Inwieweit sich darüber hinaus Risiken für den Landeshaushalt aus laut Zeitungsberichten bei der NRW.BANK vorhandenen, möglicherweise nicht vollständig werthaltigen Wertpapieren ergeben könnten, ist nicht abzusehen.
Unter den Umständen würde ich als Finanzminister dem Landesrechnungshof sagen: Da drohen Risiken. Guck dir das einmal an! – Wenn ich nichts zu verbergen habe, dann kann ich auch prüfen lassen. Jedenfalls kann ich mein Referat prüfen lassen, zumindest in meinem eigenen Ministerium, Herr Finanzminister. Dazu sollten Sie Stellung nehmen.
Ein größerer Skandal ist allerdings, dass bewusst missachtet wird, dass nur im Einvernehmen mit dem Landesrechnungshof die Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2009 zu bestellen sind. Die Gewährträgerversammlung, in der der Finanzminister eine nicht ungebührliche, eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielt, hat das jedoch einfach so beschlossen, ohne den Landesrechnungshof mit einzubeziehen. Herr Finanzminister, ich frage mich manchmal wirklich: Wie halten Sie es eigentlich mit Gesetzen und der Verfassung dieses Landes? Haben Sie nicht vor dem Hohen Hause einen Eid abgelegt? Und kommen Sie dem eigentlich noch nach?
Ich kann mir angesichts dieser Vorwürfe sehr gut erklären, mit welcher Philippika Sie hier geritten sind, wie Sie versucht haben, den Landesrechnungshof einzuschüchtern. Das erklärt sich mir durchaus. Bei der Schwere der Vorwürfe kann ich mir sehr gut vorstellen, dass es Sie nicht mehr auf Ihrem Sitz gehalten hat.
Sie haben die 36,68 Millionen € verbockt, auch wenn Sie fast eine halbe Stunde versucht haben, uns zu erklären, warum das nicht so sein soll. Mir haben Sie es nicht erklären können. Das ist für mich ein ungeklärter Tatbestand. Hinzu kommen die mehr als 30 Millionen €. Die genaue Summe konnten Sie uns gestern nicht nennen. Der heutigen Zeitung konnte man eine Summe entnehmen. Grunderwerbssteuer in Höhe von 30 Millionen € ist nicht gezahlt worden, weil Sie an diese Heuschreckenstruktur mit ihren vielen Untergliederungen, wo dann in den Unterlagen Säuglingsdaten auftauchen,
verkauft haben. Hätten Sie an die kommunalen Unternehmen verkauft, wäre das Geld im Lande geblieben. Die kommunalen Unternehmen hätten die Grunderwerbsteuer zahlen müssen und auch gezahlt. Das kommt zu den 36 Millionen € noch hinzu. Dann sind wir schon bei 75 bis 80 Millionen €, die dem Lande verloren gegangen sind.
Erlauben Sie mir noch eine Bemerkung, weil ich über Ihr Verhalten hier ein bisschen fassungslos bin.
Sie sagen, eine Prüfung findet erst nach Abschluss statt. Wo kommen wir denn da hin, wenn wir immer erst nach Abschluss prüfen lassen würden? Das würde doch bedeuten, dass man Dinge über Jahre verzögern könnte. Dann würde überhaupt nicht mehr geprüft. Ist das Ihre Vorstellung von einer vernünftigen und anständigen Haushaltsführung, dass überhaupt nicht mehr in Nordrhein-Westfalen geprüft wird? Wollen Sie das durchsetzen, Herr Minister? Ich erwarte Ihre Antwort auch von dieser Stelle aus.
Meine Damen und Herren, wir werden mit diesem Bericht im Haushaltskontrollausschuss noch lange zu tun haben. Auch wenn wir am Ende in vielen Bereichen gemeinsame Beschlüsse fassen, geht es doch im Detail darum, alle diese Vorwürfe aufzuklären, dazu Stellung zu nehmen und nicht zu versuchen, den Landesrechnungshof oder Menschen, die einen kritischen Finger in die Wunde legen, einzuschüchtern. Das werden wir als Bündnis 90/Die Grünen in diesem Hohen Hause nicht hinnehmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Finanzminister, was Sie anlässlich der Zusammenziehung dieser beiden Tagesordnungspunkte im Hinblick auf den Landesrechnungshof heute hier gemacht haben,
ist in diesem Parlament einmalig. Herr Dr. Linssen, ich frage mich, ob Sie tatsächlich noch auf dem Boden der Verfassung stehen, wenn Sie hier ein Verfassungsorgan in seiner Bedeutung herabsetzen.
Ich erkläre für meine Fraktion, dass wir ihn prüfen werden – auch im Hinblick auf das, was hier im Einzelnen vorgetragen worden ist.
Herr Kollege Hüsken, auch bei Ihnen glaube ich nicht mehr ernsthaft, dass Sie wissen, was in unserer Landesverfassung steht. Dass Sie heute hier wörtlich gesagt haben – ich zitiere –, der Landesrechnungshof möchte Politik spielen, ist nicht nur unglaublich; das ist eine Unverschämtheit.
