Helmut Linssen
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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn meiner Ausführungen drei Vorbemerkungen machen:
Erstens. Diese Regierung – das habe ich auch den Regierungsfraktionen angemerkt – ist glücklich darüber, dass die SPD diesen Antrag gestellt hat,
weil uns das Gelegenheit gibt, eine brillante Bilanz vorzuweisen.
Zweite Vorbemerkung: Wer Frau Walsken gehört hat, kann sich des Eindrucks nicht verschließen, dass sie ein wahrer Glücksfall für eine Regierung ist.
Zu Ihnen, Frau Walsken, mit Ihren Tiraden und Ihrer Fähigkeit, noch nicht einmal Additionen richtig zusammenbringen zu können, muss sich jede Landesregierung beglückwünschen,
nämlich dass sie eine solche haushaltspolitische Sprecherin der Opposition hat.
Dritte Bemerkung: Ja, Herr Groth, wir stehen zu diesen fünf Jahren voller Stolz.
Ich sage es Ihnen ganz deutlich: Ich bin stolz darauf, in dieser Legislaturperiode mit diesem Kabinett und diesen Regierungsfraktionen in zum Teil sehr schwieriger Zeit Finanzpolitik für dieses Land machen zu können.
Bei der SPD – das merkt man ja auch an ihrem Wahlprogramm – spielen Finanzpolitik und Haushaltskonsolidierung überhaupt keine Rolle mehr. In Ihrem Wahlprogramm findet sich selbst der Begriff „Landeshaushalt“ nicht mehr. Das zeigt, dass Sie einfach auf den Weg setzen: Wir versprechen in diesen Zeiten das blaue vom Himmel, der Wähler wird es vielleicht nicht merken.
Der Wähler ist viel klüger, als Sie denken. Er weiß, was hier von Ihnen gespielt wird.
Meine Damen und Herren, 1995 bis 2000 – dieses Beispiel nehme ich gerne – hat Rot-Grün uns ja mit einer brillanten Koalitionsvereinbarung überrascht. Lesen Sie die nach, dann kommen Ihnen die Tränen. Ich habe das zu Beginn unserer Legislaturperiode gemacht
und habe gedacht: Mein lieber Onkel Otto, was haben die für Versprechungen gemacht!
Was ist davon eingetreten? Ich komme darauf ausdrücklich zu sprechen, weil Sie immer behaupten, wir hätten aus den hohen Steuereinnahmen nicht genügend gemacht: Sie haben über 4 Milliarden € Steuermehreinnahmen in dem Zeitraum von 1995 bis 2000 gehabt, haben aber am Ende die Nettoneuverschuldung noch einmal um 400 Millionen € erhöht. Das ist Ihre Leistung gewesen!
Zu den Jahren 2000 bis 2005 kann ich nur Folgendes beitragen: Sie haben alleine in diesen fünf Jahren bei einem Wachstum der Wirtschaft – anders als heute – 32 Milliarden € neue Schulden auf den großen Haufen draufgetan. Das war Ihre Leistung der Legislaturperiode 2000 bis 2005.
Frau Walsken, ich stehe zu dieser Bilanz; ich komme gleich dazu.
Gerne, Herr Groth.
Herr Kollege Groth: Erstens sind Ihre Zahlen, die ich alle genau im Kopf habe, falsch.
Nein, sie sind falsch. Das werde ich Ihnen im Einzelnen analog der Gliederung, die der SPD-Antrag hat, nachweisen. Das einzig Gescheite an diesem Antrag war noch die Gliederung. Die Rechnungen und Zahlen, die dort stehen, sind alle falsch. Das werde ich Ihnen vorführen.
Meine Damen und Herren, wir unterscheiden uns auch in den haushaltspolitischen Zielen von dieser Opposition. Ja, ich sage ganz deutlich: Wir werden auch nach den Krisenjahren 2009 und 2010 wieder den ausgeglichenen Haushalt anstreben, wie wir das faktisch per Ende 2008 geschafft haben. Ich sage Ihnen auch ganz deutlich: Wir arbeiten für Generationengerechtigkeit. Wir erzählen nicht sonntags etwas von nachhaltiger Finanzpolitik, sondern wir treten auch für die Schuldenbremse ein, zu der Sie ja nicht in der Lage sind.
Frau Kollegin Walsken, vieles von dem, was Sie hier vorgetragen haben, war beckmesserisch.
Lassen Sie mich auf den Schuldenstand eingehen. Ich habe zwar zwischendurch auch ab und zu versucht, das richtigzustellen. Vielleicht können Sie aber doch noch die Zahlen für Ihre Wahlkampfbroschüren korrigieren. Bei dem, was Sie hier zur Entwicklung des Schuldenstandes, der Steuereinnahmen und des Haushaltsvolumens vorführen, beziehen Sie sich immer wieder auf unterschiedliche Zeiträume – mal auf 2005 bis 2009, dann wieder 2008 bis 2010; je nachdem, wie es Ihnen passt.
Sie behaupten – das hat Herr Groth gerade auch getan –, wir hätten einen Aufwuchs des Schuldenbergs um 23,2 Milliarden € zu verantworten. Diese Behauptung ist falsch, Herr Groth. Ich will Ihnen das gerne vorrechnen. Der Schuldenstand zum 31. Dezember 2005 betrug 112,2 Milliarden €. Das ist Ihr Erbe –
und nicht die Zahl, die Frau Walsken immer vorträgt, nämlich die vom 30. Juni 2005 mit 106,8 Milliarden €.
Sie haben vergessen, dass das Jahr 2005 natürlich durch Sie geprägt worden ist. Wir haben uns erlaubt, im Zweiten Nachtragshaushalt 2005 – ich wiederhole das gerne – überhöhte Einnahmeansätze von Ihnen zurückzunehmen, unterveranschlagte Ausgabenansätze zu erhöhen und in der Vergangenheit versäumte Ausgaben zu etatisieren. Ja, wir haben ganz klar das korrigiert, was bei der Beteiligungsverwaltungsgesellschaft und beim Bau- und Liegenschaftsbetrieb falsch gemacht worden war. Und diese Schulden gehören Ihnen; denn Sie hatten sie vorher auf Schattenhaushalte verlagert.
Gerne, Frau Walsken.
Aber selbstverständlich, Frau Kollegin, stehe ich zu dieser Zahl. Diese Zahl hat aber nichts mit Ihrem Erbe zu tun. Der Schuldenstand zur Jahresmitte hängt nämlich beispielsweise auch davon ab, wann Sie Kredite aufnehmen. Das Jahr 2005 ist Ihr Schicksalsjahr gewesen.
Es war so schlecht, dass die Wähler Sie trotz der Beschönigung in diesem Wahlkampfhaushalt – ich habe ihn noch genau vor Augen – zu Recht abgewählt haben,
weil Sie es verdient hatten; denn Sie haben eine desaströse Finanzpolitik für dieses Land gemacht.
Ich würde gerne fortfahren.
Am 31. Dezember 2009 betrug der Schuldenstand
123,3 Milliarden €.
Mein Gott, liebe Frau Walsken: 123,3 Milliarden €. – Der Haushalt 2010 sieht eine Nettoneuverschuldung von rund 6,6 Milliarden € vor. Zusammen sind das 129,9 Milliarden €. Sie sprechen gerne von 130 Milliarden €.
Ach, Herr Sagel, wenn es so weitergeht, nimmt die Bevölkerung Sie noch weniger für voll als bisher.
Das sind nach Adam Riese 17,7 Milliarden € mehr – und nicht 23,2 Milliarden €, wie Sie vorhin gesagt haben, Herr Groth.
