Protokoll der Sitzung vom 05.11.2009

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen, der 135. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.

Für die heutige Sitzung haben sich 16 Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.

Auch heute feiern wir wieder einen Geburtstag, und zwar den unseres Kollegen Reinhard Jung. Er wird 57 Jahre jung. Herzlichen Glückwunsch und alles Gute im Namen der Kolleginnen und Kollegen!

(Allgemeiner Beifall)

Meine Damen und Herren, vor Eintritt in die Tagesordnung darf ich Ihnen mitteilen, dass ich heute Abgeordnete verpflichten darf. Einer von ihnen ist Herr Jürgen Antoni aus der Landesreserveliste der SPD. Er ist Nachfolger von Michael Groschek. Seine Verpflichtung werden wir nicht gleich vornehmen, weil er leider noch in einem Stau steckt, sondern um 14 Uhr nachholen.

Verpflichten werden wir jetzt Frau Gisela Hinnemann aus der Landesreserveliste der CDU – sie ist die Nachfolgerin von Volkmar Klein – und FranzJosef Britz, ebenso aus der Landesreserveliste der CDU; er ist der Nachfolger von Reinhold Sendker.

Ich bitte die beiden zu mir zu kommen, damit wir sie nach § 2 unserer Geschäftsordnung verpflichten können.

(Die Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen.)

Ich bitte Sie, die folgenden Worte der Verpflichtungserklärung anzuhören und anschließend durch Handschlag zu bekräftigen:

Die Mitglieder des Landtags von NordrheinWestfalen bezeugen vor dem Lande, dass sie ihre ganze Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, die übernommene Pflicht und Verantwortung nach bestem Wissen und Können erfüllen und in der Gerechtigkeit gegenüber jedem Menschen dem Frieden dienen werden.

Liebe Kollegin Hinnemann, lieber Kollege Britz, ich heiße Sie beide in der 14. Wahlperiode herzlich willkommen und wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Arbeit.

(Allgemeiner Beifall)

Meine Damen und Herren, wir treten in die Beratung der heutigen Tagesordnung ein.

Ich rufe auf:

1 Lage auf dem NRW-Ausbildungs- und Arbeitsmarkt besser als befürchtet

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 14/10057

Die Fraktion der CDU und die Fraktion der FDP haben mit Schreiben vom 2. November 2009 gemäß § 90 Abs. 2 der Geschäftsordnung eine Aussprache zu dieser aktuellen Frage der Landespolitik beantragt.

Ich eröffne die Aussprache und gebe Herrn Post von der CDU-Fraktion das Wort. Bitte schön, Herr Post.

Frau Präsidentin ! Meine Damen und Herren ! Wer wusste nicht alles vor zwölf Monaten, als wir hier standen, wie hoch in diesem Herbst die Arbeitslosigkeit steigen würde und dass die Ausbildungsstellen wegbrechen würden? Nach dem Finanzdebakel und nach der Wirtschaftskrise, die uns erreicht hatte, war klar, dass sich auf dem Arbeitsmarkt einiges tun würde.

Wie ist die Lage heute? Im Oktober sank die Zahl der Arbeitslosen in NRW zum dritten Mal hintereinander. Die von niemandem ignorierte Krise wurde durch Kurzarbeit und andere arbeitsmarktpolitische Angebote aufgefangen. Dennoch ist eine Anspannung nicht zu verkennen.

Trotz des erneuten Rückgangs und einer sich aufhellenden wirtschaftlichen Lage kann von Entwarnung nicht geredet werden, und das wollen wir auch nicht. Aber allen Unkenrufen zum Trotz – und Unken gab es viele, die in lustvoller Erwartung die Baisse auf dem Arbeitsmarkt gesehen haben – ist die Lage wesentlich besser.

Es ist klar, dass die NRW-Wirtschaft als starkes Schiff dem Sturm der Probleme gut trotzt. Dieses Schiff ist allerdings nur mit einer Reihe von Maßnahmen sturmtüchtig, die die Landesregierung in den letzten Jahren zur Ertüchtigung und Stärkung dieses Schiffs ergriffen hat. Die wirtschaftlichen Bedingungen dieses Landes haben sich so wesentlich verbessert, dass wir mit solchen Stürmen einigermaßen gut zurechtkommen.

