Protokoll der Sitzung vom 02.12.2009

Die vielen Projekte möchte ich nicht noch einmal aufzählen. Ich möchte deutlich machen, dass ein Appell, der heute Morgen zum Ausdruck gebracht wurde, so sicher nicht funktioniert. Er funktioniert im Privatleben. Er ist bei manchen angemessener als bei anderen. Es gab die Forderung, dass die Kommunen abspecken müssen. Das ist sicherlich ein wichtiges Thema aus vielerlei Gründen. Ich glaube jedoch, in der kommunalen Finanzdiskussion funktioniert das so nicht, weil die Kommunen das Geld nicht für Scherz ausgeben, sondern um den Menschen vor Ort die Möglichkeiten anzubieten, die im Rahmen der kommunalen Aufgaben anstehen. Dazu gehört aus meiner Sicht eben auch die Kultur.

Ich würde mir wünschen, dass dieser Aufwuchs von der nächsten Landesregierung fortgesetzt werden könnte. Ich sage noch einmal ausdrücklich, dass wir das als Fraktion immer gutgeheißen haben. Deshalb haben wir an dem Punkt in diesem Jahr auch keine Änderungsanträge eingebracht, wie Ihnen aufgefallen ist. Vor dem Hintergrund der Situation ist dieser Punkt, den wir künftig bearbeiten müssen, mit Änderungsanträgen nicht zu reparieren. Deshalb kann ich auch die restlichen vier Minuten und 15 Sekunden der Versammlung übergeben. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank für dieses großzügige Geschenk, Herr Kollege Keymis. – Jetzt hat Herr Krautscheid für die Landesregierung das Wort. Herr Minister Krautscheid, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst erlaube ich mir ein Kompliment für die geschmackvolle Krawatte. – Der heutige Beschluss über den Kulturetat 2010 ist ein bemerkenswertes Ausrufezeichen hinter fünf Jahre erfolgreicher Kulturpolitik in NordrheinWestfalen. Frau Scheler, ich stimme Ihnen ausdrücklich zu: Wir können stolz und dankbar sein für die kulturelle Landschaft in diesem Bundesland.

Sie haben dann doch einen starken Beitrag geleistet, der in Richtung des Etats von heute Morgen, sprich: in Richtung der Kommunalpolitik und der Kommunen, gegangen ist, bei der in der Tat massive Auswirkungen da sind und wo ein System kommunaler Verantwortung existiert, das 60 Jahre nicht groß diskutiert worden ist. Jetzt, wo die Herausfor

derungen besonders hart sind, zu sagen, lasst uns das System mal eben ändern, ist meiner Meinung nach kein Beitrag, der diesem Kulturetat wirklich gerecht wird.

Prof. Sternberg hat es eben schon erwähnt. Aus dem Jahre 2004, in der neuen Regierung 2005 erneuert, stammt das Versprechen des Ministerpräsidenten, die Kulturförderung in diesem Land schlichtweg zu verdoppeln. Das hat damals manch einer nicht für möglich gehalten. Aber die Zahlen sind beeindruckend.

Wir haben im Jahre 2005 mit 70,6 Millionen € angefangen. Zum Genießen: 2006 plus 12,7 Millionen €, 2007 plus 14,3 Millionen €, 2008 plus 15,3 Millionen €, 2009 plus 15,1 Millionen € und im nächsten Jahr plus 13,2 Millionen €.

Meine Damen und Herren, von 70,6 auf 141,2 Millionen €: Versprechen eingehalten.

(Beifall von der SPD)

Ich möchte einige kurze Teilelemente dieser Erfolgsgeschichte näher beleuchten. Jeder wird verstehen, dass ich das Programm „Jedem Kind ein Instrument“ ganz nach vorne ziehe. Die Idee, allen Grundschülern – zunächst im Ruhrgebiet – die Möglichkeit zu geben, ein Instrument zu erlernen, war schon bei der Konzeption aufsehenerregend und ist es bis heute geblieben. Nach der Pilotphase in Bochum wurde 2007/2008 damit begonnen, das Projekt aufzubauen.

Meine Damen und Herren, mit Beginn des Schuljahres 2009/2010 konnten schon 522 Grundschulen in 42 Kommunen an dem Programm teilnehmen. 43.500 Kinder nehmen an diesem Programm „Jedem Kind ein Instrument“ teil. 56 Musikschulen sind beteiligt. Das ist ein Erfolgsprojekt, wie es selten gelingt. Es ist vorbildlich für andere Bundesländer.

