Ewald Groth

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Wenn ein Ereignis eintritt, auf das man sich seit langer Zeit sehnlichst hin orientiert hat, wenn der Bericht endlich fertig vor einem auf dem Tisch liegt, auf den man sehr ernsthaft und intensiv hingearbeitet hat, mit einem Ergebnis, das wirklich sehr, sehr gut ist, einem Ergebnis, an dem andere großen Anteil haben und die gleiche Freude empfinden, wie ich sie heute empfinden kann, dann fehlen einem fast die Worte. Mir jedenfalls fehlen sie, das zu beschreiben und das adäquat vorzustellen, was wir dort getan haben und was daraus zu erfolgen hat. So geht es mir jedenfalls in diesem Moment. Es liegt auch ein bisschen daran, meine Damen und Herren, dass das heute meine letzte Plenarrede in diesem hohen Hause ist.
Die Entstehungsgeschichte und der Ursprung für mich und für die Fraktionen war die Tat in der Jugendhaftanstalt vom 11.11.2006, dem Tag, als der 20-jährige Hermann H. von drei Mitgefangenen zunächst über Stunden unsagbar brutal misshandelt und gequält worden und in der Nacht erhängt worden ist. Diese Tat lag der Einsetzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zugrunde, dem ich damals angehörte und der die politische Verantwortlichkeit für das Geschen klären sollte.
Meine Damen und Herren, durch diese Arbeit wurde ich nicht nur mit den schrecklichen Einzelheiten dieser Tat konfrontiert, sondern das erste Mal auch mit der harten Wirklichkeit des Jugendstrafvollzugs in NRW, mit den Schwierigkeiten, den Missständen und dem Engagement der Bediensteten, aber auch mit den begrenzten Möglichkeiten, auf die jungen Inhaftierten mit ihren individuellen, vielschichtigen Problemkonstellationen erzieherisch und resozialisierend einwirken zu können.
Eigentlich war ich auch ein bisschen erschrocken. Ich war damals schon mehr als zehn Jahre Mitglied
des Hauses, auch wenn ich mich nicht um Vollzug gekümmert habe. Aber wir verantworten hier diese Zustände. Diese Tat hat mich erschrecken lassen und mich dazu angespornt, dafür zu werben, dass aus diesem Untersuchungsausschuss eine Enquetekommission wurde. Das wurde sie dann auch. Dank der Einsicht aller haben wir sie bekommen.
Dass am Ende alle Fraktionen dieser Enquete zugestimmt haben, war auch für mich ein seltener Glücksmoment, für den ich sehr dankbar bin, weil ich dieser Arbeit angehören durfte.
Jetzt hat diese Kommission auch noch einen gemeinsam erarbeiteten Bericht ganz ohne Sondervoten, von allen Mitgliedern getragen, vorzuweisen, wovon ich als Grüner nicht zu träumen gewagt hätte. Das ist ein Ergebnis, meine Damen und Herren, das sich sehen lassen kann.
Das ist bahnbrechend. Die Fragen, was in NRW geschehen muss, damit unsere Kinder und Jugendlichen nicht in eine Spirale aus Kriminalität und Gewalt geraten oder – mehr auf unsere eigene Verantwortung hier im Hohen Hause hinweisen – was wir Politikerinnen und Politiker tun können und müssen, welche Rahmenbedingungen von uns zu schaffen sind in NRW, damit möglichst alle Kinder und unsere Jugendlichen von vornherein mit jenen Kompetenzen und Ressourcen ausgestattet werden können, die sie benötigen, um ihr eigenes Leben innerhalb unserer Gesellschaft straffrei bewältigen zu können, diese beiden Fragen und insbesondere die Antworten darauf waren bisher höchst umstritten. Absolut! Ungefähr so, wie heute Morgen die Energiepolitik in der Aktuellen Stunde in diesem Hohen Hause zelebriert worden ist. Höchst umstritten!
Das ist vorbei. Diese Zeit einfacher und populistischer Erklärungsmodelle angesichts von jungen Menschen begangener Gewaltdelikte in NRW ist endgültig vorbei. Dieser Bericht wird seinen Weg in die Fachöffentlichkeit finden, dort und anderswo aufmerksam gelesen werden. Er wird alte Reflexe in Richtung Strafverschärfung überhaupt nicht mehr zulassen, auch nicht im Wahlkampf, meine Damen und Herren. Ich hoffe, es hält auch noch nach dem Osterfrieden, dass das hier in Nordrhein-Westfalen jedenfalls bei der Einigkeit, die wir gefunden haben, kein Thema mehr ist.
Das beeindruckende Fachwissen unserer sachverständigen Mitglieder und derjenigen, die uns mit ihrer Expertise auch von außen zugearbeitet haben, hat sich in diesem Bericht prägend ausgewirkt. Dafür danke ich Ihnen allen oben auf der Tribüne noch einmal recht herzlich.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte ein paar Beispiele nennen,
die mir persönlich besonders erwähnenswert erscheinen und die den Geist des Berichts widerspiegeln:
„Frühe Hilfen statt späte Härte“ ist die Grundaussage des Berichts, die für alle Lebenssituationen unserer Kinder und Jugendlichen gilt. Frühe Hilfen sind wirksam und zahlen sich zudem finanziell aus. Einem in erfolgreiche Präventionsprogramme investierten Euro stehen, je nach Untersuchung und wenn man einen ganzen Lebenszyklus betrachtet, 2 € bis insgesamt sogar 10 € an ersparten Transferleistungen und Resozialisierungsaufwendungen gegenüber. Es gilt: Je früher investiert wird, desto größer sind die Effekte. Meine Damen und Herren, da müssen wir ran.
Wir haben uns gefragt: Wie professionell sind eigentlich unsere Profis? Hier haben wir durchaus Entwicklungspotenziale erkennen können. Die Aus- und Weiterbildung derjenigen Fachkräfte, die eine an der Lebenssituation der Kinder und Jugendlichen und Heranwachsenden orientierte pädagogische Arbeit in der Jugendhilfe, der Schule oder im Jugendstrafvollzug leisten müssen, ist so zu gewährleisten, dass sie insbesondere die Handlungskompetenzen im Umgang mit schwierigen und verhaltensauffälligen jungen Menschen erhöht. Das, meine Damen und Herren, firmiert unter dem Gesichtspunkt Basisqualifikation. Man muss wissen, dass es diese Auffälligkeiten gibt, man muss wissen, wie man interveniert, und man muss wissen, wen man zu Hilfe ruft. All das gibt es in diesen Feldern bislang nur unzureichend. Auch da müssen wir ran.
Mehr denn je brauchen wir zunehmend Fachkräfte, die selbst einen Migrationshintergrund haben. Auch das ist ein Arbeitsfeld, das wir beackern müssen.
Meine Damen und Herren, ich komme zum vorletzten Punkt: Den Genderaspekt haben wir in unserer Arbeit nicht beiseite gelassen. Wir haben uns nach intensiv geführter Diskussion darauf einigen können, dass wir von den zentralen Akteuren im Präventionsbereich in Zukunft verlangen, die Geschlechterperspektiven in ihre Arbeit einfließen zu lassen. Weil abweichendes Verhalten im Einzelfall eng mit den unterschiedlichen Lebenssituationen von Mädchen und Jungen im Zusammenhang stehen könnte, empfehlen wir die Vermittlung von Geschlechterwissen als Basisqualifikation für alle, die in diesem Feld tätig sind. Auch daran scheitert es heute teilweise noch. Es gilt, der Verfestigung von rigiden Geschlechternormen frühzeitig entgegenzuwirken, zu denen auch die gewalttätige Konfliktbereinigung als Ausdruck einer tradierten Männlichkeit gehören kann.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich als Letztes noch auf die Einrichtung einer Landesprä
ventionsstelle eingehen: Diese Stelle wollen wir als Koordinierungsstelle verstanden wissen, als zentralen Knotenpunkt im Präventionsnetzwerk in NRW, der in der Lage ist, die bislang bestehenden Zuständigkeitsgrenzen der Jugendhilfe unter Beibehaltung derzeitiger Hilfesysteme zu überwinden. Es soll eine Servicestelle sein, an die sich Jugendämter, Jugendstaatsanwälte, die Jugendgerichtshilfe, aber auch Träger und der Gesetzgeber, alle, die etwas wissen wollen, wenden können, um dort Informationen abzurufen, wenn es darum geht, für Handlungen Empfehlungen zu bekommen.
