Protokoll der Sitzung vom 05.11.2009

Dem Vorschlag der kommunalen Spitzenverbände ist die Landesregierung nicht gefolgt.

Zwar ist mit Vertretern der kommunalen Seite der Entwurf eines solchen Kodex erarbeitet worden, der nunmehr in den Gremien der kommunalen Spitzenverbände beraten wird. Aber auch wenn es mit den kommunalen Spitzenverbänden zu einer Vereinbarung über einen solchen Kodex kommt, hält die Landesregierung eine gesetzliche Regelung für erforderlich.

(Beifall von Ewald Groth [GRÜNE])

Nur mittels eines Gesetzes kann zeitnah und verbindlich mehr Transparenz bei der Veröffentlichung von Bezügen der Organmitglieder kommunaler Unternehmen geschaffen werden. Eine reine Selbstbindung mittels eines Kodex wäre nicht ausreichend.

(Beifall von CDU und Ewald Groth [GRÜNE])

Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Mit dem Gesetz verfolgt die Landesregierung ein wichtiges Ziel. Nordrhein-Westfalen wird damit Vorreiter in Sachen Transparenz bei öffentlichen Unternehmen. Die Reaktionen auf den Vorstoß der Landesregierung und der Öffentlichkeit sind bis dato ausgesprochen positiv, außer von den von mir Genannten, die ihre Bedenken kundgetan haben.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Auch bei der grünen Fraktion!)

Durchgreifende Bedenken wurden im Rahmen der Verbändeanhörungen – das hatte ich vorgetragen – nicht vorgebracht. Angesichts dieser Sachlage bitte ich Sie, das Transparenzgesetz in den parlamentarischen Beratungen konstruktiv zu begleiten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU, FDP und GRÜNEN – Ewald Groth [GRÜNE]: Manchmal muss man den Finanzminister auch gern haben!)

Vielen Dank, Herr Minister Dr. Linssen. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Eumann das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Zuschauertribüne! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Finanzminister Linssen hat gleich zu Beginn seiner Rede einen – wie ich finde – sehr wichtigen und zutreffenden Satz formuliert, nämlich dass die Diskussion um das Thema Transparenz auf einen breiten politischen Konsens stößt.

Es ist in der Tat so, dass es ein breit getragener Wunsch des Parlaments ist, da Transparenz zu schaffen und zu sichern, wo das Geld der Bürgerinnen und Bürger, wo öffentliches Geld verwandt wird.

Ich sage ausdrücklich: Die Landesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der den Vorstellungen des Parlaments und den Vorstellungen der SPD-Fraktion in großer Übereinstimmung Rechnung trägt. Dafür sage ich dem Finanzminister als zuständigen Minister herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und CDU)

Es ist ein guter Entwurf, über den sich im weiteren Verlauf gut diskutieren lässt.

Ich will jetzt nicht die Details, die Sie gerade bei der Vorstellung des Gesetzentwurfs erwähnt haben, wiederholen, sondern nur zusammenfassen: Das, was der Landesgesetzgeber regeln kann, wird in diesem Entwurf geregelt. Da, wo der Landesgesetzgeber an seine Grenzen stößt – Sie haben sie aufgezeigt, Herr Minister –, werden wir im weiteren parlamentarischen Verlauf beraten, wie wir aus Nordrhein-Westfalen an die Adresse des Bundes Impulse geben können. Denn wenn man Vorreiter im Land ist, kann man diese Kompetenz, Herr Minister, auch nutzen, um Regelungen, die an anderer Stelle kompetent zu treffen sind, anzuregen und anzustoßen.

Üblicherweise redet mein Kollege Eiskirch zu diesem Thema. Der ist jedoch heute in seiner Funktion als Vorsitzender der SPD in Bochum dort, wo wir alle solidarisch mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sind.

(Allgemeiner Beifall)

Ich will ausdrücklich im Namen meines Kollegen Eiskirch sagen, dass Sie Herrn Eiskirch als wirtschaftspolitischen Sprecher in die Beratung einbezogen haben. Auch das ist aus unserer Sicht ein sehr gutes und erfreuliches Signal in diesem Feld.

Also kann ich zumindest für heute ankündigen: Wir stimmen der Überweisung des Gesetzentwurfs ausdrücklich zu. Wir werden im weiteren parlamentarischen Verlauf, auch in der Kombination mit den parlamentarischen Initiativen, die die SPD-Fraktion auf den Weg gebracht hat, die auch in diesem Zusammenhang stehen, zu einem Ergebnis kommen. Wir werden uns dafür konstruktiv engagieren. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD, CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Eumann. – Für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Kollege Weisbrich.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich jetzt den Wortbeitrag von Herrn Eumann gehört habe, dann

fällt mir nur ein: Ne, ne, ne – dass ich das noch erleben darf!

(Marc Jan Eumann [SPD]: Sie sorgen dafür, dass ich das übernehme!)

