Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Veröffentlichung der Wasserrahmenrichtlinie vor neun Jahren im Amts
blatt des Europäischen Parlaments wurde deutlich, dass für Europa ein großes Werk in Gang gesetzt wird, das einen sehr langen Zeitraum, nämlich 26 Jahre, einbezieht und dem Zweck dient, europaweit einheitliche Ziele zum Gewässerschutz und langfristig Richtlinien festzulegen, wie der Zustand der Gewässer in der Gemeinschaft zukünftig stabil gemacht und verbessert werden kann.
Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben sich verpflichtet, den ökologischen und chemischen Zustand der Oberflächengewässer und den chemischen Zustand des Grundwassers möglichst auf ein natürliches Level zu bringen.
Die Richtlinien führen weiter aus, dass es Vorgaben und Fristen gibt, innerhalb derer die rechtliche Umsetzung vorzunehmen ist und Bestandsaufnahmen, Überwachungsprogramme, Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme fertiggestellt werden müssen und die auch beschreiben, wann die Ziele des guten Gewässerzustands erreicht sind und wie sie formuliert werden müssen.
Das Land Nordrhein-Westfalen als großes Flächenland mit urbanen Strukturen und vielen Bächen und Flüssen steht hier vor einer besonderen Aufgabe. Allein durch die vier großen Flussgebiete, nämlich die Gebiete um Rhein, Weser, Ems und Maas, sieht sich Nordrhein-Westfalen besonderen Herausforderungen gegenüber.
Die Umsetzung in nationales Recht ist bis 2006 erfolgt, und nun geht es in die konkrete Umsetzung. Daran hat die Landesregierung in den vergangenen Jahren zügig gearbeitet. In einem dreistufigen Anhörungsverfahren, das in den Jahren 2006 und 2007 stattgefunden hat, wurden Zeitplan und Arbeitsprogramm und in den Jahren 2007 und 2008 die Entwürfe der Bewirtschaftungspläne erarbeitet und erörtert.
Geplant ist, dass in Nordrhein-Westfalen lebendige Gewässer auf einer Länge von 2.200 km im sogenannten „Trittsteinkonzept“ renaturiert werden.
Ziel ist es, für 40 % der Gewässer einen ökologisch guten Zustand sowie für 60 % ein gutes ökologisches Potenzial bis zum Jahre 2027 zu erreichen. Diese Aufgabe ist riesig und erfordert es, sie im Rahmen der Umsetzung einerseits transparent zu machen und – wie es die Richtlinie ausdrücklich fordert – andererseits in einem Dialogprozess voranzubringen. Dieser Dialogprozess hat in den vergangenen Jahren mit dem Ziel stattgefunden, die Akzeptanz für dieses große Programm zu finden, Konflikte frühzeitig zu erkennen und zu lösen, vor allen Dingen aber, um Vertrauen zwischen Behörden und denen, die von den Maßnahmen betroffen sind, zu schaffen.
So hat in Nordrhein-Westfalen der Weg begonnen und hat die Erarbeitung der Maßnahmen ihren Weg genommen.
Wir konnten feststellen, dass über den Dialogprozess und die runden Tische, die die Bezirksregierungen organisiert haben, Arbeitsgrundlagen geschaffen worden sind, die eine hohe Akzeptanz besitzen. Dass die Menschen daran außerordentlich interessiert sind, zeigt sich daran, dass mehr als 1.200 Eingaben von Institutionen und Bürgern intensiv beraten wurden. Das zeigt auch, dass sich die Menschen in unserem Land mit ihren Gewässern identifizieren und Interesse daran haben, dass die Gewässer in einen guten Zustand kommen.
Am 9. Dezember hat die Anhörung des federführenden Ausschusses für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz stattgefunden. In der Diskussion haben die Experten die bisher zu den Bewirtschaftungs- und Maßnahmenpläne geleistete Arbeit eindeutig und mehrheitlich als hervorragend bezeichnet und zum Ausdruck gebracht, dass sie mit einer hohen Akzeptanz dafür rechnen. Die Angehörten konnten sich mit den gesetzten Zielen identifizieren.
Erfreulich ist auch, dass die vorgegebenen Ziele bisher eingehalten worden sind. Das heißt: Die europäischen Anforderungen an die Gewässerentwicklung sind bisher erfüllt worden und daher auch als sachgerecht anerkannt.
Trotzdem gibt es an verschiedenen Stellen Handlungsbedarf. Dieser Handlungsbedarf muss natürlich Schritt für Schritt abgearbeitet werden. Denn die Entwicklung und Umsetzung eines so großen Konzepts geht sicherlich nicht immer ganz glatt über die Bühne.
