Protokoll der Sitzung vom 28.05.2009

(Dr. Stefan Romberg [FDP]: Frage!)

einen Status als Militärflughafen haben, der umzuwandeln sei, dass dieser Flughafen aber mittlerweile der drittgrößte Passagierflughafen in NordrheinWestfalen ist. Meinen Sie nicht, dass es Zeit ist, dass Schwarz-Gelb einmal über eine Aktualisierung von mir aus auch nur dieses einen Punktes nachdenkt? Glauben Sie nicht, dass das gescheit wäre?

Kollege Wißen, ich habe doch eben vorgetragen – und Sie haben das im Grunde bestätigt –, dass Herr Kollege Linssen in der Tat über die Anforderungen der nächsten Dekade geredet hat.

(Bodo Wißen [SPD]: Dann ist der doch gar nicht mehr dabei!)

Entschuldigung! – Oliver Wittke aber hat über die aktuelle Luftverkehrskonzeption gesprochen. Das sind zwei unterschiedliche Gegenstände. Gegenwart und Zukunft sind verschieden, Herr Kollege Wißen. Das ist eigentlich gar nicht so schwierig zu verstehen.

(Horst Becker [GRÜNE]: Das hat aber nichts mit dem Punkt zu tun!)

Ich will deutlich machen, dass die Rahmenbedingungen keine Konstanten sind, sondern stetigen Veränderungen unterliegen. Ich denke hier zum Beispiel an die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes zum Nachtflug, an die Einführung des Emissionshandels im Luftverkehr, an die Fortschreibung des Flughafenkonzeptes der Bundesregierung, an die Entwicklung lärm- und verbrauchsärmerer Triebwerke, an den Low-Cost-Luftverkehr, an neue Drehkreuze innerhalb und außerhalb der EU.

Diese Entwicklungen stellen allerdings weder die Luftverkehrspolitik der Landesregierung noch die Luftverkehrskonzeption 2010 grundsätzlich infrage. Diese wird bis zum Ende ihrer Laufzeit ihre Funktion als Richtschnur für das luftverkehrspolitische Handeln der Landesregierung wirksam erfüllen.

Die neue Luftverkehrskonzeption für die nächste Dekade wird auf der Basis der dann geltenden Rahmenbedingungen zu erarbeiten sein. Sie wird – das hat Oliver Wittke bereits in früherer Zeit dargelegt, und das hat sich durch den Amtswechsel nicht geändert – nach Beginn der neuen Legislaturperiode vorgelegt werden.

Auch der Verweis auf die Aussage meines Vorgängers bei der IHK Mönchengladbach 2007, Herr Kollege Wißen, verfängt nicht. Er hatte lediglich darauf hingewiesen, dass sich das Luftverkehrskonzept 2010 bereits in seinem siebten Jahr befand – das ist eine mathematische Wahrheit – und dass er ein neues Konzept anstrebe. Voraussetzung dafür war und ist in jedem Fall ein neues Flughafenkonzept des Bundes.

Wie richtig ausgeführt worden ist, ist dies gestern vom Bundeskabinett beschlossen worden. Das hat lange auf sich warten lassen. Es war Gegenstand des Koalitionsvertrages und ist nunmehr seit gestern da – übrigens mit heftigen Schmerzen zwischen Herrn Minister Tiefensee und Herrn Minister Gabriel. Wenn ich sehe, wie Herr Minister Gabriel den ursprünglichen Entwurf von Herrn Minister Tiefensee verwässert und zerschossen hat, merke ich,

dass auch Ihre Partei in der Luftverkehrskonzeption durchaus zerstritten ist.

(Bodo Wißen [SPD]: Das stimmt nicht!)

Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen gesagt, wann wir die neue Konzeption vorlegen werden.

Herr Kollege Wißen, Sie haben für die Begründung Ihrer Ausführungen den großen Philosophen Marius Müller-Westernhagen herangezogen. Damit Sie noch einmal schmunzeln können, weise ich darauf hin, dass er auch ein Lied mit dem Titel „Ich will es wissen“ geschrieben hat. In diesem Lied heißt es ganz treffend: „Es ist so schön, es ist so schön, sich im Kreise zu drehn.“

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Lienenkämper. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen zu diesem Tagesordnungspunkt nicht vor.

