dass Sie die Dauer des Aufenthaltes für die Wahlberechtigung ausschlaggebend machen. Meine Damen und Herren, es liegt nahe, dass Sie von einer Denke ausgehen, nach der Integrationsprobleme fünf Jahre nach dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit quasi erledigt seien. Auch mit dieser Festlegung verabschieden sich die Koalitionsfraktionen aus dem Kreis derjenigen, die sich ernsthaft mit diesem Thema beschäftigen.
Meine Damen und Herren, unsere Änderungsanträge fassen die positiven Ergebnisse der Erprobungsphase, den Konsens zwischen den Beteiligten, den es gegeben hat, und die Versprechungen, die Ihr Integrationsminister gemacht hat, zusammen. Wir stellen unsere Änderungsanträge insgesamt zur Abstimmung.
Ich will Ihnen an dieser Stelle noch einmal eine Brücke bauen. Es bleibt Ihnen ja unbenommen, sich Teile unserer Änderungsanträge zu eigen zu machen. Dies gilt insbesondere – ich komme auf diesen Punkt zurück – für § 27 Abs. 2, der die Zusammensetzung der Integrationsräte regelt. An dieser Stelle müssen Sie doch dazu in der Lage sein, Ihre ehemaligen Versprechungen einzuhalten und über Ihren Schatten zu springen. Das ist der Lackmustest für die Frage, wie ernst Sie es mit der Partizipation unserer ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger und unserer Migrantinnen und Migranten halten.
Wenn Sie diesen Gesetzentwurf ohne Änderungen beschließen, begehen Sie nach unserer Ansicht einen kaum zu korrigierenden Fehler. Das wird – ich werde gleich ein lokales Beispiel zitieren – auch vor Ort und bei den Betroffenen so gesehen. Dem Landtag liegt ein Schreiben der Stadt Kerpen vom 28. Mai 2009 vor. Unterschrieben haben dieses Schreiben neben der Bürgermeisterin und den Fachpolitikerinnen und Fachpolitikern die Fraktionsvorsitzenden von CDU, SPD, FDP, Grünen und UWG. Ich zitiere jetzt wörtlich: Für eine gelungene Integration ist die politische Partizipation jedoch entscheidend. Bitte lassen Sie diesen Rückschritt – – gemeint ist Ihr Gesetzentwurf – der politischen Teilhabe nicht zu. Stärken Sie die integrationspolitische Arbeit in den Kommunen. Setzen Sie sich dafür ein, dass die Landesregierung den Gesetzentwurf zurückzieht und noch einmal im Sinne der Empfehlungen der Expertinnen und Experten überarbeitet.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Integration von Migranten ist eine gesamtgesellschaftliche Kernaufgabe. Dabei soll aus liberaler Sicht das Gemeinsame unterschiedlicher Menschen betont und dadurch ein friedliches und respektvolles Miteinander auf Basis der von allen Seiten getragenen demokratischen Werte und Rechtsordnung gefördert werden. Die politische Partizipation von Migrantinnen und Migranten muss befördert werden – hierüber sind
wir uns im Landtag einig –, denn durch die politische Beteiligung identifizieren sich die Migrantinnen und Migranten mit der Gemeinde, in der sie leben.
Die bisherigen Ausländerbeiräte weisen in ihrer derzeitigen Form Defizite auf, die wir mit dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen reduzieren wollen. So freue ich mich, dass wir rechtzeitig vor den anstehenden Kommunalwahlen heute die politische Beteiligung von Migranten und Deutschen mit Zuwanderungshintergrund stärken werden. Damit kommen wir dem gesetzlichen Auftrag nach, der mit dem Gesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung gegeben worden ist.
Auf die verbesserte Partizipation haben die Migranten sehr lange, genau zwei Experimentierphasen und somit fast zwei Kommunalwahlperioden, warten müssen. Das lag daran, dass sich die alte rot-grüne Vorgängerregierung einfach nicht getraut hat, die politische Beteiligung von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte zu fördern. Wir beseitigen heute dieses Defizit mit der Verabschiedung unseres Gesetzentwurfes.
