Und noch etwas, was man der Opposition nicht oft genug sagen kann: Sie haben zu Zeiten rot-grüner Mangelbewirtschaftung im Bildungsbereich einen für uns fatalen Scheck zulasten der Zukunft gezogen, nämlich durch all das, was Sie an Vorgriffstellen organisiert haben. Sie haben mehrere tausend Stellen geschaffen, die wir mit dem heutigen Haushalt finanzieren müssen, die aber nicht unmittelbar unterrichtswirksam werden. Das sind nachträgliche Rückvergütungen für das, was Sie zu den Zeiten, als die Unterrichtskontingente angefallen sind, als die Unterrichtsstunden in den Schulen gebraucht worden sind, an Lehrereinsatz organisiert, aber nicht bezahlt haben, weil Sie den Wechsel auf die Zukunft gezogen haben.
Wenn Sie dann scheinheilig hier stehen und sagen: „Nicht bei jeder Lehrerstelle, die der Haushalt 2010 finanziert, wird die Unterrichtswirksamkeit unmittelbar sichtbar“, dann haben Sie recht, weil wir nämlich Ihre Schulden bezahlen müssen, weil wir heute Haushaltsmittel für eine vierstellige Anzahl von Stellen aufbringen, die keinem Unterrichtsäquivalent entsprechen; denn es handelt sich um Schulden, die wir aufgrund Ihrer Mangelverwaltung in der letzten Legislaturperiode heute zu bezahlen haben.
Ich würde es mir sehr wünschen, Frau Löhrmann, wenn Sie das in den Bildungsdebatten über all die Relationen, die wir anstellen, ehrlicherweise auch einmal erwähnen würden.
Dann heißt es – um einen zweiten Vorwurf der Bertelsmann-Studie aufzugreifen –, das Sparverhalten der Landesregierung wirke sich kontraproduktiv auf die Gewinnung von Lehrkräften aus. So wurde Ende 2006 der Tarifvertrag für angestellte Lehrer geändert, wodurch die Besoldung geringer und die Verbeamtungsregeln strenger wurden. – Auch das ist, wenn man es für sich nimmt, völlig unzutreffend. Das zeigt zudem, dass Sie die Bertelsmann-Studie nicht als Steinbruch benutzen dürfen, aus dem man immer nur die einzelnen
Halbsätze herauspickt, die einem politisch gerade passen. Vielmehr muss man diese Zahlen in den richtigen Kontext stellen.
Der neue Tarifvertrag TV-L gilt nämlich nicht für NRW alleine, es ist kein NRW-Spezifikum, sondern eine bundesweite Umstellung gewesen. Gerade Nordrhein-Westfalen hat den TV-L in Abstimmung mit dem Finanzministerium bei der Neueinstellung von Lehrkräften, insbesondere um Lehrermangel aufzufangen, sehr großzügig ausgelegt. Sie wissen das aus all den Debatten, die wir auch im Bildungsausschuss dazu gehabt haben: Im Regelfall wird auch die Stufe 4 gewährt; wir haben die Verbeamtungsgrenze auf 40 Jahre erhöht – nicht weil wir der Auffassung wären, dass ein Lehrer deshalb besseren Unterricht macht, weil er verbeamtet ist, sondern weil wir im Wettbewerb der Bundesländer zusehen müssen, dass wir nicht ins Hintertreffen geraten. – All das haben wir gemacht.
Die Landesregierung hat von diesem Parlament einen Landeshaushalt genehmigt bekommen, der in den Jahren 2005 bis 2010 um 2 Milliarden € angewachsen ist. Das sind immerhin schlappe 17 %. Kein anderes Bundesland in ganz Deutschland hat diese Zuwachsrate im Bildungssystem zu verzeichnen.
Auch im bundesweiten Bildungsfinanzbericht zeigt ein Vergleich der Bundesländer: Kein anderes Bundesland zahlt über 40 % seines Gesamthaushalts für Bildung, so wie das in NordrheinWestfalen der Fall ist: für den schulischen Teil, für Innovationen, für die berufliche Bildung, für die Weiterbildung und mit einem Riesenschub – 1,2 Milliarden €; das haben wir noch nie gehabt – für frühkindliche Bildung, weil wir früh anfangen wollen, Kinder in unserem Land mit Sprachförderung vorzubereiten, um ihnen reale Chancen und das nötige Rüstzeug für die Schule zu geben.