Zur Wahrheit gehört auch, dass von diesen 17,7 Milliarden € 5,6 Milliarden € im Jahre 2009 aufgenommen wurden – im Zeichen der schlimmsten Wirtschaftskrise, die wir seit Kriegsende hatten. Weitere 6,6 Milliarden € sind für das Jahr 2010 geplant. Das macht 12,2 Milliarden €. Das muss man bei den 17,7 Milliarden € berücksichtigen – die uns schwer belasten. Wir stehen aber dazu, weil wir in schwieriger Zeit damit sicher durch diese Krise führen. Auch dies ist ein Markenzeichen dieser Regierung.
Meine Damen und Herren, bei dem Schuldenstand von 17,7 Milliarden € dürfen Sie neben den 12,2 Milliarden € in den Krisenjahren auch noch 2,8 Milliarden € für zusätzliche Vorsorge abrechnen. Wann hat Ihre Koalition jemals Vorsorge getroffen?
Wir sind die Ersten, die in Pensionsfonds eingezahlt haben. Wir haben für Finanzmarktrisiken Rückstellungen gebildet. Wir glauben, dass das für die nächsten Haushalte gut ist – zumal wir davon überzeugt sind, dass wir dann auch regieren und solide weiter durch diese Krise führen.
Frau Walsken, ich weiß nicht, wie Sie überhaupt zu der Chuzpe kommen, sich hierhin zu stellen und uns anzuklagen. Sie haben alleine in den Jahren 2000 bis 2005, also in Ihrer letzten Legislaturperiode, zusätzliche Schulden von 32 Milliarden € aufgenommen. Damals – ich sage es noch einmal – hatten wir Wirtschaftswachstum. Jetzt haben wir ein Minus von 5 % und die schlimmste Krise überhaupt.
Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie haben in Bezug auf die Entwicklung des Ausgabevolumens vorgetragen, dass wir den Haushalt wahnsinnig ausgedehnt hätten. Sie haben gesagt, wir seien beim Sparen vom Kurs abgekommen, da das Ausgabevolumen von 2005 nach 2010 angeblich um rund 5 Milliarden € steige.
Die Wahrheit ist: 2010 beträgt das Haushaltsvolumen 53,1 Milliarden €; 2005 betrug es 50,6 Milliarden €. Das bedeutet einen Anstieg von 2,5 Milliarden € oder 4,9 %. Kollege Weisbrich hat diese Zahlen schon vorgetragen, glaube ich. Das sind 0,98 % pro Jahr. Suchen Sie sich bitte ein Land in der Bundesrepublik Deutschland, das mit einer so niedrigen Steigerung des Haushaltsvolumens ausgekommen ist!
Der Finanzplanungsrat hat immer verlangt – auch unter der Führung von Herrn Steinbrück –, man möge die Haushalte nur um 1 % ausdehnen. Sie können sich alle Länder angucken. Bei allen gibt es immer ein Plus von 2 oder 3 % oder mehr. Wir haben auch in dieser Frage Solidität gezeigt und uns – anders als Sie bei den Haushaltsvolumina zu Ihrer Zeit – an die Vorgaben des Finanzplanungsrates gehalten.
Ja, selbstverständlich.
Ich werde Ihnen sogar vorführen, dass wir 4,7 Milliarden € Mehreinnahmen hatten. Herr Groth, Sie haben nämlich die Zahl, die ja, wie Sie vorhin gesagt haben, angeblich so sorgfältig von der SPD erarbeitet worden ist, übernommen. Nein, Sie müssen natürlich 0,9 Milliarden € dazurechnen. Das ist die Kraftfahrzeugsteuer, die wir als Entschädigung bekommen. Das müssen Sie nicht nur im Geiste, sondern auch auf dem Papier festhalten. Ich stehe dazu, dass wir
mehr Steuereinnahmen in diesem Zeitraum hatten. Ich komme gern dazu. Ich denke, dass wir noch eine zweite Runde haben werden, Herr Präsident.
Dann darf ich vielleicht fortfahren, meine Damen und Herren. Wenn ich zu den Ausgabenvolumina gerade etwas gesagt habe, lohnt es sich, einen Blick in das Wahlprogramm der SPD zu tun.
Meine Damen und Herren, Haushaltskonsolidierung im Landeshaushalt findet darin nicht statt. Aber es sind alleine für die kommende Legislaturperiode 27,2 Milliarden € Mehrausgaben in den nächsten fünf Jahren vorgesehen. Da sind keine Personal
kostensteigerungen drin, da ist kein höherer Anteil im GFG für die Kommunen drin. Das kommt alles noch bei normaler Konjunktur oben drauf, meine Damen und Herren.
Sie wollen so weitermachen, wie Sie 2005 aufgehört haben, verschulden dieses Land bis zum Gehtnichtmehr, weil Sie glauben, damit Wahlen gewinnen zu können.
Ich nenne Ihnen die einzelnen Posten: alleine für den gebührenfreien Zugang zu den Kindergärten 500 Millionen €, gebührenfreien Zugang zu den Hochschulen 270 Millionen €, kleinere Schulklassen, mittelfristig 25 Schüler je Klasse – da wollen Sie ja wesentlich mehr tun als wir –, 735 Millionen €, 768 Millionen € für Recht auf Ganztagsunterricht. So geht das pausenlos weiter. Sie haben es nicht gelernt. Sie haben leider die Oppositionszeit nicht genutzt, um sich endlich einmal weiterzubilden.
Meine Damen und Herren, ich möchte gerne zu den Fragen von Herrn Groth Stellung nehmen. Er hat gerade gesagt: Ihr habt 3,8 Milliarden € in den Jahren 2005 bis 2009 mehr Steuern bekommen.
Ich sage Ihnen: Es sind 4,7 Milliarden €. Ich sage Ihnen auch gerne, wie wir die verwandt haben: 2,1 Milliarden € mehr in den kommunalen Steuerverbund. Wollen Sie sagen, Sie hätten das nicht getan?
2,6 Milliarden € Steuereinnahmen nach Abzug des kommunalen Steuerverbunds bleiben dann über. Dann haben wir 1 Milliarde € für die Reduzierung der Nettoneuverschuldung per Ende 2009 eingesetzt. Finden Sie das nicht auch gut, Herr Groth?
Da bleiben dann 1,6 Milliarden € Steuereinnahmen über. Da haben wir 1,1 Milliarden € für folgende Positionen eingesetzt: 750 Millionen € für Versorgungsausgaben und Zuführung für Versorgungsrücklagen, 240 Millionen € für größere Beihilfeausgaben, 120 Millionen € für mehr Zinsen.
Für zusätzliche Vorsorge haben wir 730 Millionen € eingesetzt, 300 Millionen € davon für die Versorgungsrücklage, 300 Millionen € zum Risiko- und Abrechnungsfonds, 130 Millionen € zu den Versorgungsfonds. Finden Sie das nicht gut, meine Damen und Herren? Sie hätten das Geld natürlich verbraten für konsumtive Zwecke.
750 Millionen € haben wir für Mehrausgaben in den politischen Schwerpunktbereichen der Landesregierung ausgegeben, 240 Millionen € davon für frühkindliche Bildung, 250 Millionen € für Ganztagsbetreuung, 140 Millionen € für Ersatzschulfinanzie
rung, 120 Millionen € für den laufenden Betrieb der Hochschulen. Meine Damen und Herren, die Mehrausgaben betragen alleine
aus dem, was ich jetzt vorgetragen habe, 2,6 Milliarden €. Da sehen Sie, wie wir andere Haushalte abgespeckt haben, weil wir im Gegensatz zu Ihnen in der Lage sind, auch strukturelle Veränderungen in diesem Haushalt vorzunehmen. Das gehört auch zu den Markenzeichen unserer Regierung.
Lassen Sie mich noch eine Bemerkung machen zu dem, was Frau Walsken gerade zur Offenheit und Transparenz vorgetragen hat. Da muss ich schon sagen: Eine solche Bemerkung ist an Frechheit nicht zu überbieten, Frau Walsken.