Im Gegensatz zu früheren Landesregierungen war es unter dieser Landesregierung so, dass – soweit es um Finanzen ging – nie Hausnummern genannt wurden. Die Landesregierung hat klar gesagt: Wir brauchen bis zum Jahr 2027 2,1 Milliarden €, um das Programm umzusetzen. Damit haben wir das größte Umweltprogramm der nächsten Jahre in Nordrhein-Westfalen in der Wasserwirtschaft. Das macht deutlich, dass man Schritt für Schritt die Maßnahmen umsetzt und durch diese Umsetzung die Anforderungen an die Gewässer transparent gemacht werden, sodass Gewässernutzer und Gewässerschützer zusammenarbeiten können. Sie haben ein gemeinsames Interesse und erreichen es so, dass wir die einzelnen Schritte, wie sie vorgegeben sind, erreichen.
Brüssel hat das bisher auch so gesehen. Die Anhörung hat das erneut bestätigt. Der zuständige Ausschuss wird in der nächsten Sitzung die entsprechende Zustimmung geben. Mit dem Antrag schließen wir uns dem bisherigen Tun der Landesregierung an und fordern sie auf, so weiter zu ar
beiten wie in der Vergangenheit, um das gemeinsame Ziel einer guten Wasserwirtschaft auch in den nächsten Jahren mit dem bisherigen Erfolg weiterzuführen. Von daher bin ich der Auffassung, dass wir alle diesem Antrag zustimmen können. Der Antrag ist ein guter Antrag, weil damit die gute Arbeit der Landesregierung unterstützt wird. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Pick. – Als nächster Redner hat für die weitere antragstellende Fraktion der Abgeordnete Ellerbrock das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach dem Kollegen Pick hat man es immer schwer, fachlich zu reden. Er hat fast schon alles gesagt. Dafür herzlichen Dank. Das kann man alles so unterschreiben.
Meine Damen und Herren, lasst uns noch einmal einen übergreifenden Gedanken finden: Viele meinen, dass die Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie ein Spezialisten- und Feinschmeckerthema ist. Clemens Pick hat aber deutlich gemacht: Durch den von dieser Landesregierung eingeleiteten breiten Beteiligungsprozess haben wir erreicht, dass sich viele mit diesem Gedanken nicht nur beschäftigt haben, sondern auch auf freiwilliger Basis engagiert haben. Darauf kommt es an. Es kommt darauf an, dass praxisorientiert mit den Leuten zusammengearbeitet wird.
Es geht darum, einen ganz hohen Anspruch zu verwirklichen, indem nämlich der natürliche Zustand der Gewässer in einem Industrieland wieder hergestellt werden soll. Das erfordert Augenmaß; Augenmaß, das die Vorgängerregierung hat vermissen lassen. Hier werden die so genannten Heavy Modified Water Bodies, die auch aufgrund des industriellen Prozesses besonders überformten Gewässer, als solche benannt. Wir werden keinen Tagträumereien hinterher laufen, wenn es weder machbar noch geboten ist, sondern wir werden uns darauf konzentrieren, wo wir Gewässer wirklich noch natürlich ausrichten können, wenn auch mit einem hohen finanziellen Aufwand.
Ich hoffe, dass wir dieses Programm, das sehr langfristig angelegt ist, tatsächlich so durchfinanzieren können. Das setzt eine gesunde Wirtschaftspolitik voraus und ist für Frau Thoben sicherlich etwas Positives: Grundlage einer vernünftigen Umweltpolitik, die bezahlt werden muss, ist eine damit verbundene gesunde Wirtschaftspolitik, die uns diese Finanzmittel ermöglicht.
Meine Damen und Herren, die vier Flussgebiete Rhein, Weser, Ems und Maas sind ein wichtiges Thema, bei dem wir im Zusammenhang mit der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie mit dem meinem Parteisprengel entstammenden niedersächsischen Umweltminister reden müssen, wie wir das Problem der Weserversalzung lösen. Dazu bieten wir Gespräche an. Es kann keine Verweigerungsstrategie geben, die Sander auch nie gemeint hat. Nur kann es nicht sein, dass zwei Bundesländer – Thüringen und Hessen – einem dritten Bundesland – Niedersachsen – zu dessen Lasten vorschreiben, wie zu handeln ist. Daher würde ich mir an dem runden Tisch eine Gesprächskultur wünschen, die für uns in Nordrhein-Westfalen tagtäglich gang und gäbe ist.
Meine Damen und Herren, die Anhörung war etwas Besonderes. Selten gab es eine Anhörung, bei der die Sachverständigen so durchweg positiv über das Engagement dieser Landesregierung und die Art und Weise, wie die Zielerreichung bewirkt werden soll, gesprochen und diese anerkannt haben.
Ich finde es schon bemerkenswert, wenn dann als Reaktion nach draußen getragen wird: Die waren ja unmotiviert. – Das würde ich mir nicht zu eigen machen wollen; denn da achten wir die Positionsbestimmungen der Experten anders. Aber daran sieht man, dass ideologische Verbrämung die Wahrnehmung doch sehr deutlich einschränken kann.
