Protokoll der Sitzung vom 07.05.2009

(Marc Jan Eumann [SPD]: Sie behaupten doch zu regieren! – Weitere Zurufe von der SPD)

In einer Zeit, in der das Konjunkturbarometer gegen minus 6 Grad geht, haben Sie keine konkreten Vorschläge auf den Tisch gelegt, sondern nur leere Tiraden abgesetzt.

Vielfältige Faktoren werden in den kommenden Jahren die Arbeitswelt der nordrhein-westfälischen Menschen verändern, nicht zuletzt – das ist wahr – die derzeitige Weltwirtschafts- und Finanzmarktkrise. Im Moment allerdings – da liegen Sie falsch, da scheinen Ihre Informationen auch aus den Kommunen nicht richtig zu sein – geht es nicht um die Bearbeitung schon einsetzender Arbeitslosigkeit, sondern um das Erhalten von Arbeitsplätzen da, wo sie noch existieren. Und genau da investieren wir, und da zieht das Land auch mit.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Marc Jan Eumann [SPD])

Jetzt haben alle den Blick und die Arbeitskraft erst einmal darauf gerichtet, das Konjunkturpaket umzusetzen, um Arbeit zu erhalten. Dazu gehören die Anpassung der Vergabemodi und Ähnliches, schnelle Planungen, zum Beispiel beim BLB im Hochschulsektor. Sie wissen ganz genau, welche Kapazitäten das erfordert, Sie sitzen doch selbst in den Gremien.

All das wird vom Land finanziert. Da geht einiges ab. Es geht so viel ab, dass man Angst hat, in diesen Bereichen nicht genügend Personal zu haben. Bitte lassen Sie sich das doch von Ihren eigenen Fraktionskolleginnen und -kollegen erklären. Die Kommunen haben alle Hände voll zu tun, die Programme einigermaßen schnell auf den Baustellen, in den Schulen oder bei der Infrastruktur umzusetzen.

Sie fordern einen eigenen relevanten Beitrag zur Stützung der Konjunktur, was immer das heißt. Ihre Kollegen von den Grünen haben die Abwrackprämie für Fahrräder auf örtlicher Ebene gefordert. Das ist sicherlich ein ungeheurer Beitrag dazu.

(Zuruf von der CDU: Ich lache mich tot!)

Wenn wir, wie Sie fordern, erst heute neue Programme auflegen würden, sozusagen wie Tropfen auf den heißen Stein, hätten wir nicht einmal das Konjunkturpaket II schultern können. Mit Ihrer Vorgehensweise und der Politik der letzten 30 Jahre hätten Sie am Konjunkturpaket II nicht einmal teilnehmen können. Sie wären gar nicht gefragt worden.

(Beifall von der CDU – Rainer Schmeltzer [SPD]: Wer hat denn die Vorgaben für das Konjunkturpaket II geliefert? Steinmeier hieß der!)

Jetzt geht es erst einmal darum, die Menschen so weit wie möglich in Arbeit zu halten. Dazu haben unser Ministerpräsident und die Landesregierung mit ihren Vorstößen und Unternehmungen so gut vorgearbeitet, dass ein exzellentes Einvernehmen zwischen dem Städtetag, den Gemeindeverbänden und der Regierung überdeutlich wurde. Und das hat das Konjunkturpaket zur Umsetzung gebracht. Das ist erst durch diese intensive, gute Zusammenarbeit möglich geworden.

Um aber später gestärkt aus der Krise hervorzugehen, müssen wir gemeinsam anpacken. Das habe ich eben bei Ihnen vermisst. Das tun die Regierungsfraktionen gemeinsam mit dem Bund, den Ländern und den Gemeinden, aber auch mit den Unternehmen und den Gewerkschaften.

Nur Sie haben offensichtlich noch nicht den Knall gehört. Sie spielen weiterhin Klein-Klein, während doch eigentlich ein ordentlicher Weitblick über die gesamte Gesellschaft nötig wäre.