Keiner hat mehr informiert als dieser Finanzminister – ich habe es Ihnen schon mehrmals gesagt – zu allen Sonderfonds, zu Phoenix-Risiken, zur WestLB. Ich habe Ihnen einmal vorgeführt, wie oft ich im Haushalts- und im Finanzausschuss, im Parlament informiert und wie viele vertrauliche Informationen ich in Telefonkonferenzen an Sie herangetragen habe. Das hat es noch nie gegeben – unter Ihrer Führung hat es so etwas nie gegeben –, wie wir hier Transparenz geschaffen haben.
Ich habe Ihnen zugesagt, dass wir selbstverständlich auch zur Ersten Abwicklungsanstalt minutiös berichten werden über alles, was damit verbunden ist. Zu Ihrem Schauantrag, da eine Kommission einzurichten: Nein, wir informieren den ganzen Hauhalts- und Finanzausschuss, jawohl, in vertraulichen oder nicht vertraulichen Sitzungen.
Und Sie glauben ja nicht, meine Damen und Herren, was Frau Walsken zur WestLB wieder vorgetragen hat. Zu einer Bilanz gehört nun einmal, dass wir im Jahre 2005 eine kapitalmäßig sehr geschwächte WestLB vorgefunden haben. Sie hatten alleine in den drei Jahren vorher 4,8 Milliarden € an Verlust bei der WestLB zu verantworten. Sie versuchen, mir die Verantwortung zuzuschieben. Es war aber Ihre Verantwortung. Wie das Kapital der Bank aussah, wissen Sie selber.
Wir haben ein auch von anderen Ländern als kluge Politik bezeichnetes Vorgehen an den Tag gelegt, nämlich: Risiken auszugliedern, Garantien abzugeben, Zeit zu kaufen, nur tatsächlich eintretende Verluste zu verbuchen. Bei den vielen Milliarden Garantien, die wir gegeben haben, sind bis heute – das wissen Sie – 107 Millionen € für das Land ange
fallen. Ich wiederhole gerne: Es sind 107 Millionen € zu viel.
Aber Sie wissen auch: Die Papiere, die da in der WestLB zu den Problemen geführt haben, sind seit 1999 angeschafft worden. Das wissen Sie. Deshalb gehört die Hauptverantwortung in diesem Bereich in Ihre Kiste und in keine andere.
Aber, liebe Frau Walsken, sich heute hier hinzustellen und erneut so zu tun, als wenn nun eine Fusion LBBW mit WestLB der Stein der Weisen gewesen wäre, wie Sie uns damals haben weismachen wollen, das ist nun wirklich Verleugnung der Realität.
Haben Sie nicht mitbekommen, dass diese Bank im Jahre 2008 2,5 Milliarden € Verluste gemacht hat, dass sie in diesem Jahr entweder, nach IFRS gerechnet, 1,5 bis 1,8 Milliarden € machen wird oder aber nach HGB noch mehr?
Wollen Sie uns nach wie vor raten, mit einer solchen Bank zusammenzugehen – mit den Risiken, die dort in den Portfolios schlummern?
Also, unter Ihrer Ägide wäre hier geradezu das Desaster ausgebrochen.
Lassen Sie mich zum Schluss nur noch eines sagen: Auch der LEG-Verkauf, gegen den Sie mit allen Mitteln, deren Sie fähig waren, angerannt sind, war richtig.
Meine Damen und Herren, wir haben einen sehr guten Kaufpreis erhalten, und wir haben die beste Sozialcharta, die je bei einem Verkauf von öffentlichen Wohnungen in Deutschland gemacht wurde,
ebenfalls kodifiziert. Mit den 480 Millionen €, die das Land erzielt hat, investieren wir in Zukunft. Wir investieren in schnelle Rechner in Jülich, in Fachhochschulen, in Hochschulmodernisierung, in Innovationen, indem wir endlich das nachholen, was in Ihrer Regierungszeit 39 Jahre hier nicht passiert ist. Wir holen mehr Max-Planck-Institute, mehr Fraun
hofer-Institute, mehr Helmholtz-Institute nach Nordrhein-Westfalen, weil damit die Zukunft verbunden ist. Das ist unsere Politik.
Dazu gehört, dass man Prügel von der Opposition bezieht. Aber wir führen dieses Land damit in eine gesicherte Zukunft. Noch einmal: Ich bin stolz darauf, in dieser Legislaturperiode mit dieser Fraktion und mit diesem Kabinett Finanzpolitik für dieses Land habe machen zu dürfen.
Damit Sie mir nachher nicht vorwerfen, ich hätte auf die Fragen von Herrn Groth nicht geantwortet, Herr Moron, ganz einfach!
Am Freitag steht im Bundesrat im Grunde ein Gesetz aus dem Forschungsbereich zur Abstimmung. Da ist seinerzeit bei der Unternehmensteuerreform von der früheren Regierung ein Volumen von 1,7 Milliarden € errechnet worden, die angeblich bei der Begrenzung des Transfers von immateriellen Wirtschaftsgütern – das ist etwas kompliziert – in ausländische Produktionen eingespart würden.
Diese Zahl hat damals keiner geglaubt. Ich glaube sie auch heute nicht. Damals ging es darum, dass, wie Sie wissen, die SPD-Bundestagsfraktion ein Volumen von 5 Milliarden Maximum für die Unternehmenssteuerreform festgeschrieben hatte. Deshalb wurden Gegenfinanzierungspotenziale errechnet. Ich möchte mich nicht zu der Methodik äußern, aber diese 1,7 Milliarden waren aus der Luft gegriffen.
Die jetzige Bundesregierung hat eine Veränderung vorgenommen. Sie hat gleichzeitig errechnet, dass durch andere Wertstellungen bei den zu übertragenden Assets – da wird jetzt nicht mehr der Niedrigstwert angesetzt, sondern ein mittlerer Wert; das können Sie alles in der Gesetzesmaterie nachlesen – auch Gegenfinanzierung gegeben ist. Sie kommt in ihrer Vorlage des Gesetzes zu der Feststellung: Dieses Gesetz hat keine finanziellen Auswirkungen. – Deshalb wird diese Landesregierung diesem Gesetz selbstverständlich zustimmen. Damit Sie das klar gehört haben!
Ich wollte die Gelegenheit nutzen, Frau Walsken, sehr ruhig vorzutragen. Ich weiß nicht, aus welchem Blatt Sie zitiert haben. Ich nehme an, was die Bildungsausgaben angeht, handelt es sich um die Schulausgaben. Vielleicht handelt es sich aber auch um die Ausgaben pro Kopf.
Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir in dieser Legislaturperiode alleine im Schuletat gegenüber Ihrem damaligen Volumen 2 Milliarden zugelegt haben:
von 12 Milliarden auf praktisch 14 Milliarden. Das ist nach der Steigerung im KiBiz 2007
in Höhe von 820 Millionen und 2010 in Höhe von 1,26 Milliarden die höchste Steigerung,
die jemals in diesen Landeshaushalten gerade für Bildungsausgaben stattgefunden hat.
Wenn Sie so zitiert haben – ich weiß nicht, was und wie genau Sie zitiert haben –, dann kann es aufgrund dieser Zahlen, die ich Ihnen gerade vorgetragen habe, nur heißen: 2005 waren wir nun die Allerletzten, und wir haben uns von diesem letzten Platz wieder nach vorne gearbeitet.
