Protokoll der Sitzung vom 26.10.2006

Meine Damen und Herren! Ich heiße Sie zu unserer heutigen, der 42. Sitzung des Landtags NordrheinWestfalen herzlich willkommen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.

Für die heutige Sitzung haben sich zehn Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt

1 Deutscher Finanzdienstleistungsmarkt im Wandel – Bezeichnungsschutz für Sparkassen erhalten

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/2719

Ich verweise auf den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 14/2783.

Ich eröffne die Beratung und gebe der Abgeordneten Walsken das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag ist ein ganz besonderer Antrag, nicht nur, weil er heute die Nummer 1 der Tagesordnung ist, nicht nur, weil die SPD ihn vorlegt,

(Lachen von Christof Rasche [FDP])

sondern weil er bereits jetzt die Zustimmung nahezu des gesamten Bundestags hat. Mit Ausnahme der Freien Demokraten unterstützen alle Parteien in dieser Republik die Sparkassen. Das ist bemerkenswert und gibt der Sache ein ganz besonderes Gewicht.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Dieser Antrag ist aber auch deshalb ein ganz besonderer, weil er von seinen Inhalten her die Zukunft des Finanzplatzes Nordrhein-Westfalen maßgeblich bestimmen wird. Denn NordrheinWestfalen gehört mit 2.576 Geschäftsstellen und fast 65.000 Beschäftigten zu den stärksten Sparkassenstandorten in Deutschland. Deshalb halten wir es für unerlässlich, dass sich unser Land selbstbewusst zum deutschen Finanzstandort bekennt.

(Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren, aus diesem Grund ist es umso sinnvoller, dass wir als Parlamentarier heute hier möglichst gemeinsam und fraktionsübergreifend deutlich machen, wie wir zur traditionellen Eigentumsordnung im deutschen Bankensektor stehen, also zum dreigliedrigen Bankensystem mit den Privatbanken, den Volksbanken, aber ausdrücklich auch mit den Sparkassen.

Das hat Gründe. Denn wir sind kein Verein zur Pflege ökonomischer Traditionen, sondern wir wissen, dass sich das dreigliedrige System seit vielen Jahren bewährt hat, dass die Sparkassen insbesondere in wirtschaftlich schwierigen Zeiten einen hohen Stabilisierungsfaktor für den Finanzsektor darstellen und dass die Sparkassen nicht nur die Geldversorgung in der Fläche sicherstellen, sondern insbesondere für die kleinen Leute da sind, auch für die, die auf Transferleistungen angewiesen sind und woanders kein Girokonto mehr bekommen. Ich nenne das Stichwort: Konto für jedermann.

Wir wissen, dass die Sparkassen mittlerweile etwa 40 % der gesamten Mittelstandsfinanzierung über Unternehmenskredite vornehmen. Wir wissen, dass inzwischen zwei Drittel aller Kredite für das Handwerk über die Sparkassen laufen. Wir wissen, dass in Nordrhein-Westfalen jede zweite Existenzgründung ebenfalls mithilfe von Sparkassen zustande kommt. Das ist eine Erfolgsgeschichte, und diese Erfolgsgeschichte wollen wir fortschreiben.

(Beifall von der SPD)

Aber die Sparkassen sind auch sonst etwas Besonderes: Ihre Gewinne müssen sie – anders, als alle anderen Banken – wieder in das eigene Unternehmen stecken, also thesaurieren, oder für gemeinnützige Zwecke im weitesten Sinne, in der Regel in ihrer Region, zur Verfügung stellen. Auch das trägt zur Stabilität von regionalen, aber auch von kommunalen und politischen Strukturen vor Ort bei. Einen solchen Stabilitätsfaktor möchten wir nicht opfern.

Deshalb, meine Damen und Herren, Herr Finanzminister, ist der Streit mit der EU um den Namenschutz der Sparkassen keineswegs ausschließlich eine Sache der Bundesebene. Das nordrhein-westfälische Parlament hat gegenüber den Sparkassen und ihren Beschäftigten die Pflicht klarzumachen, dass es an ihrer Seite steht.