Meine Damen und Herren, bahnbrechend ist zudem die Empfehlung, sich vom Jugendstrafvollzug der herkömmlichen Art dauerhaft abzuwenden und stattdessen konsequent auf die pädagogische Ausgestaltung der Erziehungshilfe auf allen Ebenen zu setzen. Auch der Vollzug findet, wenn er im Einzelfall nicht zu vermeiden sein sollte – so die Erkenntnisse aus der Kommission –, möglichst nur noch in offenen bzw. freien Formen und in Wohngruppen statt. Zudem gilt es, wie auch Herr Engel gesagt, die U-Haft wegen der negativen Wirkungen möglichst ganz zu vermeiden. Das, meine Damen und Herren – das muss man ausdrücklich sagen –, ist ein Paradigmenwechsel, das ist bahnbrechend.
Genauso eindeutig will ich sagen: Es ist nicht als Affront gegen die jetzt Handelnden im Vollzug, gegen den Vollzugsapparat gemeint, sondern als Einladung zu verstehen, gemeinsam mit dem Parlament eine Neuausrichtung vorzunehmen. Das wird dauern, meine Damen und Herren – eine Legislaturperiode, zwei Legislaturperioden, vielleicht auch länger –, aber anfangen wir müssen schon jetzt.
Wenn die Politik meint, mit der heutigen Kenntnisnahme des Berichts sei die Arbeit erledigt, hat sie sich gewaltig getäuscht. Es ist ein erster, wenn auch fulminanter Auftakt für eine überfällige gesamtgesellschaftliche Diskussion, die jetzt folgen muss. In der nächsten Legislaturperiode kommt die Umsetzung der Handlungsempfehlungen auf das Parlament zu. Auch ist die nächste Regierung gehalten, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sich in NRW eine effektive, moderne und am Wohl der Kinder und Jugendlichen orientierte Präventionspolitik etablieren kann, die letztlich uns allen, auch möglichen weiteren Opfern, zugute kommt.
Meine Damen und Herren, ich danke den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktionen, insbesondere Olaf Behnk und Annegret Ott, den Kolleginnen und Kollegen Sprechern aus den Fraktionen, Bernhard Tenhumberg, Markus Töns, Horst Engel, und natürlich der Vorsitzenden.
Ich bin stolz, aber mehr noch dankbar, dass ich Teil dieser Enquetekommission sein durfte. Es hat sich wirklich gelohnt. Manche von Ihnen kennen mich sonst eher in der Rolle des Haudrauf. Das habe ich Ihnen heute in meiner letzten Rede erspart. Dies macht mich ein Stück weit glücklich; denn die Ergebnisse, die man erreichen kann, wenn man sich gemeinsam vorgenommen hat, im Interesse des Landes zu handeln, sind oftmals viel besser, als wenn man sich nur zänkisch streitet, meine Damen und Herren. Das ist die Erkenntnis.
Weil dies meine letzte Plenarrede ist, lade ich Sie recht herzlich ein, nach diesem Tagesordnungspunkt nicht ganz sang- und klanglos auseinanderzuscheiden, sondern gleich drüben noch ein Gläschen mit mir zu sich zu nehmen. Dazu sind Sie alle recht herzlich eingeladen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Weisbrich, ich nehme zur Kenntnis, dass Sie auch am Ende der Legislaturperiode immer noch nicht in der Verantwortung angekommen sind.
Sie glauben immer noch, Sie könnten alles auf eine Zeit davor schieben. Sie tragen aber die Verantwortung für die letzten fünf Jahre. Dazu müssen Sie hier und heute auch stehen.
Frau Freimuth, ich kann es ja verstehen: In Wahlkampfzeiten versucht man immer, nur das Positive herausstellen. Man weiß aber für sich selber, Frau Freimuth und Herr Weisbrich, dass man besser das verschweigen sollte, was nicht so gut zu Buche steht. Dafür sind wir als Opposition da. Dafür gibt es diese Bilanz, die von der SPD sehr sauber aufgeschrieben worden ist.
Ich möchte dazu einiges sagen, will Sie aber nicht mit vielen Zahlen verwirren. Man muss schon eine Expertin oder ein Experte sein, um da noch durchzublicken. Ich glaube, dieses Ziel verfolgen Sie auch. Deshalb will ich dem eindeutig nicht nachgeben. Ich will Sie nicht mit Zahlen verwirren, sondern ganz klare Fakten nennen.
Herr Weisbrich, Sie haben gerade PEM so hoch gelobt. Dabei verschweigen Sie, dass 1.000 Finanzbeamte weniger im Dienst und Steuerprüfer weg sind. Das sind hochqualifizierte Persönlichkeiten, die lange ausgebildet wurden und dafür sorgen würden, dass anständige Steuereinnahmen in den Staatssäckel fließen. Die fehlen uns. Sie sind teilweise mit einem goldenen Handschlag frühpensioniert worden und arbeiten jetzt in Steuerkanzleien. Das ist die Bilanz Ihrer Regierungszeit zu PEM. Ein Faktum, das Sie gerne verschweigen!
Ein weiteres Faktum! Es ging ja gerade um Hochschul- und Fachhochschulplätze. Ja, natürlich sind neue Fachhochschulen gegründet worden. Aber diese arbeiten zum Teil noch gar nicht. Das sind zum Teil kleine Standorte mit 20 Studienplätzen ohne Mensa, ohne Bibliothek und ohne Labore. Sie verschweigen, Frau Freimuth, dass noch in diesem Jahr 20.000 Studienplätze geschaffen werden müssten – was unmöglich ist –, um den Verpflichtungen nachzukommen, die wir als NordrheinWestfalen gegenüber dem Bund eingegangen sind. Das können Sie nicht mehr schaffen. Auch das müssen Sie der Öffentlichkeit sagen. Sie haben auch in diesem Bereich keine gute Bilanz.
Meine Damen und Herren, das macht deutlich, dass es nicht 5:0 für Sie steht und Sie nicht mit drei Punkten positiv abschneiden, Herr Weisbrich,
sondern dass Sie aufgrund der Fakten, die ich hier nenne und die auch aufgeschrieben sind, gegen den Abstieg kämpfen.
Sie kämpfen eindeutig gegen den Abstieg in die Zweitklassigkeit. Da gehören Sie finanzpolitisch auch hin.
Finanzpolitisch ist die Bilanz desaströs, und zwar nicht nur im Hinblick auf Ihre Ankündigungen, sondern auch in absoluten Zahlen.
Ich möchte jetzt noch zwei Themen ansprechen, da der Finanzminister und auch Sie, Herr Weisbrich, immer gerne Geschichtsklitterung betreiben. In der rot-grünen Regierungszeit, Herr Finanzminister – hören Sie gut zu, damit Sie dies gleich in Ihrer Rede bestätigen können –,hatten wir von 2002 bis 2004 insgesamt Steuereinnahmen in Höhe von 174,6 Milliarden €. In Ihrer Regierungszeit von 2005 bis 2009 betrugen die Steuereinnahmen 192,7 Milliarden €. Das sind etwa 18 Milliarden € mehr. Das haben Sie nicht verdient, sondern ist Ihnen wegen guter Konjunktur, im Übrigen wegen guter rot-grüner Politik im Bund zugeflossen.
Das ist eine Erblast von Rot-Grün im Bund. Hätten Sie in dieser Zeit die Kommunen anständig beteiligt – Sie sagen ja immer, es fließt den Kommunen viel mehr Geld zu als zu rot-grüner Zeit –, hätten Sie ihnen 23 % davon gegönnt, dann hätten Sie ihnen 4 Milliarden € mehr zahlen müssen als zur rot-grünen Zeit. Betrachtet man aber die Einnahmen aus dem GFG aus den Jahren 2000 bis 2004 und auch 2005 bis 2009, so stellt man fest, dass Sie exakt die gleiche Summe, nämlich 34,4 Milliarden €, an die Kommunen ausgezahlt haben, genau wie Rot-Grün.
Das heißt: Faktisch haben Sie in Ihrer Regierungszeit bei Steuermehreinnahmen von 18 Milliarden € die Kommunen um 4 Milliarden € betrogen. Das macht jedes Jahr 1 Milliarde € im GFG aus, die anderen Dinge noch gar nicht mitgezählt.