Der heilige Geist hat sich hier wirklich auf breiter Front ausgebreitet. Herr Eumann, Sie zwingen mich, im Prinzip alles wegzuwerfen, was ich zu dem Thema sagen wollte.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Der Abbau von Vorurteilen ist auch schwer!)

Aber ich möchte zuerst eine Aussage von Ihnen aufgreifen. Ich möchte dem Finanzminister ein großes Kompliment für diesen Gesetzentwurf machen. In der Tat übernimmt Nordrhein-Westfalen damit eine Vorreiterrolle, wenn es um die Transparenz in öffentlichen Unternehmen geht.

Meine Damen und Herren, die Debatte über Bundeszahlungen, Abfindungen, Managergehälter können wir nicht bei den privaten Unternehmen enden lassen. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Anrecht darauf, zu wissen, wie die Geschäftsführer und Vorstände öffentlicher Unternehmen, seien es Sparkassen, Stadtwerke, Wohnungsbaugesellschaften oder Krankenhäuser, bezahlt werden.

(Beifall von der CDU)

Da herrscht – ich glaube, da sind wir uns alle einig – bisher eine schwere Kontrollphobie.

Die Lösungsvorschläge der Landesregierung schöpfen die verfassungsrechtlich vorgegebene Gesetzgebungskompetenz vollständig aus und regeln je nach Organisationsfonds des öffentlichen Unternehmens die Verpflichtung zur Offenlage.

Erfasst werden nicht nur Vorstandsgehälter, sondern auch Tätigkeiten in verbundenen Gesellschaften, Aufsichtsratsvergütungen und Beraterverträge, die jetzt nicht mehr in „Kungelrunden“ abgehandelt werden dürfen, sondern künftig der Zustimmung des gesamten Kontrollgremiums bedürfen.

Im Hinblick auf die bisher erfolgreich geübte Geheimniskrämerei im Windschatten des Bundesrechts ist der Clou dieses Gesetzentwurfes, dass er bei privatrechtlich organisierten öffentlichen Unternehmen und bei öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten die Gesellschafter verpflichtet, auf die entsprechenden Veröffentlichungen hinzuwirken.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Das ist, wenn man so will, eine Umkehr der Beweislast. Wir haben das hier im Landtag bei der Anrechnung von Versorgungsleistungen von anderen Gebietskörperschaften auch so gemacht. Das ging früher auch nicht. Auf die Weise, dass es im Landtag zur Pflicht wird, konnte man das machen. So ist das jetzt auch. Ich denke, so, wie das konstruiert ist, kann sich in Zukunft auch kein noch so publizitäts

scheuer oder spitzfindiger Vorstand der Verpflichtung entziehen.

(Beifall von CDU und GRÜNEN)

Dass die kommunalen Spitzenverbände dieses Gesetz nicht mögen, dass sie eine freiwillige Lösung vorziehen würden, kann ich aufgrund der Verbandsstruktur bestens verstehen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Eine Krähe hackt der anderen ungern die Augen aus. Die Vorbehalte entspringen aber aus meiner Sicht schierem Lobbyismus, den wir mit diesem Gesetz gerade überwinden wollen.

Wir in Nordrhein-Westfalen stellen uns mit diesem Gesetz an die Spitze derer, die demokratische Kontrolle durch mehr Transparenz in Unternehmen ernst nehmen und dies auch tatsächlich wollen. Wir stellen uns an die Spitze derer, die gegen Amigowirtschaft sind – unabhängig von jeder politischen Farbenlehre.

(Beifall von CDU und GRÜNEN – Ewald Groth [GRÜNE]: Na endlich! Das hat aber lange gedauert!)

Alle, die diesem Ziel aus vollem Herzen folgen können, sind herzlich eingeladen, den Gesetzentwurf der Koalition zu unterstützen.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Der Landesregie- rung!)

Ich freue mich, Kollege Eumann, auf die Beratung. Ich habe mit großem Interesse und Vergnügen die frenetischen Beifallsäußerungen von Herrn Groth zur Kenntnis genommen. – Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Weisbrich. – Für die FDP-Fraktion spricht nun Frau Kollegin Freimuth.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde jetzt die fast schon verdächtig scheinende Harmonie nicht trüben, denn auch ich begrüße diesen Gesetzentwurf der Landesregierung, weil wir damit in der Tat eine Vorreiterrolle bei der Schaffung von Transparenz in öffentlichen oder öffentlich beherrschten Unternehmen einnehmen.

Damit stellen wir natürlich auch fest, dass die Landesregierung eine Initiative des Parlaments aus der Landtagsdebatte im Februar dieses Jahrs aufgreift.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Das ist jetzt aber wirklich Quatsch!)

Insofern spreche ich Dank und Komplimente in jeder Hinsicht aus.

Aber ein paar Bemerkungen sind bei der Einbringung dieses Gesetzentwurfs, der an einer prominenten Stelle diskutiert wird, trotzdem zu machen.