Protokoll der Sitzung vom 09.09.2009

Herr Minister Krautscheid.

Herr Abgeordneter

Römer, ich bitte erstens darum, noch einmal im Protokoll nachzuschauen. Ich habe in einer Antwort auf eine so formulierte Frage eben jedenfalls das Wort „Entgleisung“, das Sie mir in den Mund legen, nicht benutzt.

(Lothar Hegemann [CDU]: Unverschämtheit!)

Das ist schon einmal wichtig; wir wollen doch sehr präzise bleiben.

Zweiter Punkt: Weil es wirklich relevant ist, bitte ich Sie, so freundlich zu sein, zu klären,ob dem von Ihnen zitierten Gewerkschaftssekretär oder -führer, dessen Anliegen ich zutiefst verstehe, zu dem Zeitpunkt seiner Äußerung die Entschuldigung des Ministerpräsidenten bekannt war oder nicht. Ich glaube, dass ihm die Entschuldigung zu dem Zeitpunkt nicht bekannt war.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Er hat sich nicht entschuldigt!)

Frau Altenkamp.

Herr Minister Krautscheid, Sie haben auf die Fragen des Kollegen Priggen und der Kollegin Gödecke sehr Wert darauf gelegt, sehr fein zwischen Wahlkampf- und damit Parteiaktivitäten von Herrn Dr. Rüttgers einerseits und seiner Tätigkeit als Ministerpräsident andererseits zu unterscheiden. Können Sie mir vor diesem Hintergrund erklären, warum Herr Dr. Wichert als Sprecher der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen überhaupt reagiert hat?

Erstens heißt der Mann „Wichter“ und nicht „Wichert“.

(Beifall von der CDU)

Das ist kein Grund für Beifall.

Zweitens ist er in dieser Funktion wegen der Zitate im WDR und anderswo angefragt worden. Ich glaube, dass es korrekt ist, dass er antwortet, wenn er von außen massiv angefragt wird.

(Britta Altenkamp [SPD]: Ich sehe schon, wie Sie unterscheiden!)

Das ist völlig in Ordnung. Es ist ein Riesenunterschied, wenn ich unterscheide, wer Vorbereitungen trifft und Wahlkampfreden schreibt und wer Presseanfragen, um die er gebeten worden ist, beantwortet. Das ist schlicht eine Frage der Höflichkeit. Das gehört sich so.

(Beifall von CDU und FDP)

Herr Schemmer.

(Britta Altenkamp [SPD]: Das stinkt zum Himmel!)

Wir haben vorhin von den zahlreichen Wahlkampfauftritten erfahren, die allesamt gut besucht waren, bei denen die Menschen sehr positiv zur Kenntnis genommen haben, dass sich der Ministerpräsident um den Erhalt vorhandener und die Schaffung neuer Arbeitsplätze kümmert.

Dazu habe ich folgende Frage: Entnehmen Sie den Zwischenrufen des stellvertretenden Parlamentspräsidenten und der Frage von Herrn Stüttgen vorhin, dass es bei früheren Ministerpräsidenten offensichtlich üblich war, ihre Wahlkampfreden jeweils in der Staatskanzlei vorbereitend schreiben zu lassen?

Herr Krautscheid.

Herr Abgeordneter Schemmer, ich hatte eben bei der Formulierung der einen oder anderen Frage der Oppositionsfraktionen gelegentlich das Gefühl, dass man bei der Fragestellung irrig an alte Zeiten gedacht hat. Ob das so war, können die Betroffenen sicherlich am besten beurteilen. Mir ist nur wichtig, dass wir großen Wert auf eine saubere Trennung legen.

Herr Becker, bitte.

Vor dem Hintergrund, dass Sie so sauber trennen, Herr Krautscheid, habe ich eine präzise Nachfrage: Können Sie definitiv ausschließen, dass für eine der vier in Rede stehenden Reden irgendein Bestandteil in der Staatskanzlei geschrieben wurde?

Jetzt formulieren Sie die Frage des Kollegen Priggen nur andersherum. Dadurch wird sie nicht besser, sondern bleibt die gleiche. – Ich habe keine Anhaltspunkte dafür; ich habe keinerlei Informationen. Sie können Ihre Frage formulieren, wie Sie wollen. Ich kann meine Antwort formulieren, wie ich will. Die Sache ist ganz einfach.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Antwort ist glasklar: Ich habe keinerlei Informationen oder Anhaltspunkte dafür, dass dazu irgendetwas geliefert worden ist.