Wir bauen weiter aus. Die Erstklässler aller Grundschulen im Ruhrgebiet werden im nächsten Schuljahr, 2010/2011, die Chance haben, ein Instrument zu erlernen. Wir sind jetzt dabei, zum einen die Verzahnung mit der Kulturhauptstadt 2010 hinzubekommen und zum anderen das Projekt für ganz Nordrhein-Westfalen auszubauen.

Das ist, meine Damen und Herren, eine wunderbare Verbindung von frühkindlicher Förderung und kultureller Bildung. Auch hier hat NordrheinWestfalen die Nase in Deutschland vorn.

Ein weiteres Beispiel für innovative Kulturpolitik ist das Thema „Kunst und Kultur für Kinder und Jugendliche“. Sie kennen das Programm „Kultur und Schule“, zum ersten Mal 2006/2007 ins Leben gerufen, jetzt in einer neuen Dimension angekommen. Derzeit finden etwa 1.500 Projekte statt, bei denen Künstlerinnen und Künstler aller Kunstsparten mit Kindern in den Schulen Musicals, Ausstellungen, Tanzvorführungen, Filme, Handyromane erarbeiten, also kulturelle Bildung so früh wie mög

lich einsetzen. So wollen wir auch im Elementarbereich seit einiger Zeit besonders intensiv fördern. Auch dies ist ein Beispiel für innovative Kulturpolitik.

Als Drittes wurde der Bereich „Kultur und kreative Ökonomie“ mit dem Haushalt 2009 erstmals eingerichtet. Damit wollen wir kulturelle Projekte, die an der Schnittstelle zur kreativen Ökonomie liegen, besonders unterstützen. Es ist unbestritten, dass es sich bei der Kultur- und Kreativwirtschaft um eine der wichtigsten deutschen Wachstumsbranchen mit einer ganz besonderen Bedeutung für Nordrhein-Westfalen handelt. Deswegen ist die Landesregierung zusammen mit dem Wirtschaftsministerium, dem MBV und auch mit der Staatskanzlei auf dem richtigen Weg, wenn wir kultur- und kreativwirtschaftliche Strukturen mit abgestimmten, aber unterschiedlichen Förderansätzen fördern.

Es geht dabei um Maßnahmen und Vorhaben, die dazu beitragen, Kreative und Talente im Land zu halten oder ins Land zu holen. Ein Beispiel gerade im Zusammenhang mit der Kulturhauptstadt ist die Förderung von Kreativquartieren mit dem Ansatz, Kunstschaffenden und Kreativen angemessenen Wohn- und Wirkungsraum zu bieten.

Ein weiteres Thema, meine Damen und Herren, ist die Schnittstelle „Kultur und Tourismus“, um das Profil Nordrhein-Westfalens als Kultur- und Kunstraum zu fördern. Ich darf einen Aufgabenbereich nennen, der den Kulturstaatssekretär und mich verbindet:

Wir sind froh und stolz, dass wir den Europäischen Filmpreis in wenigen Tagen zum ersten Mal nicht in Berlin, sondern im Ruhrgebiet verleihen können. Wir haben uns mächtig angestrengt, diese europaweit bedeutsame Veranstaltung mit einer Fernsehübertragung in 40 Länder am übernächsten Wochenende zunächst mit einem Filmprogramm im ganzen Ruhrgebiet, mit einem ersten Abend freitags in Essen und dann der Gala für den Europäischen Filmpreis in die Jahrhunderthalle nach Bochum zu holen. Das ist ein weiteres wichtiges Element, um den Kulturstandort NordrheinWestfalen präsenter zu machen.

Schließlich ist das Thema Tanzförderung zu erwähnen, meine Damen und Herren. Wir haben zu Beginn des Jahres 2009 ein neues Tanzkonzept für Nordrhein-Westfalen vorgestellt, das – nunmehr auch nachlesbar im Haushalt – weiter entfaltet wird. Durch diese neue Konzeption erhält das Tanzland Nordrhein-Westfalen eine nachhaltige Stärkung. Es ist, wenn man so will, ein Quantensprung in Qualität und Attraktivität.

