Protokoll der Sitzung vom 10.09.2009

Also auch an der Stelle trennt uns nichts. Wir sehen das genauso. Das muss schonend begonnen werden. Das tun wir auch, um die Reintegrationsmöglichkeiten der Kommunen im Kosovo nicht zu überfordern.

Insofern besteht kein Bedarf für eine erneute Befassung der Innenministerkonferenz.

Im Übrigen sind die Ausländerbehörden an die Bewertung des zuständigen BAMF, des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, gebunden. Insofern kann jede Entscheidung natürlich auch jederzeit gerichtlich überprüft werden. Für einen vorläufigen Rückführungsstopp besteht daher kein Bedarf.

Ich freue mich, dass das Thema Bleiberechtsregelung erkennbar aus der Diskussion herausgehalten werden soll. Wir wissen, dass an dieser Stelle sicherlich alle regierungstragenden Parteien in Berlin, aber auch in den Ländern deutlich über ihren Schatten gesprungen sind und eine sehr großzügige Regelung verabredet haben, die ja nun möglichen Modifikationen unterliegen könnte. Das alles wird noch zu diskutieren sein. Es ist ein Bundesgesetz. Deswegen muss zunächst einmal auch dort entsprechend gearbeitet werden.

Zu den Forderungen der Grünen nach einem humanitären Aufenthaltsrecht für Roma nach § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz muss man natürlich sagen: interessante Volten nach dem Regierungsverlust.

Die Bindung an Recht und Gesetz – das wissen Sie doch genau – ermöglicht es hier nicht, eine entsprechende Entscheidung zu treffen, weil es die falsche Rechtsgrundlage ist. Ein Aufenthaltsrecht kann es hier nicht für Gruppen, sondern nur im Einzelfall geben.

Im Übrigen ist auch dem Schutz nach Artikel 8 der Menschenrechtskonvention durch die Bleiberechtsregelungen schon Rechnung getragen worden.

Insofern, glaube ich, haben wir an dieser Stelle das getan, was zu tun ist. Die Anträge sind daher aus Sicht der Landesregierung abzulehnen.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Kollege Sagel hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Allerdings hatte er bereits die Gelegenheit. Ich habe nachgefragt. Sie haben noch 30 Sekunden Redezeit, Herr Sagel.

(Zuruf: Ab jetzt!)

Liebe Kollegen, wenn ich hier Zwischenrufe wie „Ab jetzt!“ höre, dann muss ich doch sagen: Die Redezeit läuft, wenn der Redner hier am Rednerpult ist und bereit ist, seine Rede zu beginnen.

Danke, Frau Landtagsvizepräsidentin. Aufgrund dessen, was die Kollegin Düker gerade gesagt hat, ziehe ich den Punkt 3 aus meinem Antrag, der sich auf die Bleiberechtsregelung bezieht, zurück, weil das ja noch Teil der Anhörung ist, die am 29. Oktober stattfinden soll, sodass der Antrag dann insgesamt nur noch aus drei Beschlusspunkten besteht.

Im Übrigen fordere ich den Landtagsabgeordneten Engel auf, sich bei mir zu entschuldigen, oder fordere das Landtagspräsidium auf, ihn zu rügen, da er mich hier als „Hund“ bezeichnet hat.

(Zurufe: Nein!)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Sagel. – Zu Ihrer letzten Anmerkung will ich darauf hinweisen, dass der Abgeordnete Engel nach einhelliger Auffassung im Präsidium hier oben in seinem Wortbeitrag ein gebräuchliches Sprichwort zitiert hat,

(Zuruf von Rüdiger Sagel [fraktionslos])

welches jedem bekannt und gebräuchlich ist. Es handelt sich deswegen in keiner Weise um eine zu rügende Diffamierung eines Abgeordneten oder eine unparlamentarische Äußerung.

(Zuruf von Rüdiger Sagel [fraktionslos])

Meine Damen und Herren, wir haben vom Kollegen Sagel den Hinweis vernommen, dass er die Ziffer 3 aus seinem Antrag nicht zur Abstimmung, sondern im Forderungskatalog zurückstellt. Die bisherige Ziffer 4 wird damit zu Ziffer 3.

