So weit die wissenschaftliche Empfehlung des Hans-Bredow-Instituts. Deshalb, meine Damen und Herren, war es ein so wichtiger, ein so entscheidender Richtungsschritt, den Rot-Grün mit der Änderung des § 39 im Landesmediengesetz damals gemacht hat, der Landesanstalt für Medien den gesetzlichen Auftrag zu geben, Medienkompetenzprojekte zu entwickeln. Heute muss man sagen: Das war die goldrichtige Entscheidung. Denn insbesondere ohne die Initiativen der LfM wäre das Medienkompetenzland in Nordrhein-Westfalen erheblich ärmer, meine Damen und Herren und liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wie vielfältig dieses Engagement ist, geht auch aus dem Medienkompetenzbericht, der jährlich erstellt wird, hervor. Der aktuelle beschreibt das Jahr 2008. Und auch diesen Bericht gäbe es nicht ohne die damalige politische Initiative von Rot-Grün.
Die Bedeutung der Medienkompetenz wächst auch deswegen, meine Damen und Herren, weil sich das Rezeptionsverhalten ganzer Generationen dramatisch, entscheidend verändert hat. Angesichts der Vielzahl verfügbarer Quellen geht es um die Fähigkeit, gezielt Informationen aus der Daten- und Bilderflut neuer Medien herauszufiltern und diese einzuordnen und zu bewerten. Dazu ist das Wissen über soziale, politische, kulturelle, historische, ökonomische, technische und nicht zuletzt auch ethische Bedingungen und Zusammenhänge gefragt.
Meine Überzeugung ist: Für die individuelle Entwicklung und Identitätsbildung in der digitalen Welt, sind Fähigkeiten zur interaktiven Kommunikation und zur kritischen Auseinandersetzung mit Medieninhalten notwendiges unverzichtbares Rüstzeug.
Ja, Herr Kollege, wenn Sie auf diesem Feld ein bisschen mehr täten, wären Sie weiter und hätten meine volle Unterstützung. Aber Ihre Bilanz ist eben nicht so gut.
Ein weiteres wichtiges Feld kommt hinzu, nämlich das Thema „Individuelles Identitätsmanagement“. Medienkompetenz trägt auch dazu bei, die freiwillige und oft allzu leichtfertige Preisgabe persönlicher Daten in ihrer Tragweite einzuschätzen. Der Verfassungsrechtler Hassemer hat recht, wenn er schreibt – Zitat –:
Privatheit, informationelle Selbstbestimmung, Datenschutz – das sind ehemals kostbare Geschenke, die heute niemand mehr haben will. Der Datenschutz hat eine glorreiche Vergangenheit, eine bedrohte Gegenwart und eine offene Zukunft.
Deswegen sind wir als Gesellschaft insgesamt gefordert, vor allem Kinder und Jugendliche über die Chancen und die Risiken im Netz aufzuklären. Es ist schlichte Tatsache, dass das Netz nichts vergisst. Kein Foto, aus einer Partylaune heraus eingestellt, verschwindet aus dem Netz, sondern es begegnet einem 15 Jahre später wieder – mit Folgen, die man als 12- oder 14-Jähriger sicherlich nicht so eingeschätzt hat, nicht so hat einschätzen können. Das ist ein Thema, das immer noch unterschätzt ist. Deswegen gehört es in die Mitte des Landtags.
Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass die Große Anfrage vor allem die Arbeit der Landesanstalt für Medien erfolgreich dokumentiert hat. Als weitere Institutionen sind zu nennen: Das ecmc – auch eine ganz wichtige Institution mit offener Zukunft, um es mit Hassemer zu sagen. Ich bin sehr dankbar, dass Sie auch auf das seinerzeit von uns initiierte Projekt „Partner für Schule“ besonders hingewiesen haben. Dort gelingt es unter Einbeziehung von Medienunternehmen, die systematische Zusammenarbeit von Schule und Wirtschaft zu fördern, also wirklich wichtige Projekte.
Aber, Herr Kollege Berger, da haben Sie weiterhin offene Flanken. Sie haben hier groß angekündigt, nachdem Sie den Tag der Medienkompetenz abgeschafft haben, dass Ihnen etwas Besseres einfällt. Und was ist Ihnen eingefallen? Ihnen ist nichts eingefallen.