Meine Damen und Herren, das zeigt sehr deutlich, in welchem Desaster Sie hier enden. Und trotz dieser 18 Milliarden € Mehreinnahmen haben Sie 13 Milliarden € Nettoneuverschuldung obendrauf gepackt. Das heißt, Sie gehen mit 130 Milliarden € als die größten Schuldenmacher und als diejenigen mit dem höchsten Ausgabenstand aller Zeiten und gleichzeitig dem höchsten Einnahmestand aller Zeiten in die Geschichte ein.
Das ist das eigentliche Desaster.
Jetzt möchte ich den Blick in die Zukunft richten, weil es ja auch darum geht, zu zeigen, wie es weitergeht. Hier möchte ich den Ministerpräsidenten aus dem „Spiegel“ vom 8. Februar 2010 zitieren:
Das Wohl meiner Kommunen ist mir wichtiger als Steuerentlastungen, für die in Wahrheit kein Geld da ist und die nicht automatisch zu mehr Arbeitsplätzen führen.
So weit, so gut. Das finden wir richtig. Das würden wir sogar unterstützen. Wir würden es richtig finden,
wenn dieser Ministerpräsident dies auch so durchhalten würde. Ich zitiere weiter:
Nordrhein-Westfalen wird keiner Steuersenkung zustimmen, die dazu führt, dass in unseren Städten und Gemeinden Theater und Schwimmbäder geschlossen werden müssen. Ich werde es auch nicht zulassen, dass der Ausbau von Kindergärten ins Stocken gerät.
Dazu nur zwei Anmerkungen, meine Damen und Herren:
Erstens. Das haben Sie mit Ihrer Zustimmung zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz längst getan.
So weit zur Lauterkeit und zur Wahrheit!
Zweitens. Schwimmbäder werden landauf, landab geschlossen. Das ist das Ergebnis Ihrer desaströsen Politik den Kommunen gegenüber. Das ist auch nichts Neues. Das ist auch keine Zukunftsmusik, sondern das sind die Tatsachen in NordrheinWestfalen. Sie finden in Nordrhein-Westfalen nur noch eine Handvoll von Kommunen, die ihren Haushalt ausgleichen können.
Das ist der volkswirtschaftliche Schaden, den Sie anrichten, indem Sie einen Ritt durch die kommunalen Finanzen geführt haben, indem Sie sie ausgebeutet haben und indem Sie sie haben ausbluten lassen, damit Sie eine Senkung der eigenen Nettoneuverschuldung proklamieren können. Das ist volkswirtschaftlicher Unsinn, meine Damen und Herren, und ein Ergebnis Ihrer Politik.
Am Freitag geht es im Bundesrat wieder um Steuersenkungen. Daher richte ich diese Frage an die Landesregierung – und ich möchte heute eine Antwort bekommen; schließlich geht es um weitere 1,7 Milliarden € an Entlastung für die Unternehmen –: Wird die Landesregierung vor dem Hintergrund der Aussagen des Ministerpräsidenten, Herrn Dr. Rüttgers, diesen Steuersenkungen im Bundesrat am Freitag zustimmen?
Ja, gerne.
Entschuldigung. Wo ist er denn?
Herr Brakelmann,
es ist gut, dass Sie daran noch einmal erinnern. Aber das bestätigt genau das, was ich am Anfang gesagt habe. Nein, ich habe das nicht vergessen. Das ist eine schwere Last; da gebe ich Ihnen völlig recht. Aber das bestätigt im Übrigen nur eines: dass Sie von 2005 bis 2010 hier nicht regiert haben wollen. Sie sind noch nicht einmal heute bereit, die Verantwortung für die letzten fünf Jahre zu übernehmen, und Sie wollen die Verantwortung immer noch in eine Zeit davor verschieben.
Meine Damen und Herren, so lassen wir Sie nicht davonkommen. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Wir wollen hier und heute wissen …
Aber sehr gerne.
Herr Kollege Becker, es fällt mir nicht schwer, diese Frage zu beantworten. Das sind nämlich genau die Punkte. Es summiert sich. Es sind wie bei der Schülerbeförderung oder den Krankenhausinvestitionen zum Teil kleine Beträge, aber auch diese summieren sind. Da ist der Solidarbeitrag Ost dabei. Da ist die Grunderwerbsteuer dabei. Sie haben das sehr sauber aufgelistet. Im Jahr macht das mehr als 1 Milliarde € aus.
Das hat sich die Landesregierung aus dem kommunalen Fleisch geschnitten.
Das ist eine ausgesprochen richtige Rechnung, Herr Kollege Becker, und das beweist, dass die Landesregierung die Kommunen in dieser Legislaturperiode um mehr als 4 Milliarden € betrogen hat.
Das kann man auch jetzt an der desaströsen Lage festmachen.
Als der Finanzminister im letzten Sommer sagte: „Ja, wir haben erkannt, dass man die Altschuldenproblematik der Kommunen angehen muss“, haben wir gedacht: Jetzt fängt er an. – Das ist aber fast ein Jahr her. Bis heute gibt es kein Konzept, um dieser Frage zu begegnen. Stattdessen rühmt man sich heute der eigenen Regierungszeit und will die Verantwortung für das desaströse Verhalten gegenüber den Kommunen nicht auf sich nehmen. Damit, meine Damen und Herren, werden wir Sie nicht durchlassen. Die Bilanz für diese Landesregierung ist eindeutig negativ, was Haushalt und Finanzen angeht.
Nicht nur an Ihren eigenen Vorgaben sind Sie gescheitert, sondern auch in absoluten Zahlen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Herr Minister, da wir nicht bei Halbwahrheiten bleiben wollen, müssten Sie auch bestätigen …
Haltet doch einmal das Wasser, Kollegen. Ich weiß ja, dass es euch bis hierhin steht und dass ihr Angst habt unterzugehen.
Es gibt auch viele Anhaltspunkte dafür, weil wir nicht alle zum Schwimmer werden lassen in Nordrhein-Westfalen.
Wenn etwas Ruhe eingetreten ist, will ich meine Frage gerne zu Ende stellen: Herr Finanzminister, Sie müssten aber auch bestätigen können, dass Sie zwischen den Jahren 2005 und 2009 – das war ausweislich die Regierungszeit von Schwarz-Gelb – insgesamt 192,7 Milliarden € eingenommen haben. Das sind 18 Milliarden € mehr als in den Jahren 2000 bis 2004. Gleichzeitig haben Sie noch einmal eine Nettoneuverschuldung von 23 Milliarden € draufgehäuft.
Also: Sie haben zu den 18 Milliarden € Steuermehreinnahmen noch einmal 23 Milliarden € dazugetan. Das macht insgesamt 41 Milliarden €. Die müssten Sie neben den Halbwahrheiten, die Sie gerne verbreiten, um sich in ein positives Licht zu stellen, hier der Ehrlichkeit halber bestätigen.
Herr Minister!
Das bringt schon etwas; bei den Halbwahrheiten, die hier verbreitet werden, ist das für die Öffentlichkeit schon wichtig. – Können Sie vor dem Hintergrund, dass Sie sich für Ihre hohe Nettoneuverschuldung gerne mit der Aussage entschuldigen, wir seien in der schärfsten Wirtschaftskrise nach dem Zweiten Weltkrieg – das ist ja zugestanden –, bestätigen, dass Sie trotz dieser schwersten Wirtschaftskrise nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahre 2009, also im schlimmsten Jahr der Krise, gegenüber 2004 immer noch 3,8 Milliarden € Mehreinnahmen hatten? Können Sie das bestätigen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man merkt schon, wie dünnhäutig Sie geworden sind. Das ist schon sehr, sehr deutlich.
Sie sind in der Koalition mit Ihrer Wirtschaftspolitik gescheitert – eindeutig.
Ach, da muss man gar nicht so weit zurückgucken. Sie schauen ja immer gerne ganz weit zurück, damit man Ihre Verfehlungen der letzten fünf Jahre nicht mehr sieht.
Ich gucke gar nicht so weit zurück. Sie sind wirtschaftspolitisch völlig gescheitert. Nehmen Sie doch nur mal die Möwenpick-Geschichte! Denken Sie an die Steuersenkung auf Pump! Alleine das ist ein Desaster.
Sie sind in der Wirtschaftspolitik völlig gescheitert. Ich will jetzt gar nicht auf eine FDP eingehen, die auch mal Leute wie Hamm-Brücher gekannt hat,
die in der Innenpolitik liberales Urgestein gewesen sind. Die haben Sie alle verloren. Auch in der Innenpolitik sind Sie völlig gescheitert. In der Finanz- und Haushaltspolitik sowieso!