Damit sind wir am Schluss der Beratung und können zur Abstimmung über die Überweisungsempfehlung des Ältestenrates kommen. Er empfiehlt uns, den Antrag Drucksache 14/9268 an den Ausschuss für Bauen und Verkehr zu überweisen. Dort soll dann in öffentlicher Sitzung die abschließende Beratung und Abstimmung erfolgen. Wer gibt dem seine Zustimmung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Alle Fraktionen haben dieser Überweisungsempfehlung zugestimmt.

Ich rufe auf:

10 Migration und Alter

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/9269

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion der SPD Frau Abgeordneter Koschorreck das Wort. Bitte schön, Frau Koschorreck.

Schönen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Alle Menschen sollen ein selbstbestimmtes Leben in Würde führen. Dieses Ziel eint uns alle in diesem Hause, denke ich. Der Weg dahin ist jedoch gar nicht so einfach; denn Menschen haben nicht die gleichen Wünsche und Bedürfnisse und auch nicht die gleichen Voraussetzungen, um ihre Bedürfnisse in unserer Gesellschaft umzusetzen. Deshalb liegt es in unserer Verantwortung und ist es unsere Aufgabe, alle Menschen in ihrer Individualität zu unterstützen.

Dabei ist es ganz besonders wichtig, Maßnahmen und Programme nicht über einen Kamm zu sche

ren. Vielmehr müssen sie auf spezifische Bedürfnisse zugeschnitten werden.

Leider ist die Situation im Land so, dass wir vielen Gruppen in unserer Gesellschaft immer noch unzureichend gerecht werden. Das liegt zum einen daran, dass wir zu wenig über ihre Bedürfnisse wissen. Es mag aber auch daran liegen, dass ihre politische Macht zu gering ist, um die Landesregierung zu einem ausreichenden Handeln zu bewegen.

Was den letzten Punkt angeht, habe ich nach der Stellungnahme des Kollegen Solf in der heutigen Sitzung des Ausschusses für Generationen, Familie und Integration bezüglich der politischen Partizipation zugewanderter Bürgerinnen und Bürger in den Gemeinden die Hoffnung, dass zumindest die CDUFraktion sich der Forderung der LAGA NRW annähert. Das wäre zu begrüßen. Wir sind gespannt auf Ihren diesbezüglichen Vorschlag.

Als seniorenpolitische Sprecherin meiner Fraktion ist es mir ein besonderes Anliegen, mit dem heutigen Antrag ältere Migrantinnen und Migranten in den Vordergrund unserer Diskussion zu rücken. Wir reden hier im Übrigen über kein Randgruppenphänomen, sondern über eine in Zeiten des demografischen Wandels stark zunehmende Gruppe. Im Jahr 2020 werden fast 600.000 Menschen über 65 Jahre mit Migrationshintergrund in Nordrhein-Westfalen leben.

Nordrhein-Westfalen hat von der Lebensleistung dieser Menschen profitiert – wirtschaftlich, sozial und kulturell. Sie sind als Arbeitsemigranten, Aussiedler, Flüchtlinge und Asylbewerber zu uns gekommen.

Ich habe viele Gespräche mit Migrantinnen und Migranten geführt. In diesen Gesprächen ist deutlich geworden, dass sich ihre Wünsche für das Alter gar nicht so sehr von denen der Einheimischen unterscheiden: möglichst lange eine eigenständige Haushaltsführung, Teilnahme am öffentlichen, sozialen, kulturellen und religiösen Leben, Geborgenheit in der Familie, Mobilität und Unabhängigkeit sowie Respektierung der eigenen Vergangenheit und von Riten, Gebräuchen sowie Traditionen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Unterschied besteht aber darin, dass Migrantinnen und Migranten oft die Voraussetzungen fehlen, um diese Wünsche auch umzusetzen. Sie haben nämlich ein höheres Armutsrisiko, ihnen steht weniger Wohnraum zur Verfügung, ihr Gesundheitszustand wird schlechter eingeschätzt, ihre Bildungsabschlüsse sind niedriger als im Bevölkerungsdurchschnitt – um nur einige Beispiele zu nennen.

Menschen mit Migrationshintergrund sind keine homogene Gruppe. Sie unterscheiden sich in Bezug auf Herkunftsland, Ethnie, Sprache, Religion, Bildungsstandard, Schichtzugehörigkeit, Migrationsphase und Aufenthaltsdauer in sozialer, finanzieller und gesundheitlicher Hinsicht im Hinblick auf ihre

Altersbilder, ihre Gesundheitskonzepte und ihre Erwartungen an die Versorgung abhängig von Familienstand sowie ethnischen und familiären Netzwerken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb müssen wir sehr genau hinschauen, wenn wir ihnen gerecht werden wollen. Bei der Analyse und bei den Maßnahmen ist Kultursensibilität ein wichtiges Stichwort. Konzepte müssen flexibilisiert werden, und das Handeln aller Akteure muss auf die jeweils spezifischen Bedürfnisse ausgerichtet werden.

