Gleichzeitig sollen wir als Gesetzgeber das Wirtschaftsministerium zu einer Verordnung „ermächtigen“, mit der es unter anderem die Beteiligung der Kommunen und die Qualitätssicherung regelt, also einen Blankoscheck ohne Kenntnis des Inhalts der Verordnung ausstellen.
Dem wird meine Fraktion mit Sicherheit nicht folgen und kündigt schon jetzt unsere Forderung nach einer Anhörung bei der Gesetzesberatung in den Ausschüssen an, bei der wir auch nachdrücklich die Frage nach der bisherigen Einbeziehung des DGB in das Gesetzgebungsverfahren stellen werden.
Lassen Sie mich abschließend der Hoffnung Ausdruck geben, dass sich die Landesregierung in wirtschaftlichen schwierigen Zeiten nicht nur verbal zu sozialen Partnerschaften bekennt, sondern dies auch im Regierungshandeln erkennen lässt. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Sikora. – Als nächster Redner hat Herr Kollege Wittke für die Fraktion der CDU das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Wittke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir sind ja nicht unbedingt verwöhnt bei dem, was an der einen oder anderen Stelle aus Europa kommt. Häufig ist es so, dass das, was uns aus Brüssel hier in Nordrhein
Bei der Bildung des Einheitlichen Ansprechpartners ist das aber völlig anders. Die Verfahrensabläufe werden gestrafft, Bürokratie wird zurückgeschnitten und Verwaltungsleistungen können deutlich verbessert werden. Das ist gut und vernünftig. Darum begrüßen wir es ganz besonders, dass die nordrheinwestfälische Landesregierung bei der Umsetzung dieses Teils der EU-Dienstleistungsrichtlinie einen Kurs einschlägt, der auf Freiwilligkeit setzt und praktikabel vor Ort ein gangbarer Weg ist.
In der Tat, die Kommunen werden Aufgabenträger. Nicht etwa eine staatliche Ebene, nicht die Bezirksregierungen, sondern die Kommunen sollen Aufgabenträger werden, aber eben nicht 54 Kommunen. Denn in einem Europa ohne Grenzen – der Einheitliche Ansprechpartner soll ja nicht nur für deutsche Unternehmen, sondern auch für internationale Ansiedlungen von besonderer Bedeutung sein – ist es schwer nachvollziehbar, dass auf so engem Raum 54 Ansprechpartner da sein sollen. Darum ist es klug, die Anzahl zu begrenzen, in diesem Fall auf 18 Ansprechpartner.
Wenn man das einmal durch die Einwohnerzahl von Nordrhein-Westfalen teilt, kommt man auf rund 1 Million Einwohner für den Zuständigkeitsbereich eines Einheitlichen Ansprechpartners.
Es macht auch Sinn, eine interkommunale Zusammenarbeit anzuregen, wie es sie heute schon an vielen Stellen gibt. Wenn beispielsweise im Emscher-Lippe-Raum die Städte Gelsenkirchen, Bottrop und der Kreis Recklinghausen darüber nachdenken, gemeinsam Einheitlicher Ansprechpartner zu sein, wenn beispielsweise hier in dieser Region der Rhein-Kreis Neuss und die Stadt Düsseldorf, vielleicht noch der Kreis Mettmann, darüber nachdenken, Einheitlicher Ansprechpartner gemeinsam für die Vermarktung dieser Wirtschaftsregion zu sein, dann ist das ein kluger und vernünftiger Weg, den wir von Landesseite aus befördern müssen.
Dass darüber hinaus die Zusammenarbeit mit den Kammern ausdrücklich nicht nur gewünscht, sondern initiiert wird, dass es also nicht nur eine rein staatlich-kommunale Angelegenheit wird, sondern auch die Handwerkskammern und die Industrie- und Handelskammern eingebunden werden sollen, begrüßen wir ausdrücklich. Denn von Erfolg können diese Einheitlichen Ansprechpartner nur dann sein, wenn sowohl die Wirtschaft wie auch die öffentliche Hand an einem Strang ziehen.
Frau Kollegin Sikora, es war gut, dass man im Vorfeld viel diskutiert hat; es war gut, dass man abgewogen und einen ausreiften Gesetzentwurf vorgelegt hat.