Meine Damen und Herren, Steuersenkung auf Pump erklärt sich von alleine. Das ist ein Desaster, das wir in Nordrhein-Westfalen nicht weiter mitmachen sollten.
Ich will am Ende meines Redebeitrags noch mal auf die Frage an die Landesregierung kommen, wie sie weiter zu verfahren gedenkt. Sie, meine Damen und Herren von der CDU, die hier Ihrem Finanzminister Beifall spenden – es hätte nur noch gefehlt, dass Sie aufstehen –, sind ungefähr so wie
das Orchester, das beim Untergang der Titanic noch möglichst lange spielen soll.
Diesen Eindruck vermitteln Sie hier. Ihnen steht das Wasser schon bis zum Hals. Und dann singen Sie noch ein Lied, dessen Text Sie schon längst vergessen haben.
Meine Damen und Herren, dieses Land ist nicht im Aufstieg begriffen. Dieses Land ist im Abstieg, und diesen Abstieg werden wir aufhalten müssen – nach dem 9. Mai.
Ich gehe Ihnen ein paar Beispiele.
Ganz ruhig!
Gilt das eigentlich als Redezeit, wenn ich so unterbrochen werde, Herr Präsident? Sind das alles Zwischenfragen? Das würde meine Redezeit verlängern.
Auf jeden Fall.
Herr Weisbrich, das war unterirdisch. Persönlich halte ich Sie für einen netten Kerl. Aber das gerade war ziemlich unterirdisch.
Wir haben uns auch schwergetan: in der Fraktion, in der Partei. Das kennen Sie ja. Wer in einer Partei und in einer Fraktion ist, weiß, dass man sich immer schwertut – auch mit den eigenen Leuten:
Aber für die grüne Politik gilt jedenfalls, dass wir immer – ausschließlich – eine stringente Linie verfolgt haben: eine sozialpolitisch stringente Linie, eine ökologisch stringente Linie und nicht zuletzt eine wirtschafts- und finanzpolitisch stringente Linie. Die wird auch ohne Groth weitergeführt! Das ist entscheidend!
Deshalb kann ich auch guten Mutes aus diesem Landtag ausscheiden. Ich weiß nämlich, dass diese Politik weitergehen wird,
auch verbessert weitergehen wird – hoffentlich mit anderen Mehrheiten.
Ich will Ihnen Beispiele für den Abstieg von NRW geben.
Zu rot-grüner Zeit sind wir im Bund-LänderFinanzausgleich immerhin noch Zahlerland gewesen. Als Zahlerland haben wir an die anderen Bundesländer meistens eine halbe Milliarde Euro zahlen müssen. Zu Ihrer Regierungszeit sind wir abgestürzt: Am Anfang des Jahres sind wir meistens Nehmerland, am Ende des Jahres gleicht sich das in der Regel wieder aus, sodass wir weder etwas bekommen noch bezahlen. Das ist Abstieg, meine Damen und Herren, im Vergleich zu den anderen Bundesländern.
Auch bei solchen Dingen wie Ausbau der Kindertagesstätten und Ganztagsbetreuung waren wir zu unserer Regierungszeit wenn auch – zugegeben – auf einem geringen Niveau
so doch im Vergleich mit den anderen Bundesländern immerhin vorne. Jetzt sind wir hinten angelangt, meine Damen und Herren.
Sie werden in die Geschichte als diejenigen eingehen, die die WestLB abwickeln mussten. Das ist aber noch nicht mal das Schlimmste; es wird zum diskriminierungsfreien Verkauf kommen, wie die EU-Kommission das vorgeschrieben hat. Mir geht es vielmehr darum – und das finde ich wirklich schlimm –, dass der Finanzminister und diese Koalition es in einer so schwierigen Zeit, wenn es um das größte Anlagevermögen des Landes geht, nicht hinbekommen haben, bei der Opposition dafür zu werben, dies mit der WestLB durchzustehen und zu
einer vernünftigen Lösung zu kommen. Stattdessen hat es bis zum heutigen Tag Beschimpfungen und Verunglimpfungen gegeben. Ich habe das gerade wieder von Frau Walsken gehört. Die Geschichte mit der LBBW – all das sind Verunglimpfungen und Beschimpfungen, die so nicht der Wahrheit entsprechen.
Meine Damen und Herren, das muss man Ihnen vorwerfen. Wenn man ein Land regiert, dann sollte man die Größe und die Verantwortungsbereitschaft haben, in schwierigen Zeiten, wenn es um das größte Anlagevermögen des Landes geht, die Opposition mit ins Boot zu holen. An der Stelle haben Sie völlig versagt.
Zu guter Letzt will ich meine Frage wiederholen, weil der Finanzminister sie nicht beantwortet hat. Wir hatten das Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Herr Rüttgers hat mitverhandelt und den Koalitionsvertrag in Berlin mitgetragen. Wachstumsbeschleunigungsgesetz heißt ja nicht, dass das Wachstum tatsächlich beschleunigt wird und Arbeitsplätze geschaffen werden. Vielmehr ist es ein schuldenfinanziertes Steuerentlastungsprogramm für Erben und Hoteliers. Trotzdem: zugestimmt – Vergangenheit.
Am nächsten Freitag geht es im Bundesrat darum, einer weiteren Steuersenkung von 1,7 Milliarden € zuzustimmen. Es geht jetzt nicht um die 17 Milliarden €, die Sie noch vorhaben; das alles belastet Länder und Kommunen gleichermaßen. Es geht mir heute nur um die 1,7 Milliarden €, über die am Freitag entschieden wird. Ich möchte heute die Erklärung der Landesregierung zu folgenden Fragen: Stimmen die Aussagen von Herrn Rüttgers im „Spiegel“ vom 8. Februar dieses Jahres, dass es keine weiteren Belastungen der Kommunen geben darf, oder stimmen Sie nicht? Wird die Landesregierung am Freitag im Bundesrat zustimmen und die Kommunen und auch den Landeshaushalt weiter belasten? Ja oder nein? Hierauf möchte ich eine Antwort, meine Damen und Herren!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf mit Erlaubnis des Präsidenten noch einmal Herrn Ministerpräsidenten Rüttgers zitieren. Gestern sagte er im „Deutschlandfunk“ auf Nachfrage:
Das heißt, dass man das Geld haben muss, wenn man Steuern senken will, und dass man die Finanzlage der Kommunen im Auge behalten muss. Das geht nicht so, wie das der eine oder andere sich denken mag, das wird beschlossen und die Kommunen müssen selber schauen, wie sie sind.
Auf diesem Hintergrund, Herr Finanzminister, stelle ich fest, dass Sie, wenn Sie am Freitag im Bundesrat zustimmen, die Aussagen des Ministerpräsidenten sozusagen konterkarieren.
Die zweite Feststellung, meine Damen und Herren, betrifft die 1,7 Milliarden. Sie behaupten doch immer, Herr Finanzminister, Sie hätten ein offenes Ohr für die kommunalen Spitzenverbände. Zu diesen 1,7 Milliarden haben die Ihnen verschiedentlich das Richtige ins Ohr geflüstert, nämlich dass das für die kommunalen Haushalte und auch für die Landeshaushalte belastend sein wird. Dazu, wie Sie das ausgleichen wollen, sagen Sie uns hier nichts.
Sie tun einfach wieder so, als sei das überhaupt kein Problem.
Sie tun praktisch auch so, als ob das Wachstumsbeschleunigungsgesetz für Nordrhein-Westfalen in diesem Jahr überhaupt keine Auswirkungen hätte. Sie diskutieren das unter den Teppich. Am Ende stehen wir da mit den Auswirkungen und müssen damit umgehen.
Wir verlangen Transparenz. Wir verlangen auch, dass den Worten Taten folgen. Das, was Sie hier machen, ist aber ungefähr so eine Ankündigung wie die: Wir übertragen die Tarifregelungen von ver.di und anderen auch auf die Beamten. – So haben Sie das im letzten Jahr versprochen: 1:1-Übertragung.