(Beifall von der CDU)

Wir werden auch hier die Rezession nicht verhindern können. Aber das Land hat seine Kraft mit der der Kommunen gebündelt. Das Land hat sich mit ungefähr 7 Milliarden € an den Maßnahmen zur Sicherung der Wirtschaft beteiligt. Darin sind Bankenrettung, Konjunkturpaket, kommunale Investitionen mit über 500 Millionen €, 2,4 Milliarden € investitionswirksame Ausgaben im Haushalt und Ähnliches. Dazu kommen die Erhöhung des Bürgschaftsrahmens und weitere Dinge.

Das geht aber nur – das habe ich Ihnen eingangs schon einmal gesagt –, weil wir seit 2005, auch dank eines sehr achtsamen Finanzministers, gut gewirtschaftet und nicht Klein-Klein gespielt haben, sondern weitsichtig und sparsam vorgegangen sind.

NRW und seine Regierungsfraktionen kämpfen gegen diese Krise. Wir haben gehandelt. Unsere

Richtung in dieser Zeit ist, statt ein Konjunkturpaket für NRW zu etablieren, folgende: Das beste Konjunkturpaket für die Zukunft sind Bildung, Ausbildung und Weiterbildung. Wir schaffen Anreize. Das haben wir gemacht.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Super! Das sind super Anreize!)

Keine Regierung hat so viel in Ausbildung und Bildung gestopft, wie diese Regierung es getan hat.

(Beifall von der CDU)

All das, was Sie hinterlassen haben, war mit Löchern durchsetzt, als ob es vom Mottenfraß befallen gewesen wäre. Das haben wir erst einmal stopfen müssen.

(Beifall von der CDU – Marc Jan Eumann [SPD]: „Starker“ Beifall von der CDU)

Ich fordere von Ihnen Bekenntnisse zu den nordrhein-westfälischen Unternehmen. Wo sind die? Eine sinnvolle Unterstützung hiesiger Unternehmen ist gefordert.

(Thomas Eiskirch [SPD]: Sie wissen doch, dass Sie an der Regierung sind!)

Wir haben uns beim Kurzarbeitergeld eingelassen. Weiterbildungsmaßnahmen, Bildungsscheck, Prämiengutscheine für Beschäftigte mit geringem Einkommen, Bürgschafts- und Beratungsprogramme, Unterstützung von Transfergesellschaften, Jugend in Ausbildung, „Jugend in Arbeit plus“, Ausbildungskonsens, Werkstattjahr und anderes – was fordern Sie eigentlich noch? Wollen Sie mit der Gießkanne herumgehen und das Geld so wie bisher irgendwo versickern lassen?

(Beifall von der CDU)

Das kann nicht Sinn der Angelegenheit sein. Dazu werden wir gleich noch mehr hören. – Danke schön.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Thomas Eiskirch [SPD])

Vielen Dank, Herr Kollege Post. – Für die FDP-Fraktion spricht der Abgeordnete Brockes.

Herr Präsident! Um es direkt klar zu sagen: Die Behauptungen von SPD und Grünen sind völlig aus der Luft gegriffen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Der typische Bro- ckes ist das!)

Wir tun in Nordrhein-Westfalen alles, was ein Bundesland gegen eine weltweite Wirtschaftskrise unternehmen kann.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Brockes, der Ret- ter der Welt!)

Wir haben bestmögliche Voraussetzungen für die Umsetzung der beiden Konjunkturpakete geschaffen. Bereits wenige Tage nach der Verabschiedung des Zukunftsinvestitionsgesetzes auf Bundesebene haben wir im Landtag das Umsetzungsgesetz verabschiedet.

(Thomas Eiskirch [SPD]: Wenn das alles ist!)

