Protokoll der Sitzung vom 16.12.2009

Vielen Dank, Frau Kollegin von Boeselager. – Herr Brockes für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen der Oppositionsfraktionen, es ist schon abenteuerlich, wie Sie versuchen, aus Ihrem rot-roten Ladenöffnungsgesetz in Berlin, das abgelehnt wurde, irgendwelche Konsequenzen für unser Ladenöffnungsgesetz in Nordrhein-Westfalen abzuleiten.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Das hat damit nichts zu tun!)

Das ist wirklich sehr abenteuerlich. Denn jeder, der sich einmal genau damit beschäftigt und das Urteil gelesen hat, weiß, dass in Berlin genau die Punkte kritisiert wurden, die von unserem guten Ladenöffnungsgesetz abweichen.

(Lachen von Rainer Schmeltzer [SPD])

Wenn Sie dann einfach die Öffnung der Verkaufsstellen kumulieren, zusammenrechnen und sagen, dass die Läden der ganzen Stadt geöffnet wären, und so zu tun, als wären jeden Sonntag die Läden

der gesamten Stadt Köln geöffnet, ist das wirklich sehr abenteuerlich. Sie meinen doch nicht im Ernst, wenn in Essen-Altenessen ein verkaufsoffener Sonntag ist, dass irgendjemand, der in EssenKettwig lebt, dies mitbekommen und in seiner Sonntagsruhe gestört würde. Da stellt sich doch die Frage, in welcher Welt Sie leben.

(Beifall von der FDP)

Sie hätten nach den Klarstellungen, die es sowohl im Wirtschaftsausschuss als auch im Arbeits- und Sozialausschuss gegeben hat, besser daran getan, wenn Sie Ihren Antrag vom 8. Dezember zurückgezogen hätten. Denn das, was Sie dort behaupten, ist spätestens in den Ausschusssitzungen widerlegt worden.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Bei uns deutlich nicht! Da waren Sie auch nicht! Das können Sie gar nicht beurteilen!)

Wir haben in unserem Gesetz für sachgerechte Ausnahmeregelungen gesorgt, die niemanden überfordern und den Sonntag nicht zum Werktag machen. Selbst das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil ausgeführt, dass bestimmte Verkaufsstellen auch sonntags geöffnet sein können und bestimmte Warengruppen angeboten werden dürfen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Hat einer dagegen gesprochen?)

Genau das haben wir in unserem Gesetz. Damit werden wir auch weiter arbeiten. In der nächsten Legislatur werden wir sicherlich behutsam einige kleinere Änderungen angehen. Aber wir halten uns weiterhin an die im Urteil gefassten Genehmigungen und werden es deshalb mit Sicherheit nicht erleben,

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Im Urteil stehen keine Genehmigungen drin! Ich meine, Sie hätten es gelesen! Wo stehen im Urteil Ge- nehmigungen?)

Herr Kollege Schmelzer, dass irgendjemand gegen dieses Gesetz vor Gericht ziehen wird. Denn ich bin mir ganz sicher, dass er dort unterliegen wird. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU – Zuruf von Barba- ra Steffens [GRÜNE])

Vielen Dank, Herr Brockes. – Für die Landesregierung hat Frau Ministerin Thoben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erst mal eine Klarstellung: Nicht unser Gesetz ist beklagt worden, sondern das Berliner Gesetz. In der vergangenen Woche war das Karlsruher Urteil zum Berliner Laden

öffnungsgesetz Diskussionsgegenstand in verschiedenen Ausschüssen: im Hauptausschuss, im Wirtschaftsausschuss und im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales.

Wir haben dort einen mündlichen Bericht vorgetragen, in dem wir unsere Einschätzung dargelegt haben. Die Berichte sind den Ausschüssen übersandt worden. Wesentliche Aussage ist, dass wir die Auswirkung auf unser Gesetz gering einschätzen. Das Bundesverfassungsgericht führt jedoch in der Urteilsbegründung aus, dass die Freigabe von Sonntagen eine sorgfältige Abwägung der Verwaltungen – bei uns also auf kommunaler Ebene – erfordert. Wenn Sie den Kommunen die Abwägung wegnehmen wollen, sagen Sie es hier! Das Gericht hat von einer sorgfältigen Abwägung der Verwaltungen – bei uns auf kommunaler Ebene – gesprochen. Wir haben also eine verfassungsrechtliche Prüfung veranlasst; die Stellungnahme erwarten wir in Kürze.

Mich muss keiner von der Bedeutung des Sonntags überzeugen – schon gar nicht jemand, der glaubt, sich hier irgendwie produzieren zu müssen und vielleicht doch ein bisschen anders denkt.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Was soll das denn jetzt?)