Wir müssen gegenüber den vielen Kundinnen und Kunden klarmachen, dass der Name Sparkasse verpflichtend ist. Er bezeichnet etwas Spezielles, etwas Besonderes. Wer den Namen „Sparkasse“ führt, muss öffentlich-rechtlich organisiert und

dem Gemeinwohl verpflichtet sein. Wer eine Bank führt, die nicht dem Gemeinwohl verpflichtet ist und nicht öffentlich-rechtlich geführt wird, darf sich nicht „Sparkasse“ nennen. Darauf legen wir Wert, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Deshalb wollen wir den Namens- oder auch Bezeichnungsschutz, der in § 40 des Kreditwesengesetzes zugrunde gelegt ist, ausdrücklich aufrechterhalten. Denn das liegt im Interesse der gesamten Sparkassenfamilie und der Kommunen, denen die Sparkassen gehören, der Mitarbeiter, der Kunden und auch des Mittelstandes.

Meine Damen und Herren, Herr Dr. Linssen, Herr Stahl, wir haben diesen Antrag ausdrücklich nahezu wortgleich aus Berlin übernommen.

(Minister Dr. Helmut Linssen und Helmut Stahl [CDU] führen ein Gespräch.)

Die beiden haben wohl keine Lust zuzuhören. Aber vielleicht lesen sie es im Protokoll nach.

Wir haben das nicht deshalb getan, weil wir nicht in der Lage wären, einen eigenen Antrag zu formulieren; wir wollen Ihnen die Möglichkeit geben, heute zuzustimmen. Hätten wir auch nur geringfügigste Änderungen vorgenommen, wären Sie die Ersten gewesen, die das zum Anlass genommen hätten zu sagen: Wir können nicht zustimmen! – Und das nur, weil der Antrag von der SPD kommt.

Aber, Herr Finanzminister Dr. Linssen, Sie haben selbst in der Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses am 24.08. die Bedeutung des Namensschutzes in einem eigenen Tagesordnungspunkt unterstrichen und betont. Sie selbst, Herr Finanzminister, waren persönlich Mitglied der Lenkungsgruppe im Bundesfinanzministerium, die die Position für die EU erarbeitet hat.

Meine Damen und Herren, es kommt sicherlich nicht sehr häufig vor, dass ich die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Bundestagsfraktion aus Nordrhein-Westfalen ausdrücklich lobe, die diesen Antrag mit formuliert haben – allen voran Leo Dautzenberg, der Ihnen als langjähriger Vorsitzender des Haushalts- und Finanzausschusses bekannt ist – und die damit die Bedeutung der Sparkassen für den Finanzplatz NRW unterstreichen. Deshalb, meine Damen und Herren, ist es uns wichtig, das Thema heute und hier zu diskutieren.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Dass die Bundesebene formal zuständig ist, wie Sie in Ihrer Entschließung darstellen, das ist klar,

das ist selbstverständlich. Darum geht es nicht. Aber dass das Thema von existenzieller Bedeutung für Nordrhein-Westfalen ist, kann keiner im Saal – vielleicht mit Ausnahme der Freien Demokraten – bestreiten.

(Minister Dr. Helmut Linssen befindet sich weiterhin im Gespräch.)

Herr Finanzminister, ich sage es noch einmal deutlich, auch wenn Sie gezielt nicht zuhören möchten: Es geht in Nordrhein-Westfalen darum, das Sparkassenrecht zu novellieren. Es ist aber wiederholt verschoben worden. Es gibt immer wieder Irritationen – zuletzt am Ende der letzten Woche, als Mitglieder Ihrer Fraktion bei uns nachfragten, wie sie eine Äußerung des Kollegen Weisbrich zu verstehen hätten. Kollege Weisbrich hatte in Kempen referiert. Die „Westdeutschen Zeitung“ schreibt:

„…Weisbrich ließ die Besucher ein wenig in die Karten von Finanzminister Linssen schauen…“

Auf besorgte Nachfrage des dortigen Vorsitzenden der CDU-Kreistagsfraktion, Herrn Rudi Alsdorf, zur Zukunft der Sparkassen sagte Herr Weisbrich Folgendes:

„Was ich jetzt schon sagen kann: Die Kommunen werden Eigentümer der Sparkassen. …Der Begriff „Sparkasse“ werde wohl aber nicht geschützt bleiben, wohl aber das Logo als Markenzeichen.“

