Protokoll der Sitzung vom 10.09.2009

Nun macht das Arbeits- und Sozialministerium einen Vorschlag, der da heißt: …

(Horst Becker [GRÜNE]: Das steht alles nicht drin!)

Nun hören Sie doch einmal zu! Ich höre Ihnen doch auch immer zu. Ich erzähle Ihnen jetzt, was Sache ist.

Es geht hier nicht um irgendein Praktikum, sondern es geht um eine anerkannte Berufsausbildung in den Berufsbildungswerken unter …

(Horst Becker [GRÜNE] schüttelt mit dem Kopf.)

Jetzt hören Sie doch einmal zu! – … Ableistung von praktischen Anteilen in den Kommunen. Das ist eine vollwertige Ausbildung. Sie kann in Oberhausen stattfinden, sie kann in Duisburg stattfinden, sie kann in Hagen stattfinden. Dass Ihnen das nicht passt, ist das eine. Funktionieren tut es trotzdem.

(Beifall von der FDP)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Steffens?

Ja, klar.

Herr Minister, kennen Sie den Unterschied zwischen einer exklusiven Ausbildung und einer Ausbildung im Sinne der Inklusion? Sie reden mit Blick auf die Ausbildung des Programms von Minister Laumann über eine Ausbildung, die nicht im Sinne der Inklusion als normale Berufsausbildung stattfindet.

(Minister Karl-Josef Laumann: Ich kann es nicht mehr ertragen!)

Offensichtlich wollen Sie nicht verstehen, was ich Ihnen sage. Die praktischen Teile dieser Ausbildung werden über Monate in den Verwaltungen stattfinden. Das heißt, dass an dieser Stelle ein vollwertiger Ausbildungsabschluss ermöglicht wird. Das ist der eine Lösungspunkt.

(Beifall von der FDP)

Der zweite Lösungspunkt ist – auch den müssen Sie sich ein zweites Mal anhören, weil Sie hier immer Falschmeldungen verbreiten –, dass beispielsweise in den Stadtwerken von Oberhausen oder Duisburg selbstverständlich auch Ausbildung stattfinden kann, weil sich die Restriktionen des § 82 GO ausschließlich auf den Kernhaushalt beziehen. So ist jede Tataren-Meldung, in einem Bereich könne keine Ausbildung mehr geschehen, völlig fehl am Platze.

(Beifall von der FDP)

Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Sie wollen es aber nicht zur Kenntnis nehmen. Deswegen bleibe ich dabei: Sie wollen ein Thema instrumentalisieren, was man elegant lösen kann, bei dem man den berechtigten Interessen der Behinderten auch tatsächlich Rechnung tragen kann. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, wir sind jetzt am Schluss der Debatte. Ich kann die Beratung schließen.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/9758 an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales – federführend –, an den Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform sowie an den Ausschuss für Schule und Weiterbildung. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Ist jemand dagegen? – Enthaltungen? – Dann ist dieser Verfahrensbeschluss so gefasst.

Wir treten ein in die Beratung des Tagesordnungspunktes

8 Gesetz zur Modernisierung und Bereinigung von Justizgesetzen im Land Nordrhein-Westfalen

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 14/9736

erste Lesung

Dieser Gesetzentwurf wird nur durch die Landesregierung eingebracht. Eine Debatte ist für heute nicht geplant. Ich erteile das Wort der Frau Ministerin Müller-Piepenkötter. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Wissen Sie, was eine Gemeinheit ist und wie man sie teilen kann? Warum muss der Tod eines Beamten gesetzlich geregelt werden? Und brauchen wir noch Vorschriften für Dorfgerichte?

Mit diesen und anderen bedeutenderen Fragen haben wir uns befasst, als wir das umfangreiche, teilweise aus dem vorletzten Jahrhundert stammende nordrhein-westfälische Landesrecht im Bereich der Justiz unter die Lupe genommen haben. Vorgefunden haben wir ein unübersichtliches, zersplittertes und teilweise veraltetes Normengefüge, das den Erfordernissen einer schlanken und für die Bürgerinnen und Bürger transparenten Gesetzgebung nicht mehr entspricht.

So sind in Nordrhein-Westfalen noch zahlreiche preußische Normen in Kraft, die als Landesrecht fortgelten. Viele sind heute gegenstandslos.

Mit dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf werden die für die Justiz in Nordrhein-Westfalen maßgeblichen landesrechtlichen Bestimmungen zusammengefasst und überarbeitet: mit dem Ziel der Modernisierung, der Rechtsbereinigung und der Erhöhung der Transparenz. Als Folge können insgesamt 57 Gesetze und Verordnung aufgehoben werden. Ich meine, das ist ein gehöriger Beitrag auf dem langen Weg der Rechtsbereinigung.

Man kann allerdings gerade im Bereich der Justiz nicht die Sense zum Werkzeug der Rechtsbereinigung machen und beispielsweise alles, was aus dem vorletzten Jahrhundert stammt, einfach aufheben. Jede Norm bedarf der intensiven Prüfung. Daher bin ich den von uns umfassend beteiligten nordrhein-westfälischen Gerichten und Staatsanwaltschaften für ihre wertvollen Hinweise außerordentlich dankbar. Ohne deren ausführliche Stellungnahmen wäre vielleicht so manche Norm gestrichen worden, die in der Rechtswirklichkeit doch noch bedeutsam ist.