Lassen Sie mich zusammenfassen: Dies ist ein Beispiel dafür, dass noch keine Landesregierung so viele Mittel für den Naturschutz bereitgestellt hat wie diese. Das wird sogar von den Naturschutzverbänden anerkannt.
Die Verbraucherzentralen haben noch nie für einen solch langen Zeitraum Kalkulationssicherheit bekommen wie von dieser Landesregierung. Daran wollen wir festhalten.
Die Wasserwirtschaft hat noch nie solch langfristig orientierte Konzepte, die im Konsens mit den Betroffenen erstellt worden sind, als Grundlage der Erarbeitung und der Umsetzung bekommen wie unter dieser Landesregierung. Das ist richtig so, das ist gut so und das machen wir auch so weiter. – Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Für die SPD-Fraktion hat nun Frau Kollegin Gottschlich das Wort. Bitte schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von Schwarz-Gelb, Ihr Antrag ist zum jetzigen Zeitpunkt überflüssig.
Er soll wohl darüber hinwegtäuschen, dass Ihnen im Umweltbereich die Themen fehlen, und er gaukelt Aktionismus vor. Die CDU hat keine Position oder Idee zur Wasserpolitik. Die FDP hat bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie lediglich die Sorge, dass die Wirtschaft überfordert wird. Sie blendet dabei völlig aus, dass die Industrie neben der Landwirtschaft einer der großen Verursacher ist.
Kommen wir zum Sachstand, wie er sich zum jetzigen Zeitpunkt darstellt. Die Regierung hat die Bewirtschaftungspläne erstellt. Nur, das ist eine Pflichtaufgabe, von der EU vorgegeben. CDU und FDP loben sich also für eine Arbeit, zu der sie verpflichtet sind. Hätten Sie den von Rot-Grün begonnenen Prozess nicht fortgeführt, wären Sie von der EU-Kommission verklagt worden, und Strafzahlungen wären fällig gewesen. Es gibt also keinen Grund, sich da abfeiern zu lassen.
Noch einige Anmerkungen zur Anhörung. Das Protokoll der Anhörung liegt uns bis jetzt noch nicht vor. Ich hätte gerne einmal hineingeschaut. Es gab nämlich nicht nur positive Aussagen.
Nein, Herr Ellerbrock. – Wir haben nämlich den Eindruck, dass wesentliche Teile der Bewirtschaftungspläne auf dem Prinzip Hoffnung basieren. Ich will das an drei Punkten deutlich machen.
Erster Punkt. Die Finanzierung ist völlig ungeklärt. Durch die Abschaffung des Wasserentnahmeentgelts fehlen zukünftig die jährlichen Kofinanzierungsmittel von circa 80 Millionen €. Diese Mittel müssen aus den anderen Bereichen des Haushalts beschafft werden, oder es geht zulasten anderer Aufgaben des Umweltschutzes. Auf jeden Fall wird das Verursacherprinzip außer Kraft gesetzt. Die Bürgerinnen und Bürger müssen nun für diejenigen zahlen, die die Gewässer nutzen.
Zweiter Punkt. Es liegt bis jetzt weder eine Genehmigung noch ein positives Signal aus Brüssel vor, dass die Fristverlängerungen alle funktionieren.
Dritter Punkt. Es gibt keinerlei gesicherte Erkenntnisse – wir haben extra noch einmal nachgefragt, auch bei den Vertretern der Umweltverbände – über die Strahlwirkung der Trittstein-Konzeption. Es gibt auch andere Aussagen, wonach das nicht funktioniert.
Um das zusammenzufassen: Es besteht zum derzeitigen Zeitpunkt kein Anlass zur Euphorie. Der Antrag ist überflüssig, und wir werden ihn ablehnen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Gottschlich. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist Herr Remmel schon auf dem Weg zum Rednerpult.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die EUWasserrahmenrichtlinie ist in der Tat eines der ehrgeizigsten Umweltvorhaben, die die Europäische Gemeinschaft auf den Weg gebracht hat. Wir müssen aber feststellen, dass die Landesregierung, so, wie uns die Maßnahmen und Pläne vorgelegt worden sind und wie sie die Strategie im Laufe der Erarbeitung verändert hat, dieses ehrgeizige Projekt zu einer Pepita-Umweltmaßnahme degradiert hat; kleines Karo. Das entspricht nicht den Vorgaben; da bin ich mir sicher.
Herr Minister, zu unserem Leidwesen und, wie ich glaube, auch zum Leidwesen derjenigen, die die EU-Wasserrahmenrichtlinie wirklich ernst nehmen, wird der Beweis dafür erst in der nächsten Legislaturperiode angetreten. Aber ich prophezeie Ihnen das, und ich sage es Ihnen hier, damit es im Protokoll steht: Sie werden mit dieser Strategie auf der Ebene der Europäischen Gemeinschaft Schiffbruch erleiden.