Deshalb fordern wir in unserem heute debattierten Antrag die Landesregierung auf, endlich mit ihren Ankündigungen von mehr Integration Ernst zu machen.

An erster Stelle steht dabei die Verbreiterung des Datenmaterials durch weitere wissenschaftliche Untersuchungen, wie es auch bei vielen Fachtagungen angemahnt wurde, von der Landesregierung aber immer noch unzureichend umgesetzt wird. Damit wir unser Handeln zielgenau ausrichten können, müssen wir mehr über die Lebensumstände wissen; denn die Liste der Handlungsfelder ist lang. Sie reicht von Wohnen über Gesundheit, Pflege, ehrenamtliches Engagement und Bildung bis hin zu Kultur; alles gehört dazu.

Wir wissen natürlich auch, dass hier in erster Linie die Kommunen gefordert sind; denn der Alltag der Menschen wird dort geprägt. Alleine können die Kommunen die vielfältigen Aufgaben aber nicht bewältigen. Daher muss man übergreifende Programme initiieren, die Vernetzung organisieren und Standards setzen. Um hier eine wirkungsvolle Verbesserung zu erzielen, müssen Land und Kommunen Hand in Hand arbeiten. Dies ist im Übrigen auch eine Forderung des Städtetages.

Mir und meiner Fraktion ist es besonders wichtig, ältere Migrantinnen und Migranten nicht als passive Objekte staatlichen Handelns zu begreifen. Sie haben vielfältige Kompetenzen mitgebracht und durch den Integrationsprozess zusätzlich erworben.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Ich komme gleich zum Schluss.

Ältere Menschen werden nur zu oft mit ihren Defiziten, nicht aber mit ihren Potenzialen wahrgenommen. Dabei tragen sie Verantwortung für ihr eigenes Leben und leisten vielfältige Hilfen in ihren Familien und in der Gesellschaft.

Bei der Qualifizierung für das ehrenamtliche Engagement, das sie leisten, kann ein Schwerpunkt der kurzfristigen Hilfe des Landes darin liegen, hierfür Unterstützung zu leisten.

Sehr geehrter Herr Minister Laschet, die hier lebenden Migrantinnen und Migranten blicken auf ein arbeits- und vielfach entbehrungsreiches Lebens zurück. Sie haben es verdient, Herr Minister La

schet, dass wir ihnen kurz- und mittelfristig Unterstützung anbieten und sie nicht auf die ferne Zukunft vertrösten.

(Minister Armin Laschet redet mit Barbara Steffens [GRÜNE].)

Herr Minister Laschet, wenn Sie mir bitte ganz kurz zuhören würden! – Machen Sie bitte Schluss mit Sonntagsreden und setzen Sie die umfangreichen Handlungsempfehlungen, die vorliegen, in konkretes Handeln um!

Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Koschorreck. – Als nächster Redner hat der Abgeordnete Solf für die Fraktion der CDU das Wort.

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich eines gleich zu Beginn sagen: Etliches von dem, was die Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion als Bestandsaufnahme in Ihrem Antrag formuliert haben, ist durchaus zutreffend. Das möchte ich gerne feststellen. Aber – auch das kann ich nicht verschweigen, liebe Frau Koschorreck – Ihre Schlussfolgerungen und die Forderungen, die Sie erheben, greifen leider zu kurz und blenden einige Fakten aus.

Wie also sieht die Sachlage aus? – Immer mehr Menschen mit einer Zuwanderungsgeschichte scheiden aus dem aktiven Erwerbsleben aus. Das gilt insbesondere für die sogenannten Gastarbeiter aus den Mittelmeerländern, die als Bergleute unter Tage, als Fabrikarbeiter, als Gastronomen oder als Kleinunternehmer hier gearbeitet haben. Hinzu kommen auch andere zum Teil hoch qualifizierte Fachkräfte, die aus allen Teilen der Welt stammen und mittlerweile in den verschiedensten Berufsfeldern tätig sind. Die Lebensleistung all dieser Menschen gilt es zu würdigen. Sie alle haben zum wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Erfolg unseres Landes beigetragen.