müssen wir auch hierbei zu Veränderungen kommen. Wer in Nordrhein-Westfalen wohnt und gern Radio hört – sei es im Auto oder zu Hause –, erfährt schnell die Grenzen des analogen Zeitalters: eine WDR-Kette mit sechs Sendern und eine radioNRW-Kette mit einem örtlichen Sender, verteilt in Nordrhein-Westfalen mit insgesamt 45 Sendern.
Mehr NRW-Landessender kann man terrestrisch nicht empfangen. Deshalb streben wir Liberale auch im Hörfunk in Nordrhein-Westfalen nach deutlich mehr Vielfalt – insbesondere vor diesem Hintergrund, dass der WDR noch mit 25 % an der radio NRW GmbH beteiligt und in den dortigen Gremien vertreten ist sowie die entsprechenden Geschäftsstrategien mit verfolgen kann.
Im Internet sieht es schon ganz anders aus. Dort tummeln sich bereits zahlreiche Radiosender auch aus Nordrhein-Westfalen. Auch der terrestrische digitale Hörfunk bietet grundsätzlich entsprechende Möglichkeiten.
Deshalb sieht der Gesetzentwurf vor, dass Hörfunkprogramme, die ausschließlich im Internet verbreitet werden, keiner Zulassung, sondern nur einer Anzeige bedürfen. Auch enthält der Entwurf umfassende Regelungen für Pilotversuche zur Einführung digitaler terrestrischer Übertragungstechniken und Vorrangmöglichkeiten.
In § 52 wird schließlich der künftige digital verbreitete, private Hörfunk neben Veranstaltergemeinschaften auch für private Unternehmen geöffnet. Ich will deshalb in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Gelegenheit nutzen, den Appell an den WDR zu richten, seine geschäftliche Beteilung im Rahmen des 25-%-Anteils an radio NRW zu überdenken. Hier fand und findet bislang eine Verquickung statt, die man zukünftig hinterfragen sollte.
Auch wenn gemäß § 10 Landesmediengesetz bei den Übertragungskapazitäten zur Sicherstellung der Grundversorgung mit öffentlich-rechtlichem Rundfunk einschließlich programmbegleitender Dienste Vorrang einzuräumen ist, darf dies keinesfalls zu einer inakzeptablen Überversorgung führen – ebenso wenig zu einem Bunkern von freien Frequenzen zulasten privater potenzieller Rundfunkveranstalter. Selbiges gilt auch für neue Mediendienste.
Deshalb erfolgt die Zuordnung von Übertragungskapazitäten künftig für 15 Jahre befristet. Ferner ist geregelt, dass nicht genutzte Frequenzen zurückgefordert werden können. Ein Horten von Frequenzen in öffentlich-rechtlicher Hand brauchen wir nicht.
Wir haben im Sinne der Transparenzinitiative des Landtags, bei der es um öffentliche Gelder geht, ferner eine im Gesetz individualisierte Veröffentlichungspflicht für die Intendanz und das Direktorium des WDR sowie der LfM festgeschrieben. „Mehr Transparenz über die Verwendung öffentlicher Geld“ lautet das Gebot der Zeit in allen Bereichen und deshalb auch beim WDR.
Zudem wird im Entwurf klargestellt, was der WDR bislang entgegen der eindeutigen Auffassung der Landesdatenschutzbeauftragten immer in Abrede gestellt hat, nämlich dass das Informationsfreiheitsgesetz natürlich grundsätzlich auch auf den WDR Anwendung findet.
Die Zusammensetzung des WDR-Rundfunkrates, die die sogenannten gesellschaftlich relevanten Gruppen in NRW abbilden soll, ist entsprechend anzupassen und breiter aufzustellen. Das wird gerade auch im Hinblick auf die stattfindenden Dreistufentests demnächst sicherlich wichtiger werden.
Deshalb haben wir vonseiten der FDP immer dafür plädiert, zu einer breiteren Aufstellung zu kommen und auch die mittelständische Medien- und die Internetwirtschaft mit ihren Vertretern wie Freiberuflern, Wirtschaftsjunioren und anderen, die Adressaten der Medienwirtschaft sind, einzubinden, um zu einer pluraleren Aufstellung des WDRRundfunkrates zu kommen.
All das – wir konnten das in der ersten Lesung nur kurz anreißen – sind interessante Ansätze für eine Modernisierung des nordrhein-westfälischen Medienrechts, mit der wir unsere Strukturen in Nordrhein-Westfalen zukunftsfähig machen können.
Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Jetzt hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnete Keymis das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns liegt der Entwurf eines neuen Landesmediengesetzes vor. Wir haben außerdem ein in seiner Art neues Verfahren kennengelernt. Herr Minister, Sie haben das frühzeitig bekannt gegeben und ins Netz gestellt und damit allen Akteurinnen und Akteuren die Möglichkeit gegeben, zu reagieren. Das fanden wir gut, und das hat uns die Gelegenheit gegeben, uns schon im Vorfeld sehr gründlich mit dem Entwurf zu beschäftigen.
