Protokoll der Sitzung vom 17.12.2009

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich heiße Sie alle zu unserer heutigen, 139. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen herzlich willkommen. Mein Gruß gilt auch unseren Zuschauerinnen und Zuschauern auf der Tribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.

Für die heutige Sitzung haben sich 15 Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.

Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich Folgendes bekanntgeben: Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, dass die von der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragte dritte Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung zum Zweiten Gesetz zur Änderung der gesetzlichen Befristungen im Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Energie – Drucksache 14/9853 – heute unter dem neuen Tagesordnungspunkt 4 mit Beratungsblock I stattfindet. Gibt es zu dieser Festlegung Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die Tagesordnung entsprechend geändert. Die nachfolgenden Tagesordnungspunkte verschieben sich entsprechend.

Meine Damen und Herren, wir treten in die Beratung der heutigen Tagesordnung ein.

Ich rufe auf:

1 Ländliche Räume – starke Regionen mit Zukunft

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 14/10422 – Neudruck

Die Fraktion der CDU und die Fraktion der FDP haben mit Schreiben vom 14. Dezember 2009 gemäß § 90 Abs. 2 der Geschäftsordnung zu der genannten aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragt.

Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Deppe von der CDU-Fraktion das Wort.

Guten Morgen, Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wenn jemand von uns hier im Saal außerhalb Deutschlands erklären will, wo er herkommt und wo Nordrhein-Westfalen liegt, wird er wahrscheinlich die großen Städte erwähnen: Köln, Dortmund, Düsseldorf, Münster, vielleicht auch noch Bonn. Das ist übrigens überall auf der Welt so. Auch der Kalifornier wird eher Los Angeles oder der Westbengale

Kalkutta nennen als die Gebiete abseits der Metropolen. Wir hier haben aber Politik für das gesamte Land zu gestalten. Da weist Nordrhein-Westfalen ein Alleinstellungsmerkmal auf, das zugleich unsere Stärke ist. Nordrhein-Westfalen ist das Land der großen Städte und das Land der ländlichen Räume. Beide, ländliche Räume und Ballungszentren, gehören untrennbar zur Identität unseres Landes. Gemeinsam geben sie ihm ein unverwechselbares Licht – ein unverwechselbares Gesicht.

(Heiterkeit – Johannes Remmel [GRÜNE]: Das Licht sollte euch aufgehen, das stimmt!)

Das wird bei Ihnen noch ganz düster aussehen, das verdunkelt sich zunehmend bei Ihnen. Sie sitzen da alleine. Was haben Sie hier überhaupt noch zu sagen, Herr Remmel? Gucken Sie mal hinter sich! Da steht überhaupt keiner mehr hinter Ihnen.

(Beifall von CDU und FDP – Johannes Remmel [GRÜNE]: Aktuelle Stunde, das kann ich alleine!)

Morgens um 10 Uhr sollte man wach und hier im Saal sein und sich nicht irgendwo draußen herumtreiben. Herr Remmel, rufen Sie doch mal Ihre Leute zusammen!

(Beifall von der CDU – Heiterkeit von der SPD)

Die Politik findet hier statt, nicht irgendwo in Fraktionszimmern.

Meine Damen und Herren, beides, Großstädte und ländliche Räume, geben unserem Land ein unverwechselbares Gesicht: die Metropolregionen am Rhein und an der Ruhr, aber auch die unterschiedlichen Kulturlandschaften wie die Eifel, das Bergische Land, das Sauerland, das Siegerland, der Niederrhein, das Münsterland oder Ostwestfalen und, nicht zu vergessen, das Lipperland.

60 % der Menschen in Nordrhein-Westfalen leben außerhalb der Großstädte, etwa 11 Millionen Bürgerinnen und Bürger. In keinem anderen Bundesland leben mehr Menschen in ländlichen Räumen als hier bei uns. Der größte Teil der Unternehmen im Land, insbesondere kleine und mittelständische Betriebe, betätigt sich in Gemeinden und Mittelstädten. Der größte Teil der Schulen und Krankenhäuser, der größte Teil der Sportvereine von NordrheinWestfalen befinden sich im ländlichen Raum.

Die ländlichen Regionen unseres Landes bieten hohe Lebensqualität und eine weitgehend intakte Umwelt. Sitten und Gebräuche, Dialekte, nachbarschaftliche Sozialstrukturen, lebendige Traditionen und ein vitales Vereinsleben führen zu einem vielfach ausgeprägten Heimatgefühl. In den ländlichen Räumen leben die Menschen oft näher beieinander als in den großen Städten. Soziale und familiäre Bindungen sind durchweg stabiler, der Gemeinsinn ist ausgeprägter, die Bereitschaft zu gegenseitiger Hilfe ist größer als woanders. Ein größerer Teil der

Menschen engagiert sich im ehrenamtlichen Bereich.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Aber auch in den Städten!)

Die Bereitschaft der Menschen zur Selbstorganisation ist in den ländlichen Gebieten deutlich ausgeprägt, nach dem Motto: Wir regeln unsere Dinge selbst. – Das ist auch richtig so.

