Protokoll der Sitzung vom 25.06.2009

(Minister Dr. Helmut Linssen: Das ist doch al- les ausgetauscht worden!)

Das kann nicht ausgetauscht worden sein; denn dann würden Sie unterstellen, dass der Landesrechnungshof absichtlich behauptet, an dieser Stelle nicht informiert worden sei. Das weise ich zurück, Herr Finanzminister, weil ich es nicht glaube.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Interessant ist auch, dass dieser Sachverhalt vom Finanzministerium auch nach Rückfragen offensichtlich nie aufgeklärt worden ist. Herr Finanzminister, warum beziehen Sie einen Bieter, den Sie selbst in einem Vermerk als unseriös und unzuverlässig bezeichnen – der entsprechende Vermerk ist im Landesrechnungshofbericht zitiert –, in das Kaufpreisaufteilungsverfahren ein? Warum riskieren Sie über den Einbezug dieses Bieters fast 40 Millionen € zulasten der Landeskasse und der NRW.BANK?

Diese Fragen müssen Sie hier beantworten. Ich erwarte, dass Sie gleich an dieses Mikrofon gehen und uns das erklären.

(Minister Dr. Helmut Linssen: Was ist mit dem Vergaberecht?)

Ja, ich habe mir auch das Vergaberecht angesehen. Hören Sie auf, immer die Parlamentarier zu beschimpfen, sie seien dumm! Hier gibt es nicht nur

einen, der etwas weiß, nämlich Sie, Herr Minister! Lassen Sie das!

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Wider- spruch von Minister Dr. Helmut Linssen)

Ich resümiere: Offensichtlich ist der Landesrechnungshof an dieser Stelle ganz bewusst im Unklaren gelassen worden.

(Lothar Hegemann [CDU]: Untersuchungs- ausschuss! Verfassungsklage!)

Offensichtlich hat der Finanzminister an dieser Stelle sehr bewusst …

(Minister Dr. Helmut Linssen: Macht doch ei- ne Verfassungsklage!)

Das ist eine gute Idee, eine sehr gute Idee.

(Edgar Moron [SPD]: Das kann passieren, Herr Minister! Das wäre dann das Ende! Schneller, als Sie geglaubt haben!)

Wir denken über alles nach, denn der Landesrechnungshofbericht ist dazu ein gutes und nachhaltiges Dokument.

Ich resümiere: Herr Finanzminister, Sie haben zurzeit offensichtlich ein schwer gestörtes Verhältnis zu diesem Verfassungsorgan. Die Liste der Verstöße gegen die Landeshaushaltsordnung ist eindrucksvoll. Verstoß gegen § 65 der Landeshaushaltsordnung: Sie hätten den Kabinettsbeschluss unmittelbar dem Landesrechnungshof übersenden müssen. Das haben Sie nicht getan. Sie haben sich viel Zeit gelassen. – Verstoß gegen § 95 der Landeshaushaltsordnung: Uneingeschränkte Auskunftspflicht – das gilt für alle staatlichen Behörden, auch für das Finanzministerium. Sie hätten alle Unterlagen übersenden müssen. – Verstoß gegen § 102 der Landeshaushaltsordnung: die Pflicht zur Unterrichtung des Landesrechnungshofs, Herr Finanzminister. Mit Ihrer Entscheidung, die geforderten Unterlagen nicht vorzulegen, haben Sie prüfungsfreien Raum geschaffen. Damit setzen Sie sei ein Verfassungsrecht des Parlamentes aus. Das hat es auch noch nie gegeben. Hiermit ist ein schwerwiegender Vorwurf formuliert. Das ist eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Wahrung des Auftrags des Landesrechnungshofs. Und das können wir nicht durchgehen lassen.

Meine Damen und Herren, es geht hier nicht um politisches Geplänkel. Es geht hier um einen schweren Vorwurf gegen ein Mitglied der Landesregierung. Ich habe in 19 Jahren Parlamentszugehörigkeit noch nie Folgendes in einem Landesrechnungshofbericht gelesen – ich zitiere wörtlich –: „Auch wegen der drohenden Wiederholungsgefahr misst der LRH dem Vorgang besondere Bedeutung zu.“ Meine Damen und Herren, das heißt:

(Christian Weisbrich [CDU]: Das muss geklärt werden!)

Herr Dr. Linssen wird in Fragen von Verstößen gegen die Landeshaushaltsordnung offensichtlich als Wiederholungstäter eingeschätzt.

(Widerspruch von Lothar Hegemann [CDU])

Wir sehen das auch so. Ich halte das für eine Gefährdung unserer Verfassung. Wir werden uns an dieser Stelle damit beschäftigen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Walsken. – Es spricht jetzt für die CDUFraktion Herr Kollege Hegemann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich gehöre zu der etwas dienstälteren Riege hier im Landtag und kann mich noch erinnern, aus welchen Gründen die LEG gekauft worden ist. Ich kann mich auch noch erinnern, dass der damalige Minister gesagt hat, sie würde kurzzeitig bei der Landesregierung geparkt. Danach haben Sie sie vergessen.