Dies bestätigen auch die nationalen Vergleiche, die bei den Haushalten angestellt worden sind und die zu der ganz klaren Feststellung gekommen sind: Mit über 40 % am Landeshaushalt hat Nordrhein-Westfalen den höchsten und besten Platz bei den Bildungsausgaben erreicht. Darauf sind wir sehr, sehr stolz.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben die dritte Lesung eines Gesetzentwurfs der Landesregierung, dessen Umsetzung dringlich wäre. Aber ich muss akzeptieren, dass die Opposition mit verschiedensten Argumenten, die im Zeitablauf ständig gewechselt haben, versucht, sich dieser Verpflichtung, die sie eigentlich hätte, wenn sie sie sonntags schöne Reden über generationengerechte Finanzpolitik und Nachhaltigkeit hält, nicht zu unterwerfen.
Ich würde gerne ein paar Worte zu Herrn Moron sagen: Sie haben – Gott sei Dank in sehr ruhigem Ton – vorgetragen, dass eigentlich das Beste das wäre, was der Professor in der Anhörung gesagt hat: Freiwillig keine Schulden mehr machen! – Meine Damen und Herren, man hat gemeint, 40 Jahre so verfahren zu müssen, obwohl wir sogar den Artikel 115 im Grundgesetz haben, nach dem man nur dann über die Verfassungsgrenze hinausgehen darf, wenn das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht gestört ist. Das hat nichts genutzt.
Ich habe Ihren Worten entnommen, dass Sie es doch für richtig halten -vielleicht sind wir uns deswegen sogar einig –, die Schuldenbremse in der Verfassung zu verankern. Trotzdem lese ich hin und wieder, dass – wie es Herr Groth gerade auch wieder gesagt hat – die Landeseinnahmen nicht in dem Maße gegeben sind, wie man sie brauchte. Dieser Einwand gegen eine Schuldenbremse ist dann schon genereller Natur. Aber auch ein solcher Einwand hilft nicht, weil der neue Artikel 109 in der Verfassung gilt, in dem steht: Die Schuldenbremse gilt ab 2020 auch für die Länder. – Wir hätten allerdings durch eigene Initiativen die Gelegenheit, dafür zu sorgen, dass wir Ausnahmetatbestände für kon
junkturell schwierige Zeiten selber formulieren könnten und dass wir nicht Gefahr laufen, bis 2020 mit einem verfassungswidrige Artikel zu leben. Sie haben erklärt, Sie möchten gerne.
Zur Eile komme ich gleich.
Sie haben hier wiederholt erklärt, wir hätten den höchsten Schuldenstand zu verantworten. Dazu will ich Ihnen noch einmal sagen: Das ist ein wohlfeiles Argument. Selbst wenn Sie wie wir die Nettoneuverschuldung von 6,7 Milliarden €, die Sie ständig in den Jahren 2003, 2004 und 2005 gemacht haben, im Jahre 2006 auf 3,2 Milliarden € sowie anschließend auf 1,8 Milliarden € und 1,1 Milliarden € heruntergebracht haben – das bedeutet einen ausgeglichenen Haushalt unter Berücksichtigung der Reserven, die wir 2008 gebildet haben – und im Jahre 2008 1,1 Milliarden € neue Schulden machen mussten – das ist übrigens die niedrigste Nettoneuverschuldung seit Langem –, erhöhen diese den Schuldenstand. Insofern ist es ein wohlfeiles Argument zu sagen, dass wir Rekordschulden gemacht haben.
Es geht um Nettoneuverschuldung. Deshalb kann man dieses Argument nicht benutzen.
Sie haben gefragt, wie wir denn konsolidieren wollen. Wir haben Ihnen – das hätten Sie nie gemacht – vor der Wahl einen Nachhaltigkeitsbericht für die Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen vorgelegt. Dort stehen ganz klar die Regeln, nach denen wir den Haushalt konsolidieren wollen. Sie können nicht bis zum Jahre 2020 irgendeine langfristige Planung vorsehen. Wir haben eine mittelfristige Finanzplanung, die mit schwarzer Brille aufgesetzt worden ist – wie immer. Wir sind sehr vorsichtig. Die kennen Sie. Sie kennen aber auch die Grundsätze. Einen hat der Kollege Weisbrich vorgetragen: Nach dem Nachhaltigkeitsbericht, der eine Steigerung der Einnahmen von durchschnittlich 2,5 % bis zum Jahre 2020 annimmt, müssen Sie die Ausgaben steigern bei durchschnittlich 1,02 %. Dann bekommen Sie dieses Delta von 5,5 Milliarden € struktureller Verschuldung weg.
Das steht alles in diesem Bericht. Dort steht auch, dass Sie eine wachstumsorientierte Politik machen müssen, weil Sie nicht so viel sparen können, wie Sie durch mangelndes Wachstum verlieren.
Dort steht auch, dass Sie nur – wie wir es seit 2006 gemacht haben – in prioritäre Bereiche investieren und andere Bereiche demgegenüber vernachlässigen müssen. Wer Prioritäten bildet, der muss auch Posterioritäten bilden. Das ist alles gängig. Aber Sie brauchen Ihr Argument gerade so, wie es die Situa
tion verlangt, in der Sie sich befinden. Sie wollen diese Schuldenbremse nicht akzeptieren.
Spielräume! Lieber Herr Moron, Sie haben über Spielräume gesprochen. Schauen Sie sich einmal unsere Verfassung und dort alleine den Artikel 4 an, mit dem wir auf die im Grundgesetz für die Bundesrepublik festgelegten Grundrechte verweisen. Natürlich verweisen wir darauf. Das ist übliche Praxis in der Verfassungsterminologie. Vor dem Hintergrund zieht das eben auch nicht.
Nein, Sie haben ganz etwas anderes vor. Sie haben die Belastung der Kommunen vorgeschoben.
Das ist, weil Sie ein zweites Thema brauchen. Sie wollen das Bildungsthema zum Wahlkampfthema machen. Sonst haben Sie überhaupt nichts auf der Pfanne. Jetzt versuchen Sie, die kommunalen Schwierigkeiten zum Wahlkampfthema zu machen. Auch das wird Ihnen nicht gelingen.
Diese Regierung und die sie tragenden Fraktionen sind so aktiv in Richtung Berlin unterwegs, dass Sie auch bei diesem Thema keine Schnitte kriegen werden. Sie bekommen das Thema eben nicht hoch, versuchen es aber an jeder Ecke, sogar hier bei der Verfassungsänderung.
Sie wissen ganz genau, dass wir kein Junktim zwischen der Schuldenbremse und der angesprochenen Mindestausstattung der Kommunen bilden können.
Herr Moron, Sie selber haben den Versuch der Grünen schon als sehr kritisch dargestellt, wie die das formuliert haben. Wir haben eben bei uns in Nordrhein-Westfalen ein Verfassungsgebot, das heißt: Der Anspruch der Kommunen auf eine angemessene Finanzausstattung steht unter dem Vorbehalt der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes. – Das Dilemma hat jeder Gesetzgeber, egal ob er dem DBB und dem DGB mehr für Gehälter geben will, mehr für Beamtenbesoldung oder mehr für die Kommunen oder für die Zukunft der Bildung und Hochschulen investieren will. Das bleibt dem Gesetzgeber überlassen. Das Argument, das Sie vorgeführt haben, ist zu billig.
Ich würde gerne zu Ihrem Argument für eine Schuldenbremse in der nächsten Legislaturperiode kommen und Ihnen vorführen, wie Sie der Regierung den mangelnden Dialog mit der Opposition vorwerfen:
Das Thema Schuldenbremse ist sehr alt. Erwecken Sie bitte nicht den Eindruck, als seien Sie über
rascht worden und hätten in dieser Legislaturperiode leider nicht mehr die Zeit gehabt, aber selbstverständlich gerne in der kommenden Legislaturperiode konstruktiv mitarbeiten würden. Herr Moron, Sie haben sich sogar noch als Berater angeboten.
