten Enttäuschung in diesem Land. Denn von den vielen Standorten, die sich mit vielen guten Ideen bewerben wollten – es waren sehr viele gute Ideen dabei –, mussten zwangsläufig viele in ihren Hoffnungen enttäuscht werden.
Das Ganze wurde noch durch eine Juryentscheidung bekräftigt, in die dann seitens der Landesregierung offensichtlich doch eingegriffen wurde. Anders ist Kleve/Kamp-Lintfort oder ein Standort mit 40 Studienplätzen wie auch der Protest seitens der Kommunen nicht zu erklären.
Ich möchte hier noch einmal klarstellen, was für uns der allerwichtigste Punkt ist. Denn lediglich 8 % mehr Studierende an Fachhochschulen sind zu wenig. Die Landesregierung hat erklärt, dass sie mittelfristig 11.000 flächenbezogene Studienplätze durch die Fachhochschulinitiative schaffen will.
Nun muss jeder wissen, wie der Berechnungsmodus aussieht. 11.000 flächenbezogene Studienplätze hört sich zunächst einmal gut an, aber Sie müssen natürlich bedenken, dass jeder Studierende einen Studienplatz über einen längeren Zeitraum belegt, sodass sich die Gesamtzahl der Studierenden, die damit erreicht wird, reduziert.
An unseren Fachhochschulen in NordrheinWestfalen haben zum letzten Wintersemester insgesamt ca. 120.000 Studierende studiert. Es handelt sich bei der Initiative also lediglich um eine Steigerung von rund 8 %. Bezogen auf die insgesamt 460.000 Studierenden des letzten Wintersemesters bleibt sogar nur ein Plus von 2 % übrig. Berücksichtigt man, dass 2013 ein doppelter Abiturjahrgang an die Hochschulen strebt, meine Damen und Herren, ist die Initiative an dieser Stelle absolut unzureichend.
Andererseits wäre angesichts der Geburtenentwicklung ein dauerhafter massiver Ausbau kontraproduktiv. Wir wissen alle, dass ab 2020 die Demografie in eine ganz andere Richtung geht. Wir sollten im kommenden Jahrzehnt temporäre Kapazitäten, Räume und Infrastrukturen schaffen und nicht Geld in Beton gießen. Es war auch ein Ergebnis der Anhörung, ein sozusagen atmendes System aufzubauen. Aber das, was Sie hier mit diesem Fachhochschulausbaugesetz schaffen, ist eben kein atmendes System, sondern ein System, dem schlussendlich die Luft ausgehen wird. In jedem Fall darf eines nicht passieren: Die Untertunnelung des Studentenbergs 2013. Die langfristigen sozialen Folgekosten wären unbezahlbar.
Fachhochschulen brauchen mehr, meine Damen und Herren. Die Fachhochschulen in NordrheinWestfalen leisten einen großen Beitrag zur Innovation und Infrastrukturentwicklung. Wir müssen sie
darin unterstützen. Die Landesregierung muss gemeinsam mit den Fachhochschulen prüfen, inwieweit eine Verbesserung der Rahmenbedingungen aller Fachhochschulen möglich ist. Es gibt in der Tat reichlich Informationsmaterial draußen in der Lobby, dessen man sich bedienen sollte.
Insbesondere muss eine Prüfung weiterer dienst- und besoldungsrechtlicher Verbesserungen für Professorinnen und Professoren an Fachhochschulen vorgenommen sowie die Durchlässigkeit zwischen Fachhochschulen und Universitäten verbessert werden. Die Möglichkeiten der gemeinsamen Promotion zwischen Universitäten und Fachhochschulen für besonders befähigte Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen müssen gestärkt und die Perspektiven in der beruflichen Entwicklung von Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen im öffentlichen Dienst unter Berücksichtigung des Leistungsprinzips und von Kostenneutralität erweitert werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, durch die Anhörung wurde eindeutig bestätigt, dass das Vorgehen der Landesregierung in fast allen Punkten zu kritisieren ist. Die neuen Standorte sind zu klein, zum Teil willkürlich ausgewählt und erfüllen nicht die gehobenen wissenschafts- und regionalpolitischen Standards, die Nordrhein-Westfalen bei Fachhochschulen bisher gesetzt hat.
Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion unterstützt daher den Aufbau weiterer Studienkapazitäten und Studienplätze, die Modalitäten und das Wie allerdings nicht. Deshalb wird sich die SPDLandtagsfraktion bei der Abstimmung über das Fachhochschulausbaugesetz der Stimme enthalten. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Die FDPFraktion freut sich, dass wir nach einigen Monaten der Beratung innerhalb der Regierung und innerhalb dieses Hauses heute einen ganz erheblichen Schritt weiterkommen in unserer nordrhein-westfälischen Hochschullandschaft.
Wir diskutieren heute über die Gründung von drei neuen Fachhochschulen. Das ist ein richtiges Signal in dieser Zeit, in der wir mit einem Fachkräftemangel konfrontiert sind, in der wir uns auf einen doppelten Abiturjahrgang vorbereiten müssen und in der junge Menschen ihre Chancen suchen.
tigung gefunden. Eine Alternative zur Gründung von drei neuen Fachhochschulen wäre ja gewesen, ausschließlich bestehende Standorte auszubauen. Grüne und Sozialdemokraten habe ich oft in der Weise verstanden, dass das ihre Priorität gewesen wäre.
Wie passt das aber mit der Diskussion zusammen, die wir am heutigen Vormittag über die Industriepolitik hier in Nordrhein-Westfalen geführt haben? Dort hat der Abgeordnete Groschek für die SPD bemängelt, dass wir als neue Koalition Fördermittel nur noch wettbewerblich in Regionen geben wollen, nicht mehr problemorientiert. Das heißt, wir fördern mit den Landesmitteln, auch mit Mitteln der Europäischen Union, nicht mehr strukturschwache Räume, sondern nur noch beste Projekte. Das hat er kritisiert. Das ist aber unsere Politik.
Moment, warten Sie mit Ihrem Zwischenruf, Frau Gebhard! Mit der Gründung von neuen Fachhochschulen indes, die wir problemorientiert auch nach Strukturhilfegesichtspunkten hier im Land vergeben haben, wollen wir aber die Wettbewerbsfähigkeit der Regionen stärken, Frau Gebhard,
damit sie in der Lage sind, bei den anderen wettbewerbs- und qualitätsorientierten Programmen auch zu reüssieren. So wird da ein Schuh daraus: einerseits die finanziell unterstützenden Programme im Wettbewerb dorthin zu vergeben, wo am besten mit dem Geld umgegangen wird, und dann andererseits die Grundlagen für Erfolg etwa durch die Gründung von neuen Fachhochschulen zu schaffen.
In dem Ansatz werden wir auch unterstützt; das hat Kollege Brinkmeier dargestellt. An jedem einzelnen der drei neuen Standorte geht auch die Wirtschaft mit ins Geschirr, etwa dadurch, dass sie Stiftungsprofessuren mitfinanziert oder dass sie den Zugang zu Laborinfrastruktur und anderem öffnet.
Der gleiche Herr Schultheis, der hier das hohe Lied gesungen hat, man müsste Anhörungen auch ganz genau auswerten, und man dürfte Anhörungen nicht nur im Sinne der eigenen politischen Auffassung interpretieren, behauptet jetzt, das seien Mikrostandorte, die nicht lebensfähig seien. Hätten Sie Ihren eigenen Anspruch, Anhörungen präzise auszuwerten, berücksichtigt, hätten Sie das so hier
nicht sagen dürfen. Denn zum Beispiel sagt der Vertreter der Kanzler der Fachhochschulen in Nordrhein-Westfalen in der Anhörung auf die Frage von Frau Dr. Seidl nach der Mindestgröße von Hochschulen:
Ich wurde gefragt, wie groß ein Hochschulstandort sein müsse, um vernünftig betrieben werden zu können. … Jeder Standort zwischen 1.500 und 2.000 Studierenden. Das funktioniert.
Wenn man eine Anhörung präzise auswertet, muss man doch zur Kenntnis nehmen, dass es auch innerhalb einer Anhörung Meinungen und Gegenmeinungen gibt. Herr Schultheis, Sie erwecken mit dem Ihnen eigenen sehr selbstbewussten Auftreten immer den Eindruck, dass Ihre Meinung immer die einzig richtige sei und alle Experten würden unisono immer genau Ihre Meinung vertreten. Ich habe die Größe zu sagen, dass es natürlich auch Experten gibt, die eine fundierte Meinung haben, die uns aber jetzt nicht unterstützt. Das mag so sein. Im Übrigen haben aber auch Sachverständige unterschiedliche Interessen und kommen deshalb zu ihrer jeweiligen Einschätzung. Insofern: Was die Größe angeht, haben wir keine Bedenken.