Wir haben keinen Tag der Medienkompetenz mehr, der immer wichtige Projekte in die Mitte des Landtages geholt hat. Ihnen ist dazu nichts eingefallen. Deswegen ist Ihr Hinweis auf die Leidenschaft in Ihrem Falle … Aber was sage ich da?
Meine Damen und Herren, wir haben gefragt: Wie sieht es mit Kooperationen aus? Wie sieht es mit der Koordination aus? Sie erinnern sich vielleicht: Es war der gemeinsame Beschluss aller Fraktionen im damaligen Medienausschuss – übrigens auch dank Ihrer erfolglosen Politik abgeschafft –, das Datenbankprojekt Medienkompetenz auf den Weg zu bringen, um zu systematisieren, um zu helfen. Und was sagen Sie zum Thema Koordination? –
Da sind andere Länder mittlerweile besser als Nordrhein-Westfalen. Wenn ich auf das verweise, was beispielsweise das Land Rheinland-Pfalz mit der Zentralstelle für IT und Multimedia in diesem Bereich macht, nämlich eine Koordinierung über ITManagement, über Multimedia, über E-Government, über Verwaltungsmodernisierung, über die Kooperation mit Hochschulen, meine ich, dass stände auch Nordrhein-Westfalen gut an. Davon können Sie lernen. Früher war das anders: Früher haben die Länder von Nordrhein-Westfalen gelernt. Heute müssen wir nach Best-Practice-Beispielen in anderen Ländern schauen. Das ist schade.
Wir haben zum Beispiel nach dem Stiftungsmodell gefragt. Da können Sie jetzt sagen: Das gibt es auch in Rheinland-Pfalz. – Ja. Aber warum ist die Bayerische Staatsregierung mit der BLM auf die Idee gekommen, solche Aktivitäten in einer Stiftung zu bündeln? Ihre Antwort auf unsere Frage „Plant die Landesregierung eine solche Stiftung?“ lautet: Nein. – Nein ist leider zu wenig, wenn man bei Medienkompetenz mehr erreichen will. Und wir wollen mehr erreichen.
Wir können auch über Geld reden. Deutlich wird unter dem Strich, dass diese Landesregierung seit 2005 nicht mehr Geld für das wichtiger werdende Thema Medienkompetenz ausgibt, sondern weniger Geld. Ich könnte das mit Zahlen belegen.
Wissen Sie, es geht darum, Prioritäten zu setzen auf Schlüsselfeldern wie der individuellen Identitätsbildung und der Medienkompetenz. Das ist ein Schlüsselfeld, das Sie sträflich vernachlässigen.
Ich fand noch den Hinweis auf die Frage sehr bemerkenswert, wie die ressortübergreifende Medienkompetenzstrategie der Landesregierung verfolgt wird: Die zuständigen Bereiche stimmen sich bei ressortübergreifenden Ansätzen ab. – Das ist die freundlichste Art von Nichtkoordinierung, die man formulieren kann. Das finde ich in Ordnung, aber es ist zu wenig.
Wir haben auch gefragt, welche Maßnahmen die Landesregierung seit dem Regierungswechsel 2005 ergriffen hat, um die Medienkompetenz von Kindern vor dem Schuleintritt zu stärken. Da finde ich die bemerkenswerte Aussage – offensichtlich aus dem
zuständigen Ministerium, Frau Staatssekretärin –: Die Landesregierung wird gemäß § 26 eine Fortbildungsvereinbarung vereinbaren. – Wir haben Mitte 2009, Sie regieren seit 2005, und Sie schreiben von der Zukunft: Sie werden vereinbaren. – Ich frage Sie: Was haben Sie die letzten vier Jahre an der Stelle gemacht? Auch da ist die Antwort: Zu wenig.
Meine Damen und Herren, auch im ersten Arbeitsentwurf des Landesmediengesetzes steht ebenfalls wenig Neues zum Thema Medienkompetenz. Auch hier bleiben Sie also ohne Akzente.
