Protokoll der Sitzung vom 25.06.2009

Bei dieser Rechtslage, meine Damen und Herren, dürfte es für jedermann nachvollziehbar sein, dass sich mein Haus wie im Übrigen auch die NRW.BANK nicht autorisiert sahen, Unterlagen, die nicht unmittelbar ein Fördergeschäft, sondern die allgemeine Haushalts- und Wirtschaftsführung der NRW.BANK betrafen, herauszugeben oder dort Einsicht zu gewähren. So wurde beispielsweise abgelehnt, dem Landesrechnungshof Einsicht in die Beschlüsse über Investments der NRW.BANK in Finanzinstrumente zu gewähren oder die Prüfungsberichte der Abschlussprüfer für die Jahre 2006 und 2007 auszuhändigen. Immerhin sind darin auch Angaben zum Risikomanagement der Bank enthalten.

Die Unterlagen hingegen bzw. Auszüge daraus, zu deren Einsichtnahme der Landesrechnungshof befugt ist, weil sie sich auf das Fördergeschäft beziehen, wurden ihm selbstverständlich zur Verfügung gestellt. Damit erhielt der Landesrechnungshof die Möglichkeit, von dem ihm zustehenden eingeschränkten Prüfungsrecht Gebrauch zu machen. Nur weil der Landesrechnungshof ein weitergehendes Prüfungsrecht im Zusammenhang mit der NRW.BANK begehrt, lässt sich ein solches aus den Regelungen der Landeshaushaltsordnung und des Gesetzes über die NRW.BANK nicht entnehmen. Als würde es nicht ausreichen, eine unzureichende

Rechtsauffassung zu vertreten, hat der Landesrechnungshof sogar noch unberechtigt die Erteilung des gesetzlich vorgesehenen Einvernehmens zur Bestellung des Abschlussprüfers – das steht in § 13 Abs. 3 Satz 2 im Gesetz über die NRW.BANK – verweigert..

Unberechtigt ist das insoweit, meine Damen und Herren, als der Landesrechnungshof keinerlei inhaltliche Zweifel an der Qualifikation des Abschlussprüfers vorgetragen hat. Er hat lediglich erneut seine Unzufriedenheit über sein eingeschränktes Prüfungsrecht und die ihm insoweit auch nur auszugsweise zur Verfügung gestellten Prüfungsberichte der Vorjahre beklagt. Demzufolge hat die Gewährträgerversammlung auf Empfehlung des Verwaltungsrates und in Kenntnis des fehlenden Einvernehmens des Landesrechnungshofes dann auch den Abschlussprüfer bestellt. Hierüber wurde der Landesrechnungshof von meinem Hause unterrichtet.

Abschließend möchte ich feststellen, dass der Landesrechnungshof durch die ihm vorgelegten Unterlagen bzw. Auszüge hieraus in der Lage war, von seinem ihm gesetzlich zustehenden Prüfungsrecht Gebrauch zu machen. Lediglich eine nicht im Einklang mit Recht und Gesetz stehende, von ihm aber gleichwohl angestrebte Erweiterung seines Prüfungsrechts wurde ihm verweigert.

Einer Bewertung der weiteren Prüfungsfeststellungen des Landesrechnungshofes möchte ich mich an dieser Stelle enthalten, um der parlamentarischen Diskussion im Haushaltskontrollausschuss nicht vorzugreifen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich unterstütze den Vorschlag des Ältestenrates, die Vorlagen zur weiteren Befassung an den Haushaltskontrollausschuss zu überweisen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Da die Landesregierung ihre Redezeit verdoppelt hat, verdoppele ich auch die Redezeiten für die Fraktionen. Das heißt: Die CDU-Fraktion hat statt zwölf 24 Minuten Redezeit, die SPD-Fraktion statt 14 28 Minuten Redezeit. Die FDP hat statt acht Minuten 16 Minuten, und die Grünen haben gleichfalls statt acht Minuten 16 Minuten Redezeit. Ich hatte die Landesregierung darauf aufmerksam gemacht, dass dies die logische Konsequenz sein werde.

Es folgt jetzt für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Gatter. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte meine Rede eigentlich mit der Bemerkung anfangen, dass ich mich in einer wirklich schönen Situation befinde: Ich bin jetzt neun Jahre in diesem Parlament, davon

habe ich eine Wahlperiode im Haushaltskontrollausschuss als Vertreter einer Regierungspartei mitgemacht. Jetzt mache ich eine Legislaturperiode als Vertreter einer Oppositionspartei mit.