Wir stimmen deshalb der Überweisung in die entsprechenden Fachausschüsse unter Federführung des Wirtschaftsausschusses ausdrücklich zu. Ich
bin sicher, wir werden am Ende ein Gesetz in diesem Parlament verabschieden, das sowohl der Wirtschaft wie auch dem kommunalen Bestreben nach Wirtschaftsförderung Rechnung tragen wird, sodass am Ende das, was von Brüssel aus geplant wird, nämlich Verfahrensabläufe zu straffen, Bürokratie zurückzuschneiden und Verwaltungsleistungen deutlich zu verbessern, bei uns in NordrheinWestfalen auch tatsächlich Wirklichkeit wird. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Wittke. – Als nächster Redner hat Herr Abgeordneter Brockes für die Fraktion der FDP das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Brockes.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Europäische Union verfolgt mit ihrer Dienstleistungsrichtlinie vom 28. Dezember 2006 das Ziel, rechtliche und administrative Hindernisse sowohl für die Erbringung von Dienstleistungen als auch für Dienstleistungsempfänger abzubauen. Damit soll der europäische Binnenmarkt für Dienstleistungen vor allem im Interesse der kleinen und mittleren Unternehmen vorangebracht werden.
Um den Unternehmen die Niederlassung in einem anderen Mitgliedsstaat zu erleichtern und ihnen bei der Aufnahme und Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit zu helfen, müssen die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bis spätestens Ende 2009 sogenannte Einheitliche Ansprechpartner einrichten. Diese dienen als zentrale Anlaufstelle für europäische Dienstleistungserbringer und -empfänger.
Die Einheitlichen Ansprechpartner informieren über allgemeine Grundanforderungen, Formalitäten und Kontaktdaten bei der Aufnahme und Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit. Darüber hinaus sollen sie alle Verfahren und Formalitäten, die für die Dienstleistungstätigkeit erforderlich sind, abwickeln können. Die gesamte Verfahrenskorrespondenz – Anfragen, Anträge, Erklärungen, Bescheide, etc. – soll künftig über den Einheitlichen Ansprechpartner laufen. Selbstverständlich soll dies zur weiteren Verfahrenserleichterung auch auf elektronischem Wege möglich sein.
Meine Damen und Herren, wer mit diesen für ausländische Dienstleister wichtigen Aufgaben betraut wird und wie viele Einheitliche Ansprechpartner eingerichtet werden, das ist nach der Dienstleistungsrichtlinie den Mitgliedsstaaten und im föderalen System Deutschland den Bundesländern überlassen.
In Nordrhein-Westfalen gab es dazu eine lange und intensive Diskussion mit den Kammern und den kommunalen Spitzenverbänden.
Für die Verortung des Einheitlichen Ansprechpartners sind grundsätzlich verschiedene Modelle denkbar. Denkbar ist die Ansiedlung bei der Kommune, bei Landkreisen und kreisfreien Städten, die Ansiedlung bei den Kammern: Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Kammern der freien Berufe, Kooperationen von Kammern und Kommunen oder eben die Ansiedlung bei der staatlichen Ebene, zum Beispiel bei der Mittelbehörde.
In Bezug auf Unternehmensgründungen und beratungen verfügen die Kammern über umfangreiches und wirtschaftsnahes Detailwissen, das auch für den Einheitlichen Ansprechpartner genutzt werden muss. Dies gilt auch für die überaus positiven Erfahrungen in den STARTERCENTERn Nordrhein-Westfalens, wo die Kammern mit großem Erfolg mit den Kommunen zusammenarbeiten.
Meine Damen und Herren, der FDP war es deshalb von Anfang an besonders wichtig, dass die Kompetenzen und Erfahrungen der Kammern so weit wie möglich berücksichtigt und eingebunden werden. Dies ist mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung gut gelungen.
So ist durch § 2 sichergestellt, dass die Kammern bei der Aufgabenwahrnehmung der Einheitlichen Ansprechpartner zwingend zu beteiligen sind. Für die Beteiligung der Kammern sollen Vereinbarungen mit den Kreisen und kreisfreien Städten geschlossen werden. Hierfür kommen folgende Bereiche in Betracht: der wechselseitige Kommunikations- und Informationsaustausch, die Aktivitäten und Arbeitsbeiträge, die von den Kammern bei Anfragen im Rahmen des jeweiligen Einheitlichen Ansprechpartners eingebracht werden, gemeinsame Kooperationsaktivitäten, die Qualitätssicherung im jeweiligen EA, die Ausgestaltung des Informationsportals und die Darstellung der Leistungen der Kammer.