Dies wird durch eine verbesserte Förderung und strukturelle Unterstützung der Ensembles und der Infrastruktur erreicht. Bereits seit dem letzten Jahr zählt die Spitzenförderung für vier herausragende

freie Ensembles und die Gründung der NRWTanzagentur dazu – ein ganz neues Modell der Vermittlung und Vernetzung.

Hinzu kommt ab dem Jahr 2010 die Stärkung unserer Tanzzentren, um die Situation der Künstler und den Gastspielbetrieb sowohl an den mittleren, aber auch den großen Spielstätten wie PACT Zollverein und dem tanzhaus nrw zu verbessern. Auch im Bereich der kommunalen Theater, meine Damen und Herren, werden aus diesem Budget innovative Tanzprojekte im Kinder- und Jugendbereich und der internationale Kulturaustausch gefördert.

In all diesen Bereichen der neuen Konzeption gibt es jetzt – man höre und staune – eine Planungssicherheit für Künstler und Veranstalter über jeweils drei Jahre. Dies bedeutet eine herausragende Möglichkeit, auch in Krisenzeiten Kultur weiterzuentwickeln.

Schließlich werden wir im Jahr 2010 die neu etablierte Exzellenzinitiative für Kommunaltheater fortsetzen. Hiermit wird die Empfehlung der Expertenkommission „Kunst NRW“ und der Vorschlag der Regierungsfraktionen umgesetzt, die eine FörderAuszeichnung für nordrhein-westfälische Theater durch eine verstärkte Landesförderung eingefordert haben.

Unter dem Strich, meine Damen und Herren, sind das beeindruckende innovative Projekte im Kultursektor. Alle Versprechen bezüglich des Budgets wurden eingehalten und umgesetzt. Meine Damen und Herren, mit einem Kompliment an den zuständigen Kulturstaatssekretär kann man nur sagen: Die Kultur im Lande Nordrhein-Westfalen nimmt einen Spitzenplatz in Deutschland ein. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Krautscheid. Was unsere Krawatten angeht, Herr Minister, scheinen unsere Frauen einen vergleichbar guten Geschmack zu haben.

(Zuruf von Minister Andreas Krautscheid – Heiterkeit – Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Wir kommen jetzt zum

Teilbereich Staatskanzlei und Europa-Angelegenheiten

Die Debatte eröffnet der Abgeordnete Kuschke von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich überlege gerade, ob es der Respekt vor dem Hohen Hause nicht hätte geboten

erscheinen lassen, die Krawatte noch mal zu wechseln.

(Heiterkeit von Minister Andreas Krautscheid)

Aber darüber diskutieren wir vielleicht nach Ende der Sitzung in einem anderen Rahmen.

Meine Damen und Herren, ich will eine Anmerkung zu einem Thema machen, das heute noch nicht zur Sprache gekommen ist, das aber gestern die Öffentlichkeit sehr beschäftigt hat und im weitesten Sinne auch zu dem Einzelplan gehört, über den wir beraten, nämlich zu dem Thema Ladenöffnungszeiten. Bei dieser Gelegenheit möchte ich darauf hinweisen, dass wir in den nächsten Tagen einen Bericht des Ministerpräsidenten dazu erwarten, welche Konsequenzen sich für das Land NordrheinWestfalen aus dem Urteil ergeben. Dieser Punkt darf nicht untergehen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, im Folgenden vier Punkte:

Erster Punkt. Wir haben im zuständigen Hauptausschuss fast so etwas wie eine Phantomdebatte in der Reihenfolge der Einzelpläne 01 und 02 erlebt; denn als wir in sehr zurückhaltender Form einzelne Punkte aus dem Einzelplan 01 angesprochen haben, wurde uns entgegengehalten, da müsse man auch sparen, weil in allen anderen Ressorts der Landesregierung auch gespart würde. Wenn man sich das dann einmal anschaut und ernsthaft auf diesen Hinweis eingeht, dann landet man beim Einzelplan 02 und stellt fest: Wir haben dort einen Zuwachs von 25 Stellen im höheren Dienst im Vergleich zu 2005. Herr Minister, wie kann denn angesichts eines solchen Zuwachses von Sparen gesprochen werden? Da entsteht doch nur der Eindruck, der nicht weggewiesen werden kann, dass es hier darum geht, sich gerade in den letzten Monaten vor der Landtagswahl im Mai zu wappnen. Stichworte wie Imagekampagne und vieles andere, was wir in den vergangenen Monaten diskutiert haben, gehören dazu.