Er greift den Gedanken der kommunalen Spitzenverbände auf und sieht die Bildung des Integrationsrates vor. Von den 60 Experimentierkommunen haben bis auf vier den Integrationsrat als neues Integrationsgremium erprobt. Anstelle des Integrationsrates kann aber auch ein Integrationsausschuss durch Ratsbeschluss gebildet werden. Erfolgreich arbeitende Integrationsausschüsse wie in Remscheid können fortgeführt werden. Darüber hinaus hat der Rat die Möglichkeit, zwischen zwei Arten von Integrationsgremien zu wählen, ohne dass es zu einer Pattsituation kommen kann. Das war noch der letzte Punkt in der internen Abstimmung. Beide Gremien sehen ein Miteinander von gewählten Mitgliedern der Urwahl und der vom Rat bestellten Ratsmitglieder vor. Die Proportionen unterscheiden sich, die Rechte sind aber gleich.
Entscheidungen werden in den von den Bürgern legitimierten Räten getroffen. Ein institutionalisiertes Gremium wie der Integrationsrat oder -ausschuss kann nur einen beratenden Charakter haben. Es käme ansonsten nicht nur zu einer Schieflage zu anderen institutionalisierten Gremien wie denen für Senioren, Jugendliche oder Menschen mit Behinderung, sondern auch zu einem Nebeneinander von Zuständigkeiten. Das wollen wir nicht.
Das führt zu einem Verlust von Verantwortung und Transparenz und insgesamt zu einem Verlust an demokratischer Qualität. Vor diesem Hintergrund appelliere an die Vernunft, aber auch an das Verständnis der LAGA, die dieser Beratung beiwohnt.
Der heute zur Verabschiedung stehende Gesetzentwurf gilt landesweit für alle Kommunen. Untergesetzliche Regelungen – das ist nicht unwichtig –, die bisher möglich waren, sind auch in Zukunft möglich,
sofern dies vom Rat gewollt ist. Hiermit meine ich zum Beispiel die Entscheidung über ein eigenes Budget für das Integrationsgremium.
(Britta Altenkamp [SPD]: Oh, Herr Engel! – Gegenrufe von Theo Kruse [CDU] und Chris- tian Lindner [FDP] – Weitere Zurufe)
Gestatten Sie mir, an dieser Stelle kurz auf den Änderungsantrag der SPD-Fraktion einzugehen. Genau in diesem Punkt, Herr Körfges, zeigen Sie Ihre eigentliche, Ihre wahre Absicht. Ihr Änderungsantrag soll nur ein Köder für Stimmen zur Kommunalwahl sein. Anders kann man das nicht bewerten. Das wird aber nicht verfangen.
Gegenüber dem deshalb nicht weiter diskussionsfähigen Änderungsantrag der SPD zeichnen sich die Gesetzentwürfe der Koalition und von Bündnis 90/Die Grünen durch Sachlichkeit aus.
In beiden Gesetzentwürfen wird der Integrationsrat als Standard mit der Wahlmöglichkeit, einen Integrationsausschuss zu bilden, favorisiert. Hierbei sind wir nach den Anhörungen den Präferenzen der Betroffenen gefolgt.
Wir sind nach wie vor der Ansicht, dass die Urwahl nicht am Tag der Kommunalwahl stattfinden soll, sondern bis spätestens 16 Wochen nach Beginn der Kommunalwahlperiode. Damit bleibt genügend Zeit für die Organisation und Durchführung der Wahl in das Integrationsgremium. Darüber hinaus halten wir an der Zahl der ausländischen Einwohner zur Bildung eines Integrationsgremiums in einer Gemeinde wie bisher fest.
Mit der Heraufsetzung des Wahlalters auf 18 Jahre kommt es zu einer Anpassung an das Kommunalwahlgesetz. Wir halten diesen Gleichklang von Urwahl und Kommunalwahl für sinnvoll, denn gemäß unserem Gesetzentwurf können auch Deutsche mit Zuwanderungshintergrund aktiv an der Urwahl teilnehmen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind auch nach Durchführung der beiden parlamentarischen Anhörungen der Meinung, dass für Eingebürgerte ein fünfjähriges aktives Wahlrecht zur Integration ausreichend ist. Zehn Jahre lehnen wir explizit ab. Auf die Erfahrung der Eingebürgerten wird also nicht verzichtet.