Ich will über die LEG aber nur am Rande reden. Ich möchte vielmehr über das Szenario reden, das sich in letzter Zeit hier abspielt.

Ich gehöre noch ein bisschen länger als Sie diesem Parlament an, werte Vorrednerin. Ich habe nie erlebt, dass die SPD mit solchen Bemerkungen vom Landesrechnungshof begleitet worden ist wie diese Regierung jetzt: Der Landesrechnungshof rügt die bewusste Missachtung des Gesetzes aufs Schärfste. – Es hat immer Missachtungen von allen Regierungen, auch von der Ihren, gegeben. Die sind auch gerügt worden, aber nie in der Art und Weise wie diese jetzt von der Präsidentin des Landesrechnungshofs.

(Beifall von Manfred Kuhmichel [CDU])

Sie müssen sich wirklich entscheiden. Sie sind ein Kontrollorgan, ein Verfassungsorgan, das uns als Landtag berät, das aufklärt, was mit den Beschlüssen geschieht, die wir gefasst haben, ob das Geld, das wir bewilligt haben, auch da angekommen ist, wo wir es haben wollten. Das sollen Sie kontrollieren. Dazu haben Sie nach dem Gesetz den Auftrag.

Wenn Sie Politik machen wollen – prima! Machen Sie das! Kandidieren Sie für die SPD, dann kriegen Sie die Mehrheit, dann kommen Sie eine Reihe nach vorne, dann können Sie Politik machen.

(Beifall von CDU und FDP – Rainer Schmelt- zer [SPD]: Das ist ein Kontrollorgan des Landtags! – Heike Gebhard [SPD]: Unver- schämtheit! Politik nach Gutsherrnart!)

Ich sage Ihnen, Herr Groth: Ich habe das Mikrofon, aber auch ohne Mikrofon wäre ich gerne Ihr Gegner. Diese Heuchelei, die Sie hier an den Tag gelegt haben, ist unerträglich.

(Beifall von CDU und FDP – Stephan Gatter [SPD]: Sie beleidigen über 100 Mitarbeiter! – Rainer Schmeltzer [SPD]: Diffamierung eines Kontrollorgans!)

Frau Beer hat gestern eine grobe Unwahrheit von sich gegeben.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Dem stehen Sie mit Ihren Unverschämtheiten in nichts nach!)

Es ist völlig uninteressant, woher Sie die Informationen haben, ob Sie die auf der Toilette gefunden haben oder ob die von Creditreform ist: Sie haben dies im Plenum vorgetragen. Sie können nicht sagen: Ich bin falsch informiert worden. – Sie sind für das verantwortlich, was Sie hier vortragen.

(Beifall von CDU und FDP)

Herr Groth, machen Sie hier nicht den Superstaatsmann, machen Sie nicht den Beleidigten! Wenn jemand Veranlassung hätte, sich bei Herrn Linssen zu entschuldigen, dann Sie! Die Presse schreibt: Ein Säugling als Geschäftsführer.

(Beifall von der CDU – Rainer Schmeltzer [SPD]: Lächerlich!)

Wie dumm muss man denn sein, eine solche Information zu glauben? Sie sind doch eine intelligente schulpolitische Sprecherin, Frau Beer.

(Beifall von der CDU – Rainer Schmeltzer [SPD]: Wie dumm muss man sein, solche Verträge abzuschließen? Eine unlauterere Politik, als Sie sie gemacht haben, gibt es doch nicht!)

Sie sagen doch, das Wichtigste ist es, Lesekompetenz zu haben. Sie haben es vielleicht gelesen, aber nicht verstanden. Bevor Sie so etwas sagen: Gehirn einschalten! Sie konnten dies wissen.

(Zuruf von Stephan Gatter [SPD])

Herr Gatter, ich brauche mich doch nicht von einem Kölner belehren zu lassen, was Anstand ist.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Unverschämter geht es überhaupt nicht, was Sie sich leisten! Heuchler und Zyniker sind Sie!)

Gucken Sie ins Handelsregister, da können Sie alles nachlesen. Es kann immer vorkommen: Wer austeilt, muss auch einstecken können. – Das sage ich auch mir selbst. Wenn Sie solche großen Töne spucken wie heute noch, dass hier Völkerrecht oder UN-Recht missachtet worden ist: Bauen Sie verbal ab! Kommen Sie runter! Es dauert noch mit dem Wahlkampf.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das sagt der Richtige!)

Entschuldigen Sie sich dafür, dass Sie etwas Falsches zitiert haben! Sie haben hier die ganze Landespresse aufgescheut und in eine bestimmte Rich

tung geschickt. Ich sage noch einmal: Bei seriöser Recherche hätten Sie das alles wissen können.

(Beifall von CDU und FDP)

Sie haben hier den großen Kasper gemacht. Das Protokoll verzeichnet „Heiterkeit“ nach Ihrer Zwischenfrage. Sie sollten vor Scham versinken.