Wir hingegen haben sehr konkrete Vorschläge gemacht. Wir fordern, einen Medienkompetenzführerschein verbindlich an allen Schulen einzurichten, der an Schulformen orientiert Kindern und Jugendlichen in diesem Land die Kompetenzen altersgemäß vermitteln kann, die sie brauchen, damit sie sicher schon in der Grundschule, im Kindergarten, in der Kindertagesstätte etwas tun. Wir sind, wenn Sie die Studie von Six und Gimmler lesen, auch im vorschulischen Bereich immer noch nicht gut genug. Das sage ich gar nicht anklagend, sondern feststellend. Wir vergeben als Gesellschaft viele Chancen für Kinder und Jugendliche.
Medienkompetenz ist entscheidend für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Medienkompetenz – das füge ich hinzu – wird entscheidend für die Innovationsfähigkeit unseres Landes. Denn es ist doch völlig klar, dass wir in einer volldigitalisierten Welt leben, und nur, wenn wir mit dieser Kompetenz gut umgehen können, werden wir am Innovationsgeschehen teilhaben können.
Die Große Anfrage, liebe Kolleginnen und Kollegen, gibt uns allen die Möglichkeit, gemeinsam Projekte für Nordrhein-Westfalen zu entwickeln. Sie haben vier Jahre die Chance gehabt und sie, wie die SPD findet, nicht ausreichend genutzt. Aber ich sage ausdrücklich: Auf der Grundlage der Antworten der Landesregierung kann dieses Parlament gemeinsam wichtige Impulse setzen. Wir stehen für eine solche Gemeinsamkeit bereit. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Eumann, Sie haben in der Tat für Heiterkeit auf unseren Bänken gesorgt. Denn wenn man die ganzen Phrasen aus dem ersten Teil Ihrer Rede herausnimmt, dann bleibt nicht allzu viel Substanzielles übrig.
Aber wie dem auch sei. Ich glaube, keiner, der heute am Rednerpult steht, sieht noch die Notwendigkeit, zu begründen, dass Medienkompetenz ein wichtiges Thema ist und warum es das ist. Ich glaube, dass die Landesregierung das in ihrer doch sehr umfangreichen, nämlich 86-seitigen Antwort auf Ihre Große Anfrage sehr überzeugend zum Ausdruck gebracht hat. Deshalb verweise ich darauf und bespreche das Ganze nicht erneut.
Sie sehen: Es ist ein Beleg dafür, dass wir in den letzten Jahren wirklich gut gearbeitet haben, dass es sehr viele – auch neue – Projekte gibt, zum Beispiel aus dem Innovationsministerium die Fortbildungsangebote für den wissenschaftlichen Bereich in Sachen Medienkompetenz. Ich nenne als Beispiel die Schulprojekte im Lokalfunk, die neu sind und die es bis dahin nicht gegeben hat. Es gibt nun das „Institut Spielraum“ an der FH Köln.
Sie haben auch positiv gewürdigt, dass wir im Bereich Games vieles machen. Wir werden bei der Games Convention, der weltweit führenden Computerspielemesse, die wir nach Nordrhein-Westfalen, nach Köln holen konnten, begleitend einen großen Kongress machen, der das Thema „Medienkompetenz und ethische Verantwortung bei Computerspielen“ bespricht.
Wir haben zusammen mit der Bundesregierung, mit Kulturstaatsminister Bernd Neumann, maßgeblich an dem sicheren Netz für Kinder „fragFINN“ mitgearbeitet.
Herr Kollege Berger hat vorhin zugerufen: Jedem Kind ein Instrument! – Auch das ist Medienkompetenz; es müssen nicht nur digitale Medien sein.
Die Zeitungsprojekte in den Schulen sind ein neues, sehr erfolgreiches Modell. Ich glaube, wir sorgen wir uns doch gemeinsam darum, dass die Jugendlichen immer weniger Zeitung lesen und es insofern gut ist, dass wir das an der Stelle so breit und gerade in die schwierigen Schulformen gebracht haben.
Herr Kollege Jarzombek, können Sie mir sagen, wann das Projekt „Zeitung in der Schule“ in Nordrhein-Westfalen gestartet wurde?
gezielt an den Brennpunkten haben, hat unsere Landesregierung, ich glaube – ich bin mir nicht sicher –, im Jahr 2006 so in die Wege geleitet.