Im Regionalplan für den Regierungsbezirk Münster – (Gebietsentwicklungsplan) Teilabschnitt „Emscher Lippe“ sind sowohl der Standort des KW Datteln als auch eine Erweiterungsfläche auf der gegenüberliegenden Kanalseite als Bereiche für gewerbliche und industrielle Nutzungen (GIB, Farbmarkierung grau) mit der Zweckbestimmung „Kraftwerke und einschlägige
Das Gutachten gibt exakt wieder, was der alte GEP von 2004 vor dem Verfahren zur 4. Änderung des Regionalplans für den Standort festgesetzt hat: ein bestehendes Kraftwerk mit einer Erweiterungsfläche – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Keine Spur von einem Neubau!
Interessant ist dann aber in der Zusammenfassung im Umweltgutachten des TÜV NORD folgende Stelle – ich zitiere –:
Im Regionalplan für den Regierungsbezirk Münster – GEP Teilabschnitt „Emscher-Lippe“ sind sowohl der Standort des KW Datteln als auch eine Erweiterungsfläche für einen Kraftwerksneubau auf der gegenüberliegenden Kanalseite als gemeinsame Fläche für einen Kraftwerksstandort (Planzeichen und Farbmarkierung grau) verbindlich eingetragen.
Und dazu will ich feststellen: In der Zusammenfassung des TÜV NORD aus dem Juli 2005 wird die GEP-Festsetzung von 2004 umgeschrieben, meine Damen und Herren. Plötzlich wird behauptet, der GEP von 2004 setze bereits eine Erweiterungsfläche für einen Neubau fest, und das Planzeichen weise eine gemeinsame Fläche aus. Diese Darstellung – ich drücke mich ganz vorsichtig aus – ist offensichtlich interessengeleitet. Das riecht nach Gorleben. Sie soll den Neubau eines Kraftwerks planerisch begründen, obwohl es im GEP von 2004 selbst keinen Beleg dafür gibt.
ist dann von der Bezirksregierung für die 4. Änderung des Regionalplans im Jahre 2006 übernommen worden, und auch die Landesregierung hat diese Änderung genehmigt. Frau Thoben, das ist ein starkes Stück. Das habe ich noch nicht erlebt.
Und dafür gibt es nur zwei Erklärungen: Entweder hat die Planungsministerin Thoben das Ganze nicht bemerkt, oder sie hat es wissentlich abgenickt.
Beides spricht nicht für die Kompetenz dieser Landesregierung. Schlamperei oder Trickserei, Frau Thoben? Sie können das gleich aufklären. Wir sind sehr gespannt auf Ihre Äußerungen. – Vielen Dank fürs Zuhören.
(Dietmar Brockes [FDP]: Keine einzige Posi- tion der SPD! – Gegenruf von Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Hast du nicht zugehört? – Dietmar Brockes [FDP]: Doch, sehr gut so- gar! Fragen über Fragen, aber keine eigene Position!)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Hovenjürgen, Sie haben ein Bekenntnis zum Industriestandort Nordrhein-Westfalen gefordert. Damit habe ich überhaupt kein Problem.
Nordrhein-Westfalen ist Industrieland, NordrheinWestfalen soll Industrieland bleiben, und wenn Sie endlich mit der Politik aufhören, die Sie gerade machen, dann wird Nordrhein-Westfalen auch Industrieland bleiben. Was Sie allerdings in dem Antrag fordern, ist etwas ganz anderes. In dem Antrag fordern Sie, dass der Landtag bekennen soll, dass dieser fachplanerische Murks, den die Landesregierung gemacht hat, durch einen Beschluss geheilt werden soll. Das geht so aber nicht. Man darf nämlich Eigeninteresse und falsches Regierungshandeln nicht mit dem Interesse des Landes verwechseln.