So können, um zwei der von mir aufgeworfenen Fragen zu beantworten, zwar die preußischen Normen über Dorfgerichte aufgehoben werden, Regelungsbedarf besteht aber nach wie vor hinsichtlich

der Frage, wie im Nachlassrecht beim Tod eines Beamten mit amtlichen Akten, die der Verstorbene in Gewahrsam hatte, zu verfahren ist.

Dass es inzwischen nicht nur Beamte, sondern auch Beamtinnen gibt und die Norm gleichstellungsgerecht zu formulieren ist, versteht sich von selbst.

Meine Damen und Herren, auch die Transparenz vieler Justizvorschriften ist mangelhaft. Sie sind in zahlreichen Gesetzen verstreut und oft nur schwer auffindbar. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf erfolgt erstmals eine einheitliche und zusammenfassende Kodifikation im Bereich der Justiz Nordrhein-Westfalens. Demnächst müssen keine unübersichtlichen Gesetzessammlungen mehr durchforstet werden. Es genügt ein Blick in das Inhaltsverzeichnis des Justizgesetzes. Das kommt sowohl den Rechtssuchenden als auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Justiz zugute.

Und das Justizgesetz stellt zum ersten Mal auch die Organisation der Rechtspflege in NordrheinWestfalen dar. Es bestimmt den Aufbau der Justizverwaltung und die Gliederung der Gerichte und Staatsanwaltschaften. Damit übernimmt es die Funktion eines Landesorganisationsgesetzes für die Justiz.

Meine Damen und Herren, mit seinem klaren Aufbau und Inhalt und der Vielzahl der aufgehobenen Normen ist der Gesetzentwurf ein herausragendes Beispiel für Bürokratieabbau, Rechtsbereinigung und Bürgerfreundlichkeit in der Justiz, um dessen Unterstützung ich Sie herzlich bitte.

Jetzt will ich noch das Geheimnis um die „Gemeinheiten“ lüften. Es handelt sich um nach altem Herkommen auf Grundeigentum lastende Nutzungsberechtigungen oder gemeinschaftlich genutzte Grundstücke. Man kann sie tatsächlich teilen; es gibt sogar ein Gesetz darüber, das Gemeinheitsteilungsgesetz. Gemeinheiten, die man teilen kann – ist das nicht ein schöner Gedanke? Wir wollen daher auch nur eine einzige Vorschrift dieses Gesetzes aufheben. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Ich schließe die Beratung, die ja keine war, sondern es war nur eine Einbringung.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 14/9736 an den Rechtsausschuss. Widerspricht dem jemand? – Enthält sich jemand der Stimme? – Dann haben wir dies einstimmig so beschlossen.

Ich rufe auf:

9 Staatshilfen an Bedingungen knüpfen: Keine Bonuszahlungen und Gehaltsobergrenze für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der WestLB sicherstellen

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/9718

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende SPD-Fraktion Frau Kollegin Walsken das Wort. Bitte sehr.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! „Der Krieg um Talente ist wieder im vollen Gang“, sagt Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und hält deshalb Prämienzahlungen für unerlässlich zum Anheuern von Top-Bankern.

Diese Haltung wird unterstützt vom Präsidenten des Bundesverbandes der privaten Banken, der sich heftig gegen gesetzliche Bonusobergrenzen wehrt und meint – ich zitiere wörtlich –:

Grundsätzlich ist es nicht Sache des Staates, was ein Unternehmen seinen Angestellten an Gehalt zahlt.

Meine Damen und Herren, wer diese Zeilen heute in der „WAZ“-Wirtschaftsspalte nachliest, glaubt zunächst, seinen Augen nicht zu trauen. Offensichtlich ist das Finanzkasino bereits längst stillschweigend wieder eröffnet.

Waren es nicht gerade jene Talente im Sinne von Herrn Ackermann, die vor fast genau einem Jahr Milliardenverluste erwirtschaftet und Vermögenswerte vernichtet haben? War es nicht der Staat, der mit Milliardenhilfen, zum Beispiel bei der Commerzbank, gerettet hat? Da waren es über 20 Milliarden €. Jetzt soll dem Staat verwehrt werden, Vorgaben zu formulieren, die das drastische Ausufern der Bankvorstandsgehälter begrenzen sollen?

Meine Damen und Herren, ein Staatsverständnis, das die Verluste der Bevölkerung überträgt und die Gewinne in die Taschen der Bankvorstände transportiert, ist mit Sozialdemokraten nicht zu machen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Ewald Groth [GRÜNE]: Mit Grünen auch nicht!)

Es ist einfach zynisch, wenn die führenden Vertreter der privaten Banken – ich sage: die selbst ernannten Wirtschaftseliten – die Verluste ihrer Misswirtschaft auf die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in unserem Land abwälzen. Ich bezweifle, ob man mit einem derartigen Staatsverständnis überhaupt eine Führungsaufgabe mit voller Verantwortung für die Gemeinschaft in einem Unternehmen wahrnehmen kann.