Es gibt in der Volkswirtschaft nur die drei Akteure: Private, Unternehmen und Staat. Wenn der Staat und die Bürgerinnen und Bürger, also die Privaten, nichts verlieren dürfen, dann sagen Sie doch gleich, was Sie meinen: Die Wirtschaft soll die Reform selber bezahlen. Nehmen Sie zur Kenntnis: Rechte Tasche, linke Tasche – das ist eine Reform, mit der Sie in der Wirtschaft keinen Hund hinter dem Ofen hervorlocken können.
Der Ministerpräsident hat gesagt, Steuersenkungen führen nicht ohne Weiteres zu mehr Arbeitsplätzen. – Aber das ist überhaupt kein Widerspruch.
Wenn ich die bei Ihnen so beliebten Stichworte „Aufkommensneutralität“ und „Gegenfinanzierung“ auch nur höre, dann bin ich, ehrlich gesagt, schon bedient. Die Füße im Kühlschrank, den Hintern auf der Herdplatte, aber die Durchschnittstemperatur ist wunderbar ausgeglichen. Wer im Steuerrecht so etwas behauptet, will in Wirklichkeit nur bürokratische Umstellungsmechanismen tarnen.
Die Grünen, verehrte Frau Kollegin Löhrmann, sind an dieser Stelle sogar noch etwas dreister als Ihr Exkoalitionspartner von der SPD. Denn bei Ihnen muss die Reform mindestens aufkommensneutral sein. Das heißt doch im Klartext, im normalen Sprachgebrauch: Ein klein bisschen mehr Steuern dürfen dem Finanzminister schon an den Fingern kleben bleiben. – Dafür, meine Damen und Herren, brauchen wir wirklich keine Unternehmensteuerreform zu machen. Wer so agiert, darf sich nicht wundern, wenn immer mehr Unternehmen unserem schönen Land den Rücken kehren.
Im Interesse unserer Unternehmen und im Interesse neuer Arbeitsplätze, die wir in unserem Land so dringend brauchen, ist es hoffentlich mehr als heißer Dampf, das Standardprodukt, wenn man Feuer und Wasser zusammenbringt. Und das ist die Situation, die wir in der Großen Koalition in Berlin nun leider haben.
Ich kann aber sagen, was wir von dieser Reform erwarten; das sollten Sie auch wissen. Wir wollen, Frau Walsken, keine ertragsunabhängigen Besteuerungsgrundlagen. Das heißt, wir wollen kei
Wir wissen, dass wir sie nicht abgeschafft bekommen, aber verfestigen wollen wir sie auf keinen Fall. Die Gewerbesteuer ist ein deutscher Sonderfall, ein Anachronismus. Sie ist beim Grenzübergang nicht ausgleichsfähig. Sie belastet die deutschen Unternehmen über die Maßen.
Im Übrigen macht es, wie es bisher gehandhabt wurde, für meine Begriffe keinen Sinn, mit großem Aufwand eine Steuer zu erheben, um sie sofort bei einer anderen Steuer in Abzug zu bringen. Das halte ich für ausgemachten Blödsinn. Das wollen wir nicht.
Wir wollen auch keine Verlängerung von Amortisationszeiträumen. Abschreibungen zusammenstreichen wird die Investitionsbereitschaft der Wirtschaft nicht erhöhen. Das wollen wir nicht. Die Unternehmen sollen ihre Risiken in angemessener Zeit tilgen können.
Wir wollen auch keine Fokussierung der Reform nur auf international agierende Kapitalgesellschaften.
ist Belastungsneutralität zwischen Kapital- und Personengesellschaften herstellen. Wir wollen, dass Personenunternehmen in die Lage versetzt werden, ihre oftmals viel zu niedrige Eigenkapitalquote zu erhöhen. Und wir wollen eine Eindämmung übermäßiger Finanzierungsgestaltungen. Dabei muss ich sagen, dass die Zahlen, die das Bundesfinanzministerium in die Welt gesetzt hat, nämlich 65 Milliarden € ins Ausland geflohene Erträge, sicherlich nicht stimmen. Da ist manche Fehlrechnung dabei. Das sind Restposten aus einer volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Das kann man so seriöserweise eigentlich nicht machen. Aber sei’s drum! Es gibt sicherlich Missbrauchsfälle; die wollen auch wir eindämmen.
Ohne eine deutliche Entlastung des Unternehmenssektors insgesamt wird das nicht gehen. Der Bundesfinanzminister hat in diesem Zusammenhang einmal, sehr zum Verdruss seiner SPDKollegen, die Summe von 5 Milliarden € in den Raum gestellt. Ich glaube, die Berechnungen unseres Finanzministeriums gehen eher davon aus,
dass das Paket auf 8 Milliarden € anwachsen wird. Wir wollen auf jeden Fall, dass der Unternehmenssektor deutlich entlastet wird. „Finanziere Deine Reform selbst“, das braucht es nun wirklich nicht zu sein.
Wenn zu den Eckpunkten, die ich eben genannt habe – quasi als Draufgabe –, eine Vereinfachung des Steuerrechts hinzukäme, dann wäre das eine gute Reform.
Das wäre freilich eine ganz andere Reform als die, die Sie sich als Opposition hier im Landtag vorstellen.
Ulla Schmidt und Peer Steinbrück haben nach meinem Dafürhalten – wenn Sie mir die Bemerkung gestatten – eines gemeinsam: In den Entwürfen ihrer Reformprojekte sind die vereinbarten Eckpunkte stets einseitig und eigenwillig ausgestaltet. Wir sind deshalb froh, dass Finanzminister Linssen bereits im Juni ein modulares Konzept für eine realistische Unternehmensteuerreform vorgestellt hat. Er wird es uns gleich sicher näher erläutern. Insofern kann ich darauf verzichten.