Sie sprechen von einer Gefahr für den Industriestandort. Meine nächsten Sätze mögen mir die Kollegen von der SPD jetzt nachsehen. Wenn diese jetzt mit der Idee kämen und sagen würden: „Der dauerhafte Bergbau ist die Zukunft des Industriestandortes Nordrhein-Westfalen“, dann würden Sie sagen: Das kann nicht wahr sein. – Ich sage Ihnen: Das, was Sie im Moment mit den Kohlekraftwerken machen, ist genauso eine Gefahr für den Industriestandort Nordrhein-Westfalen.
Sie sind da auf einem Irrweg, und interessant ist – das haben wir noch nicht angesprochen –, dass Ihnen auch das Gericht dies ins Urteil hineingeschrieben hat. Herr Wittke, Sie haben eben angesprochen, dass Sie an den ambitionierten Klimaschutzzielen der Bundesregierung und der Landesregierung festhielten. So in etwa war Ihre Aussage. Dann ein Zitat von Ihnen – etwas später –, das etwas widersprüchlich ist: Lasst uns an einer Energiepolitik festhalten, die uns viele, viele Jahre in Nordrhein-Westfalen verbunden hat. – Das war der Appell an die Sozialdemokraten.
Jetzt müssen Sie sich entscheiden: Wollen Sie die Klimaschutzziele der Bundesregierung und der Landesregierung umsetzen? Dann hat das auch
industriepolitische Konsequenzen. Oder wollen Sie an einer Energiepolitik festhalten, die Sie möglicherweise mit anderen über viele Jahre verbunden hat? – Beides wird nicht gehen, um es ganz klar zu sagen.
Wir haben eine Zeitenwende in den Parametern für Energiepolitik; das ist einfach so, und das wird uns seit dem IPCC-Bericht von 2007 ständig vorgeführt. Ich will Ihre Vorsitzende nehmen, die ich diesbezüglich immer wieder gut zitieren kann. Im Juli 2009 hat es in Italien einen G-8-Gipfel gegeben, wo die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland mit anderen erreicht hat, dass der amerikanische Präsident endlich anerkannt hat, dass die Emissionen bis 2050 weltweit um 50 % gesenkt werden müssen.
Darüber hinaus hat man anerkannt, dass die westlichen Industriestaaten bis 2050 bis zu 80 % Emissionsreduzierungen erreichen müssen. Uns sagen die Klimaforscher, dass es noch mehr sein müsste, aber 80 % Reduktion wurden anerkannt. An der Stelle ist doch das, was Sie immer wieder sagen und planen, mit den politischen Zielen nicht kompatibel.
Das Gericht hat Ihnen – und das war für mich bemerkenswert – erstmals ins Urteil hineingeschrieben, dass die Behauptung der Landesregierung, der Neubau von emissionsärmeren Kraftwerken führe zu Stilllegungen von emissionsstarken Altkraftwerken, mit der Realität überhaupt nichts zu tun hat; das steht auf Seite 43 ff. des Urteils. Das ist so. Das sagen wir Ihnen immer wieder. Selbst wenn man die Kraftwerkszahl nur konstant halten würde, passt es nicht. Sie wissen genau, dass für die Anlage in Hamm nichts Altes stillgelegt wird. Gleiches gilt für die Anlage in Walsum. Die Trianel in Lünen kann nichts stilllegen, weil sie keine Altkraftwerke hat.
Es ist eine Mogelpackung zu sagen: In Datteln gibt es einen Neubau, für den Altanlagen stillgelegt werden. – Das kann doch nur jemanden überzeugen, der keine Zahlen lesen kann.
Sie wissen ganz genau: Es gibt 300 Megawatt aus Altanlagen, die möglicherweise stillgelegt werden. Mehr als dreimal so viel Kapazität soll neu gebaut werden. Es kann auch nicht gehen, dass man auf der einen Seite die Ziele ambitioniert beschreibt und der Öffentlichkeit vortäuscht, man würde handeln, gleichzeitig aber das ganze konkrete Handeln in die Gegenrichtung läuft.
Ich will sagen, warum ich es für industriepolitisch katastrophal halte: Wenn die Bundesregierung sagt, wir müssen 80 % Reduktion in den nächsten 40 Jahren hinbekommen, heißt das, es bleiben noch 20 % der Emissionen übrig, die wir ausstoßen können. Es gibt sogenannte prozessbedingte Emissionen aus der Stahl-, der Chemie- und der Ze
mentindustrie, die wir nicht mehr reduzieren können. Das wissen wir. Wir können sie optimieren, aber nicht auf null bringen.
