(Horst Becker [GRÜNE]: Herr Ellerbrock kommt gleich mit seinem Bötchen auf dem See und wie schön das doch ist!)
Ich lade dich ein, mit mir den Segeltörn zu machen, wenn wir beide in Rente gehen und dann die Konzeption Ijsselmeer an Rhein und Ruhr verwirklicht haben, lieber Kollege Remmel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In einem Punkte will ich dem Kollegen Remmel gerne zustimmen: Das ist ein Thema, das zu regem Gedankenaustausch führt, obwohl für mich das Ergebnis nach langjähriger Diskussion feststeht. Wir als FDP werden einer neuen Abgabe mit Sicherheit nicht zustimmen.
Noch einmal ein paar Hintergrundinformationen, die vielleicht zur Versachlichung beitragen können. – Ich glaube, wir sind uns hier im Plenum auf breiter Basis einig, dass in einem zusammenwachsenden Europa kein Platz für Autarkie ist. Und genau das steht im Endeffekt dahinter: deutscher Kies für Deutschland, Klever Kies für Kleve und bloß kein Export.
Kollege Wißen, ein bisschen Kenntnis der Geologie würde den intelligenten Kollegen Wißen dahin führen, dass das, was er eben hier gesagt hat, völliger Blödsinn ist.
Mit zunehmender Entfernung zu den Mittelgebirgen steigt logischerweise im Sediment der Anteil im Feinkornbereich schlagartig an, und das bedeutet, dass wir keine Stoffe für die Betonherstellung haben. Deswegen sind die Niederlande … Ja, Sie mögen lachen, aber das ist in der Geologie so, und die hat sich noch nie den planwirtschaftlichen Vorstellungen der nordrhein-westfälischen SPD in Form des Kollegen Wißen genähert.
Da wir dort in den Niederlanden keinen Betonkies haben, gibt es zwei Möglichkeiten, die die Niederländer auch nutzen. Sie gehen stromaufwärts, wo
sie mehr Geröll vorfinden, das für die Betonkiesherstellung geeignet ist. Oder sie nehmen mehr Hartgestein aus Norwegen oder von den Superquarries aus Schottland oder England – 10 Millionen t Jahresproduktion und per Schiff angelandet – auf.
Das bedeutet wiederum – das bedingt die Logik und ein paar Kenntnisse der Baustofftechnik –, dass man einen wesentlich höheren Zement- und Kalkanteil für Beton benötigt. Kalk ist wesentlich geringer verbreitet als die ubiquitären Baurohstoffe Kies und Sand. Das heißt, dass diese Kalklagerstätten vermehrt in Anspruch genommen werden müssen. Diese liegen zum Beispiel entweder im Bergischen Land oder im Teutoburger Wald, also in hohem Maße in naturschutzwürdigen Gebieten. Also würde die Verlagerung, die Sie hier eben nach dem Motto „Holt das Hartgestein doch aus Norwegen hierher“ dargestellt haben, aus umweltpolitischer Sicht nicht vertretbar sein. Sie sind doch immer derjenige, der Klimapolitik in den Vordergrund stellt und sagt: Transportkosten sind Klimakosten. – Insofern ist es doch Schwachsinn, was Sie dargestellt haben.
Zweitens. Sie sagen, die Niederländer würden ihre Ressourcen schützen. Es mangelt Ihnen leider an den rechtlichen Kenntnissen. Die Niederländer nehmen Abgrabungen nämlich nicht nur nach dem Abgrabungsgesetz vor, sondern im Zusammenhang mit Straßenplanungen und Verkehrswegeplanungen.
Meine Damen und Herren, Sie haben eben gefordert, man müsse den gesellschaftlichen Mehrwert herausheben. Warum haben wir denn ausgeprägte Rekultivierungsbestimmungen? – Ich nenne beispielhaft die Xantener Nordsee, die Xantener Südsee, nicht nur den Auesee in Wesel auf der anderen Seite, sondern auch die nördlich gelegenen und von den Naturschutzverbänden hochgelobten aquatischen Landschaften mit großen Flächen für Natur- und Landschaftsschutz. Durchaus positiv. Das kann man verbessern. Darüber will ich gar nicht streiten.