Mit 784.315 Arbeitslosen in NRW ist die Zahl immer noch wesentlich zu hoch. Da gibt es nichts zu deuteln. Aber sie ging gegenüber dem September noch einmal um 16.400 zurück. Das sind gut 2 %. Die Arbeitslosenquote verringerte sich von 8,9 auf 8,7 %. Gegenüber dem Oktober 2008 allerdings haben wir fast 65.000 Arbeitslose mehr zu vermelden.

Nach den Unkenrufen des Vorjahres hätte die Ausbildung ein Problem werden können oder sollen.

Wir haben derzeit 2.937 unversorgte Jugendliche. Das sind 2.937 zu viel. Aber verglichen mit den Zahlen der letzten zehn oder 15 Jahre – wie lange man auch immer zurückgehen will – ist das ein absolut niedriger Stand. 1995: 7.000, 2006: 11.000, 2007: 7.300, 2008: 4.400, und jetzt gibt es 2.937 unversorgte Jugendliche. Das ist, obwohl immer noch zu hoch, der beste Wert der letzten 20 Jahre.

Was mich etwas nachdenklich macht, ist die Meldung, dass die IHKs bei den Ausbildungsstellen ein Minus von 9 % zu vermelden haben. Das ist deshalb besonders zu erwähnen, weil bei den Handwerkern ein Minus von nur 4 % zu verzeichnen ist. Diese Zahlen geben deutlich an, wo die Probleme in der Wirtschaft existieren, nämlich in der Industrie mehr als im Handwerk. Ich bin dem Handwerk äußerst dankbar, dass es über seine Möglichkeiten hinaus Ausbildungsplätze anbietet,

(Beifall von der FDP)

und das in dieser Zeit, in der jeder eigentlich zusehen muss, die nächsten zwei Wochen zu erreichen und nicht die nächsten zwölf Monate, also wirklich in nächster Nähe planen muss. Sich dann festzulegen auf eine dreijährige Ausbildung mit einem Auszubildenden, das halte ich für eine hervorragende Leistung. Herzlichen Dank dafür!

(Beifall von CDU und FDP)

So war es also möglich, trotz der zurückgehenden Ausbildungsstellen auch eine große Anzahl von Altbewerbern in Ausbildungsverträge zu bekommen.

Lassen Sie mich an dieser Stelle die Aufgeregtheit des DGB von gestern einschieben. Der DGBVorsitzende hat gesagt, das sei alles geschönt, die Zahlen seien geschönt, es seien 21.000 Bewerber für Ausbildungsstellen in schulischen Bereichen. Meine Damen und Herren, gehen Sie mit mir die letzten zehn, 15 Jahre zurück: Das ist nicht anders gewesen, das ist überhaupt nichts Neues. Jetzt aber, wo die Krise herrscht, wo die Wirtschaftskrise groß ist, regt man sich auf! Ein bisschen Schaum muss sein. Unter dieser Rubrik wird das abgehakt. Wir sind besser dran als im vorigen Jahr von allen erwartet.

(Beifall von CDU und FDP)

Die prognostizierten Wachstumsraten, meine Damen und Herren, reichen nicht aus, um das Beschäftigungsniveau zu halten – das wissen wir, das ist so –, auch wenn es weniger hart gekommen ist als erwartet. Strukturveränderungen, die auf Beschäftigungssituationen wirken, müssen kommen, werden kommen und sind angelegt. Die Bundesagentur für Arbeit kann abfedern, finanziell absichern, aber nicht vollständig verhindern. Das wissen wir auch. Die Möglichkeiten, auf den Arbeitsmarkt einzuwirken – das hat die Geschichte der letzten 20 Jahre gezeigt –, sind begrenzt und müssen ge

nutzt werden. Gerade Minister Laumann hat für die Ausbildung eine ganze Menge getan – ob es das Werkstattjahr oder Ähnliches ist. Das könnte man alles aufführen, aber das führt zu weit.