Das ist der Grund, aus dem wir Grüne uns entschieden haben, ein wenig zu investieren. Wir nehmen die von Ihnen vorgelegte Arbeit sehr ernst, wollen sie aber kritisch beleuchten. Das Ergebnis ist das bereits von Ihnen, Herr Minister, erwähnte Gut
achten von Herrn Prof. Holznagel aus Münster. Er ist Medien- und Verfassungsrechtler und in Nordrhein-Westfalen kein Unbekannter in Sachen Landesmediengesetzgebung.
Prof. Holznagel hat in einer eindrucksvollen Art und Weise, klug und plausibel hergeleitet, gutachterlich festgestellt, dass der von Ihnen vorgelegte Gesetzentwurf in vier Punkten nicht mit unserer Verfassung vereinbar ist. Ich will diese vier Punkte benennen und dann noch auf ein paar andere Dinge eingehen, die eben angesprochen wurden.
Erstens, so Professor Holznagel, sind die starren Schwellenwerte in § 33a des Gesetzentwurfes nicht mit der Verfassung vereinbar, weil die Beteiligungen von marktbeherrschenden Pressenunternehmen mit entsprechenden Zulieferungen auf diese Weise fixiert werden und wir damit der Landesmedienanstalt die Möglichkeit nehmen, wie bisher in einem bestimmten Rahmen zu agieren.
Wenn die Anhebung von 24,9 % auf 30 % Realität werden sollte, stellt sich außerdem die Frage, was man damit im Hinblick auf das in Gang setzt, was aus dem Aktien- und Kartellrecht für den Fall hergeleitet wurde, dass eine Überschreitung eines Viertels des Anteilsbesitzes erfolgt. Herr Kollege Witzel hat das Ergebnis eben schon benannt. Mit der jetzt geplanten Regelung wird es die Möglichkeit geben, bis zu 100 % der Stimmrechte an einem Rundfunkveranstalter zu erwerben. Damit kommen wir in eine komplizierte Situation.
Damit komme ich zu dem zweiten Punkt, den Herr Prof. Holznagel in seinem Gutachten angesprochen hat. Wir müssen marktbeherrschende Duopole befürchten, wenn marktbeherrschende Presseunternehmen neben lokalem Fernsehen oder Rundfunk das meinungsbestimmende Printprodukt, also die Lokalzeitung, anbieten. Diesbezüglich stellt Ihr Gesetzesentwurf zwei Bedingungen auf, nämlich die Notwendigkeit, einen Programmbeirat einzurichten, und die zwangsweise Einräumung von Sendezeiten für unabhängige Dritte.
Trotzdem ist der Verfassungsrechtler Professor Holznagel der Meinung, dass diese Konstruktion einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht standhält, weil eine vorherrschende Meinungsmacht durch diese beiden Bedingungen nicht ausgehebelt werden kann. Ein Doppelmonopol insbesondere im regionalen und lokalen Bereich hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich für nicht verfassungsgemäß erachtet. Es hat deutlich gemacht, dass gerade dort Gefahr droht, wo es im Kleinen zu einer marktbeherrschenden Stellung eines Unternehmens im Meinungsmarkt kommen kann.
Der dritte verfassungsrechtlich bedenkliche Punkt, den Herr Professor Holznagel genannt hat, betrifft Programmkompensation und crossmediale Verflechtungen. Dies, so Professor Holznagel, wirft verfassungsrechtliche Probleme in vielerlei Hinsicht
auf. Die problematische Situation sieht folgendermaßen aus: Wenn jemand im Verbreitungsgebiet schon erscheint – beispielsweise der Westdeutsche Rundfunk als öffentlich-rechtliches Angebot –, kann bereits dies ausreichen, um den Beteiligungsschwellenwert von 30 % zu durchbrechen und sich an einem Unternehmen vor Ort höher zu beteiligen. Eine solche Konstruktion ist mit der Rundfunkfreiheit im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes nicht zu vereinbaren, weil die private Säule des Rundfunks gewisse Vielfaltsanforderungen – wenn auch in geringerem Maße als der öffentlichrechtliche Rundfunk – zu erfüllen hat. Auf Vielfalt komme ich gleich noch einmal zu sprechen.
Diese crossmedialen Verflechtungen von Presse- und Rundfunkprodukten in einer Region bereiten uns große verfassungsrechtliche Bauchschmerzen. § 33a Abs. 3 des Landesmediengesetzentwurfs begründet geradezu ökonomische Anreize für crossmediale Verflechtungen. Genau deshalb entspricht er nicht dem verfassungsrechtlichen Auftrag, gerade diesbezüglich eine Konzentrationsbegrenzung zu erarbeiten. – Das klingt alles sehr kompliziert, aber so ist das nun einmal, wenn man Gesetze macht, die die Verfassung berühren.
