Protokoll der Sitzung vom 27.05.2009

Und viertens, genau so wichtig: Wir schließen keine Staatshilfen aus, aber wir knüpfen sie an Bedingungen.

(Zustimmung von der CDU)

Ich wiederhole das, was ich vor einigen Wochen an dieser Stelle gesagt habe: Wir stellen nicht den amerikanischen Managern von General Motors die Geldsäcke vor die Tür und sagen „Bedient euch, nehmt, was ihr braucht!“, sondern wir wollen klar definiert haben, welche Konzepte einem Rettungsmodell für Opel zugrunde liegen.

(Beifall von CDU und FDP)

Das heißt dann auch: keine deutschen Steuergelder für General Motors und damit für den amerikanischen Staat. Das heißt auch: Unterstützung aus Nordrhein-Westfalen nur dann, wenn der Standort Bochum mit möglichst vielen Arbeitsplätzen erhalten bleibt. Das heißt für uns auch: Geld aus NordrheinWestfalen nur dann, wenn auch privates Kapital mobilisiert wird. Das ist für uns der Lackmustest, ob ein Konzept tatsächlich tragfähig ist und ob auch private Investoren daran glauben. Denn es kann nicht sein, dass das ganze Risiko beim Staat abgeladen wird und wir uns als Land NordrheinWestfalen daran beteiligen.

(Beifall von CDU und FDP)

Nein, ich glaube, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, es geht Ihnen nicht darum, zu erfahren, was die Landesregierung denkt und will. Es geht Ihnen nicht darum, zu fragen, was die regierungstragenden Fraktionen hier im Landtag für eine Position haben, sondern es geht Ihnen allein darum, politisches Kapital aus einer wirtschaftlich schwierigen Situation zu ziehen.

(Beifall von der CDU – Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Sie haben nicht zugehört!)

Ich finde das höchst unverantwortlich, weil Sie damit eine Politik auf dem Rücken der bei Opel Beschäftigten und ihrer Familien ausüben, weil Sie damit das Unternehmen in Misskredit bringen und weil Sie

damit dem Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen schaden.

(Beifall von CDU und FDP)

Das ist unseriös. Lieber Herr Priggen, seriös geht anders.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Das müssen Sie gerade sagen!)

Seriös zu handeln heißt für uns, Alternativen abzuwägen. Seriös zu handeln heißt für uns, mit allen Beteiligten zu sprechen – nicht nur mit Betriebsräten, nicht nur mit Opel-Managern, sondern auch mit Managern von General Motors, insbesondere aber auch mit Regierungsvertretern in den Vereinigten Staaten, die ja mittlerweile beherrschenden Einfluss auf das Mutterunternehmen haben. Seriös zu handeln heißt für uns auch, dass man sich nicht nur zwischen dem Bund und den Ländern, sondern auch mit anderen Staaten – da nenne ich nicht nur die USA, sondern beispielsweise auch Großbritannien – Stück für Stück abstimmt.

Genau das, was ich gerade ausgeführt habe, hat Ministerpräsident Jürgen Rüttgers in den vergangenen Wochen mit großer Vehemenz getan. Darum möchte ich dem Ministerpräsidenten an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön dafür aussprechen, dass er sich mit ganz, ganz viel Verve für den Erhalt der Arbeitsplätze bei Opel in Bochum eingesetzt hat.

(Beifall von CDU und FDP – Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Die FDP hat nicht geklatscht! – Dietmar Brockes [FDP]: Stimmt nicht! Wir haben frenetisch geklatscht! Sie müssen auch mal gucken!)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, es ist in der Tat so, …

(Zurufe von FDP und GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, es ist in der Tat so, dass es Themen gibt, die sich nicht für landespolitisches Gezänk und für parteipolitisches KleinKlein eignen. Das Bemühen der nordrheinwestfälischen Landesregierung mit dem Ministerpräsidenten an der Spitze zur Rettung des OpelStandortes gehört zweifelsohne zu diesen Themen.

Darum habe ich die große Bitte: Lassen Sie uns nicht einen guten Weg, auf dem wir uns befinden, zerreden. Lassen Sie uns nicht in parteipolitisches Klein-Klein verfallen, denn hier steht zu viel auf dem Spiel. Hier steht nicht nur ein Unternehmen einer Schüsselbranche in Nordrhein-Westfalen auf dem Spiel, hier stehen viele tausend Arbeitsplätze – nicht nur bei Opel, auch bei den Zulieferern – auf dem Spiel. Darum habe ich die herzliche Bitte: Lassen Sie uns seriös und ehrlich miteinander umgehen, und lassen Sie uns nicht in parteipolitisches KleinKlein verfallen!

(Beifall von CDU und FDP)

Herzlichen Dank, Herr Wittke. – Für die SPD spricht nun Frau Kraft.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den Zielen wissen wir uns weitgehend mit der CDU einig: so viele Arbeitsplätze wie möglich in Bochum sichern. Bochum darf nicht einseitig benachteiligt werden. Aber wir gehen noch einen Schritt weiter, und diesen Satz – Herr Wittke, den haben Sie nicht gesagt – sage ich hier ausdrücklich: Wir wollen, dass es in Bochum keine betriebsbedingten Kündigungen gibt. Das ist der Lackmustest, meine Damen und Herren. Das ist entscheidend.