Frau Walsken, hören Sie einmal zu, damit Sie die Genesis, die für die Öffentlichkeit vielleicht interessant ist, mitbekommen:
Im November 2007 habe ich meine Überlegungen zur Schuldenbremse, das sogenannten LinssenKonzept, in die Verhandlungen eingebracht und auch in Berlin vorgelegt. Das habe ich mit den Fraktionsvorsitzenden dieses Landtags diskutiert. Das war im November 2007.
Im Jahr 2008 hat es einen Stillstand in der Diskussion gegeben, weil viele glaubten, die Schuldenbremse werde nicht mehr kommen. Im Herbst 2008 war sie fast gescheitert. Dann kamen die Konjunkturprogramme und die Einsicht, dass wir so nicht mehr weitermachen können. Im Frühjahr 2009 ist das sehr schnell zum positiven Ende gekommen.
Ich habe dann am 19. März 2009 den gesamten Landtag mit einem Anschreiben an die Präsidentin über die in Berlin beschlossenen Eckpunkte der Reform informiert.
Am 19. Mai 2009 haben die Fraktionen von CDU und FDP ihren Antrag „Schuldenbremse für eine nachhaltige Konsolidierung der öffentlichen Haushalte umsetzen“ vorgelegt. Das ist schon lange her. Sie konnten sich wunderbar darauf vorbereiten
Schon am 27. Mai 2009 ist dieser Antrag hier im Plenum debattiert worden. Damals konnte man aufgrund der Äußerungen des Abgeordneten Körfges schon vermuten, dass die SPD der Schuldenbremse nicht zustimmen würde. Zu diesem sehr frühen Zeitpunkt, am 27. Mai 2009, machten Sie die erste Absetzbewegung von der Schuldenbremse, Herr Körfges. Ich will mir ersparen, das hier ausführlicher vorzutragen.
Am deutlichsten wird dann allerdings die Fraktionsvorsitzende der SPD, Frau Kraft. Hier im Plenum erklärt sie am 9. September 2009 – ich darf Ihnen das vortragen –:
Meine Damen und Herren, der Finanzminister will die Schuldenbremse in die Verfassung setzen.
Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn Sie die Schuldenbremse in die Landesverfassung setzen und wir gleichzeitig alle wissen, dass das Land keine eigenen Steuereinnahmen in erklecklichem Umfang hat und diese auch nicht nach oben schrauben kann und Sie die Steuern und die Einnahmen senken wollen, dann erklären
Sie den Menschen einmal, wie wir in der Bildung mit Siebenmeilenstiefeln vorangehen sollen. Das passt doch nicht zusammen, und das wissen die Bürgerinnen und Bürger.
Die Fraktionsvorsitzende der SPD hat immer klar gesagt: Ich brauche Geld für all die Ziele, die ich habe. – Das wird auch jetzt bei Ihrem Wahlprogramm deutlich. 27 Milliarden € wollen Sie bis zum Jahre 2015 zusätzlich ausgeben.
Daher passt Ihnen die Schuldenbremse nicht; denn sie würde Sie daran hindern, solche leeren Versprechungen zu machen.
Am 3. Dezember 2009 haben wir den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen vorgelegt.
Kurz danach haben wir einen Entschließungsantrag der SPD im Haushalts- und Finanzausschuss diskutiert. Auch dort stellte Herr Körfges einen Zusammenhang mit den Kommunen her und behauptete, es fehle eine seriöse mittel- und langfristige Finanzplanung. Dazu habe ich etwas gesagt. Die mittelfristige Finanzplanung liegt Ihnen vor, ebenso der Nachhaltigkeitsbericht mit der Langfristperspektive.
Außerdem geht es nicht um die Gesamtverschuldung, sondern um die Nettoneuverschuldung bis zum Jahre 2020. Meine Damen und Herren, diese Koalition hat in drei Jahren die Nettoneuverschuldung von 6,7 Milliarden € unter SPD und Grünen auf 1,1 Milliarden € reduziert. Dann werden wir es doch wohl bis zum Jahre 2020 schaffen. Seien Sie doch nicht so kleinmütig. Strengen Sie sich doch bitte einmal an und zeigen Sie den Leuten, dass Sie auch solide wirtschaften können.
Am 10. Dezember 2009 haben wir im Haushalts- und Finanzausschuss eine Diskussion zu unserem Antrag zur Schuldenbremse geführt.
Ich habe mir auch noch einmal herausgesucht, was Frau Kraft am 13. Dezember 2009 in „Westpol“ gesagt hat. Los ging es mit der Behauptung, was hier ablaufe, sei eine reine Showveranstaltung. Man müsse einen Kassensturz vornehmen.
Wir haben doch den Nachhaltigkeitsbericht vorgelegt. Sie kennen alle Zahlen. Einen Kassensturz brauchen Sie nicht. Es ist alles im Haushalt enthalten. Anders als Sie haben wir nicht irgendwo ir
gendetwas versteckt. Wir haben keine Schulden ausgelagert.
Wir haben keine Schattenhaushalte. Das wissen Sie alles.
Meine Damen und Herren, der Höhepunkt ist natürlich das SPD-Wahlprogramm. Dort wird dann der Zusammenhang zu der kommunalen Szene deutlich. Jetzt will man eine Änderung der Artikel 78 und 79 der Landesverfassung aufgreifen.
Meine Damen und Herren, warum haben Sie es denn nicht getan? Sie hatten mindestens zwei Jahre Zeit, hier konstruktiv mitzuarbeiten. Sie haben sich aus billigen parteipolitischen Gründen verweigert,
weil für Sie im Wahlkampf das vermeintliche Wohl der Partei vor dem Wohl des Landes rangiert. Ich bedaure das sehr. Aber wir müssen das als Demokraten, die wir ja nun einmal sind, akzeptieren. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gerade weil mir die Diskussion, die Herr Groth angezettelt hat, Veranlassung dazu gibt, möchte ich vorab feststellen, dass Steuerhinterziehung ein
strafrechtlich relevantes Verhalten und kein Kavaliersdelikt ist. Aus diesem Grunde geht die nordrhein-westfälische Finanzverwaltung rigoros gegen diese Straftaten vor.
Lieber Herr Groth, Sie hatten gemeint, der Kollegin Freimuth unterstellen zu müssen, dass sie die Sache nicht ernst nimmt, weil sie vom Steuersünder gesprochen hat.
Ich erinnere daran, dass Sie im Verlauf Ihrer Ausführungen die Formulierung „der versündigt sich an“ gebraucht haben. Das heißt, Sie haben die gleiche Metapher gewählt. Vielleicht war es sogar richtig, dass Frau Freimuth davon gesprochen hat; denn der Antrag bezieht sich ja fast auf ein religiöses Thema. Mit Herrn Tetzel und dem Ablasshandel war sie genau im richtigen Bild. Ich möchte sie ausdrücklich in Schutz nehmen.
Die SPD-Fraktion greift mit ihrem Antrag die in der Öffentlichkeit entfachte Diskussion über den Fortbestand der strafbefreienden Selbstanzeige nach § 371 Abgabenordnung auf. Auslöser dieser Debatte ist die unbestreitbar hohe Anzahl von Selbstanzeigen im Zusammenhang mit der sogenannten Daten-CD. Allein in Nordrhein-Westfalen wurden zwischenzeitlich 1.930 Selbstanzeigen erstattet. Das konnten Sie auch schon in der Zeitung lesen.
Ich pflege mich nicht jeden Tag nach dem Wasserstand zu erkundigen. Denn das Entscheidende ist, dass wir rechtsstaatlich ordentlich handeln. Ob sich das lohnt oder nicht, das ist nicht die entscheidende Frage, sondern wir haben solchen Straftaten selbstverständlich nachzugehen. Ansonsten wäre es Strafvereitelung im Amt.