Meine Damen und Herren, wenn Sie an dieser Stelle auch nur einen Zentimeter von der Position abweichen, die der Finanzminister selbst im Haushalts- und Finanzausschuss dargestellt hat, sagen Sie das hier und heute.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Sagen Sie das deutlich. Denn wir stehen an Ihrer Seite – wenn Sie wollen –, wie es seit langem Tradition in diesem Hause ist, wenn es um Änderungen von Gesetzen geht, die die Sparkassen, die Westdeutsche Landesbank oder die Förderbank betreffen. Dann stehen die beiden großen Volksparteien zusammen. Wenn Sie aber diese Grundlage verlassen, dann werden Sie uns nicht mehr an Ihrer Seite finden. Deshalb sage ich ausdrücklich, meine Damen und Herren: Unterstützen Sie diese gemeinsame Position! Denn auf der Grundlage dieser gemeinsamen Position ist die SPD-Fraktion gerne bereit, Ihnen die Hand zu reichen, um mit Ihnen zusammen das Sparkassenrecht zu novellieren. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Frau Walsken. – Als Nächster spricht der Kollege Klein von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Idee, das Rad nicht neu zu erfinden und effizient zu arbeiten, ist bestechend. Einfach nur einen Antrag abzuschreiben, der in völlig anderem Kontext und zu einem völlig anderen Zeitpunkt geschrieben worden ist, das ist schon ein bisschen zu einfach.

Liebe Frau Kollegin Walsken, Sie haben das auch in völliger Offenheit am Anfang Ihres Beitrags so dargestellt, nach dem Motto: Wir stellen einen gemeinsamen Antrag aus Berlin und schauen mal, was in der Koalition daraus gemacht wird. – Das ehrt Sie als Opposition. Es ist den Versuch sicherlich wert. Ich sehe aber keine Chance, uns als Koalition in Düsseldorf hier an irgendeiner Stelle auseinanderzubringen.

(Edgar Moron [SPD]: Uns geht es um die Sache!)

Dieser aus Berlin abgeschriebene Antrag wird unserer Situation hier überhaupt nicht gerecht, und zwar an zwei Stellen: Die erste Baustelle ist § 40 KWG, also der gesetzliche Namensschutz für Sparkassen. Zum Zeitpunkt der Beratung in Berlin war es tatsächlich so, dass die Stellungnahme der Bundesregierung in Richtung Brüssel unmittelbar anstand. Das ist jetzt vorbei. Das war auch eine Frage, bei der der Bund und nicht das Land gefragt war. Sie haben gerade gesagt, Sie würden mit Spannung abwarten, wie das nordrhein-westfälische Sparkassengesetz den Namensschutz regele. Darauf entgegne ich: Überhaupt nicht! Das KWG ist nämlich ein Bundesgesetz.

(Zuruf von Gisela Walsken [SPD])

Insofern werden Sie darüber im künftigen Sparkassengesetz Nordrhein-Westfalen mit Sicherheit keine Regelungen finden.

Wenn wir aber – was durchaus ehrenwert wäre –, generell über Namensschutz von Sparkassen reden wollen, dann ist der zum damaligen Zeitpunkt in Berlin geschriebene Antrag sicherlich viel zu wenig und viel zu dünn, weil wir bei einer generellen Behandlung dieser Frage das komplizierte Geflecht von gesetzlichem Namensschutz auf der einen Seite und markenrechtlichem Namensschutz auf der anderen Seite dann auch intensiver beleuchten müssen. Das heißt, diese Frage spielt jetzt für uns hier keine Rolle mehr.

Der zweite Punkt, bei dem der Antrag dem Thema nicht gerecht wird, besteht darin, dass wir jetzt nicht punktuell irgendwelche Einzelheiten des im nächsten Jahr zu beratenden Sparkassengesetzes aufgreifen sollten, um damit den gemeinsamen Spielraum zu beschränken, ein Sparkassengesetz zu beraten und zu verabschieden, das eine breite Basis hat. Es ist nicht jetzt Thema, sondern es wird im nächsten Jahr Thema sein. Es ist aber mehr als ein Zeitargument. Es ist nämlich das meiner Meinung nach sehr wichtige Argument, auf das Frau Kollegin Walsken eben selber hingewiesen hat, dass es in der Vergangenheit guter Brauch war, dass das Sparkassengesetz in diesem Hause eine breite Mehrheit fand.

Wenn wir das machen wollen und uns,