Damit habe ich auch schon die Gründe genannt, weshalb wir dem Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nicht folgen können. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Engel. – Frau Kollegin Asch, Sie haben jetzt für Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Vertreterinnen und Vertreter der LAGA! Es gibt ein gutes deutsches Sprichwort: Was lange währt, wird endlich gut. – Leider trifft das auf den Gesetzentwurf von CDU und FDP, den wir heute beraten, nicht zu.
Erstens müssen wir feststellen, dass die Koalitionsfraktionen und die Landesregierung allzu lange gebraucht haben, bis sie endlich ihre Zusage eingehalten haben, die Gemeindeordnung für die Reform des § 27 anzupacken und im Sinne der politischen Beteiligung von Migrantinnen und Migranten zu verbessern.
Anfang des Jahres sah es noch so aus, als würden sich weder die beiden zuständigen Ministerien – Innenministerium und Integrationsministerium – verständigen noch die beiden regierungstragenden Fraktionen zu Potte kommen können. Es war – das wussten wir – bereits ein Gesetzentwurf geschrieben, der in den Schubladen lag, aber dort nicht herausgeholt wurde, weil keine Einigung zwischen den beteiligten Ministerien und den Fraktionen erzielt werden konnte.
Es ist kein Geheimnis – das wurde schon von allen Rednerinnen und Rednern gesagt –, dass erst Dynamik in die Sache kam, als wir Grüne Anfang des Jahres einen Gesetzentwurf vorgelegt haben. Fast alle Sachverständigen, die an den Anhörungen beteiligt waren, haben hervorgehoben, dass es letztlich unsere Initiative war, die die Regierungsfraktionen in Zugzwang gebracht hat, endlich einen eigenen Gesetzentwurf zu formulieren.
An dieser Stelle ist vor allen Dingen Michael Solf aus der CDU-Fraktion zu danken, der sehr beharrlich an diesem Thema drangeblieben ist
(Beifall von der CDU – Britta Altenkamp [SPD]: Es gibt keinen Kompromiss zwischen den Fraktionen! Es gibt einen Kompromiss zwischen Ihnen, aber nicht zwischen den Fraktionen!)
Meine Damen und Herren, ich möchte zunächst einmal die Gemeinsamkeiten des Gesetzentwurfs von CDU und FDP und des grünen Gesetzentwurf benennen. Ich bin froh, dass wir in der Frage, die wir ja sehr lange diskutiert haben, nämlich ob es einen Integrationsrat oder -ausschuss geben soll und wie das im Gesetz formuliert werden soll, einen
Kompromiss erzielt haben und dass sich dieser Kompromiss im heute zu beratenden Entwurf wiederfindet.
Ich möchte explizit darauf hinweisen, dass sich mit der jetzigen Regelung, den Integrationsrat zum Regelfall zu erklären – das war ein Kompromissvorschlag, den die kommunalen Spitzenverbände uns gemacht haben und den auch wir in unseren Gesetzentwurf aufgenommen haben –, auch die LAGA NRW in Person von Tayfun Keltek einverstanden erklärt hat.
Ich möchte auch darauf hinweisen, dass, wenn es zu keiner anderen Beschlussfassung der Räte kommt, automatisch der Integrationsrat in den Kommunen eingeführt wird.
Nur dann, wenn es nach Diskussion und Beschlussfassung in den Räten eine andere Willensbildung geben sollte, kann abweichend von diesem Regelfall ein Integrationsausschuss gebildet werden.
Ich finde es auch nicht schlecht, dass es in einem solchen Fall zu Diskussionen über die wichtige Frage kommen wird, wie man politische Partizipation von Migrantinnen in einer Kommune optimalerweise organisiert, und dass das dann endlich einmal zum Thema wird.
Das dient der Mitwirkung, der Partizipation und der Frage, wie wir die Migrantinnen und Migranten tatsächlich besser in die Arbeit der Räte einbinden.