Dazu gehört auch das – und das wird nachher noch einmal eine Rolle spielen –, was wir im Zusammenhang mit völlig unverständlichen, nicht nachvollziehbaren Ausgaben im Rahmen von Veranstaltungen auf dem Petersberg erlebt haben, die in einer Größenordnung dargestellt werden, die überhaupt nichts mit Einsparungen zu tun hat.

Zweiter Punkt. Ja, es geht in der Tat – und das ist ein Stichwort, das uns in den kommenden Monaten und Jahren beschäftigen wird – um die Europafähigkeit als Bestandteil der Regierungspolitik, der Politik des Landes Nordrhein-Westfalen. Hier sind wir ja Gott sei Dank am 2. Dezember – ich will es noch einmal erwähnen –, einen Tag nach dem 1. Dezember, in der glücklichen Situation, dass der Reformvertrag von Lissabon in Kraft getreten ist.

Dieser verlangt uns jetzt natürlich eine Antwort darauf ab, ob wir denn in diesem Reformprozess diejenigen sind, die die Dinge nach vorne bringen, also Vorreiter oder Getriebene sind.

Bei der Gelegenheit fordere ich noch einmal ein, was wir in den letzten Sitzungen im Hauptausschuss angesprochen haben: Wir brauchen aufgrund des Inkrafttretens des Reformvertrages eindeutige Absprachen zwischen Landesregierung und Parlament, was die Information und Beteiligung dieses Hohen Hauses anbelangt.

Dieser Punkt war in der freiwilligen Vereinbarung extra außen vor gelassen worden, er muss jetzt angegangen werden. Dazu gehört auch, Herr Minister, dass wir in den nächsten Tagen eine Antwort darauf erwarten, wie sich die Landesregierung eigentlich den Prozess der Subsidiaritätskontrolle vorstellt. Wie weit sind die Absprachen innerhalb der Regierung, die Absprachen mit den anderen Ressorts gelaufen? Welche Konturen können wir dort erkennen? Wie können wir uns als Parlament darauf einstellen?

Der dritte Punkt hat mit der Zukunft der europäischen Regionalpolitik zu tun. Da sind die Fragen im Zusammenhang mit der Kohäsionspolitik konkret angesprochen. Wie soll es mit den EUStrukturfonds weitergehen? Ich habe von Ihnen bei einer Reihe von Veranstaltungen gehört, dass es dort Vorarbeiten, Aktivitäten der Landesregierung gibt. Ich sage an dieser Stelle eindeutig: Wir unterstützen Sie dabei. Das ist aber noch ein schwieriges, vermintes Feld. Ich will nur ganz wenige Stichworte sagen, die für uns Leitplanken sind. Wir gehen davon aus, dass wir eine europäische Regionalpolitik über die Strukturfonds erwarten können und auch müssen, die sich quantitativ und qualitativ so darstellt wie in der Förderperiode, in der wir uns jetzt befinden.

Im Berliner Koalitionsvertrag steht dazu eine Aussage, die noch auf ihre Belastbarkeit hin geprüft werden muss, wie sich Wirtschaftsminister, Finanzminister und insbesondere die Kanzlerin dazu verhalten. Ich habe gehört, was die Abstimmung der Bundesländer anbelangt, dass wir dort auf einem ganz guten Wege sind. Das muss in den nächsten Monaten absoluten Vorrang haben. Wir erwarten natürlich auch eine abgestimmte Position innerhalb der Landesregierung. Möglicherweise gibt es da auch noch Unterschiede zur Kollegin Wirtschaftsministerin und anderen Ressorts. Hier brauchen wir ein eindeutiges Vorgehen.

Vierte Anmerkung. Herr Minister, ich habe es erst vor wenigen Tagen bei einer Veranstaltung der Europa Union erlebt, dass Sie das europäische Gesellschaftsmodell – das will ich hier gerne einräumen – zu Recht und auch gut begründet dargestellt haben. Das ist in der Tat etwas, was eine historische Leistung Europas ist und was sehr eng verbunden ist mit einer Tradition öffentlicher Da

seinsvorsorge. Da warten wir noch auf die Nagelprobe zwischen Ihren Auffassungen, die Sie ja auch in einer Publikation dargelegt haben, und beispielsweise dem Verhalten der FDP-Fraktion.