Das, was gerade passiert ist, ist schon sehr bemerkenswert; das muss ich ganz deutlich sagen.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Ein starkes Stück!)

Ich denke, dass man auch über das Verständnis des Finanzministers noch einmal ordentlich diskutieren muss.

(Beifall von der SPD)

Herr Finanzminister, Sie waren etwas kurzatmig, weil Sie hierhergelaufen sind, da wir früher zu diesem Tagesordnungspunkt gekommen sind. Sie scheinen aber kurz vor der empörungspolitischen Schnappatmung gewesen zu sein. Aus Ihren Ausführungen habe ich gelernt, dass Sie einfach nur fürchterlich angefressen und aufgeregt sind. Das gestehe ich Ihnen gerne zu.

(Beifall von der SPD)

Ich wäre an Ihrer Stelle mit der Kritik des Landesrechnungshofes im Bericht für das Jahr 2009 auch sehr angefressen und aufgeregt.

Ich weiß nicht, ob es der Kollege Seel auch schon einmal erlebt hat. Sehr viel schöner finde ich nämlich, dass ein kontradiktorisches Verfahren in der Öffentlichkeit, hier im Parlament, gemacht wird. Ich möchte den Kollegen klar machen, dass der Minister die Sachen, die er gerade beanstandet hat, vorher schon beanstandet hat. Das konnte er nämlich im kontradiktorischen Verfahren. Das heißt: Er macht etwas, was bisher noch nie üblich gewesen ist.

(Gisela Walsken [SPD]: Exakt!)

Das ist in Ordnung. Das kann er gerne machen. Ich wollte nur feststellen, dass wir hier auf einmal eine etwas andere Umgangsweise miteinander gefunden haben.

Ich stelle auch die Bemerkung gegenüber dem Landesrechnungshof fest: Einer nach der Verfassung selbstständigen, nur dem Gesetz unterworfenen obersten Landesbehörde – und damit auf der gleichen Stufe wie die Landesregierung oder ein Landesministerium – wird so nebenbei gesagt: Ich brauche keinen Rat von anderen!

(Beifall von der SPD)

Der Landesrechnungshof ist nicht „irgendein anderer“, sondern ein Verfassungsorgan dieses Landes.

(Beifall von der SPD)

Hier muss ganz deutlich gemacht werden, dass der Landesrechnungshof damit eine Sonderstellung im Dienste der Gewaltenteilung und der Gewaltenkontrolle wahrnimmt. Das ist auch gut so. Leider sieht

das nicht jeder so. Der Herr Minister hat gerade bewiesen, dass er das auch nicht so sieht.

Ich bin eigentlich immer ein sehr fröhlicher Mensch und wollte eigentlich auch einen fröhlichen Aspekt in meine Rede einbringen. Das tue ich jetzt trotzdem.

Ich weiß, dass der Landesrechnungshof nicht unbedingt die schönste Blume auf der Lebenswiese einer Landesregierung ist. Sie ist schon eher eine stachelige Distel.

(Der Redner wendet sich der anwesenden Präsidentin des Landesrechnungshofes zu.)

Frau Präsidentin, entschuldigen Sie, dass ich Sie jetzt mit einer Distel vergleiche. Aber es scheint wirklich so zu sein, dass dieser Landesfinanzminister jeden Morgen in eine Distel greift und meint, er wäre vom Landesrechnungshof angegriffen worden.

Nicht nur die Jahresberichte haben Stacheln, sondern besonders stachelig sind auch die Unterrichtungen nach § 99 der Landeshaushaltsordnung.

Eben habe ich eine Bemerkung gehört, dass sich der Minister ungefragte Beratung nicht nur verbittet, sondern dass nur dann die Beratung durch den Landesrechnungshof erfolgen soll, wenn er aufgefordert wird. Dann kann ich der Frau Präsidentin des Landesrechnungshofs nur empfehlen, in Zukunft bestimmte Sachen nach § 99 der Landeshaushaltsordnung zu machen. Dann müssen Sie es zur Kenntnis nehmen und können sich nicht hierhin stellen und sagen: Wenn ich nicht frage, dann möchte ich auch keine Antwort. – Übrigens haben Sie das gestern auch schon einmal gesagt.

(Gisela Walsken [SPD]: So ist es!)