Wir sind damit Schluss der Beratung zu diesem Tagesordnungspunkt; denn weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Abgeordnete Sagel hat direkte Abstimmung zu seinem, wie gerade vorgetragen, geänderten Antrag beantragt. Wer dem geänderten Antrag Drucksache 14/9683 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind der Abgeordnete Sagel und die anwesenden Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Gegenstimmen? Das sind die anwesenden Abgeordneten der Fraktion der CDU, der Fraktion der FDP und der Fraktion der SPD. – Stimmenthaltungen? Keine. – Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wir stimmen über den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/9766 ab. Wer diesem Entschließungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. – Das sind die Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Abgeordnete Sagel. Gegenstimmen? – Das sind die Abgeordneten der Fraktionen von CDU und FDP. Stimmenthaltungen? – Die Abgeordneten der Fraktion der SPD. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

Ich rufe auf:

13 Frauenkarrieren in der Wissenschaft fördern: Quote einführen

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/9754

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/9806

Ich eröffne die Beratung. – Für die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Frau Abgeordnete Dr. Seidl das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach einer Studie des Kompetenzzentrums Frauen in Wissenschaft und Forschung vom Mai dieses Jahres liegt NordrheinWestfalen im Vergleich der Bundesländer in Sachen Gleichstellung auf dem allerletzten Platz.

Auch wenn Professor Pinkwart trotz dieses niederschmetternden Ergebnisses scheinbar keinen Handlungsbedarf sieht, so sprechen die Fakten doch eine deutliche Sprache. – Herr Minister Pinkwart, wir sind gerade beim Antrag zur Frauenförderung.

(Minister Prof. Dr. Andreas Pinkwart: Ich weiß!)

Sie haben mir und dem gesamten Ausschuss vor Kurzem diesen Faktencheck geschickt. Hätten Sie nur einmal zum Telefon gegriffen, das CEWS angerufen und sich erkundigt, dann hätten Sie gemerkt, dass Sie vollkommen auf dem falschen Dampfer sind.

Sie haben mir komplett falsche Zahlen mitgeteilt. Das Gegenteil ist der Fall. Die dargestellten Ergebnisse fallen sehr wohl in den Verantwortungsbereich des Innovationsministers; denn die Daten geben ganz eindeutig die Situation für das Jahr 2007 wieder.

Bei den Promotionen befinden wir uns in der Schlussgruppe der Länder, bei den Habilitationen am unteren Ende der Mittelgruppe. Beim wissenschaftlichen und künstlerischen Personal bilden wir das absolute Schlusslicht. In der Rangliste der Professuren liegen wir mit 15,8 % im mittleren Mittelfeld weit abgeschlagen hinter Berlin, Niedersachsen und Bremen, die einen Frauenanteil von über 20 % an den Professuren aufweisen.

Herr Minister Pinkwart, es mag sein, dass Sie nicht für alle diese Ergebnisse die alleinige Verantwortung tragen. Aber die Ergebnisse sind, wie sie sind. Und Sie tragen die Verantwortung dafür, alles zu tun, damit sie beim nächsten Mal besser werden.

Wir alle wissen, dass die unzureichende Repräsentanz von Frauen in den Führungspositionen von Wissenschaft und Forschung ein bundesweites Problem ist. Wir wissen, dass auch wir in den Jahren vor Ihrer Regierungszeit nur in kleinen Schritten vorwärts gekommen sind. Aber wirklich erschreckend ist, dass NRW heute, drei Jahre nach Einführung des HFG, das Schlusslicht bei der Gleichstellung an den Hochschulen bildet.

(Minister Prof. Dr. Andreas Pinkwart: Stimmt doch nicht!)

Das stimmt. Ich werde Ihnen gleich einmal meinen Faktencheck überreichen, Herr Minister Pinkwart. Dann können Sie das einmal vergleichen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Rote Laterne!)