Außerdem ist die politische Partizipation in den ländlichen Gebieten meist höher als in den Großstädten. Ein Indikator dafür ist in der Demokratie die Wahlbeteiligung. Sie ist in kleinen Einheiten signifikant höher als in der Anonymität.

Ich schaue einen Kollegen aus Köln, Herrn Eumann, an und gebe Ihnen einmal ein Beispiel aus unserer, aus meiner Heimat.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Sie sind ja mit ei- ner Kölnerin verheiratet, Herr Kollege! Das hilft!)

Im Rheinisch-Bergischen Kreis lag die Wahlbeteiligung bei allen Wahlen seit 2000 um 6 bis 10 Prozentpunkte höher als in der direkten Nachbarstadt Köln. Ein ähnliches Beispiel werden Sie in allen anderen ländlichen Räumen anführen können.

Bei der Entwicklung der ländlichen Räume denkt man zunächst sicher an die typischen ländlichen Entwicklungsmaßnahmen wie die Förderung der Landwirtschaft, die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des vor- und nachgelagerten Bereichs und die Förderung der Dorfinfrastruktur. Diese will ich jetzt aber nicht vertiefen.

Wir investieren auch in andere Bereiche, zum Beispiel in die Bildungsinfrastruktur. Lassen Sie mich dafür nur zwei Beispiele nennen. Der Ausbau der Fachhochschulen findet bei uns in den Ballungsgebieten und im ländlichen Raum statt. Neu- und ausgebaut werden zum Beispiel die Standorte in Minden, in Ahlen, in Weckum, in Oelde, in Warburg, in Lüdenscheid, in Kleve, in Kamp-Lintfort, in Ahaus und in Steinfurt. Außerdem liegen die beiden ersten Kreise, die ein flächendeckendes Kompetenzzentrum für Sonderschulen haben, im ländlichen Raum, nämlich der Kreis Wesel und der RheinischBergische Kreis.

Mit dem „Aktionsprogramm zur Stärkung der hausärztlichen Medizin und Versorgung im ländlichen Raum“ von Minister Laumann fördern wir insbesondere die Niederlassung von Hausärzten in Gemeinden mit weniger als 25.000 Einwohnern. Denn wir wollen dafür sorgen, dass der Hausarzt in Zukunft auch im ländlichen Bereich noch erreichbar ist.

Ich will außerdem die Landesgartenschauen erwähnen, die Sie für beendet erklärt hatten und die wir in Rietberg, in Hemer und in Zülpich haben aufleben lassen. Oder nehmen wir die Regionalen. Sie sind ein wirkungsvolles Förderinstrument für die

Entwicklung der Infrastruktur. Die Region Köln/Bonn wird im kommenden Jahr ihre Regionale durchführen; wir Rheinländer werden sie natürlich die Rheinische Welt-Ausstellung nennen.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Gutes Beispiel für einen ländlichen Raum!)

2013 geht es weiter nach Südwestfalen und 2016 ins Münsterland.

Meine Damen und Herren, seit dem Regierungswechsel hat sich in unserem Land vieles zum Besseren entwickelt. Die wichtigste Änderung ist aber, dass wir aufgehört haben, einen Lebensraum gegen den anderen auszuspielen.

(Svenja Schulze [SPD]: Sie haben damit an- gefangen!)

Aber so sind die Sozialdemokraten nun einmal: Sie treiben die Menschen auseinander und schüren Neid und Unzufriedenheit.

(Beifall von CDU und FDP – Marc Jan Eu- mann [SPD]: Sie spalten doch Stadt und Land!)

Wir bringen die Menschen zusammen.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Sie spalten, statt zu versöhnen!)

Die Zeiten von Johannes Rau – versöhnen statt spalten – sind für Sie lange, lange vorbei, die Wahlergebnisse übrigens auch.

Wir haben den ländlichen Gebieten in NordrheinWestfalen und vor allem den Menschen, die dort leben, wieder eine Stimme gegeben; wir haben sie ernst genommen. Die Zeiten, in denen Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, die ländlichen Gebiete ausschließlich auf die Funktionen der Produktion von Nahrungsmitteln und der Bereitstellung von Erholungsräumen reduziert haben, sind endgültig vorbei, wie wir eben an dem Beispiel der Fachhochschulen gesehen haben.

(Beifall von CDU und FDP – Zuruf von Marc Jan Eumann [SPD])

Für uns sind Städte und ländliche Gebiete gleichwertig. Es kommt darauf an, die Stärken sowohl der Ballungsgebiete wie auch des ländlichen Raums weiter auszubauen. Nur so kommen wir voran.

Der ländliche Raum hat endlich wieder eine Stimme, und das ist auch gut so. Das wird auch der Grund dafür sein, dass am 9. Mai nächsten Jahres die Reihen der Opposition noch kleiner werden, die Mehrheit in diesem Hause gestärkt wird und die Regierung mit Mehrheit wiedergewählt wird. – Danke schön.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Deppe. – Als Nächster spricht für die FDP Herr Ellerbrock.

(Zuruf von Marc Jan Eumann [SPD])

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Warum haben wir diese Aktuelle Stunde beantragt?

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Das fragt man sich wirklich!)

Wir wollen deutlich machen, dass wir eine Initiative der Bundesregierung stützen wollen.