Protokoll der Sitzung vom 01.12.2005

„aber die Enttäuschung folgte mit der Vorlage dieses Gesetzes auf dem Fuße.“

Mit dem Gesetz war der Entwurf von Rot-Grün gemeint. Jetzt kommt der entscheidende Satz:

„Anstatt die Überschreitung der Einkommensgrenze bei 60 % anzusetzen, wie es in zahlreichen Bundesländern der Fall ist,“

was übrigens falsch ist –

„fangen Sie bei 20 % an.“

Vorwurf an Rot-Grün! Und er gibt noch einen drauf. Ich zitiere noch einmal Herrn Schulte aus demselben Plenarprotokoll:

„Wir schließen uns dem Votum der Verbände an und fordern 60 %.“

Warum fordern Sie also nicht 60 % und stimmen dem Vorschlag der SPD-Fraktion zu, sondern wollen eine stufenweise Erhöhung über vier Jahre?

(Beifall von der SPD)

Sie erzählen landauf, landab: Die Leute ziehen aus den Siedlungen, aus den problematischen Bereichen heraus, weil sie von der Fehlbelegungsabgabe betroffen sind. – Warum sehen Sie dann noch vier Jahre lang zu, bis Sie diesen Prozess stoppen, und sagen nicht: „Wir machen es wie die SPD, erhöhen auf 160 %, dann haben wir das Problem weitgehend gelöst“?

(Beifall von der SPD)

Sie können dem nur nicht zustimmen, weil wir – wie gesagt – einfach schneller waren und weil sich die Landesregierung offensichtlich nicht durchringen konnte, diesen Schritt sofort und unverzüglich zu tun.

Zum Bürokratieaufwand. Das ist schon eine tolle Sache. Sie betreiben Bürokratieabbau, indem Sie erst einmal Bürokratie aufbauen.

(Zuruf von der SPD)

Fragen Sie doch einmal Praktiker, wie das in der Kommune gehandhabt werden soll. Jetzt muss alle drei Jahre in den Haushalten die Höhe des Einkommens abgefragt und berechnet werden, wie viel Fehlbelegungsabgabe bezahlt werden muss. Hinzu käme die Ermittlung, wer 2006 130 % bezahlt, wer 2007 140 % bezahlt und wer 2008 150 % bezahlt. Und das alles muss noch drei weitere Jahre durchgeführt werden. Das ist Bürokratieaufbau in Potenz. Wie kann man nur

auf eine solche Idee kommen? – Es ist wirklich toll, das unter „Bürokratieabbau“ zu verkaufen. Dazu muss man schon auf die Regierungserklärung zurückgreifen.

(Beifall von der SPD)

Herr Sahnen, ich komme zum letzten Punkt. Ich habe schon darauf gewartet, dass Sie ausführen, die SPD habe knapp 40 Jahre Zeit gehabt, um das zu regeln. Die Fehlbelegungsabgabe ist 1983 eingeführt worden.

(Heiterkeit von der SPD)

20 Jahre können wir schon einmal streichen. Dann bleiben noch 19 Jahre. Sie haben selber gesagt, man hätte das Ganze sicher zehn Jahre lang beobachten müssen. Streichen wir also weitere zehn Jahre. Dann sind wir bei neun Jahren. In der letzten Legislaturperiode haben wir diese Änderung bereits gewollt. Sie ist an der anderen Auffassung der Grünen gescheitert. Diese Auffassung, das haben wir damals eingeräumt, ist legitim und logisch. Wir hatten eine andere Einschätzung des Sachverhalts. Und beispielsweise im Wohnungswesen Tätige vertreten eine andere Ansicht. Das ist legitim.

Wir haben die Entwicklung beobachtet und relativ zügig einen Vorschlag entwickelt. Wir legen ihn heute als Gesetzentwurf vor.

Normalerweise müsste die CDU unserem Gesetzesvorschlag uneingeschränkt zustimmen. Da das natürlich nicht geht, wäre es für die Mieter die bessere Lösung, würden Sie Ihren Minister und die Landesregierung zu Folgendem raten: Zieht den Gesetzentwurf zurück; der SPD-Entwurf ist besser.