Der Wissenschaftsrat hat in einer vielbeachteten Empfehlung zur Chancengleichheit an den Hochschulen bereits im Jahr 2007 konkrete Vorschläge unterbreitet. Angesichts des nur langsamen Fortschritts bei der Gleichstellung spricht er sich deutlich für die Einführung einer Quotenregelung aus. Das ist aus unserer Sicht der Dreh- und Angelpunkt, meine Damen und Herren; denn nur so können die derzeit vorherrschenden Strukturen ausgehebelt werden und sich auch Mentalitäten und Arbeitsbedingungen an den Hochschulen ändern.

Neben der Einführung einer Frauenquote muss es aber auch darum gehen, die wissenschaftliche Karriereplanung gerade für junge Frauen attraktiv und verlässlich zu gestalten. Der Qualifikationsprozess über die Promotion bis zu einer dauerhaften Professur ist ein langer Weg. Er ist von Unsicherheiten und Abhängigkeiten charakterisiert und wirkt vielfach abschreckend auf junge Nachwuchswissenschaftlerinnen. Deshalb brauchen wir mehr Transparenz bei den Berufungsverfahren. Wir brauchen eine intensive Promotionsbetreuung. Und wir brauchen ein flächendeckendes Coaching und Mentoringprogramme an unseren Hochschulen.

Wir brauchen ebenfalls Verbesserungen auf der Ebene des Arbeitsrechtes in der Wissenschaft. Dieses wird nur dann zukunftsfähig sein, wenn es von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis als Regelfall ausgeht. Und wir brauchen gerade auf der Ebene der Juniorprofessuren mehr Tenure-Track-Stellen, also transparentere Verfahrenswege zu einer qualitätsgesicherten Dauerstelle.

Das sind alles Ansatzpunkte für eine aktive, eine handelnde Hochschulpolitik, die sich ihrer landesweiten Verantwortung stellt und nicht nur immer darauf verweist, dass die Hochschulen zuständig sind.

Last, not least: Unsere Hochschulen müssen endlich familienfreundlicher werden, damit sich Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler nicht länger zwischen Kind und wissenschaftlicher Karriere entscheiden müssen.

Vor diesem Hintergrund fordern wir die Landesregierung auf, ein Konzept für konkrete landes- und bundesrechtliche Maßnahmen vorzulegen, um strukturelle Hindernisse für die wissenschaftlichen Karrieren junger Frauen abzubauen, und für dieses Konzept auch auf Bundesebene zu werben.

Was die Landesebene angeht, erwarten wir von Minister Pinkwart, dass er mit den Hochschulen die Einführung einer Frauenquote, die sich am sogenannten Kaskadenmodell orientiert, sowie die Etablierung von Chancengleichheit als Aufgabe der obersten Führungsebene vereinbart.

Der gleichstellungspolitische Durchbruch an den Hochschulen gelingt nur dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir in den kommenden Jahren hohe und konkrete Zielzahlen für die Berufung von Frauen wirklich festlegen. Deshalb müssen auch der Anteil für Berufungen von Frauen im Strukturfonds erhöht und die Kriterien des Landesgleichstellungsgesetzes bei der leistungsorientierten Mittelvergabe wieder berücksichtigt werden, wie das in unserer Amtszeit der Fall gewesen ist. – Herzlichen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Seidl. – Für die Fraktion der CDU hat nun der Kollege Hollstein das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich bin völlig sicher, Frau Dr. Seidl: Auch wenn wir all das, was Sie gerade gefordert haben, in der ersten Woche nach der Übernahme der Mehrheit in diesem Hause im Mai 2005 getan hätten, wäre die Situation heute wahrscheinlich genau so, wie sie ist. Denn Sie haben nur in einem einzigen Punkt recht: Es ist ein langer Weg, bevor sich Veränderungen gerade in diesem Bereich ergeben. Und wir halten die Quote für genau das falsche Instrument auf diesem langen Weg.

(Beifall von der CDU)