Denn damit diskreditieren Sie nicht nur die verfassungsmäßig gebotene Neutralität des Landesrechnungshofes, sondern unterstellen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, dass sie parteipolitisch agieren. Das ist unglaublich.
Herr Kollege Hüsken und Herr Finanzminister, ich bin sehr sicher, dass der Landesrechnungshof entsprechend reagieren wird. Ich sage Ihnen auch deutlich: Wir werden das genau prüfen.
Ganz genau! – Deshalb werde ich mir das Thema sehr gerne noch einmal vornehmen, Herr Finanzminister.
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Weisbrich, bevor Sie sich dieses Themas annehmen?
Das ist lieb, Frau Kollegin Walsken. Ich habe ja auch gehört, was der Finanzminister gesagt hat. Könnten Sie mir vielleicht eine Stelle nennen, an der er gegenüber dem Landesrechnungshof den Vorwurf der Parteilichkeit erhoben hat? Ich habe nur gehört, dass er Paragrafen zitiert und gesagt hat, sie gäben dieses und jenes nicht her. Den Vorwurf der Parteilichkeit hat er in dieser Rede aber doch weder der Präsidentin noch den Mitarbeitern des Landesrechnungshofs gemacht.
Zitiert habe ich Kollegen Hüskens mit seinem Vorwurf – ich sage es noch einmal –: Der Landesrechnungshof möchte Politik spielen.
ja, dafür haben wir Protokolle –, dass Sie hier eine Bemerkung gemacht haben, die sinngemäß – deshalb habe ich auch nicht zitiert – den Eindruck erweckt, dass der Landesrechnungshof „irgendwer“ sei.
Das schauen wir uns ganz genau an; denn an diesen beiden Punkten wird deutlich, welche Einstellung Ihr Minister – Sie tragen ja diese Landesregierung – zum Landesrechnungshof hat.
Das Thema LEG würde ich nun gerne fortsetzen. Ich bin der Auffassung, dass dieses Thema nach den Einlassungen gestern, offensichtlich zu einer schweren Belastung für die Landesregierung, aber auch für Herrn Finanzminister Linssen ganz persönlich wird.
Nachdem der Verkaufsprozess sich als dubioser LEG-Deal entpuppt hat – das können wir heute ja in den Zeitungen nachlesen; so war es zum Beispiel in der „Rheinischen Post“ sehr schön formuliert – und die Landesregierung wegen aufgedeckter Briefkastenfirmen offensichtlich unter Druck gerät, sind die Prüfungsergebnisse des Landesrechnungshofs aus meiner Sicht noch einmal in einem ganz anderen Licht zu sehen und von noch größerer Bedeutung.
Dort wird nämlich nachgewiesen, dass weder der Kaufpreis vereinbarungsgemäß aufgeteilt wurde noch der Finanzminister den Rechnungshof entsprechend unterrichtet hat. Das wiegt umso schwerer, als dass der Rechnungshof, hätte er umfassende Auskünfte gehabt, vom Land bzw. von der NRW.BANK einen Schaden in Höhe von 36,68 Millionen € hätte abwenden können.
Hier ist eine Menge Geld verloren gegangen, weil Sie, Herr Minister, offensichtlich ein gestörtes Verhältnis zum Landesrechnungshof haben. Ich würde heute nach der gestrigen Debatte sagen: Das haben Sie bewusst und planvoll gemacht, und zwar deshalb, weil Sie auch dem Landesrechnungshof wie dem Parlament nicht die Chance geben wollten, hinter das zu blicken, was beim LEG-Verkauf wirklich passiert ist.
Ich bin seit 1990 in diesem Parlament und habe selten so deutliche Prüfungsfeststellungen gelesen. Eben haben die Kollegen aus der CDU angemahnt, wir sollten uns auf den Bericht konzentrieren. Das will ich gerne tun und einmal von Seite 292 zitieren. Dort heißt es, der Landesrechnungshof habe
die nicht ordnungsgemäße Unterrichtung des FM als schwerwiegende Einschränkung seiner Rechte und die Weigerung, die erbetenen Unterlagen vorzulegen, als ein Unterlaufen seines verfassungsmäßigen Auftrags gerügt.
Meine Damen und Herren, eine solche Prüfungsfeststellung mit einer solchen Formulierung ist Ergebnis langer Recherchen im Landesrechnungshof. Herr Finanzminister, ich bin sicher, dass diese Recherchen des Landesrechnungshofs so solide sind, dass sie auch der Erwiderung standhalten, die Sie heute zu diesem Punkt gegeben haben.
Ich habe mir noch einmal genau angeschaut, wie der Vorwurf lautet. Nach Beendigung des Bieterverfahrens war die Kaufpreisverteilung vertraglich vereinbart. Ohne erkennbare Gründe haben Sie von dieser Regelung Abstand genommen. Eben haben Sie gesagt, es habe eine neue Phase gegeben, die man eingezogen habe, eine Zwischenphase. Herr Finanzminister, warum hat der Landesrechnungshof nicht davon Kenntnis bekommen, dass es eine solche neue Phase gab?