Jetzt versprechen Sie wieder: Wir wollen die Kommunen nicht weiter belasten. – Am Freitag ist die nächste Möglichkeit, wo Sie das beweisen können. Wenn Sie zustimmen, belasten Sie die Kommunen genauso wie den Landeshaushalt ein weiteres Mal, meine Damen und Herren. Das müssen die Wählerinnen und Wähler im Lande wissen, wenn sie am 9. Mai ihr Kreuz machen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Finanzminister, die gesamte versammelte schwarz-gelbe Koalition – ich zähle noch fünf, nein, sechs Abgeordnete; Entschuldigung, man muss ja ehrlich bleiben; so viel zur Ehrlichkeit – will die Verfassung ändern. Sie wollen eine bestimmte Melodie spielen; das wird der Finanzminister gleich noch einmal versuchen. Die Melodie lautet: SchwarzGelb ist für eine Begrenzung der Schulden – das ist also gut –, und Grün-Rot ist dagegen; das ist also schlecht. Diese Melodie versuchen Sie ins Land zu tragen.
Das ist aber nur ein Täuschungs- und Ablenkungsmanöver, meine Damen und Herren. Aus dieser Melodie wird nichts. Denn wir Grüne – und das ist auch nachzuweisen – denken und handeln schon
länger im Sinne einer Begrenzung der Schulden. Es ist die grüne Bundestagsfraktion gewesen, die dieses Thema nach vorne gebracht hat, und wir waren auch hier im Landtag die Ersten, die über Schuldenbegrenzung diskutiert haben.
Meine Damen und Herren, Schuldenbegrenzung ist richtig. Dazu sagen wir als Grüne ausdrücklich Ja. Denn diese Schuldenspirale darf sich so nicht weiterdrehen. Das führt einen Landeshaushalt, Kommunalhaushalt oder Bundeshaushalt ins Abseits, und am Ende hat man keine Möglichkeit mehr, zu steuern. Also müssen wir die Schulden begrenzen. Wir brauchen dringend Regelungen. Das ist richtig.
Wenn Sie uns dann hier vorwerfen, wir seien gegen eine Schuldenbegrenzung, dann ist das ein Stück aus dem Tollhaus.
Sie sind es doch, die am Ende dieses Jahres den höchsten Schuldenstand aller Zeiten zu verantworten haben. Es sind dann 130 Milliarden €; das ist heute schon mehrfach gesagt worden. Gleichzeitig konnten Sie in der zu Ende gehenden Legislaturperiode die höchsten Einnahmen verbuchen.
Es gleicht einer späten Einsicht, dass Sie heute sagen, Sie wollten nun mit dem Sparen anfangen, nachdem Sie in dieser Legislaturperiode so schlecht gewirtschaftet haben. Ich halte das – ehrlich gesagt – für ein nicht ernst gemeintes Ablenkungsmanöver. Dabei ist es uns Grünen bitterernst, zu einer Schuldenbegrenzung zu kommen.
Wenn Sie nicht ablenken wollten, hätten Sie uns ein Konzept für die Schließung der Nachhaltigkeitslücke vorgelegt. 4,5 bis 5,5 Milliarden € sind jedes Jahr nötig; das sagt der Nachhaltigkeitsbericht.
Jedes Jahr ist diese Lücke zu schließen.
Ach. – Das ist unsere Nachhaltigkeitslücke. Sagen Sie doch endlich, Herr Finanzminister oder Herr Weisbrich, wie Sie diese schließen wollen. Uns fehlt ein strukturelles Konzept, um sie zu schließen, und es gibt keine Idee dafür. Es wäre nicht mehr als fair, wenn Sie sagen würden, wie Sie die Ausgaben senken wollen. Sie müssen ein Konzept vorlegen.
Im Übrigen ist das, was Sie als Schuldenregel aufnehmen wollen, bereits im Grundgesetz verankert und auch für das Land geltendes Recht. Es gibt allerdings den Unterschied, dass sich der Bund zwar gebunden hat und dass er auch die Länder bindet, aber seine Einnahmen durch eigene Gesetzgebung selber steuern kann. Wir werden in der Schuldenaufnahme begrenzt, können aber unsere Einnahmen nicht selber steuern, weil uns die Möglichkeit einer eigenen Steuergesetzgebung fehlt. In dieser Angelegenheit ist der Finanzminister unver
richteter Dinge zurückgekommen. Es würde zu einer Schuldenbegrenzung und Schuldenaufnahmeregel gehören, dass den Ländern die Steuergesetzgebung obläge und sie sich ihre eigenen Einnahmen verschaffen könnten.
Eine Schuldenbremse, die unter diesem Aspekt unrealistisch ist und rein deklaratorisch bleibt, reicht uns nicht, und dazu reichen wir als Grüne heute auch nicht die Hand. Das ist doch völlig klar. Das ist sozusagen reine Deklamation. Das ist Papier. Sie glauben und wollen die Öffentlichkeit glauben machen, dass Sie allein mit einem geschriebenen Papier und der Aussage: „Ja, wir wollen eine Schuldenbremse“ konsolidiert hätten. – Nein, Sie haben damit nicht konsolidiert. Sie bleiben der Öffentlichkeit schuldig, wie Sie zu einer Konsolidierung kommen wollen.
Und wenn Sie uns nicht sagen und mit uns nicht gemeinsam darüber diskutieren wollen, wie man dieses Problem angeht, dann entlarvt Sie dieser Akt. Dann wird auch in der Öffentlichkeit deutlich, dass diese Melodie „Schwarz-Gelb ist gegen Schulden, Grün-Rot ist für Schulden“ – übrigens haben Sie die meisten Schulden gemacht – so nicht gesungen werden kann.
Herr Weisbrich, Sie müssen dann auch die daraus resultierenden Folgen für den Landeshaushalt aufzeigen. Sie müssen sagen, was dann auf die Bürgerinnen und Bürger zukommt und welche Leistungen Sie streichen wollen. Die FDP müsste sagen, wie stark sie den Staat noch abmagern lassen will. Sie müssten den Beschäftigten sagen, was das für sie bedeutet.
Zur Beantwortung all dieser Fragen wären wir mit Ihnen gemeinsam bereit. In einer großen Runde mit allen demokratischen Kräften in diesem Hause wären wir bereit, darüber zu reden, wie die Zukunft des Landeshaushalts Nordrhein-Westfalen aussehen kann. Wir Grüne sind nicht gegen eine Schuldenbremse, aber wir sind für eine deklamatorische Schuldenbremse, die uns bindet und kein Konzept enthält, wie wir mit den Schwierigkeiten des Landeshaushalts tatsächlich verfahren wollen. Diese Antworten bleiben Sie schuldig.
Meine Damen und Herren, da wir fünf Jahre lang erlebt haben, wie Sie – in Anführungszeichen – „konsolidiert“ – Sie haben ja nicht wirklich konsolidiert –, die Kommunen zur Ader gelassen und in finanzpolitischen Fragen geknechtet haben, haben wir diesen Änderungsantrag eingebracht. Es muss endlich klar werden, dass denjenigen, die am Ende der Nahrungskette stehen und sich am wenigsten selber helfen können, nämlich die kommunalen Haushalte, eine finanzielle Mindestausstattung mit Verfassungsrang unabhängig von der Leistungsfähigkeit des Landes eingeräumt wird. Denn immerhin hat das Land die Möglichkeit, über den Bundesrat
auf die Steuergesetzgebung Einfluss zu nehmen. Diesen Einfluss können die Kommunen nicht nehmen, und deshalb wollen wir einer Mindestausstattung Verfassungsrang einräumen.
Wir bieten an: Wir reden mit Ihnen über das Wie. Wie können wir die Schuldenbremse aus dem Grundgesetz, die für das Land ohnehin gilt, umsetzen? Und wir sorgen gleichzeitig dafür, dass unsere Kommunen nicht ins Abseits geraten. Das ist ein Angebot für die nächste Legislaturperiode. Ich würde mich freuen, wenn Sie es annehmen würden. Das, was Sie heute hier vorgelegt haben, findet jedenfalls nicht unsere Zustimmung. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Theo Peschkes, ich bin sehr dankbar für diesen Antrag, der mit hohem moralischen Anspruch geschrieben ist und dessen Tenor ich durchaus zu teilen weiß. Es ist richtig: Es geht hier nicht um irgendetwas, nicht um ein Kavaliersdelikt. Deshalb habe ich auch wieder so entsetzt dazwischen gerufen, Frau Kollegin Freimuth. Sie haben vor 14 Tagen schon einmal versucht, die Steuerhinterzieher, die Straftäter sind, als Steuersünder zu bezeichnen. Das ist aus meiner Sicht eine Verharmlosung.