Als Begründung der Forderungen nach Abschaffung bzw. Modifizierung des § 371 Abgabenordnung werden insbesondere – ich zitiere – die „Nichtvermittelbarkeit“ den steuerlichen Bürgern gegenüber und das Unverständnis für die – wieder Zitat – „erkaufte Straffreiheit“ von Steuerhinterziehern angeführt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Phänomen des zeitlichen Anstiegs von Selbstanzeigen ist nicht neu. Bereits in der Vergangenheit wurden Steuerpflichtige durch verstärkte Aktivitäten der Steuerstrafverfolgungsbehörden veranlasst, begangene Steuerstraftaten vor ihrer Entdeckung zu offenbaren. Exemplarisch sind hier die in den 90er-Jahren durchgeführten sogenannten Bankenverfahren zu nennen. So gingen allein in Nordrhein-Westfalen im Zusammenhang mit diesem Ermittlungskomplex ca. 47.500 Selbstanzeigen ein. Damals wurden jedoch keine Forderungen laut, die Vorschrift des § 371 Abgabenordnung aufzuheben bzw. zu verschärfen.
Zur strafbefreienden Selbstanzeige ist anzumerken, dass dieses Rechtsinstitut nicht erst seit kurzer Zeit existiert, sondern zumindest seit Beginn des 20. Jahrhunderts in der deutschen Rechtspflege bekannt ist. Als allgemeines Institut im Steuerstrafrecht wurde die Selbstanzeige in der Reichsabgabenordnung von 1919 erstmals verwirklicht. Die Vorschrift als solche wurde trotz verschiedener Anpassungen in Abhängigkeit der jeweils politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse zu keiner Zeit gänzlich infrage gestellt.
Unbestreitbar ist die strafbefreiende Selbstanzeige ein Mittel der Fiskalpolitik. Ich möchte das ausdrücklich betonen. Allerdings ist auch ein kriminalpolitischer Aspekt nicht außer Acht zu lassen, da sich in der Regel Steuerverkürzungen nur schwer ermitteln lassen und eine Aufklärungsarbeit faktisch nur durch eine ständige Überprüfung der Steuerpflichtigen möglich wäre. Auch bei noch einmal tausend Steuerfahndern mehr würden wir nie solche Ergebnisse bekommen wie seinerzeit bei den Bankenverfahren – Sie wissen, wodurch das angeleiert worden ist – oder wie durch solche Dinge wie die CD.
Da die Finanzbehörde zur Erfüllung des gesetzlichen Auftrags der gleichmäßigen Besteuerung auf die Mitwirkung und die Angaben der Steuerpflichtigen angewiesen ist, soll die in Aussicht gestellte Straffreiheit auch für bereits vollendete Steuerstraftaten einen Anreiz bieten, der Finanzbehörde Steuerquellen zu erschließen, die ansonsten – ich betone es nochmals – verborgen blieben.
Der SPD-Forderung nach Anpassung der Vorschrift des § 371 AO an die Regeln des allgemeinen Strafrechts ist zu entgegnen, dass auch das Strafgesetzbuch zwischenzeitlich vergleichbare Regelungen enthält. So ist im Strafrecht eine Strafmilderung oder sogar das Absehen von Strafe bei erfolgter Wiedergutmachung möglich. Ich verweise diesbezüglich zum Beispiel auf den Täter-Opfer-Ausgleich nach § 46a Strafgesetzbuch. Die steuerstrafrechtliche Selbstanzeige ist somit kein Exot im Strafrecht.
Nach allgemeiner Rechtsauffassung bestehen gegen die Selbstanzeige auch keine verfassungsmäßigen Bedenken, da die Verfolgung fiskalischer Interessen nicht als unvereinbar mit rechtsstaatlichen Prinzipien angesehen wird.
An dieser Stelle möchte ich auf den reißerischen Titel des Antrags zurückkommen. Die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige wird als steuerrechtlicher Ablasshandel bezeichnet. Das benutzte Zitat – unabhängig davon, dass es sachlich unpassend ist – verwundert doch sehr. Wurde nicht gerade durch die damalige SPD-geführte Bundesregierung – das klang vorher bei einem Redner schon an – das Gesetz über die strafbefreiende Erklärung initiiert, das Steuerhinterziehern ermöglichte, unter besonders günstigen Konditionen Straffreiheit zu erlangen?
Wie bitte? Aber, Herr Peschkes, ich schätze Sie ja sonst: Es ist nicht in ausreichendem Maße in Anspruch genommen worden. Das war der damalige Tatbestand. Aber natürlich ist es in Anspruch genommen worden.
Die Vorstellungen waren andere, Herr Peschkes. Aber natürlich ist es in Anspruch genommen worden.
Führte die wirksame Anzeige nicht auch zusätzlich zum Erlöschen früherer Steueransprüche? Ein Vergleich mit einem Ablasshandel scheint mir im damaligen Falle sehr viel angebrachter zu sein. Einem ehrlichen Steuerzahler war dieses Gesetz weniger zu vermitteln als die Selbstanzeigemöglichkeit nach § 371 Abgabenordnung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, insgesamt hat sich das Rechtsinstitut der strafbefreienden Selbstanzeige in der Vergangenheit sowohl aus fiskalischer als auch aus kriminaltechnischer Sicht bewährt. Es ist ein wirksames Mittel für die Durchführung des steuerlichen Gesamtvollzugs und dient letztlich der Herstellung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung.
Ohne diese Offenbarungsmöglichkeit entgingen dem Staat und somit der Allgemeinheit beträchtliche Steuereinnahmen, da in der Regel in den offenbarten Fällen eine Aufdeckung der Steuerhinterziehung durch die Finanzbehörden nicht möglich wäre. Es besteht somit kein Anlass, die Vorschrift des § 371 Abgabenordnung grundsätzlich infrage zu stellen.
Ich freue mich – ich sage das ausdrücklich –, dass nicht nur der Bundesfinanzminister diese Auffassung teilt, sondern auch der schon erwähnte Finanzminister von Rheinland-Pfalz, der Sprecher der A-Länder in der Finanzministerkonferenz, Carsten Kühl, der sich in dieser Intention genauso geäußert hat.
Herr Peschkes, lassen Sie mich auch die Gelegenheit nutzen, Ihnen für die Zusammenarbeit zu danken. Es ist richtig: Ihre Ehrlichkeit ist frappierend. Sie haben auch mir öfter auf die Füße getreten.
Mit voller Absicht, hat er gesagt. Ich sage natürlich: zu Unrecht, Herr Groth, denn er war zum Beispiel jemand – das sei mit aller Liebenswürdigkeit gesagt –, der die kw-Vermerke in der Steuerverwaltung zu seiner Regierungszeit ausgebracht hat. Wir haben sie realisiert. Dass er das nachher nicht so gut fand, buche ich unter „lässliche Sünden“ ab. – Alles Gute für Sie, Herr Peschkes.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben die Themen, die hier angesprochen wurden, ja schon heute Morgen während der Finanzdebatte behandelt, sodass wir es, glaube ich, wirklich kurz machen können.
Verehrte Frau Brunn, ich hätte mir eigentlich ein schöneres Thema für Ihren Schwanengesang ausdenken können als das, zu dem Sie heute gesprochen haben. Denn Sie wären eigentlich die glaubwürdigste Zeugin gewesen, da Sie freundlicherweise immer die Telefonkonferenzen und die vertraulichen Sitzungen zum Thema WestLB in sehr gekonnter Manier – das darf ich Ihnen sagen – arrangiert und damit sicherlich viel für den Informationsaustausch zwischen Regierung und Parlament getan haben. Deshalb wären Sie auch die beste Zeugin gewesen, um hier zu bekunden, in welch exzellenter Weise das Parlament informiert worden ist und dass wir auch immer rechtzeitig informiert haben.