(Zuruf von der CDU)

Wir können ihm zwar nicht zustimmen und lehnen ihn ab. Wir bringen denselben Gesetzestext aber in drei Monaten unter CDU-Flagge ein und beschließen ihn dann. Das wäre die bessere Lösung für Mieterinnen und Mieter. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Als nächster Redner hat der Abgeordnete Schulte von der CDU-Fraktion das Wort. – Ich höre, dass er auf seinen Beitrag verzichtet.

Stattdessen erteile ich Herrn Minister Wittke das Wort. Bitte schön.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Herr Minister, Sie waren doch schon am Ende!)

Herr Präsident! Lieber Kollege Hilser! Ich hatte gehofft, dass die Einsicht bei Ihnen mit den Fakten und Zahlen wächst, die ich auf den Tisch gelegt habe.

Sie können doch nicht allen Ernstes eine Abgabe erheben wollen, deren Erhebungsaufwand um 500.000 € über dem Ertrag liegt. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein. Mit Ihrer Regelung, die Sie diesem Hause vorschlagen, entnehmen Sie aus dem Landeswohnungsbauvermögen Jahr für Jahr 500.000 € für bürokratischen Aufwand, ohne etwas dafür zu tun.

(Zuruf von Bodo Wißen [SPD])

Herr Minister, offenbar will …

Wenn parlamentarische Beratungen irgendeinen Sinn haben sollen, müssen wir wechselseitig auf die vorgetragenen Argumente eingehen.

Offenbar will Herr Hilser genau das tun.

Dann können Sie nicht so tun, als wollten Sie verantworten, dass diese 500.000 € …

Herr Minister, darf ich Sie bitte unterbrechen?

Einen Moment, bitte. Ich möchte zu Ende sprechen, Herr Präsident.

(Heiterkeit von der SPD)

Aber man muss doch mal zu einem Punkt kommen.

Ich möchte wenigstens den Satz zu Ende sprechen, danach beantworte ich die Frage gerne.

Darum habe ich die dringende Bitte an Sie, Herr Hilser, uns zu sagen, ob Sie es mit Ihrem Gewissen verantworten können, 500.000 € für Bürokratie auszugeben, die dann nicht mehr für soziale Wohnraumförderung in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung stehen.

Offenbar will Herr Hilser Ihrer Hoffnung entsprechen. Er hat

sich zu einer Zwischenfrage gemeldet. Lassen Sie diese Frage zu?

(Zuruf von Christof Rasche [FDP])

Aber selbstverständlich.

Gut.

Herr Minister, können Sie mit Ihrem Gewissen vereinbaren, dass in Ihrer geplanten Endstufe dieselbe Situation eintritt wie beim Vorschlag der SPD-Fraktion?

(Zurufe)

Teilen Sie gegebenenfalls, weil Sie mit Ihrem Gewissen ins Reine kommen wollen, die Einschätzung, dass die Zahlen auch anders sein könnten? Für die Kommunen könnte trotzdem etwas übrig bleiben. Wir können das im Ausschuss diskutieren, denn wir kommen zu einer anderen Einschätzung. Aber ich möchte gern nach Ihrem Gewissen bezüglich der Endstufe fragen.

Herr Hilser, erstens bleibt für die Kommunen am Ende nichts übrig. Vielmehr müssen die Kosten für das Land aus dem Landeswohnungsbauvermögen gedeckt werden. Das ist Fakt. Ich kann Ihnen die Zahlen gerne zur Verfügung stellen, wenn das Ihrer Meinungsbildung zuträglich ist.

Zweitens. Sie behaupten, dass die Regelung, die wir in 14 Tagen in den Landtag einbringen werden, den gleichen bürokratischen Aufwand bedeutet. Das stimmt nicht. Wir lassen den Kommunen Zeit, sich an die Gegebenheiten anzupassen und das Personal nach und nach abzubauen, das derzeit damit beschäftigt ist, die Fehlbelegungsabgabe zu erheben und zu verwalten.