Das klingt fast so: Wir sind alle Sünderlein, haben dann auch noch das Zipfelmützchen auf, und das ist alles nicht so schlimm. – Nein, nein, ausdrücklich nein und noch mal nein. Hier geht es um Straftaten. Es ist kein Kavaliersdelikt. Zum Gemeinwesen gehört dazu, dass starke Schultern viel zu tragen haben. Starke Schultern müssen viel tragen, und schwache Schultern müssen entlastet sein. So ist das richtig.
Steuerhinterziehung geschieht oft mit Vorsatz. Die meisten derjenigen, die starke Schultern haben und Steuerhinterziehung begehen, ziehen sich ja nicht auf ihre ach so hohe Steuerbelastung und das ach so komplizierte Steuersystem und darauf zurück, sie hätten das alles nicht so richtig gewusst. Nein, meine Damen und Herren, Steuerhinterzieher sind die Regel – das zeigen die Ermittlungsergebnisse – vorsätzliche Straftäter.
Frau Kollegin, Sie können sich ja gleich noch einmal zu Wort melden, wenn Sie noch eine andere FDP-Sicht einbringen wollen. Wir Grüne jedenfalls sagen: Steuerhinterzieher sind vorsätzliche Straftä
ter, und sie gehören deshalb auch in der Regel bestraft.
Meine Damen und Herren, wer es zulässt, dass die öffentlichen Kassen nicht mit dem gefüllt werden, was nach Gesetzeslage da reingehört, der versündigt sich an den Aufgaben, die der Staat hat.
Von den Aufgaben auf Landesebene will ich nicht nur die Schulen und Hochschulen nennen, sondern auch die Finanzierung von Kindertagesstätten und so weiter bis hin zur Verkehrsinfrastruktur. Alles das leidet Not, weil unsere Kassen sich nicht so füllen, weil Steuerhinterziehung in Nordrhein-Westfalen und in der Bundesrepublik an der Tagesordnung ist. Meine Damen und Herren, das muss sich ändern.
Ich konstatiere da eine gewisse Bewusstseinsspaltung. Wenn es darum geht, zu sagen, der Staat muss dies und jenes leisten, und zu fragen, warum der Staat das denn nicht leistet, sind alle dabei. Wenn es aber darum geht, in den kommunalen, den staatlichen, den Landessäckel oder den Bundessäckel zu zahlen, dann ergreifen viele die Flucht und versuchen, dem Ganzen zu entkommen. Das sind einige.
Der entscheidende Punkt ist: Man muss sie auch erwischen. Da kommen bei mir Zweifel auf, ob man diesen Antrag so unterstützen kann oder ob man nicht noch einmal einen Augenblick darüber nachdenken muss. Der Tenor ist richtig, Theo Peschkes. Ich freue mich, dass Du, wenn Du hier mit Deinem Sachverstand nicht mehr mitwirkst, demnächst wieder auf der anderen Seite, auf der praktischen Ebene mithelfen kannst, weil in den letzten fünf Jahren, als Du hier warst, die Finanzämter des Landes Nordrhein-Westfalen Not gelitten haben. Man hat deutlich gespürt, dass Deine Kompetenz dort nicht vorhanden war. Deshalb freue ich mich ganz besonders, dass Du den Weg zurück suchst und wir darauf wieder vertrauen können.
Entscheidend ist, meine Damen und Herren: Wir müssen sie auch erwischen. Dazu gehört – das ist der springende Punkt – eine Steuerverwaltung, die entsprechend ausgestattet ist mit dem entsprechenden Personal. Das haben wir in den letzten fünf Jahren auch vernachlässigt. Das Personal ist nicht ausgebaut worden, sondern abgebaut worden. Die Steuerprüfer, die Steuerfahnder – all das ist nicht aufgebaut, sondern abgebaut worden, auch im Übrigen durch PEM. Das führt dazu, dass diejenigen, die solche Straftaten begehen, sich ruhig schlafen legen können, mehr als früher, meine Damen und Herren. Das ist ein Problem, das wir haben.
Man muss einen Augenblick darüber nachdenken, ob eine gesetzliche Änderung Sinn macht. Ich glaube, wir sollten auch über das nachdenken, was in den USA und in Skandinavien passiert. Es ist sehr
überzeugend, dass man dort ein solches Steuergeheimnis, wie wir es hier kennen, überhaupt nicht kennt. Jeder weiß vom Nachbarn, was er an Steuern zahlt. Es ist alles öffentlich. Man kann die Steuerakten einsehen. Ich finde das richtig. Man muss das nicht verheimlichen.
Diese Öffentlichkeit und diese Transparenz werden dazu dienen, dass diejenigen, die starke Schultern haben, auch stolz darauf sein können, dass sie viel einzahlen. Wer Gewinne mit dem Lastwagen nach Hause fährt, der muss wenigstens mit der Schubkarre zum Finanzamt fahren und kann nicht sagen: Ich habe nichts für den öffentlichen Säckel übrig.
Meine Damen und Herren, es geht darum, über neue Formen der öffentlichen Kontrolle – wenn schon die Finanzämter nicht vernünftig ausgestattet sind; dazu wollen Sie vermutlich auch nicht zurückkommen – und der Transparenz nachzudenken. Ich glaube, dann könnte sich ein Vorschlag wie dieser, dass es Strafbefreiungen gibt, auch erübrigen.
Im Übrigen stimme ich völlig zu: Bei keiner anderen Straftat ist es so, dass jemand, der eine Straftat begangen hat, zum Staatsanwalt oder zur Polizei geht und sagt: Ich zeige mich jetzt an und habe Strafbefreiung. – Der Betrüger, der sich selbst anzeigt, der Räuber, der etwas gestohlen hat oder was auch immer man an Straftaten begehen kann – niemand wird von der Strafe befreit, sobald er sich selbst anzeigt. Das kann nicht richtig sein.
Jeder, der reuig ist, jeder, der sozusagen Wiedergutmachung betreibt, was man auch von Steuerstraftätern erwarten kann – Reue, Aufklärung, Wiedergutmachung –, der kann mit mildernden Umständen rechnen. Das ist bei anderen Straftätern auch so. Wir als Grüne sind bereit, über solche Formen nachzudenken.
Bei diesem Antrag enthalten wir uns heute. Aber dem Tenor und dem moralischen Anspruch nach unterstützen wir das sehr wohl. – Vielen Dank, Theo Peschkes, dass du es uns ermöglicht hast, das an dieser Stelle noch einmal zu sagen. Ich freue mich, nach der Parlamentszeit mit dir weiterhin in Kontakt zu bleiben. – Meine Damen und Herren, in diesem Sinne schönen Dank.
Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Keine Rückzugsgefechte, Herr Dr. Brinkmeier – das hat Ihnen der Kollege Schultheis gerade klargemacht. Ich hatte einen Augenblick lang vergessen, dass es sich um einen Gesetzentwurf der Grünen handelt, und war schon froh, dass wir mitmachen. Er hat deutlich gemacht, dass es nach dem 9. Mai kein Zurück gibt, sondern nur ein Vorwärts in Richtung Abschaffung, und zwar sofort.
Das wollen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf erreichen. Wir wollen das Studiengebührenexperiment von Schwarz-Gelb beenden. Fünf Jahre Chaos an den Hochschulen, fünf Jahre Diskussionen über die richtige Verwendung der Gebühren,
fünf Jahre Verunsicherung bei den Studierenden und den Lehrenden, fünf Jahre Kommissionen, meine Damen und Herren, Gutachten, Studien, Petitionen, Demonstrationen, und Sie reden sich
die Welt in fünf Minuten wieder schön, Frau Dr. Dreckmann, und sagen: Wenn die alle nicht studieren wollen, dann ist das deren privates Problem.
Wir kennen von Ihnen, dass wir als Staat für gar nichts mehr zuständig sein sollen. Wenn die nicht studieren wollen, ist das ein privates Problem, weil sie so bildungsfern sind. Dann setzen wir noch die Studiengebühren von 1.000 € im Jahr obendrauf. – So stelle ich mir Bildungspolitik in NordrheinWestfalen eben nicht vor. Deshalb haben wir den Gesetzentwurf vorgelegt.
Die Anhörung hat aus unserer Sicht die Fronten im Ausschuss geklärt. Wir stehen auf der Seite der Studierenden, der GEW, der Personalräte, der Studentenwerke, also auf der Seite derjenigen, die sich insbesondere mit den sozialen Belangen der Studierenden auseinandersetzen. Das ist unsere Seite.