Wichtig bleibt: Mit den Maßnahmen zur Stützung des Wirtschaftswachstums darf nicht nachgelassen werden. Mit den Maßnahmen zur Stützung der Ausbildungsstellen können wir nicht aufhören. Und mit den Maßnahmen zur Vereinfachung der wirtschaftlichen Betätigung können wir Schranken öffnen und Behinderungen für Wirtschaft einschränken, sodass sie wieder in der Lage und bereit ist, mehr Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. – Danke schön.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Post. – Für die FDP-Fraktion spricht nun der Kollege Brockes.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Zahlen zum Arbeitsmarkt in Nordrhein-Westfalen, die die Bundesagentur für Arbeit in der letzten Woche veröffentlicht hat, sind sicherlich noch kein Grund zum Jubeln. Sie zeigen aber, dass sich die Lage erheblich besser entwickelt hat, als wir alle das noch vor einigen Monaten gedacht hätten. Im Oktober ging die Anzahl der Arbeitslosen um 16.450 oder gut 2 % gegenüber dem Vormonat zurück. Besonders erfreulich ist, dass die Anzahl der jüngeren Arbeitssuchenden unter 25 Jahren um 8.480 oder 10 % zurückgegangen ist. Auch hier meine ich, dass es sicherlich auch ein Erfolg des Ausbildungskonsenses ist. Zur Position des DGB wird gleich mein Kollege Stefan Romberg noch einiges sagen.

Trotz der größten Finanz- und Wirtschaftskrise in der Geschichte Deutschlands steht NordrheinWestfalen heute, meine Damen und Herren, immer noch besser da als im Mai 2005. Damals hatten wir in Nordrhein-Westfalen über eine Million Arbeitslose. Heute sind es trotz Krise 277.000 weniger. Das sind, meine Damen und Herren, auch nicht geringfügig Beschäftigte. Das wird daran sichtbar, dass wir jetzt 265.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze mehr haben als zur Regierungsübernahme im Jahr 2005.

Erstmals seit vielen Jahren liegt unser Land beim Wirtschaftswachstum wieder über dem Bundesdurchschnitt. Meine Damen und Herren, daran wird deutlich, dass nicht nur die Maßnahmen des Bundes gegriffen haben, sondern dass NordrheinWestfalen selbst einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet hat, dass wir jetzt besser dastehen als vor einigen Jahren.

Das gibt uns die Kraft, mit der Wirtschaftskrise erheblich besser klarzukommen, als es noch vor einigen Jahren möglich gewesen wäre. Solche globalen

Krisen wie die jetzige kann man aufgrund der hochkomplizierten Zusammenhänge weder in ihren Auswirkungen voraussehen geschweige denn als einzelnes Bundesland im Alleingang lösen. Aber man kann dafür sorgen, dass man nicht unvorbereitet getroffen wird und die Folgen der Krise so gut wie möglich bewältigt werden. Genau dies hat die Koalition von CDU und FDP in den vergangenen viereinhalb Jahren durch eine konsequente Modernisierungspolitik getan.

In der Wirtschaftspolitik haben wir einen fundamentalen Kurswechsel vollzogen: weg von der Finanzierung staatlicher Großprojekte und der Subventionierung überalterter Industrien, hin zu einer Politik, die konsequent an den Interessen und Bedürfnissen der 748.000 mittelständischen Betriebe in unserem Land ausgerichtet ist. Denn hier, meine Damen und Herren, entstehen nun einmal die meisten Arbeits- und Ausbildungsplätze.

(Beifall von der FDP)

Mit einer Vielzahl von Maßnahmen ist es uns gelungen, die Rahmenbedingungen für wirtschaftliches Handeln in Nordrhein-Westfalen nachhaltig zu verbessern. Ich erinnere nur an die mittelstandsfreundliche Ausgestaltung des Gemeindewirtschaftsrechts, die Frage der Ladenöffnungszeiten an Werktagen, die verlängerten Öffnungszeiten im Bereich der Außengastronomie.

(Carina Gödecke [SPD]: Klasse, dass Sie das mal gesagt haben! Das habe ich fast vergessen!)

Ja, Frau Gödecke, da mögen Sie lachen. Aber genau das sind die Detailpunkte, die wir geändert haben und die jetzt dafür sorgen, dass es uns besser geht als zu Ihrer Regierungszeit.

(Beifall von der FDP – Svenja Schulze [SPD]: So ein Unsinn!)

Auch wenn Sie das nicht hören wollen, Frau Kollegin Schulze: auch die Öffnungszeiten im Bereich der Außengastronomie. Ich erinnere an zwei Bürokratieabbaugesetze, die Auflösung von 138 zuvor selbstständigen Behörden und Einrichtungen

(Zuruf von Carina Gödecke [SPD])

sowie die landesweite Einrichtung von Startercentern als zentrale Anlaufstellen für Existenzgründer.