Damit stehen in Nordrhein-Westfalen insgesamt 2,84 Milliarden € für zusätzliche Investitionen zur Verfügung. Davon leiten wir mehr als 2,3 Milliarden € an die Kommunen weiter. Mit dieser Quote, meine Damen und Herren, von knapp 84 % sind wir Spitzenreiter in Deutschland. Dadurch, dass die Kommunen ihren Eigenanteil erst bei der Rückzahlung der Mittel ab 2012 aufbringen müssen, können sich alle, auch Haushaltssicherungs- und Nothaushaltskommunen unmittelbar an dem Programm beteiligen.

Die Kommunen haben inzwischen bereits 110 Investitionsmaßnahmen gemeldet. Die dafür erforderlichen Mittel stehen jederzeit zum Abruf bereit. Vor allem das Handwerk und der Mittelstand vor Ort werden davon profitieren, dass die Kommunen nun damit beginnen, ihre Schulen, Kindergärten und Krankenhäuser zu sanieren. Darüber hinaus lassen wir die automatisierten Stabilisatoren wirken und nehmen keine Kürzungen in den wichtigen Zukunftsfeldern Schule, Hochschule sowie der Kinder- und Familienpolitik vor.

Meine Damen und Herren, Forderungen von SPD und Grünen nach weitern Konjunkturpaketen sind vor diesem Hintergrund wirtschaftspolitisch völliger Humbug. Jetzt müssen erst ein Mal die beschlossenen Maßnahmen wirklich greifen.

Hätte da zum Beispiel die Bundesregierung handwerklich besser gearbeitet, dann müssten die Kommunen jetzt nicht erst darauf warten, dass das Grundgesetz geändert wird.

(Rüdiger Sagel [fraktionslos]: So ist es!)

Viele Unternehmen, vor allem in der Bauwirtschaft sind noch relativ gut ausgelastet. Der Nachfrageschub durch ein weiteres Konjunkturpaket würde letztlich nur die Preise in die Höhe treiben, aber keine zusätzliche Beschäftigungswirkung entfalten.

Meine Damen und Herren, wer sich wie die SPD die Forderungen des DGB zu eigen macht, allein in Nordrhein-Westfalen ein Investitionsprogramm mit einem Volumen von 50 Milliarden € aufzulegen, muss klipp und klar benennen, wo das Geld denn herkommen soll. Durch eine zusätzliche Kreditaufnahme? SPD und Grüne haben uns bereits einen gigantischen Schuldenberg hinterlassen. Eine Politik, die die Verschuldungsspirale noch stärker antreibt und den Spielraum für künftige Generationen weiter einengt, wäre unverantwortlich. Ein solches finanzpolitisches Harakiri wird es mit uns jedenfalls nicht geben.

(Beifall von der FDP – Carina Gödecke [SPD]: Warten wir es ab!)

Oder, Frau Gödecke, wollen Sie die Steuerzahler mit einer weiteren milliardenschweren Zwangsabgabe belasten, wie das der DGB vorgeschlagen hat?

(Zuruf von Carina Gödecke [SPD])

Dann bekennen Sie sich auch in aller Deutlichkeit dazu, dass Sie die Leistungsträger in unserer Gesellschaft noch stärker schröpfen wollen.

(Günter Garbrecht [SPD]: Leistungsträger sind die Arbeitnehmer!)

Meine Damen und Herren, statt die Bürger weiter zu belasten, wäre es richtig, ihnen endlich mehr von dem zu lassen, was sie sich hart erarbeitet haben. Gerade die Mittelschicht unserer Bevölkerung, die in den wesentlichen Teilen zur Erwirtschaftung des Steueraufkommens beiträgt, muss entlastet werden. Allein die Folgen der kalten Progression kosten die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler im mittleren Bereich des Steuertarifs bis zum Jahre 2012 rund 40 Milliarden €.

Die steigende Steuer- und Abgabenbelastung hat bereits dazu geführt, dass die Mittelschicht, die vor zehn Jahren noch rund zwei Drittel der Bevölkerung ausmachte, heute geschrumpft ist und nur noch gerade einmal die Hälfte der Bevölkerung darstellt.

(Zuruf von Thomas Eiskirch [SPD])