Protokoll der Sitzung vom 21.02.2008

Meine Damen und Herren! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich heiße Sie zu unserer heutigen, 84. Sitzung des Landtages Nordrhein-Westfalen herzlich willkommen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.

Für die heutige Sitzung haben sich zwölf Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.

Geburtstag feiert heute Frau Gerda Kieninger von der SPD-Fraktion.

(Allgemeiner Beifall)

Liebe Frau Kieninger, herzlichen Glückwünsch im Namen aller Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren, vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich Ihnen Folgendes mitteilen:

Erstens. Die Fraktion der SPD hat ihren Antrag „www.forschen-nrw.de“ – bisheriger Tagesordnungspunkt 6 – zurückgezogen. Hierüber liegt Ihnen die Unterrichtung Drucksache 14/6225 vor. Die Beratung dieses Tagesordnungspunkts hat sich damit erledigt.

Zweitens. Die Fraktionen haben sich inzwischen darauf verständigt, unter Tagesordnungspunkt 10 nicht nur die Große Anfrage 11 der Fraktion der SPD Drucksache 14/4283, sondern auch den Antrag der Fraktion der Grünen Drucksache 14/6158 – bisheriger Tagesordnungspunkt 12 – zu debattieren. Für die verbundene Debatte ist eine Redezeit nach Block II vorgesehen. Sind Sie mit diesen Änderungen einverstanden? – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann werden wir so verfahren.

Drittens. Zu Tagesordnungspunkt 14 gibt es zwischen den Fraktionen die Absprache, nach Einbringung durch die Landesregierung keine weitere Debatte zu führen. – Auch dazu sehe ich keinen Widerspruch. Dann werden wir so verfahren.

Damit ist die Tagesordnung entsprechend geändert.

Meine Damen und Herren, wir treten nunmehr in die Beratung der heutigen Tagesordnung ein.

Ich rufe auf:

1 Aktuelle Stunde

Umweltzone Ruhr: Chaos pur

Antrag

der Fraktion der SPD und

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 14/6212

Die Fraktion der SPD und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen haben mit Schreiben vom 18. Februar 2008 gemäß § 90 Abs. 2 der Geschäftsordnung zu dieser aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragt.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erster Rednerin Frau Schulze für die antragstellende SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir konnten in der letzten Zeit in der Presse Überschriften lesen wie „Keine Lösung“, „Großer Ärger“, „Problem vertagt“, „Kein Mut zum großen Wurf“, „Ein bisschen Fahrverbot“. Das stand in den Zeitungen, als die CDU-Minister in der Regierung ihren Kompromiss der Öffentlichkeit dargestellt haben. Die FDP hat sofort gekontert, mit ihr sei das überhaupt noch nicht abgestimmt, da gebe es noch Verständigungsbedarf.

Meine Damen und Herren, das, was diese Regierung da geboten hat, kann man nur noch als Possentheater bezeichnen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Wenn es nicht so traurig für das Ruhrgebiet wäre, könnte man hier im Hohen Hause darüber lachen. Aber dieses Theater der Landesregierung schadet dem Ruhrgebiet und ist deshalb überhaupt nicht lustig.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Was soll eine Umweltzone? Eine Umweltzone schützt nicht die Umwelt, wie der Name suggeriert, eine Umweltzone schützt die Gesundheit der Menschen. Es geht um die Gesundheit der Menschen im Ruhrgebiet. Darum muss sich die Landesregierung kümmern. Und da veranstalten Sie – ich sage es noch einmal – ein einziges Possentheater. Das lässt sich zusammenfassen mit den Schlagworten Verantwortungslosigkeit gegenüber dem Land, Chaos und Streit.

Zum Thema Verantwortungslosigkeit: Sie entziehen sich der Verantwortung für die Menschen im Ruhrgebiet, einen echten Schutz vor Feinstaub zu realisieren. Die Menschen im Ruhrgebiet müssen vor Feinstaub geschützt werden. Sie produzieren einen Flickenteppich und verhindern damit diesen Schutz. Sie wissen, was Feinstaub verursacht. Er ist schädlich für die Gesundheit. Wir wissen, dass

Feinstaub auf die Bronchien geht, Lungenkrebs verursachen kann und Herz-Kreislauf-Störungen hervorruft. Das ist vor allen Dingen für die Kinder ein Problem, die in ihren Kinderwagen unmittelbar auf Höhe der Auspuffe sitzen.

Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, vor diesen Feinstäuben geschützt zu werden. Das hat das Bundesverwaltungsgericht erst vor Kurzem festgelegt. Wir als Politik müssen also handeln. Das, was Sie da machen, ist jedoch ein einziges Chaos und ist verantwortungslos für die Menschen im Ruhrgebiet.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Herr Laumann ist heute nicht hier. Ich hätte ihn gerne mal gefragt, warum der Gesundheitsminister bei einem solch wichtigen Thema überhaupt nicht auftaucht.

(Beifall von der SPD)

Es geht um die Gesundheit der Menschen im Ruhrgebiet, und dazu sagt der Gesundheitsminister nichts. So kann man mit dem Thema nicht umgehen!

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Ich möchte hier einen Mann zitieren, der sich mit dem Thema auskennen sollte. Er hat vor Kurzem gesagt:

„Schadstoffe kennen keine Verwaltungsgrenzen. Wir können die Gesundheit der Bürger daher nicht mit Insellösungen schützen.“

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Weil es un- möglich ist!)

Genau, Herr Remmel, Sie haben es richtig erkannt. – Das hat Minister Uhlenberg am 8. Februar 2007 gesagt. Herr Uhlenberg, Sie konnten sich offensichtlich nicht durchsetzen. Es gibt jetzt diese Insellösungen.

(Beifall von der SPD)

Mit diesen Insellösungen lassen Sie genau die Menschen im Ruhrgebiet im Stich, die in den belasteten und problematischen Gebieten leben. Sie lassen die im Stich, die an den stark befahrenen Straßen leben. Sie lassen die im Stich, die da wohnen, wo die Feinstaubkonzentrationen besonders hoch sind.

Ich sage Ihnen, das können Sie mit der SPD, mit uns gemeinsam nicht machen. Wir wollen, dass auch die Menschen im Ruhrgebiet saubere Luft einatmen können. Sie haben genauso einen Anspruch darauf wie die Menschen in Köln, wie die in Berlin und in anderen Städten.

Wir wollen, dass im Ruhrgebiet vor allen Dingen etwas für die Kinder getan wird. Das ist schwer – ich weiß das –, wenn man einen Koalitionspartner wie die FDP hat.

(Zurufe von der FDP: Oh!)

Die FDP arbeitet an diesem Punkt wirklich fahrlässig. Das müssen Sie sich jetzt einmal anhören.

(Beifall von der SPD)

Sie fahren öffentlich Verharmlosungsstrategien. Herr Ellerbrock, Sie sollten doch eigentlich wissen, was der Unterschied zwischen Emission und Immission ist. Bei dem, was aus den Schornsteinen und aus den Autos herauskommt, macht der Verkehr wirklich nur einen Anteil von 20 % aus. Aber bei den Immissionen – bei dem, was am Kinderwagen ankommt und was die Kinder einatmen – macht der Verkehr 50 % aus. Um diese 50 % muss man sich kümmern. Dafür ist die Umweltzone ein Instrument. Aber das versuchen Sie zu verharmlosen.

(Beifall von der SPD)

Zum Thema Chaos: Es gab am Anfang etwas, was wie ein Plan aussah. Man hat ein Gutachten bestellt. Eine nachgeordnete Behörde, das LANUV, hat einen Luftreinhalteplan gemacht. Die haben gesagt: Wir brauchen eine großflächige Lösung. Es gibt andere Städte, die das schon vorgemacht haben. Das kann man auch für das Ruhrgebiet machen.

Dann aber kam der Regierungspräsident. Der hat gesagt: Nö! Ich bin zwar Regierungspräsident und nachgeordnete Behörde, ich mache da aber nicht mit. – Als Nächstes traten andere Minister der Regierung auf die Bühne: Frau Thoben und Herr Wittke. Die haben Herrn Uhlenberg einkassiert. Das muss man hier so sagen.

(Beifall von der SPD)

Wenn es ein Drama wäre, würde ich Ihnen sagen: Die haben Sie auf offener Bühne gemeuchelt.