Das ist Ihnen aufgrund der Konstellation, in der wir uns befinden, nicht vergönnt gewesen. Sie sind nun nicht mehr, wie früher, in der Regierung, sondern in der Opposition. Ich glaube, ich bin jetzt im Hinblick auf die Dienstzeit der Zweitälteste hier im Parlament. Sie sind am längsten hier im Parlament, wenn Sie auch zwischendurch mal einen Ausflug nach Berlin gemacht haben; daran kann ich mich noch gut erinnern. Sie haben als Vorsitzende immer für ein gutes Klima im Haushalts- und Finanzausschuss gesorgt, und dafür möchte ich Ihnen danken.
Sie haben verschiedene Themen angesprochen, die in diesem Antrag verankert sind. Den Finanzstandort sollte man – so groß die Versuchung vielleicht auch ist – nicht nur an der IKB und an der WestLB festmachen. Wir haben 380 Banken und Sparkassen in Nordrhein-Westfalen, wir haben 120 Finanzdienstleister, wir haben 180 Versicherungsgesellschaften. Über 200.000 Menschen arbeiten in dieser Branche; sie ist immerhin etwas größer als der Maschinenbau in Nordrhein-Westfalen.
Nordrhein-Westfalen ist also sicherlich einer der Standorte für Finanzdienstleistungen in der Bundesrepublik Deutschland. Wenn wir die Versicherungen hinzunehmen – das muss man einfach tun –, dann
sind wir nach manchen Kriterien – das wissen Sie auch – sogar größer als München.
Es gehört vielleicht dazu, dass man am Ende einer Legislaturperiode beklagen muss, dass der Finanzstandort gelitten hat. Andere haben auch gelitten – weil wir in eine Finanzmarktkrise hineingeschlittert sind und das Flaggschiff WestLB sicherlich schon sehr lange unter Beschuss steht.
Ich würde Ihnen zur WestLB gerne noch Folgendes sagen: Natürlich versuchen Sie, aus dem Thema Funken zu schlagen. Das ist aber nicht gelungen. Ich glaube, dass es bei uns anders als in anderen Ländern ist, weil wir gerade den Weg gegangen sind, von dem Herr Becker eben gesprochen hat. Er hat ihn nicht kritisiert, sondern gesagt: Es kann sein, dass wir durch die Methode, die wir gewählt haben, am Ende vielleicht auch größere Risiken haben werden, weil wir uns Zeit kaufen.
Aber, Herr Becker, ich habe das fast als Anerkennung für unseren Weg verstanden; denn Sie haben in allen Verhandlungen, in allen Gesprächen, in allen Diskussionen sowohl im Plenum als auch im Haushalts- und Finanzausschuss keinen anderen Weg aufzeigen können. Sie haben den Weg zur ersten Abwicklungsanstalt mitgetragen. Deshalb war das, was Sie hier vorgetragen haben, sehr pflichtschuldig.
Sie haben gesagt: Wir haben provinzielle Gesichtspunkte berücksichtigt, weil wir damals nicht mit Baden-Württemberg zusammengegangen sind. – Darüber haben wir uns heute Morgen auch schon unterhalten. Es ist natürlich nett, wenn Sie Herrn Oettinger, Herrn Wulff und Herrn Rüttgers zitieren. Dass sie irgendetwas gegeneinander gehabt hätten oder einer der mächtigere stellvertretende Parteivorsitzender werden wollte – das ist aber doch alles Geschichtsklitterung; das wissen Sie auch.
Die einzige Wahrheit ist, dass wir wussten, welche Papiere die LBBW hatte.
Wir wussten, dass sie als öffenlich-rechtliche Bank lange in der Lage war, die Wirklichkeit zu verschleiern. Wir hätten damals – die Konditionen kannten Sie auch – Aktien von der LBBW bekommen. Herzlichen Glückwunsch! Was meinen Sie, was heute in diesem Parlament los wäre, wenn wir den Weg beschritten hätten!
Dann würden Sie uns zu Recht von morgens bis abends tadeln. Gottlob haben wir es nicht getan, sicherlich auch dank guter Berater, die wir in der Zeit immer hatten.
Frau Brunn, Sie haben Herrn Sturbeck von der „FAZ“ zitiert. Sie können Zeitungen natürlich immer
zitieren. Sie haben auch noch ein Zitat aus dem Jahr 2007 gefunden. – Heute hören Sie von Zeitungen nichts mehr zur LBBW, weil die nämlich erkannt haben, dass wir es offensichtlich richtig gemacht haben. Denn die Baden-Württemberger haben mal eben über 5 Milliarden € in die Bank gegeben und über 10 Milliarden € Garantien gewährt. Dagegen sind wir hier alle Waisenknaben.
Das wissen Sie auch. Ich kann mir vorstellen, dass Sie fast ein bisschen beleidigt sind, weil Sie das Thema nicht hochkriegen.
Sie sprachen von der Zerschlagung des Sparkassenwesens. Ich habe immer prognostiziert, dass, wenn das Gesetz verabschiedet ist, am nächsten Tag alles in Ordnung sein wird. Und genauso ist es gekommen. Wenn Sie sich die Gesetzesentwürfe, die wir diskutiert haben, und die Schlussformulierung angucken, dann sehen Sie: Ja, wir haben uns semantisch bewegt. Aber in der Sache ist alles so geblieben, selbst die Möglichkeit eines Stammkapitals. Haben Sie den Untergang der Sparkassenlandschaft mitbekommen? – Nein, die Sparkassen können sich mit diesem modernsten Sparkassengesetz, das es in der Bundesrepublik gibt, auf einen verschärften Wettbewerb vorbereiten.
Wir haben immer zum dreigliedrigen Bankensystem gestanden und erkennen seine positive und stabilisierende Rolle an. Die geschäftspolitische Ausrichtung der Sparkassen müssen wir hier nicht beschwören; sie ist in § 2 des Sparkassengesetzes festgelegt. Auch das wissen Sie. Da brauchen wir uns überhaupt keine Sorgen zu machen.
Ich glaube, dass dieser Antrag einfach zu einem Sammelsurium gehört, das man am Ende einer Legislaturperiode noch einmal meint vorweisen zu müssen.
Herr Becker, Sie haben auf Querelen aufmerksam gemacht, die wir mit der Sparkassenszene hatten. Ja, die hatten wir. Sie haben außerdem die Verhandlungen bis fünf vor zwölf erwähnt. Das geht bis in die jetzige Zeit hinein. Wir haben jetzt Aktionärsvereinbarungen mit dem SoFFin zu treffen. Sie glauben gar nicht, wie spannend das ist.
Die Methoden sind immer die gleichen: Ich habe die Interessen des Landes zu wahren und mich nicht von irgendjemandem über den Tisch ziehen zu lassen, denn sonst würden Sie mich zu Recht tadeln, und das habe ich nicht so gerne. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln heute in zweiter Lesung das Gesetz. Wir haben morgen also noch ausreichend Gelegenheit, uns dasselbe von Herrn Groth noch einmal anzuhören, was wir jetzt schon seit Monaten hören.
Herr Groth, Sie leben offensichtlich nach dem Motto: Bei Wiederholung bleibt vielleicht irgendwann etwas hängen. – Sie halten immer dieselben Reden, egal, zu welchem Thema Sie sprechen.
Wir haben allein morgen die Gelegenheit, zweimal dasselbe zu hören. Herr Groth wird nämlich zur Finanzpolitik sprechen, und dann wird er auch wieder zur Schuldenbremse sprechen. Immer dasselbe, Herr Groth! Es wird auch durch Wiederholung nicht besser.
Wir befassen uns heute zum zweiten Mal mit dieser Schuldenbremse. Ich will deshalb auch darauf verzichten, Einzelheiten des Gesetzentwurfs und der Verfassungsänderung, die wir beantragt haben, zu beschreiben.