Aber man muss deutlich machen – da gebe ich Ihnen, genauso wie dem Kollegen Remmel, an einer Stelle Recht –, dass wir die Lagerstätte vollständig ausbeuten müssen. Das heißt, wir müssen in vielen Bereichen eine Nachauskiesung vornehmen können – Frau Thoben, wir müssen uns Gedanken darüber machen, wie wir so etwas verfahrenstechnisch vereinfachen können –, und wir müssen ein gutes Monitoring haben, wo wir feststellen können: Hier ist noch eine Nachauskiesung
Wenn ich sage, dass der Kiesabbau bedarf- und nicht preisorientiert ist, ist das ja eine alte Mär. Außerdem müssen wir auch betrachten, wen wir denn mit einer Preissteigerung – darauf hat der Kollege Wittke eben hingewiesen – zwischen 15, 20 und 25 % treffen. Sie wollen doch wieder das Spiel „linke Tasche – rechte Tasche“ machen. Die öffentliche Hand ist einer der größten Auftragnehmer für die Kiesindustrie im Tief- wie im Hochbau. Diejenigen, die heute sagen: „Kiespreis rauf“, sind diejenigen, die morgen höhere Baukosten zu tragen haben. Ist das sinnvoll? – Ich sage Nein.
Außerdem nehmen Sie, Kollege Remmel, hier den Begriff Abgabe in den Mund. Abgabe bedeutet: gruppennützige Verwendung. Gruppennützige Verwendung hier wird rechtlich sehr stark zu hinterfragen sein. Ich glaube nicht, dass Sie das hinbekommen.
Ich gebe Ihnen in einem anderen Punkt weiter recht, Kollege Remmel: Kommunalpolitiker vor Ort sind ausgesprochen fixiert, ihre Einnahmesituation zu verbessern. Egal, welche Steuer, welche Abgabe kommt, das ist für viele Kommunalpolitiker sui generis positiv zu bewerten.
Nein, da spielen wir nicht mit. Das sehen wir völlig anders. Zu Ihrer Hoffnung, wie sie ja im Regionalrat ausgedrückt worden ist – Sie, Kollege Wissen, haben es ja richtig zitiert: der Regionalrat hat die Idee, nicht die Sicherheit, dass eine Abgabe sinnvoll ist, mit der Hoffnung auf weniger Abbau –, kann ich nur sagen: Die Geschichte der DDR lehrt zum Beispiel, dass dies eine trügerische Hoffnung ist. Mir ist eine unangenehme Wahrheit lieber als eine trügerische Hoffnung. Wenn man Abgrabungen mit einer langfristig orientierten Konzeption vernünftig macht, ist viel mehr Raum für Natur- und Landschaftsschutz, als wir uns bislang vorzustellen wagen.
Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Für die Landesregierung hat nun das Wort Frau Ministerin Thoben.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen soll die rechtliche Grundlage für die Einführung einer Kiesabgabe geschaffen werden. Die Abgabe soll auf die Förderung von Kies und Sand in Nordrhein-Westfalen erhoben werden.
In der rechtlichen Begründung weist die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen darauf hin, dass sich ihr Antrag an die Systematik des Wasserentnahmeentgeltgesetzes anlehnt, den sogenannten Wassercent. Da es möglich ist, auf die Entnahme von Wasser einen Wassercent zu erheben, soll es auch möglich sein – so die Logik –, auf den Abbau von Kies einen Kieseuro zu erheben.
Zunächst ist einmal darauf hinzuweisen, dass gerade erst beschlossen wurde, den Wassercent bis 2018 abzuschaffen. Sodann ist festzustellen, dass bei der Gleichsetzung von Wasser und Kies allerdings die rechtlichen Risiken, die mit der Einführung einer Kiesabgabe verbunden sind, völlig verkannt werden. Das Gut Wasser ist mit dem Rohstoff Kies nämlich nicht vergleichbar.