Der vierte Punkt betrifft die Begrenzung von Beteilungskumulationen. Das ist ein besonders ernstzunehmender Punkt, denn Ihr Entwurf des LMG sieht bisher keine entsprechenden Begrenzungen vor. Allein durch die Kumulation von Beteiligung und Programmzulieferung können marktbeherrschende Presseunternehmern einen beachtlichen Einfluss auf die Meinungsbildung in Nordrhein-Westfalen erlangen. Mit Sicherheit sind da noch Vorkehrungen zur Gewährleistung der Vielfalt zu treffen.
Jetzt bin ich wieder beim Stichwort Vielfalt. Vielfalt, Herr Kollege Witzel, ist kein quantitativer Begriff. Meinungsvielfalt heißt vielmehr, dass es mehrere verschiedene Möglichkeiten für die Menschen geben muss, sich zu informieren. Die Frage ist, wie wir Meinungsvielfalt in einem Markt sichern können, der sich, ökonomisch gesehen, immer stärker konzentriert.
Der vorliegende Entwurf zur Änderung des Landesmediengesetzes ist der zweite Teil eines größeren Gesetzgebungsverfahrens. Es gab schon eine erste Novelle, mit der der Bürgerfunk, der auch ein Stück Vielfalt und Bürgerbeteiligung sichern sollte, abgeschafft worden ist. Das, was heute noch stattfindet, hat mit dem Bürgerfunk, wie wir ihn einmal angedacht haben, nichts mehr zu tun; es ist nur noch ein Teil davon und über die Schulen zu organisieren. Insofern verfällt also ein Stück Vielfalt, und zwar gerade eines mit lokaler Bedeutung.
Die Stärken – das ist gerade für die Zeitungsmacher wichtig – liegen gerade im Lokalen. Die Zeitungen
Ich glaube auch, dass im Bereich der Werbemärkte die Stärke wieder im Lokalen liegen wird, möglicherweise mehr als in der Vergangenheit. Aber es ist auf jeden Fall ein Problem, dass die Verleger mit den insgesamt weniger werdenden Einnahmen zu kämpfen haben. Deshalb ist es richtig, dass man ihnen Möglichkeiten einräumt. Von daher haben wir versucht, einen konstruktiven Vorschlag zu organisieren, über den wir künftig in der Anhörung und in den weiteren Beratungen diskutieren werden.
Mit dem WDR und den damit zusammenhängenden Fragen werden wir uns in den nächsten Sitzungen und in der Anhörung beschäftigen. Dazu gibt es einiges zu sagen. Mit Sicherheit ist vielen Leuten aufgefallen, dass das Wort des Ministerpräsidenten zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf dem Medienforum gefehlt hat. Aber wir wissen, dass er dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gut gesonnen ist. Insofern ist es gut, wenn er das immer wieder unterstreicht. Es fällt eben auf, wenn er das einmal ausnahmsweise, hoffe ich, ausgelassen hat.
Vielen Dank, Herr Kollege Keymis. – Jetzt hat für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Hegemann das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will mich hauptsächlich auf das WDR-Gesetz beziehen. Gestatten Sie mir aber einige Anmerkungen zu den anderen Bereichen und zu dem, was angesprochen worden ist.
Herr Kollege Eumann, Sie kritisieren, dass der Ministerpräsident zum WDR, zu Verlegern – ich weiß nicht, was Sie sonst noch angeführt haben – nichts gesagt hat.
Entschuldigung, zu Produzenten! Den Verlegern hat er in seinen Ausführungen einen breiten Raum eingeräumt. – Sie sind doch Insider beim WDR. Ich wette, der Westdeutsche Rundfunk in seiner Ganzheit würde lieber Jürgen Rüttgers auf Lebenszeit als Ministerpräsidenten haben als noch einmal ein halbes Jahr Herrn Steinbrück.
Insofern weise ich zurück, dass das eine Missachtung des öffentlich-rechtlichen Systems sei oder es nicht den richtigen Stellenwert habe. Zunächst einmal sage ich, dass der WDR beim Medienforum überhaupt wieder richtig mitmacht. Das war nicht immer so in Ihrer Zeit. Da hieß es: Was sollen wir noch in diesem Quatschgremium?
Des Weiteren behaupten Sie bezüglich des WDRGesetzes, die Staatsferne sei nicht mehr garantiert, weil ein Mitglied der Rechtsaufsicht an Programmausschusssitzungen teilnehmen könne. – Der Rundfunkrat und seine Ausschüsse machen überhaupt kein Programm. Das macht ausschließlich das Haus, das machen die Intendanten. Er berät schon einmal über einzelne Sendungen. Bei Verstößen gegen bestimmte Grundsätze kann dann auch einmal der Rundfunkrat tätig werden. Aber ansonsten hat er eine beratende Funktion. Zu sagen, es sei ein Beweis für Staatsnähe, und die Staatskanzlei wolle jetzt auch noch das Programm unter ihre Fittiche nehmen, wenn an diesen Sitzungen jemand teilnimmt, der noch nicht einmal Stimmrecht hat