Sie wissen alle, dass eine Verfassungsänderung auf Landesebene zur Umsetzung der bundesgesetzlichen Schuldenbremse nicht zwingend erforderlich ist. Sie tritt sowieso ein. Deshalb ist Ihr Gejammere darüber, dass Sie jetzt irgendetwas Besonderes für die Kommunen tun wollen, einfach nur vorgeschoben.
Die Schuldenbremse tritt 2020 sowieso ein. Diese Regierung ist der Meinung, wir sollten ein Signal setzen. Wir sollten klare Zeichen setzen, dass wir auch den zweiten Teil von Keynes verstanden haben, den Sie in Ihrer Regierungszeit nie beachtet haben.
Herr Groth, Sie haben wirklich eine Chuzpe, hier aufzutreten. Einen, der 1995 bis 2000 mehr Steuereinnahmen hatte und am Ende der Zeit mehr Nettoneuverschuldung vorgelegt hat, den nimmt man bei diesem Thema nicht mehr ernst.
Wenn Sie noch einmal Revue passieren lassen, was in der Anhörung passiert ist: Im Grunde genommen waren außer Herrn Schneider vom DGB alle der Meinung: Jawohl, das ist das richtige Zeichen, das ihr da setzt.
Ich habe die Bedenken der Kommunalen auch gehört. Die hören Sie jedes Mal. Nur: Die Grenzen
sind in der Verfassung festgelegt. Es hängt mit der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes zusammen, was wir an Dotationen für die Kommunen geben. Sie haben das immer so gehalten, dass Sie ihnen viel weniger gegeben haben als wir. Das ist doch das Faktum.
Also: Ohne Änderung der Landesverfassung wird die bisherige Fassung des Art. 83 Satz 2 der Landesverfassung Nordrhein-Westfalen verfassungswidrig. Das steht fest. Es ist einer Landesverfassung nicht angemessen, wenn sie verfassungswidrige Normen enthält. Diese Auffassung werden Sie vielleicht auch noch teilen. Einer der Experten, meine Damen und Herren, sprach in diesem Zusammenhang von totem Verfassungsrecht, gar von einer Verfassungsleiche. Deshalb bedarf es einer Änderung auch der Landesverfassung, obwohl sie nicht zwingend aus dem Grunde notwendig ist, weil wir 2020 sowieso durch 109 Grundgesetz gebunden sind.
Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass CDU, SPD und FDP dieses Signal auf Bundesebene nun wirklich gesetzt haben. Es ist nicht erfindlich – Herr Moron, ich habe auch gehört, was Sie im Hauptausschuss vorgetragen haben –, warum Sie dieses ablehnen. Wir können nicht erst 2020 mit der Haushaltskonsolidierung beginnen, sondern wir müssen es jetzt machen,
nach Überwindung der Krise.
Zu den Mitteln. Wenn Sie den Nachhaltigkeitsbericht vielleicht einmal richtig lesen würden: Herr Groth, da steht sogar nicht 5 Milliarden €, sondern da steht 4,5 bis 5,5 Milliarden, base case 5,5 Milliarden € strukturelles Defizit. Ja, das sage ich ganz deutlich. Das ist unser strukturelles Defizit.
Lieber Herr Groth, wenn wir statt 6,7 Milliarden wie Sie in drei Jahren es heruntergebracht haben auf 1,1 Milliarden und eigentlich einen ausgeglichenen Haushalt haben, dann werden wir das doch wohl bis 2020 schaffen. Herr Groth, warum sind Sie so wankelmütig?
Sind Sie so irritiert durch das, was Sie früher hier geleistet haben? Es kommen vielleicht noch einmal andere Zeiten. Sie können ja vielleicht auch noch besser werden.
Also wenn Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, ehrlich zu sich selbst sind, dann stellen Sie fest, dass all die Gründe, die Sie hier heute angeführt haben, wirklich nur vorgeschoben sind.
Letztlich scheuen Sie davor zurück, gemeinsam mit dieser Landesregierung erfolgreich einen wichtigen Schritt in Richtung der Konsolidierung der Landesfinanzen zu gehen.
Selbst wenn Sie der Landesregierung diesen Erfolg nicht gönnen können – ich habe dafür in Wahlkampfzeiten wirklich Verständnis –, überwinden Sie sich doch und gönnen es wenigstens dem Land, dessen Wohl zu bewahren und zu mehren Sie hier eigentlich angetreten sind.
Ich werbe deshalb nachdrücklich dafür: Überwinden Sie zum Wohle unseres Landes Ihre ablehnende Position und statten Sie den Gesetzentwurf wenigstens morgen in dritter Lesung – Sie haben noch eine Nacht, darüber nachzudenken – mit einer breiten Mehrheit aus! – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Priggen, ich bin Ihnen eigentlich sehr dankbar dafür, dass Sie sehr deutlich Ihr parteipolitisches Kalkül offengelegt haben. Es ist natürlich für die Opposition schwer, bei den Leistungen der Regierung in den letzten fünf Jahren überhaupt ein Thema für diesen Wahlkampf zu finden.
Natürlich sind Sie händeringend daran interessiert, möglichst eine Atomdebatte nach NordrheinWestfalen zu holen. Aber diesen Gefallen werden wir Ihnen natürlich nicht tun.
Ich darf zu den drei Punkten, die Sie in dem Antrag formuliert haben, Stellung nehmen.
Sie haben zunächst erwähnt: „Abweichen vom gesetzlich beschlossenen Atomausstieg würde NRW schwer schaden.“ Sie wissen ganz genau: In Nordrhein-Westfalen werden bereits seit Ende August 1994 keine Kernkraftwerke mehr betrieben. Ein Neubau von Kernkraftwerken steht im Land nicht zur Diskussion. Die Landesregierung tritt jedoch für eine Verlängerung der Laufzeiten vorhandener Kernkraftwerke ein, um die Zeit bis zur großmaßstäblichen Betriebsreife CO2-armer Kohlekraftwerke sowie der weiteren Erschließung verlässlicher regenerativer Energiequellen zu überbrücken. Von dieser Brückentechnologie hat auch Kollege Wittke gesprochen.
Dabei bleibt die Sicherheit nuklearer Stromerzeugung oberstes Gebot. Die Koalitionsvereinbarung auf Bundesebene sieht dementsprechend vor, dass eine Verlängerung der Laufzeiten deutscher Kernkraftwerke nur unter Einhaltung der strengen deutschen und internationalen Sicherheitsstandards in Betracht kommt. Das entspricht der Position der Landesregierung.
Auch die im Antrag der Oppositionsfraktionen angesprochene Zunahme der Zahl von Atomtransporten stellt angesichts der vorhandenen Lagerkapazitäten an Kernkraftwerksstandorten und der hohen sicherheitstechnischen Anforderungen an Nukleartransporte das Ziel größtmöglicher Sicherheit der Stromerzeugung aus Kernenergie nicht infrage.
Der zweite Punkt in Ihrem gemeinsamen Antrag lautet:
Keine Standorte für neue Atomkraftwerke im neu aufzustellenden Landesentwicklungsplan für Nordrhein-Westfalen.
Sie wissen, dass der Entwurf eines neuen Energiekapitels für den Landesentwicklungsplan vorliegt; ich darf daraus zitieren. Sie hatten die erste Fassung. Die jetzt vorgelegte lautet: Kernkraftwerke für die Energieversorgung sind in Nordrhein-Westfalen ausgeschlossen. – Das ist die klare Position im Land wie im Bund.
Der Entwurf stellt aber auch klar, dass die Nutzung der Kernenergie zu Forschungszwecken davon unberührt bleibt. Die Option für wissenschaftliche Forschung im Bereich der kerntechnischen Sicherheit bleibt also eröffnet. Darauf hatten Sie noch einmal gesondert hingewiesen.