Meine Damen und Herren, auch wenn die Einheitlichen Ansprechpartner vor allem aus Gründen der Rechtssicherheit letztlich bei den Kreisen und kreisfreien Städten verortet wurden, können sich die Kammern in sehr weitreichender Form in die künftige Aufgabenwahrnehmung des Einheitlichen Ansprechpartners einbringen. Dies halten wir für den richtigen Weg. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Priggen das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Herr Kollege Wittke, Sie haben mit dem Lob für Brüssel angefangen. Das ist ja in Ordnung. Aber man muss sich einmal die handwerklichen Abläufe ansehen. Die EU-Dienstleistungsrichtlinie ist am 12. Dezember 2006 beschlossen worden. Die Umsetzung muss bis zum 28. Dezember diesen Jahres erfolgen. Sie brauchen zweieinhalb Jahre, bis Sie einen Gesetzentwurf vorlegen.
Das muss man, finde ich, als Erstes einmal deutlich kritisieren. Denn jetzt bleibt nur noch wenig Zeit – wenn man das einmal nüchtern sieht. Heute findet die Einbringung statt. Die Anhörung wird nach der Sommerpause erfolgen. Ich kann das gar nicht anders sehen. Dann wird die Anhörung ausgewertet werden. Danach bleiben noch zwei oder drei Monate. Dann soll all das, was noch umgesetzt werden muss – die Einigung zwischen den Kommunen, die Internetportale usw. – in der Restzeit passieren. Wenn ich mir angucke, wie eilfertig Sie andere Richtlinien aus Brüssel umsetzen, muss ich sagen: Das ist etwas spät.
Im Grundsatz begrüßen wir – um das zu betonen –, dass Sie jetzt ein kommunales Modell vorlegen. Das war wohl einmal anders gedacht. In der Anhörung wird man noch Einzelheiten diskutieren müssen.
Was ich ehrlich gesagt nicht verstehe, ist, dass Sie 18 EA vorschlagen. Das muss ich ganz ehrlich sagen. Was ist denn im Vorlauf passiert?
Kollege Brockes hat romantische Erinnerungen an die Zahl 18. Das war für ihn einmal eine schöne Zahl.
Ich habe jetzt verstanden: Diese Zahl steht da drin, weil das das Wahlziel war, unter dem Herr Brockes in den Landtag gekommen ist. Das ist nicht von Sachkunde geprägt.
Jetzt zurück zum Ernst: Es müsste doch eigentlich eine Vorverständigung mit den Kommunen darüber geben, wie man das machen kann und wie viele es sein sollen.
Wenn es die gibt, dann könnten Sie doch auch ein Gebietsmodell hineinschreiben, damit wir das wissen. Sie könnten den Kommunen doch Änderungen freistellen, damit man weiß, in welche Richtung die wollen.
Aber es ist auch egal. Wir werden es in der Anhörung diskutieren können. Die kommunalen Spitzenverbände, kommunale Vertreter werden sicherlich eingeladen werden. Dann wird man sehen, ob das an der Stelle so funktioniert oder ob das – was böse Zungen vermuten – nur eine Hintertür ist, um es
über die Regierungspräsidien letztendlich doch bei den Kammern landen zu lassen. Das werden wir dann diskutieren.
Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die Landesregierung hat Frau Ministerin Thoben noch einmal um das Wort gebeten, was sie hiermit selbstverständlich auch bekommt.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nordrhein-Westfalen ist – um es ganz vorsichtig zu sagen, Herr Priggen – eigentlich abgesehen von den klitzekleinen Ländern deutlich weiter als alle anderen. In allen Bundesländern sind die Abstimmungen über die Verordnung äußerst kompliziert.
Wir haben im Vorfeld sehr engagiert ausgelotet, ob das Kooperationsmodell unter Federführung der Kammern gangbar ist. Die Kommunen waren dagegen. Es hat viele Gespräche gegeben.
Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg. Wir bekommen auch die ersten schriftlichen Hinweise, wer mit wem zusammenarbeitet. Die Kommunen sind gar nicht so blöd, dass wir alles vorgeben müssten. Es gibt eine ganze Liste, bei der sich abzeichnet, wer mit wem etwas vorhat. Wir sind sehr zuversichtlich, zumal wir angekündigt haben: Wenn das nicht funktioniert und wir kurz nach der Sommerpause nicht wissen, ob es mit den 18 klappt oder nicht, wird es das Anstaltsmodell, die Verordnung in der Mittelbehörde, geben.