Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen, 36. Sitzung des Landtags NordrheinWestfalen. Mein Gruß gilt auch den Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Medien.
Für die heutige Sitzung haben sich zwölf Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.
Wir haben heute wieder ein Geburtstagskind unter uns. Seinen Geburtstag feiert Herr Thomas Trampe-Brinkmann; er wird 46 Jahre alt. Herzlichen Glückwunsch!
1 Unternehmensteuerreform 2008 Attraktivität des Standortes Deutschland erhöhen – Wettbewerbsbedingungen für deutsche Unternehmen verbessern
Ich weise hin auf den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der mit der Drucksache 14/2449 vorliegt.
Ich eröffne die Beratung und gebe als Erster Frau Walsken von der SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Unternehmensteuer ist ein Thema, das uns zurzeit in der finanzpolitischen Debatte intensiv berührt. Es ist ein wichtiges Thema für dieses Land. Deshalb ist es uns auch wichtig, heute dazu die Position der SPD-Fraktion in diesem Hause zu diskutieren.
Die Unternehmensteuerreform ist notwendig, um die Attraktivität des Standortes Deutschland zu erhöhen und die Wettbewerbsbedingungen für deutsche Unternehmen massiv zu verbessern. Die steuerliche Attraktivität spielt eine zentrale Rolle. Deshalb brauchen wir eine Reform im Steuerrecht, die Investitionen und Wachstum fördert, aber gleichzeitig sicherstellt, dass Erträge,
Eine Unternehmensteuerreform ist aber auch notwendig – das ist der SPD-Fraktion wichtig –, um die staatliche Einnahmebasis, insbesondere die der Kommunen, auf Dauer zu stabilisieren
und damit den nötigen Spielraum für die Finanzierung wichtiger Zukunftsinvestitionen vor Ort möglich zu machen, um dort den Mittelstand zu stärken.
Meine Damen und Herren, anknüpfend an die Debatte gestern hier zum Haushalt 2007 scheint es uns umso notwendiger, an dieser Stelle noch einmal zu betonen, dass diese Landesregierung den Kommunen zurzeit massiv in die Taschen greift, die Grunderwerbsteueranteile nimmt und – das würde ich gerne heute noch einmal ausdrücklich betonen – nicht müde wird zu betonen, dass Kommunen die Gewerbesteuer als wichtige Finanzierungsbasis genommen werden soll.
Meine Damen und Herren, Peer Steinbrück, der Bundesfinanzminister, hat dafür gesorgt, dass mit der Vorlage der Eckpunkte zur Unternehmensteuerreform klar wurde, dass die Gewerbesteuer nicht abgeschafft wird, sondern als wichtige Finanzierungsbasis der Kommunen erhalten bleibt.
Er hat dafür gesorgt, dass sie nicht nur erhalten bleibt, sondern wiederbelebt wird. Denn die Christdemokraten, aber auch die Freien Demokraten haben sich dafür ausgesprochen, mit entsprechenden Parteitagsbeschlüssen, die Gewerbesteuer abzuschaffen. Wenn Sie in die Publikationen schauen, dann lesen Sie wieder, dass Wirtschaftsverbände und CDU und FDP seit Jahren einen Feldzug gegen die Gewerbesteuer und damit gegen die finanzielle Basis der Kommunen führen.
Gestern äußerte sich noch der Bundesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU in der „Rheinischen Post“ mit den Worten, es sei ein Fehler, die Gewerbesteuer nicht abzuschaffen, sondern sogar auszubauen. Herr Schlarmann übt auch Kritik an der eigenen Partei und sagt, viele in der Union seien Herrn Steinbrück schon auf den Leim gegangen. Meine Damen und Herren, deutlicher kann man nicht formulieren, dass es ein Verdienst des Bundesfi
Meine Damen und Herren, doch bis heute fehlt eine klare Position dieser Landesregierung zur Gewerbesteuer – sowohl des Finanzministers als auch des nicht anwesenden Ministerpräsidenten. Wir als SPD-Fraktion fordern die Landesregierung auf, sich im Sinne der kommunalen Familie zu erklären und klarzumachen, dass wir eine Gewerbesteuer brauchen und dass sie ein wichtiges Element in dieser Unternehmensteuerreform sein muss.
Meine Damen und Herren, nach seriösen Schätzungen werden in deutschen Unternehmen in der Bundesrepublik jährlich etwa 350 Milliarden € an Verlustvorträgen ausgewiesen. Das ist ein wichtiger Grund, weshalb es im Steuerrecht keine negativen Anreize mehr geben darf, die dazu führen, dass über große Beteiligungsgesellschaften, oft hoch verschuldet, Steuervorteile möglich sind, während private Vermögen dieser Unternehmen hier weitgehend ungeschoren bleiben.