Eines möchte ich dabei klarstellen, meine Damen und Herren: Die Abschaffung der Studiengebühren ist für uns keine ideologische, sondern eine bildungspolitische Frage. Wir wollen bildungspolitisch einen anderen Weg.
Wir wollen die „Privat-vor-Staat“-Politik dieser Landesregierung beenden und wieder Verantwortung übernehmen. Der Staat hat die Verantwortung für die Hochschulen, die wir übernehmen wollen.
Weil wir für die Abschaffung der Studiengebühren sind, das Geld aber trotzdem an den Hochschulen bleiben soll, laufen Ihre Argumente ins Leere, Herr Dr. Brinkmeier. Sie haben wieder gesagt: Wenn wir die Studiengebühren abschaffen, dann fehlt den Hochschulen das Geld. Und das Geld wird an den Hochschulen ohne Anrechnung auf die Kapazitäten bleiben. Auch da gibt es kreative Möglichkeiten.
Natürlich sind mit den Studiengebühren an vielen Stellen sinnvolle Angebote entstanden – das ist doch ohne Zweifel der Fall –, die auch zur Verbesserung der Lehre beigetragen haben. Aber wir können auch nachvollziehen, wenn die Studierenden keine 1.000 € pro Jahr dafür bezahlen wollen, dass ihre Bibliothek jetzt abends zwei Stunden länger geöffnet hat. Meine Damen und Herren, dafür ist der Staat zuständig und muss das garantieren.
Bitte, gerne.
Herr Dr. Brinkmeier, wir haben uns nicht endgültig darüber verständigen können; noch regieren wir ja nicht. Aber es gibt Möglichkeiten. Wenn Sie sich an die Anhörung erinnern, dann hat der Sprecher der Kanzlerkonferenz angeregt, es könnte auch eine Stiftung sein. Ob man eine solche Stiftung dann mit einem solch hohen Grundkapital ausstatten muss, ist überhaupt noch die Frage. Das ist weder sinnvoll noch muss das so sein.
Das ist aber nur eine der Lösungen. Es gibt auch andere Lösungen. Man kann sich auch über die Kapazitätsverordnung insgesamt einig werden. Die muss aus meiner Sicht sowieso angepasst werden, insbesondere nach der Einführung von Bachelor und Master. Auch da muss man drangehen. Das bedeutet, es gibt viele Möglichkeiten, zu Verbesserungen zu kommen, damit das Geld an den Hochschulen bleibt und eben nicht auf die Kapazitäten angerechnet wird.
Meine Damen und Herren, es gibt positive Effekte – keine Frage. Aber für die meisten Studierenden stehen diese Verbesserungen in keinem Verhältnis zu den von ihnen geleisteten Beiträgen. Das PreisLeistungs-Verhältnis stimmt einfach nicht.
Es geht in der heutigen Debatte – noch einmal gesagt – also nicht um die scheinbare Alternative: Studiengebühren abschaffen oder Studienbedingungen verbessern. Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, hier und heute geht es schlicht um die eine Frage: Woher soll das Geld kommen, um die Qualität von Studium und Lehre an unseren Hochschulen zu verbessern? Das ist die entscheidende Frage: Wo kommt es her?
Auch da scheinen mir die Fronten klar zu sein. Insbesondere Sie von CDU und FDP sagen: Zu diesem Zweck wird die Gruppe der Studierenden belastet. – Die müssen zahlen, und zwar ausgerechnet dann, wenn sie es gar nicht so gut können, wenn sie es gar nicht gebrauchen können: im Studium oder hinterher in der Phase, in der sie in den Beruf einsteigen wollen, wenn ein Kredit zurückge
zahlt werden muss, wo häufig auch noch die Familiengründung dazukommt.
Was ich aber zynisch finde, meine lieben Kolleginnen und Kollegen – das muss ich auch sagen, weil Sie immer nach dem Geld fragen, Herr Dr. Brinkmeier; jetzt passen Sie noch mal einen Augenblick auf! –, ist, dass Sie im selben Atemzug, wenn Sie den Studierenden das Geld aus der Tasche ziehen, Ihre Klientel, nämlich Hoteliers, Erben und Besserverdienende in diesem Lande, großzügig bedienen, und zwar mit dem dreifachen Betrag. Das wird das Land Nordrhein-Westfalen dreimal so viel belasten, wie Studiengebühren insgesamt in einem Jahr einbringen. Meine Damen und Herren, das ist der eigentliche Skandal!
Studentinnen und Studenten werden belastet. Besserverdienende, Erben und Hoteliers werden entlastet. Das zur Frage der Finanzierung! – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Pinkwart, schöne Show so kurz vor der Wahl! Aber geändert haben
Sie an der Frage überhaupt nichts. Gar nichts haben Sie geändert!
Ich erinnere nur daran, dass Sie die Grundschulbezirksgrenzen aufgehoben haben. Was ist das denn für eine Verbesserung, meine Damen und Herren,
in Richtung soziale Gerechtigkeit, in Richtung Integration? Ich fasse es nicht!
Die Sozialverträglichkeit der Studiengebühren ist schnell da zu Ende, wo die Studenten keine BAföGEmpfänger sind. Gucken Sie sich die Familien mal an, die nicht BAföG-Empfänger sind! Die bleiben auf diesen Schulden sitzen und müssen das Geld zu einer Zeit zurückzahlen, wo sie das nicht zurückzahlen können.
Es geht hier nicht um die Alternative: Studenten entlasten, und dann sind auch die Hochschulen wieder so knapp, wie sie vorher waren. – Nein, meine Damen und Herren. Es geht darum: Studenten entlasten und die Finanzen anderweitig bereitstellen, und zwar nicht kapazitätsrelevant. Das ist der entscheidende Faktor.
Hier ist auch nicht gesagt worden – das will ich deutlich wiederholen –, dass die zusätzlichen Mittel nichts gebracht hätten. Ganz im Gegenteil! Deshalb müssen die Mittel erhalten bleiben. Sie dürfen nicht auf die Kapazitäten angerechnet werden.
Aber wir wollen – und das ist der große Unterschied – nicht die Studentinnen und Studenten belasten. Wir entlasten nicht Erben und Hoteliers.
Das Geld dafür ist vorhanden, es ist in diesem Landeshaushalt dreifach vorhanden. Dieses Geld kann ersetzt werden.
Es ist auch richtig, dass der Staat die Verantwortung für seine Bildungseinrichtungen wieder übernimmt. Die Zeit von „Privat vor Staat“ hat am 9. Mai ein Ende, meine Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns hier nur vordergründig mit einem Antrag zur Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte. In Wirklichkeit führt uns der Antrag vor Augen, dass wir mit
ten im Wahlkampf stecken und die Regierungskoalition bzw. der Innenminister verzweifelt von einer missglückten Innenpolitik abzulenken versucht.
Herr Engel, deshalb will ich noch einmal an eine Geschichte erinnern: Vor der letzten Wahl haben die Kolleginnen und Kollegen von der Polizei Ihnen wohl gesagt: Wir machen zwei Kreuze, eins auf dem Wahlzettel und eins nach der Wahl. An dieses Kreuz nageln wir Sie, wenn Sie Ihre Versprechungen nicht einhalten. Genau das haben Sie nicht getan und versuchen es jetzt zu vertuschen.
Uns geht es auch in dieser Frage um Gewaltfreiheit. Da nehmen wir Sie natürlich in Schutz. Aber den Wahlzettel sollen die Leute dieses Mal richtig ausfüllen.
Meine Damen und Herren, außer der Erhöhung der Neueinstellungsquote haben Sie im Bereich der Innenpolitik, soweit es die Polizei betrifft, nichts hinbekommen. Ich will drei Beispiele nennen und beginne mit der Unsinnigkeit der Wiedereinführung der Reiterstaffel, jetzt kurz vor der Wahl die dritte Reiterstaffel pünktlich angekündigt.
Das Zweite sind überdurchschnittlich hohe Krankenstände bei der Polizei, die auf Fehlentwicklungen in vielen Behörden hinweisen. Es gibt kein einheitliches betriebliches Eingliederungsmanagement, kein Gesundheitsmanagement aus einem Guss für die Beschäftigten.
Der dritte Punkt sind die Änderungen des LPVG mit einem weitreichenden Abbau der Mitbestimmung für die Beschäftigten, der bei den Polizistinnen und Polizisten zu großem Unmut und Verwerfungen geführt hat. Zu Recht im Übrigen!