Vor diesem Hintergrund bieten die Anträge von SPD und Grünen keinen verbesserten Lösungsansatz. Wir werden sie deshalb ablehnen, was Sie nicht übermäßig wundern dürfte. – Schönen Dank.
Danke schön, Herr Kollege Weisbrich. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Herr Sagel.
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ja, wir Grünen wollen den Mittelstand stärken, wir wollen Arbeitsplätze schaffen, und wir wollen all das in einem gerechten System der Besteuerung.
Schaut man nach Berlin – von der Großen Koalition haben wir schon einiges gehört –, dann muss man feststellen: Große Koalition – große Steuersenkung – große Ungerechtigkeit für kleine Leute. Die Finanzierungslücke liegt im Augenblick zwischen 5 Milliarden und 8 Milliarden €. Sie ist heute, nach neuesten Informationen des „Handelsblattes“, sogar noch ein Stückchen größer geworden: weil die Gewerbesteuer 2008 deutlich stärker sinken soll und eine neue Finanzierungslücke von 1 Milliarde € entsteht. Eine solche Politik wollen wir nicht. Deshalb haben wir einen entsprechenden Entschließungsantrag gestellt.
Wenn Herr Rüttgers die Aussage, dass die Senkung von Steuern die Wirtschaft voranbringt und Arbeitsplätze schafft, als „Lebenslüge“ bezeichnet, dann kann ich ihn zu dieser – sehr späten – Erkenntnis nur beglückwünschen. Allerdings machen Sie an dieser Stelle mit genau dieser Politik weiter. Das ist übrigens eine Tatsache, die ich hier schon seit Jahren verkünde. Vor ein paar Jahren haben Sie noch darüber gelacht; jetzt bezeichnet Herr Rüttgers das als Lebenslüge. Es ist schon sehr interessant, was da auf Ihrer Seite passiert.
Die Steuersätze sollen von knapp 39 % auf unter 30 % sinken. Als Argument dafür wird angeführt, dass das Aufkommen aus Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer, das zurzeit bei ungefähr 26,3 Milliarden € liegt und damit wieder gestiegen ist, so gut sei, dass man sogar die Werte von 2001 überschreite. Es ist aber so, dass die Einnahmen aus Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer im Jahr 2000 noch bei 30,5 Milliarden lagen.
Wenn man sich den SPD-Antrag ansieht, stellt man fest, dass es nur um Standortargumente, nicht aber um Gerechtigkeit geht. Deswegen gibt es innerhalb der SPD heftige Konflikte mit den Linken, die diese Form der Steuerreform kritisieren. Im „Handelsblatt“ von heute liest man, dass die Gewerbesteuer 2008 noch stärker sinken soll. Das, was Frau Walsken hier gerade gesagt hat, tritt in der Form also nicht ein. Frau Walsken, das, was die SPD hier macht, ist also kein Ruhmesblatt.
Auch bei der Hinzurechnung ertragsunabhängiger Elemente – die SPD hat sich damit gebrüstet, das durchgesetzt zu haben – sind Sie in den letzten Tagen eingeknickt. Auch dieser Punkt ist aufgegeben worden. Die Gewerbesteuer soll nun offensichtlich nicht, wie geplant, von 5 % auf 4 %, sondern auf 3,3 % sinken. All die Errungenschaften der SPD sind in der Verhandlungsrunde, die Herr Steinbrück mit Bund und Ländern durchgeführt hat, offenbar hinweggefegt worden.
Wir haben sehr deutlich gesagt: Wir wollen eine Reform, die mindestens aufkommensneutral ist. Angesichts der angespannten Lage der öffentlichen Haushalte der Länder und Kommunen muss sie aufkommensneutral abgewickelt werden. Es muss der Grundsatz gelten, dass zunächst Steuerschlupflöcher zu schließen sind und erst danach eine Senkung der nominalen Steuersätze erfolgt. Es ist eine Reform erforderlich, die das Investieren in Deutschland attraktiver macht, die mehr
Wachstum, mehr Arbeitsplätze und mittelfristig ein höheres Steueraufkommen schafft. Es ist nicht abzusehen, dass diese Ziele mit dieser Reform tatsächlich erreicht werden. Sie gehen, wie gesagt, von den falschen Prämissen aus.
Steuerliche Sonderregelungen sollten konsequent an die Erhaltung und Neuschaffung von Arbeitsplätzen gebunden werden. Zinsen und Finanzierungsanteile von Mieten, Pachten, Leasingraten und Lizenzgebühren sind voll zur Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer hinzuzurechnen.
Damit fielen Steuervorteile für Kredite weg, und es wäre unattraktiver, Gewinne ins Ausland zu verlagern. Dann könnten Steuermehreinnahmen verwendet werden, um die Unternehmensteuersätze zu senken. Dabei muss darauf geachtet werden, dass kleinere und mittlere Unternehmen nicht in der Substanz getroffen werden.
Dieses Anliegen hat der Bundesfinanzminister in seinen Vorschlägen nur unzureichend aufgegriffen. Er verzettelt sich, wenn er bei der Gewerbesteuer die eine Hälfte und bei der Körperschaftsteuer die andere Hälfte der Zinsen hinzurechnet. Bisher war vorgesehen, den Körperschaftsteuersatz von derzeit 25 % auf nur noch 12,5 % zu halbieren. Jetzt ist eine Absenkung auf 15 % geplant. Das macht deutlich: Man geht hier einen ganz anderen Weg.