Also brauchen wir die restlichen freien Emissionen dafür, überhaupt noch Stahl- und Zementerzeugung und Ähnliches hier zu haben. Das heißt aber: Wir können nicht den Kraftwerksbestand über den heutigen Status hinaus ausbauen. Das machen Sie im Moment. Wenn man Megawattzahl zu Megawattzahl rechnet, ist das genau das, was passiert.
Sie müssten reduzieren. Alles, was jetzt noch neu gebaut wird, läuft doch 2050 oder 2060 noch. Wir wissen, dass diese Anlagen 40 bis 50 Jahre laufen. Deswegen ist dieser Weg im Grundsatz falsch. Das Gericht schreibt Ihnen das erstmals ins Urteil.
Außerdem schreibt Ihnen das Gericht auf Seite 46 und folgende erstmalig ins Urteil, was wir hier schon oft diskutiert haben. Sie sagen immer wie alle anderen, dass Kraft-Wärme-Kopplung etwas Vernünftiges ist, nicht wie die Kohlekraftwerke, die 60 % der Energie nutzlos in die Umgebung jagen, und wenn Sie CCS verwirklichen könnten, wären es noch mehr, nämlich 70 %.
Sie sagen immer: Die Kraft-Wärme-Kopplung, also Strom und Wärme gleichzeitig herzustellen, ist der vernünftige Weg. Das ist aber nur ein Lippenbekenntnis. In der Realität wird ein TausendMegawatt-Block nach dem anderen gebaut, während die KWK in der Entwicklung ein Hungerdasein fristet.
Auch hier hat das Gericht wirklich sehr schön lesbar im Urteil festgehalten, dass bei der Planung alles, was zur KWK darin steht, unverbindliches Gerede ist nach dem Motto, es könne mal gebaut werden. Planungsrechtlich wird aber überhaupt nichts unternommen, um das abzusichern. Insofern ist die Bilanz auch da ganz ernüchternd.
Ich habe deshalb mit der Frage nach dem Industrieland Nordrhein-Westfalen angefangen, weil wir zu dem Verwaltungsmurks, den die Regierung gemacht hat, eben schon viel gesagt haben. Meine Überzeugung ist: Wenn Sie so weitermachen, werden wir in den nächsten Dekaden die ältesten Kohlekondensationskraftwerke in Nordrhein-Westfalen ansammeln, während in der restlichen Republik die industriepolitischen Entwicklungen in Richtung erneuerbare Energien und Effizienz gehen. Das kann gar nicht anders sein.
Die Arbeitsplätze, die damit zusammenhängen, entstehen in anderen Bundesländern. Wir haben das schon öfter gesagt: Wir waren mit dem Wirtschaftsausschuss in anderen Bundesländern und haben geschaut, was dort im Bereich der erneuerbaren Energien passiert. Jetzt haben wir mitbekommen, dass Thyssen die Werft in Emden aufgibt.
Dort übernimmt ein Windkraftanlagenbauer 800 Leute. ENERCON hat in diesem Bereich 11.000 Arbeitsplätze geschaffen. All das ist in NordrheinWestfalen nicht erwünscht und wird hier rausgedrückt.
Das liegt nicht daran, dass Bürgerinitiativen ihr legitimes bürgerliches Klagerecht nutzen oder dass der BUND das macht. Das haben wir früher gehabt; das hat es immer gegeben. Darüber darf man gar nicht lamentieren. Es ist das ganz normales Recht, dass ein Landwirt an dieser Stelle seine bürgerlichen Rechte in Anspruch nimmt, vor ein Gericht geht und das auch durchhält, nachdem ihm das in allen Verfahren immer um die Ohren geschlagen worden ist.
Das ist völlig in Ordnung. Damit muss eine Regierung klarkommen. Dann muss sie eben sauber arbeiten, um das auszutragen.