Eine Gesetzesänderung, wie im Antrag gefordert, ist daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht anzugehen, da überhaupt nicht sicher ist, ob die Notwendigkeit besteht. Das Wirtschaftsministerium wird unabhängig davon noch in dieser Woche die Kommunen über das Urteil und – hören Sie gut zu! – die Konsequenzen auf das Verwaltungshandeln unterrichten.

(Wolfram Kuschke [SPD]: Eben!)

Ich bin mir sicher, dass es die meisten Kommunen nicht vor Probleme stellen wird, da bereits heute wie in der Vergangenheit vielfach eine Verbindung zwischen verkaufsoffenen Sonntagen und Anlässen wie Stadtfesten oder Messen besteht.

In der Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales wurde eine Frage diskutiert, die mit der ersten Forderung in dem Antrag „Wie viele Sonntage haben die Kommunen im Land freigegeben?“ korrespondiert. Obwohl die Frage nach verkaufsoffenen Sonntagen im Stadtgebiet oder in den einzelnen Stadtteilen nach meiner Einschätzung mit dem Karlsruher Urteil überhaupt nichts zu tun hat, bin ich gerne bereit, unsere Angaben aus den Jahren 2007 und 2008 zu aktualisieren.

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kuschke?

Bitte schön.

Bitte schön.

Vielen Dank. – Frau Ministerin Thoben, wenn ich das richtig nachverfolgt habe, haben Sie eingeräumt, es findet eine verfassungsrechtliche Überprüfung statt.

Nein, nicht eingeräumt, das ist selbstverständlich.

Sie haben es gesagt. So.

Ich möchte nur die Bewertung nicht, die Sie damit vornehmen.

Ich bin im Augenblick noch bei meiner Frage, und es wäre schön, wenn Sie mich ausreden lassen würden.

Sie haben zweitens gesagt, dass die Kommunalaufsicht möglicherweise zu einem anderen Verfahren kommen muss, und Sie haben gerade noch mal eingeräumt, dass besondere stadtteilbezogene Aktivitäten am Sonntag auch Auswirkungen haben. Sind das keine Konsequenzen? Wie würden Sie das denn bezeichnen?

Entschuldigung, ich verstehe Sie nicht, Herr Kuschke. Wenn ein Verfassungsgericht ein Urteil über ein anderes Gesetz fällt, beguckt man sich selbstverständlich, weil man solide arbeitet, das eigene Gesetz.

(Beifall von der CDU)

Dazu muss ich nichts einräumen. Dazu müssen Sie mich auch nicht auffordern. Das ist selbstverständlich.

Die Debatte zu den Stadtteilthemen hatten wir damals. Frau Steffens, die ist doch schräg.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Nein!)

Doch. Ich will Ihnen sagen warum. Würden Sie innerhalb eines Kreisgebiets – vergleichen wir den Kreis Recklinghausen mal mit der Stadt Köln! – den unterhalb der Kreisebene liegenden Städten und Gemeinden einräumen, dass sie vielleicht …

(Wolfram Kuschke [SPD]: Das ist ein Ver- gleich, der ist schief!)

Nein, der ist nicht schief. Herr Kuschke, wer fährt denn zum Einkaufen von Kalk nach Rodenkirchen oder von Chorweiler nach Porz? Erzählen Sie doch hier nichts!

(Beifall von der FDP)

Wir haben der kommunalen Selbstverwaltung diese Möglichkeit eingeräumt.

(Carina Gödecke [SPD] betritt den Plenar- saal.)

Frau Gödecke, Sie kommen mir gerade recht. Sie wissen, dass ich aus Bochum komme – noch präziser: aus Wattenscheid. Wenn wir das nicht stadtteilbezogen machen würden, hätte BochumWattenscheid nie eine Chance. Ich möchte aber, dass der Ort mit Zigtausend Einwohnern, in dem ich wohne, auch eine Chance hat. Das werden Sie nicht verstehen; ich sehe das aber so.

(Beifall von der CDU)

Die Kommunen werden also gebeten, uns zu informieren. Dann stellen wir Ihnen das zur Verfügung. Damit habe ich gar keine Probleme. Sie möchten, dass ich bereits heute berichte. Da es keine Meldepflicht der Kommunen gibt, weil wir kommunale Selbstverwaltung haben, müssen wir es zunächst abrufen. Das tun wir.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Nein, weil Sie das auf die Kommunen abwälzen!)

Herr Schmeltzer, das ist kein Abwälzen. Wollen Sie Freiheitsspielräume haben, oder möchten Sie alles auf Landesebene entscheiden?