Das ist Ihre Bilanz in der Innenpolitik.
Jetzt zum Antrag, meine Damen und Herren: Auch wir Grünen sorgen uns natürlich um die Angriffe und die neue Ausprägung von Gewalt gegen Polizeibeamte. Natürlich ist das, was in Halle oder Hamburg passiert ist, der Angriff auf eine Polizeidienststelle, nicht hinzunehmen. Das muss man sich genau anschauen. Es geht insbesondere um die Hooligans und in der Nachfolge die Ultras aus den dritten, vierten und fünften Ligen. Betroffen sind im Übrigen Feuerwehrleute, Busfahrer, Sanitäter usw. Das muss man sich alles genau anschauen.
Meine Damen und Herren, es gibt aber eine relativ kleine Zahl von Polizisten, die davon betroffen sind, besonders von alkoholisierten Jugendlichen, die bei Straßenverkehrskontrollen oder bei Personenkontrollen am Wochenende plötzlich und überraschend zu Gewalthandlungen schreiten. Dieses Problem muss man sich anschauen.
Sie präsentieren als Lösung, das Strafrecht zu verschärfen Damit übernehmen Sie eine Forderung der GdP. Wir alle schätzen und respektieren die Arbeit der Polizei sowie deren unermüdlichen Einsatz. Und wir Grüne verstehen auch die Nöte der Polizei. Es geht aber zu weit, jede Provokation unter Strafe zu stellen. Der Respekt vor der Polizei, meine Damen und Herren, lässt sich nicht über das Strafrecht wiederherstellen. Das müssen wir anders schaffen. Es gibt einen breiten wissenschaftlichen Konsens, dass die Androhung höherer Strafen Kriminalität nicht verhindert, schon gar nicht bei alkoholisierten Täterinnen und Tätern.
Wir meinen, zuerst muss man die bestehenden polizeilichen Konzepte kritisch überprüfen, um der Gewalt besser zu begegnen. Es muss über die Gründe neuer Gewaltphänomene bei bestimmten Tätergruppen und gesellschaftlichen Schichten nachgedacht werden. Stattdessen, meine Damen und Herren, müssen wir uns hier in dieser Frage mit einem Antrag beschäftigen, der außer Wahlkampfrhetorik nichts zu bieten hat und die Polizistinnen und Polizisten in der Sache auch nicht besser schützen wird.
Wir sollten uns intensiver um die gesamte Polizei kümmern und nicht nur um einen Bereich, wo man mit verschärfter Strafandrohung überhaupt nichts erreicht. Wir sollten unsere Polizistinnen und Polizisten besser schützen, als Sie es vorschlagen. Diesem Antrag können wir nicht zustimmen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Freimuth, Herr Töns hat recht: Das Ganze ist nicht mehr als ein groß angelegtes Ablenkungsmanöver. Vieles von dem, was Sie gesagt haben, würde sicher von der SPDFraktion und auch von Bündnis 90/Die Grünen unterstützt: Schulden sind ein Problem – ja. Man braucht eine Schuldenregelung, eine -bremse – ja. Das ist richtig, aber nicht diese. Aus dem Munde von Politikerinnen und Politikern, die den höchsten Schuldenstand aller Zeiten in diesem Land zu verantworten haben, klingt das nur hohl.
Sie haben auch nicht konsolidiert, sondern den höchsten Ausgabenstand aller Zeiten zu verantwor
ten. Damit werden Sie in die Geschichte eingehen. Am Ende einer Legislaturperiode wollen Sie den Anschein erwecken, als hätten Sie eisern gespart – der eiserne Helmut. Das Einzige, worin Sie eisern geblieben sind, ist im Brechen von Wahlversprechungen, meine Damen und Herren. Die haben Sie nicht eingehalten. Da sind Sie sehr eisern gewesen.
Meine Damen und Herren, trotz Steuermehreinnahmen in enormer Höhe haben Sie den Schuldenberg nicht abgebaut. Sie rühmen sich mit der Senkung der Nettoneuverschuldung. Wenn man aber nachrechnet, was Sie den Kommunen in dieser Zeit weggenommen haben – ich will nicht so kleine Beträge wie die Mehrbelastung der Krankenhausfinanzierung, die Schülerbeförderung oder dergleichen nennen, sondern zum Beispiel die Grunderwerbssteuer oder den Solidarbeitrag Ost –, dann ergibt das exakt die Summe, die Sie an Nettoneuverschuldung geschafft haben, mehr nicht, und das trotz enormer Steuermehreinnahmen. Das sind Grundrechenarten.
Ich bin in NRW zur Schule gegangen, Herr Kollege. Die beherrsche ich.
Es steht zu befürchten, meine Damen und Herren, dass Sie genau so, wie Sie in dieser Legislaturperiode etwas aus dem Fleisch der Kommunalfinanzen geschnitten haben, es mit dieser verschärften Schuldenregelung, mit dieser Schuldenbremse weiterhin tun wollen, weil es für Sie keinen anderen Ausweg gibt. Sie können nicht sparen. Das können Sie nicht einhalten. Das haben Sie bewiesen.
Sie haben es vor allen Dingen in der Föderalismuskommission II nicht geschafft, das Land sozusagen in eine eigenständige Position zu bringen, bei der wir auch eine eigene Steuergesetzgebung hätten
und unser Schicksal selbst in die Hand nehmen könnten. Das ist ein Problem. Da sind Sie gescheitert. Da sind Sie mit leeren Händen zurückgekommen, Herr Finanzminister.
Wer sich so fesseln lässt und auf kommende Generationen Fesseln legen will, obwohl er selber nicht in der Lage ist zu sparen und das über die vielen Jahre nicht geschafft hat, der macht in der Politik etwas falsch, meine Damen und Herren.
Grundsätzlich gilt die Schuldenbremse ja im Übrigen sowieso über Artikel 109 Grundgesetz, auch ohne Aufnahme in die Landesverfassung.
Sie haben es auch nicht für nötig gehalten, sich über Begleitgesetze, Ausführungsbestimmungen oder sonst etwas Gedanken zu machen.
Deshalb nehmen wir das auch nicht ernst, dass Sie wirklich die Verfassung ändern wollen. Denn dazu bräuchten Sie die Zweidrittelmehrheit. Die werden Sie in diesem Hohen Hause mit einer solchen Schuldenbegrenzung, die keinen Sinn macht, nicht bekommen. Sie haben diese Mehrheit nicht gesucht, meine Damen und Herren. Deshalb entlarvt sich das Ganze als ein großes Wahlkampfgetöse. Das ist ein Ablenkungsmanöver von Ihrem finanziellen Desaster, meine Damen und Herren, mehr nicht.
Ich will Ihnen noch ein Argument nennen, warum das ein Ablenkungsmanöver ist. Wenn Sie das ernst meinen würden und ein Konzept hätten, dann müssten Sie das ja vorlegen. Wir haben doch erst vor Kurzem noch den Nachhaltigkeitsbericht im Haushalts- und Finanzausschuss beraten. Es ist eindeutig so, dass wir eine strukturelle Lücke von 5 Milliarden € jedes Jahr haben. Nun erklären Sie doch einmal, wie Sie die schließen wollen! Sagen Sie einfach dem Hohen Hause, wie Sie die schließen wollen! Es gibt dazu kein Konzept.
Es gibt eine Lücke von 5 Milliarden €. Die können Sie nicht schließen. Sie wollen jetzt in die Verfassung schreiben, es dürfen keine Schulden mehr aufgenommen werden. Das wird nicht funktionieren. Sie machen in diesem Jahr 6,6 Milliarden € Schulden. Sie machen im nächsten Jahr – nach der Planung; es wird wahrscheinlich mehr werden – drei.
In Ihrer Planung. Sie regieren dann schon gar nicht mehr, aber es sind noch einmal drei geplant. Dann sind wieder drei geplant. Dann sind wieder drei geplant. Dann sind wieder drei geplant. Ruckzuck sind wir auch schon bei 2019/2020.
Meine Damen und Herren, Ihre Schuldenbremse, so wie sie konzipiert ist, ohne Begleitgesetz, ohne Mehrheit in diesem Hohen Haus, ohne Zweidrittelmehrheit, die Sie nicht gesucht haben, ohne eine Absicherung der Kommunen gegen den Raubbau,