Im Gegensatz zum Oberflächen- und Grundwasser sind Sand und Kies in Nordrhein-Westfalen Bestandteil des Grundeigentums. Eine Gewinnung dieser Bodenschätze stellt somit eine Nutzung des grundgesetzlich geschützten Grundeigentums dar. Insoweit ist eine Vergleichbarkeit eben nicht gegeben und eine Kiesabgabe aus rechtlichen Gründen gar nicht möglich.
Mein Eindruck ist, dass viele, die gegenteilige Beschlüsse fassen, Dollar- oder besser Eurozeichen in den Augen hatten und deshalb vor lauter Begeisterung nicht Nein gesagt haben.
In der umweltpolitischen Begründung führt die Fraktion an, dass mit dem Gesetz ein Anreiz für den sparsameren Umgang mit den Rohstoffen Kies und Sand geschaffen werde. Kiesabbau – so wird behauptet – führe zu einem großen Verlust von Flächen. Außerdem führe der Kiesabbau zur Zerstörung des Bodens und der Verschlechterung des Trinkwassers.
Ich möchte hierzu betonen, dass die Landesregierung mit ihrer Politik voll hinter dem Ziel steht, mit dem Kiesabbau gemeinwohlverträglich und sparsam umzugehen.
Aber dieses Ziel geht mit rechtlich zulässigen und wirtschaftlich zweckmäßigen Mitteln auch. Die Einführung einer Kiesabgabe wäre unzulässig und außerdem auch überflüssig.
Bereits im Entwurf des Landesentwicklungsplans 2025 ist nämlich der sparsame Umgang mit Rohstoffen aufgenommen worden. Den Rekultivierungsaufwand tragen die Abbauberechtigten ohnehin. Eine zusätzliche Abgabe als Planungsinstrument ist nicht erforderlich.
In wirtschaftlicher Hinsicht liegt dem Antrag die Annahme zugrunde, dass sich durch die Kiesabgabe Einnahmen in Höhe von 60 Millionen € erzielen
ließen. Hierzu ist zu erwarten, dass aufgrund der wirtschaftlichen Zusatzbelastung mit Unternehmens- und Arbeitsplatzverlagerungen in andere Bundesländer zu rechnen wäre. Eine zusätzliche Kostenbelastung passt nicht in die derzeitige Lage.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die umweltpolitische Begründung nicht nachvollzogen werden kann, die wirtschaftliche Begründung fragwürdig ist und aus rechtlichen Gründen die Einführung eines Kieseuros gar nicht möglich erscheint.
Wir stimmen ab. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 14/10521 an den Ausschuss für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz – federführend – sowie an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie. Wer ist für die Überweisung? – Ist jemand dagegen? – Enthält sich jemand? – Damit ist der Gesetzentwurf einstimmig überwiesen.
Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 18. Januar 2010 fristgerecht diesen Eilantrag eingebracht.
Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion der SPD Frau Kollegin Brunn das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ministerpräsident hat dem „stern“ in der vergangenen Woche – nachzulesen in der Ausgabe vom 14. Januar 2010 – ein wirklich interessantes Interview gegeben. Normalerweise zitiere ich nicht; in diesem Fall möchte ich Ihnen aber doch einige bemerkenswerte Sätze aus diesem Artikel des „stern“ vortragen.
Der Ministerpräsident sagt, es werde wieder hemmungslos spekuliert, und an den Finanz- und Rohstoffmärkten bildeten sich schon die nächsten Spekulationsblasen. Er fordert eine schlagkräftige Bankenaufsicht in Europa; diese existiere immer noch nicht. Ferner führt er aus:
Wir brauchen zudem rasch verbindliche Regelungen für die Haftung und für die Vergütung der Bankmanager. Banken, die Staatshilfen bekommen haben, dürfen keine Boni an ihre Manager ausschütten. Außerdem brauchen wir unverzüglich verbindliche Regelungen für Hedgefonds und Private-Equity-Fonds und eine Reform der Rating-Agenturen.