(Beifall von der SPD)

Wir waren von Anfang an ganz klar aufgestellt. Wir haben gesagt, wir würden für diese Entwicklung alles tun und keinerlei Optionen ausschließen. Wir brauchen keine ordnungspolitischen Grundsatzdebatten in diesen Zeiten, und wir brauchen vor allem auch kein unverantwortliches Gerede – lieber Kollege Wittke, das können Sie einmal mit Ihrem Wirtschaftsminister Guttenberg besprechen – über eine angeblich geordnete Insolvenz.

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Die gibt es nicht. Denn das, was dann passieren würde, wäre eine Katastrophe, und das ist es jetzt schon für die Handels- und Vertragspartner; die sind bereits in Schwierigkeiten. Wir wollen gar nicht über die unkalkulierbaren Folgen für Handwerk und Mittelstand in der Region reden. Bringen Sie Ihren Wirtschaftsminister dazu, dieses unverantwortliche Gerede endlich einzustellen, meine Damen und Herren, und nicht dauernd solche unsäglichen Interviews zu geben!

(Beifall von der SPD)

Ich glaube, es ist eine Menge Zeit verloren gegangen, weil der Bundeswirtschaftsminister diese Zeit nicht genutzt hat, um wichtige Details zu klären. Deshalb geht das heute alles kurz auf knapp. Deshalb wird das gestern und heute alles mit der heißen Nadel gestrickt.

(Zuruf von Helmut Stahl [CDU])

Opel Bochum wird auch durch die Handlungsweise und die Äußerungen der FDP gefährdet. Sie haben offensichtlich, Herr Papke, keinerlei Vertrauen in die Verhandlungsführung Ihres Ministerpräsidenten – keinerlei Vertrauen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Sie bauen zusätzliche Hürden auf und belasten damit die ohnehin schwierige Suche nach einem Investor. Ich sage auch Ihnen: Dieses ist nicht die Zeit! In einer Krise, in der es darum geht, alle industriellen Arbeitsplätze zu erhalten, weil wir sie nach der Krise nicht zurückbekommen werden, ist nicht die Zeit für ideologischen Eifer und ordnungspoliti

sche Grundsatzdebatten, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP!

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ich habe gelesen, Herr Papke, dass Sie sich gestern in dem Sinne geäußert haben, es dürfte kein Himmelfahrtskommando für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler geben.

(Beifall von der FDP)

Ja, Herr Kollege Papke. Aber wenn Sie rechnen könnten, dann wüssten Sie, dass es für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und für den Staat erheblich günstiger ist, Arbeitsplätze zu erhalten statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Da sollten Sie einmal einen volkswirtschaftlichen Grundkurs besuchen. Das wäre vielleicht hilfreich.

(Beifall von der SPD – Dr. Gerhard Papke [FDP]: Den sollten Sie mal besuchen!)

Ich habe Volkswirtschaft studiert im Gegensatz zu Ihnen. Sie sollten also einmal genauer darüber nachdenken, was das denn heißt.

(Zurufe von FDP und CDU)

Ich sage an dieser Stelle auch ganz deutlich: keine ordnungspolitischen Grundsatzdebatten! Für uns heißt der Grundsatz: Wir wollen Arbeit finanzieren und nicht Arbeitslosigkeit.

(Beifall von der SPD)

Das gilt für Opel Bochum, meine Damen und Herren, das gilt für uns aber genauso für Karstadt. Was da passiert, ist nicht weniger wichtig.

(Christian Lindner [FDP]: Philipp Holzmann!)

Kommen Sie mir doch nicht mit Philipp Holzmann! Sie müssen einmal genau nachlesen, was da passiert ist. Was wäre denn besser gewesen? – Dass die Leute sofort ihren Job verloren hätten?!

(Zurufe von CDU und FDP)

Wäre das denn besser gewesen, Herr Kollege Lindner? Wollen Sie den Karstadt-Leuten sagen: Wir lassen den Laden jetzt in die Insolvenz gehen!? Wollen Sie Opel Bochum sagen: Wir wollen Sie in dieser Situation in die Insolvenz gehen lassen!? – Das ist doch unverantwortliches Gerede, was Sie hier von sich geben, lieber Kollege Lindner.

(Beifall von der SPD – Christian Lindner [FDP]: Sie streuen den Leuten Sand in die Augen!)

Wir streuen ihnen Sand in die Augen? Was wollen Sie denn? Was ist denn Ihre Lösung des Ganzen? Der Markt wird es schon richten! Ist das Ihre Lösung? Der Markt hat es bei der Finanzkrise auch schon gerichtet. Das konnten wir uns da betrachten, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Zurufe von der FDP)