Herr Eumann.

Ich möchte auf den Auftritt des Ministerpräsidenten in Bonn zurückkommen. Dort waren die Bemühungen des Parteivorsitzenden der CDU Nordrhein-Westfalens nicht so erfolgreich, wie Sie wissen.

Herr Minister Krautscheid, Sie haben gerade gesagt, dass Herr Rüttgers dort seine Rede im Beisein einer größeren Anzahl von Journalistinnen und Journalisten – in Begleitung der Bundeskanzlerin, glaube ich – gehalten hat. Bleiben Sie bei dieser Aussage? Sind Sie sicher, dass die Medienvertreter dort die Rede von Herrn Rüttgers vollständig mitbekommen haben?

(Zurufe von der CDU)

Herr Krautscheid.

Verehrter Herr Eumann, ich kann – um eine beliebte Formulierung der Grünen zu wählen – nicht ausschließen, dass während der sicherlich interessanten Rede des Ministerpräsidenten der eine oder andere Berliner Journalist in Bonn Kaffeetrinken gegangen ist. Das kann ich nicht ausschließen.

(Beifall von CDU und FDP)

Herr Remmel.

Herr Minister Krautscheid, ich formuliere meine Frage andersherum, nämlich positiv. Vielleicht fällt Ihnen dann dazu etwas ein. Ganz präzise: Waren an der Vorbereitung, Durchführung und insbesondere an der Erstellung von Redetexten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Staatskanzlei bezogen auf die Termine, die Herr Priggen eben genannt hat, beteiligt?

Ich habe dafür keine Anhaltspunkte.

(Gisela Walsken [SPD]: Kein Applaus!)

Frau Schäfer.

Herr Minister Krautscheid, Sprache ist entlarvend.

(Minister Andreas Krautscheid: Das verbindet uns, Frau Schäfer! – Heiterkeit von der CDU)

Warten wir mal ab! – Zum einen haben wir das Zitat des Ministerpräsidenten im Hinblick auf die Chinesen, die man würgen muss, damit sie investieren. Das haben Sie eben als flapsig bezeichnet.

Finden Sie es richtig, ein solches Zitat als flapsig zu bezeichnen?

Liebe Frau Schäfer, ich bleibe dabei. Gehen Sie zu dem JusoVorstandsmitglied, das die Aufzeichnungen offenbar geliefert hat. Der Betreffende kann Ihnen das komplette Video vorspielen. Ich kenne die Situation von Augenzeugenberichten, habe von Belustigung auf der Bühne gehört, einer gewissen flapsigen Stimmung, und dann ist die Formulierung so gewählt worden nach dem Motto: Wenn dann immer noch keiner den überzeugenden Bemühungen von Adolf Sauerland nachgeben will, dann muss man …

(Gisela Walsken [SPD]: Ganz lustig!)

Ich glaube, dass wir hier – das sage ich Ihnen ganz ehrlich, und ich glaube, ich habe hinreichendes Sprachgefühl, um die Sache unterscheiden zu können – über nicht mehr als eine Flapsigkeit reden. Dabei bleibe ich.

(Beifall von der CDU – Gisela Walsken [SPD]: Ja, ja!)

Herr Sagel.

Es wird sich sicherlich klären lassen, in welcher Funktion der Ministerpräsident an den Veranstaltungen teilgenommen hat, ob als CDU-Parteimitglied oder als Ministerpräsident. Ich gehe davon aus, dass das in irgendeiner Form dokumentiert ist.

Da das CDU-Parteimitglied Herr Dr. Rüttgers auch Mitglied des Landtags ist, er mittlerweile wegen Volksverhetzung angezeigt wurde und Sie, Herr Minister, sich nicht in der Lage sehen, uns mitzuteilen, wann, wo und wie oft er entsprechende Äußerungen getan hat, möchte ich Sie fragen, wann Sie uns im Parlament Auskunft darüber geben können, wann, wie oft und wo er derartige Äußerungen gemacht hat. Denn möglicherweise werden wir als Parlamentarier in Kürze vor die Frage gestellt, ob wir der Aufhebung der Immunität des CDUParteimitglieds Rüttgers zustimmen oder nicht.

(Lachen und Zurufe von der CDU)