Herr Schultheis, wenn Sie etwas zu bemängeln haben, dann schalten Sie sich doch noch einmal in die Debatte ein oder stellen Sie eine Zwischenfrage.
Ich will auf einen zweiten Punkt zu sprechen kommen, der von der SPD auch in der Ausschussberatung kritisiert worden ist. Ich war leider auf einer Dienstreise und habe das nicht selbst mitverfolgen können, aber ich habe das dem Protokoll und der Beschlussempfehlung entnommen. In der Ausschussberatung ist kritisiert worden, dass die Zusammensetzung der Fächer nicht adäquat sei. Wir haben uns als Koalition auf die MINT-Fächer konzentriert, also auf die Bereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Das ist von Ihnen kritisiert worden. Wir halten das aber für alternativlos; denn das sind in einem Industrieland wie Nordrhein-Westfalen die Bereiche, die wir stärken müssen, wenn wir unseren Wohlstand auch in der Zukunft behaupten wollen.
Damit ist nichts, überhaupt nichts gegen die Bedeutung von Geistes- und Sozialwissenschaften gesagt. Aber da haben wir eben keinen Nachholbedarf, sondern schon viele Studien- und Forschungsmöglichkeiten. Indes fehlen Studienplätze im Bereich der Ingenieurwissenschaften und der Technikwissenschaften.
Deshalb war es in der Gesamtwahrnehmung unserer Hochschullandschaft in Nordrhein-Westfalen richtig, dass sich die Landesregierung beim Ausbau auf die MINT-Fächer konzentriert hat.
Es gibt einen dritten Aspekt, den ich herausgreifen will – dazu gibt es auch eine Änderungsinitiative von Bündnis 90/Die Grünen –, nämlich die Bestellung von Hochschullehrern. Hier sieht das Gesetz in § 38 vor – Herr Groth, ich wollte mich gerade zu Ihrem Änderungsantrag positionieren, das Argument ist vielleicht auch für Sie wichtig –,
dass es möglich ist, auch ohne ein formales Ausschreibungsverfahren Professorinnen und Professoren für die Hochschule zu gewinnen. Das nehmen Sie zum Anlass zu sagen: Nein, wir wollen das übliche Verfahren unter Beteiligung der Gruppen innerhalb der Hochschule durchführen.
Die Landesregierung hat sich für eine Abweichung im Einzelfall entschieden. Meine Fraktion unterstützt das. Ich halte das nach wie vor für richtig. Gerade bei der Neugründung von Hochschulen, aber gleichermaßen auch bei bestehenden Hochschulen muss es möglich sein, proaktiv hochqualifizierte Kräfte aus dem privaten Bereich für die Hochschullehre zu gewinnen. Das hört sich etwas nebulös an. Mit proaktiv ist das klassische Headhunting gemeint. Man hat für eine bestimmte Stelle jemanden Hochqualifizierten im Blick, den man haben möchte.
Das von Ihnen vorgeschlagene andere Verfahren geht davon aus, dass sich Kandidaten auf eine ausgeschriebene Stelle selbst bewerben müssen. Es lässt aber außer Betracht, dass wir für die Hochschullehre stärker auch diejenigen gewinnen können, die in Forschung und Wirtschaft Führungsaufgaben wahrnehmen und die wir an den Hochschulen brauchen.
Der Vertreter der Kanzlerkonferenz der Universitäten hat diese Regelung des Fachhochschulausbaugesetzes in der Anhörung ausdrücklich begrüßt, wenn sie im Einzelfall angewendet wird. Nichts anderes ist beabsichtigt.
Ich komme zum Schluss. Wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt und mit dem Ausbau der Fachhochschullandschaft in Nordrhein-Westfalen ein Projekt begonnen, das ganz wesentlich dazu beiträgt, dass das Land Nordrhein-Westfalen in der Innovationspolitik im Wettbewerb der Bundesländer ganz vorne stehen kann. Es schafft die Voraussetzungen