Ich antworte auch nicht, wenn ich nicht gefragt werde. – Können Sie sich an Ihre Aussage gestern erinnern?

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Aus den Berichten des Landesrechnungshofes zu Antworten der einzelnen Ministerien auf seine Einwände hin und aus der Diskussion im Haushaltskontrollausschuss kann ich nur den Schluss ziehen, dass mal wieder auf die einschlägigen Grundsätze und Vorschriften hingewiesen werden sollte. Das alles kann man in den Artikeln 86 und 87 der Landesverfassung, im Gesetz über den Landesrechnungshof und in der Landeshaushaltsordnung finden. Darin sollte man mal wieder hineinschauen, vielleicht auch der Finanzminister dieses Landes.

(Christian Weisbrich [CDU]: Das tut er doch!)

Damit meine ich nicht nur die teilweise schleppende Umsetzung der nachvollziehbaren Empfehlungen des Landesrechnungshofes oder die teilweise Ignorierung von Empfehlungen, sondern ich meine damit auch den immer deutlicher wahrzunehmenden Eindruck – der ist heute so etwas von bestärkt worden –, den Landesrechnungshof in seinen verfas

sungsmäßig und gesetzlich geregelten Rechten – ich drücke es einmal diplomatisch aus – nicht so ganz ernst zu nehmen. – In meinem Manuskript stehen andere Worte, aber ich bleibe diplomatisch.

Als Beispiel möchte ich aus den letzten Sitzungen des Ausschusses die Befassung mit der Wohnungsbauförderungsanstalt nennen, als es erst einmal nur um die Wirtschaftsprüfung der auf die NRW.BANK übertragenen wirtschaftlich und organisatorisch selbstständigen Anstalt ging. Die Haltung des Landesrechnungshofes war völlig klar: Die Integration der Anstalt in die NRW.BANK widerspricht dem Wohnungsbauförderungsgesetz und ist mit dem Schutz des Vermögens der Anstalt unvereinbar.

Kurzform der Reaktion der Landesregierung: Das geht den Landesrechnungshof nichts an. – So ist das bei uns herübergekommen. Und so ist es auch bei der Öffentlichkeit herübergekommen.

(Zustimmung von Gisela Walsken [SPD])

Die NRW.BANK spielt auch im Jahresbericht 2009 eine wesentliche Rolle. Der Landesrechnungshof hat im Oktober 2008 dem Finanzminister eine Prüfung angekündigt. Darauf sind Sie gerade eingegangen. Ich finde es übrigens toll, dass Sie coram publico, also vor den anwesenden Bürgern, die gar nicht wissen, worum es geht, Vorwürfe zurückweisen und sagen, dass alles, was da passiere, nicht rechtmäßig sei, ohne zu sagen, worum es eigentlich geht.

Fazit: Der Landesrechnungshof hat gesagt, er habe nicht prüfen können, wie der Finanzminister seine Aufgaben gegenüber der NRW.BANK wahrnimmt. Das steht so im Bericht, und das kann ich nachvollziehen. Dies sieht der Landesrechnungshof als höchst intransparent und als Schaffung von prüfungsfreien Räumen an. Das ist für den Landesrechnungshof wegen der unbeschränkten Haftung des Landes als Miteigentümer und Gewährträger der NRW.BANK ein höchst schwerwiegender Vorgang, vor allen Dingen auch deswegen – auch für mich –, da laut Zeitungsberichten – in den Zeitungen steht manchmal die Wahrheit …

(Christian Weisbrich [CDU]: Manchmal!)

Ja, manchmal, aber man kann auch mal nachfragen. Ich weiß nicht, wie Sie das sehen. Herr Weisbrich, ich habe die Erfahrung gemacht, dass Staatsanwaltschaften sofort anfangen zu ermitteln, wenn sie etwas in der Zeitung gelesen haben. Darauf kommen wir beim nächsten Tagesordnungspunkt, der Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses, noch zu sprechen.

Ich als Politiker darf aber Sachen, die in der Zeitung stehen, nicht ernst nehmen, Herr Weisbrich? Sie müssen sich entscheiden, was eigentlich richtig oder was falsch ist. In den Zeitungen steht, dass

auch die NRW.BANK in „toxische Finanzinstrumente“ investiert hat.

(Minister Dr. Helmut Linssen: Von Ihnen!)

Dann soll der Landesrechnungshof nicht einmal nachfragen dürfen? – Aber hallo, wo sind wir hier denn eigentlich?