Es ist auch nicht länger duldbar, dass im Inland erzielte Gewinne ins steuergünstige Ausland verschoben werden und große Konzerne parallel ihre Aktivitäten in Deutschland mit Krediten finanzieren, deren Zinslast wiederum hier am Standort Deutschland von diesen Gewinnen abgezogen wird. Das belastet die Steuerkasse und ist zum Nachteil der kleinen und mittleren Unternehmen, die ihre Steuerbelastungen in der Regel nicht derart gestalten können, weil sie hauptsächlich in Deutschland tätig sind und aufgrund der Steuersätze vergleichsweise hohe Steuerbelastungen haben.
Deshalb, meine Damen und Herren, unterstützen wir den Kurs von Peer Steinbrück, der da heißt: Gewinne dürfen nicht ins Ausland verlagert werden. Es müssen Steuerschlupflöcher geschlossen werden. Das Steuersubstrat muss in der Bundesrepublik Deutschland erhalten bleiben.
Für uns ist aber auch klar – das verschweigen wir nicht –, dass eine Unternehmensteuerreform nicht dazu führen darf, dass die Menschen in unserem Land weiter belastet werden.
Nach Erhöhung der Mehrwertsteuer, Reduzierung der Pendlerpauschale und möglichen Belastungen durch erhöhte Krankenkassenbeiträge durch eine Gesundheitsreform darf es keine weiteren
finanziellen Einbußen für die Bevölkerung in der Bundesrepublik geben. Deshalb hat für uns Priorität: Diese Unternehmensteuerreform muss so gestaltet werden, dass sie weitgehend finanzneutral und für die Haushalte der staatlichen Ebenen haushaltsverträglich ist. Sie darf also nicht zu hohen Steuerausfällen sowohl der Kommunen als auch der Länder führen.
Für uns ist wichtig, dass auch im Steuerrecht das Prinzip der sozialen Gerechtigkeit klar erkennbar sein muss.
Für uns ist auch wichtig, dass es eine solide Finanzbasis für die Kommunen gibt. Deshalb sagen wir noch einmal deutlich: Die Stärkung der Gewerbesteuer muss auch über die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage erfolgen.
Das heißt klar: Wir können uns gut vorstellen, dass wir ertragsunabhängige Elemente wie Zinsen, Pachten, aber auch Leasingraten und die freien Berufe in die Bemessungsgrundlage einbeziehen.
Meine Damen und Herren, die Unternehmensteuerreform muss ebenfalls dazu beitragen, den Mittelstand zu stärken. Deshalb ist es für uns wichtig, dass Personengesellschaften künftig nicht schlechter gestellt werden als Kapitalgesellschaften. Auch da weist die Reform den richtigen Weg.
Im Sinne der Förderung des Standortes Deutschland ist es für uns unverzichtbar, dass steuerliche Anreize in Form von steuerfreien Rücklagen aus Gewinnen im Steuerrecht nur dann zulässig sind, wenn das Geld künftig auch hier am Standort Deutschland reinvestiert wird. Das heißt, steuerliche Anreize sind zum einen an die Investitionen am Standort Deutschland, aber auch – das ist uns außerordentlich wichtig – an das Schaffen neuer Arbeits- und Ausbildungsplätze in der Bundesrepublik Deutschland zu binden.
Meine Damen und Herren, wenn eine Unternehmenssteuerreform diesen Eckpunkten folgt, wird sie die Attraktivität des Standortes Deutschland stärken. Sie wird dazu führen, dass mehr Geld in die Steuerkassen fließt und dass die Kommunen eine solide Finanzierungsbasis haben. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was haben sich die Antragsteller für schöne Titel einfallen lassen! Die SPD will die Attraktivität des Standortes Deutschland erhöhen und die Wettbewerbsbedingungen für deutsche Unternehmen verbessern. Die Grünen bringen ein zusätzliches Element, das mir von Grund auf sympathisch ist, sie wollen nämlich den Mittelstand stärken. Nach dem Etikett, meine Damen und Herren, könnte man beiden Anträgen nur zustimmen.
Öffnet man aber die Schachtel, die Sie so farbenfroh beklebt haben, dann springen die alten linken Steuerreflexe geradezu heraus.
Sie wollen die Attraktivität des Standorts Deutschland für Unternehmen erhöhen. Das heißt doch im Klartext, Sie geben zu, dass die Unternehmensteuern bei uns zu hoch sind. Was soll dann die verquarzte Feststellung, soziale Gerechtigkeit sei oberstes und wichtigstes Prinzip der Unternehmensteuerreform?
Passen Sie auf! – „Diese darf nicht zulasten der Einnahmen von Bürgerinnen und Bürgern sowie staatlicher Ebenen führen.“ Liebe Frau Gödecke, das ist doch semantische Trickserei, wenn Sie so wollen, sozialistische Dialektik pur.