Kein anderes Bundesland – wegen der Größe Nordrhein-Westfalens ohnehin nicht in absoluten Zahlen, aber auch nicht relativ betrachtet – hat so wie Nordrhein-Westfalen 11.000 neue Stellen ausgebracht, nämlich 3.000 Lehramtsanwärterstellen und über 8.100 zusätzliche Planstellen im Landeshaushalt 2010.
Sie als Opposition sollten sich heute entschuldigen für das, was Sie uns vor fünf Jahren vorgeworfen haben. Wir haben hier in der gesamten 13. Wahlperiode gesagt: Wenn man eine Abwägung trifft zwischen dem, was zur Verbesserung der Bildung notwendig ist, und dem, was haushalterisch leistbar ist, dann kann man davon ausgehen, dass 8.000 Stellen helfen würden. Bei 6.000 Schulen, die wir in Nordrhein-Westfalen haben, bekommt dann jede Schule – je nach Größe – eine, anderthalb oder zwei Stellen zusätzlich, insbesondere dann, wenn die Schülerzahlen zurück
Das haben Sie abgelehnt. Das haben Sie karikiert. Sie haben gesagt, das sei unseriös und keine Regierung würde das jemals tun. Alles sei unfinanzierbar. Nach Ihrer Logik war das so. Denn Sie haben die Stellen im Bildungsbereich so gerechnet: Wenn es einen Rückgang der Schülerzahlen gibt, behalten wir die bundesweit höchsten und somit schlechtesten Versorgungsrelationen bei, und ein Rückgang der Schülerzahlen bedeutet für uns eine effektive Ersparnis.
Das Ganze nennen Sie euphemistisch Demografiegewinn, und so sind Sie auf die 16.000 Stellen gekommen, die Sie hier zulasten der Kinder in Nordrhein-Westfalen einsparen wollten. Sie wollten minus 16.000 Stellen. Wir haben plus 8.100 Stellen. Das macht ein Delta von über 24.000 Stellen aus.
mehr als 30.000 junge Lehrer in den Schuldienst in Nordrhein-Westfalen eingestellt. Auch diese Zahl wird logischerweise von keinem anderen Bundesland erreicht. Allein im letzten Jahr wurden in Nordrhein-Westfalen mehr als 8.000 Lehrer eingestellt. Natürlich gab es auch altersbedingte Abgänge; das ist klar. Im Nettosaldo sind es die 8.100 Stellen bis zum Jahr 2010. Dafür müssen wir uns nirgendwo verstecken. Damit können wir uns überall sehen lassen.
dass wir mit Blick auf die Ressourcen zu einer vernünftigen Versorgung kommen. Denn wir wissen: „Fördern und Fordern“ ist Leitlinie unserer Politik.
Wir müssen jungen Menschen erklären, dass wir etwas fordern, dass wir etwas von ihnen verlangen, dass sie sich anstrengen und dass sie die Ärmel
hochkrempeln müssen. Wir wissen allerdings auch, dass wir dafür vonseiten der öffentlichen Hand die Ressourcen zur Verfügung stellen, die notwendig ist, um eine individuelle Förderung zu ermöglichen.
Das ist unser Verständnis, unsere Philosophie von einem schlanken, handlungsfähigen Staat, dass wir uns auf die Kernaufgaben konzentrieren, wozu selbstverständlich erheblich mehr Investitionen in den Bereich der Bildungsinfrastruktur gehören. Dafür müssen wir uns in anderen Bereichen entsprechend bescheidener verhalten.
Eine letzte Bemerkung zu dem, was Sie damals als rot-grüne Vorgängerregierung von Ihrem sogenannten Zukunftsrat so sehr ins Stammbuch geschrieben bekommen haben: Bildungschancen und soziale Herkunft hängen in keinem anderen Bundesland so voneinander ab wie in Nordrhein-Westfalen.
Genau hier haben wir einen Schwerpunkt gesetzt. Wir haben all das, was Sie an Stellen für Sozialarbeiter, für Schulpsychologen festgesetzt haben,
entfristet und auf Dauer im System gelassen. Die ersten Lehrerneueinstellungen erfolgten nach dem Sozialindex, wo wir bewusst gesagt haben: Wir gehen mit höheren Relationswerten dahin, wo Kinder in besonderer Weise diese besondere Zuwendung brauchen. Diesen Kurs werden wir fortsetzen. Es ist modern und gut für unser Land, und zwar nicht nur bis zum 9. Mai, sondern mit hoher Sicherheit auch darüber hinaus. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Muss ich mich jetzt eigentlich dafür bedanken, dass ich nach fünf Stunden hier jetzt auch einmal als Linker etwas zu der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten sagen darf?
(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Wenn du das Mandat nicht geklaut hättest, wärst du viel- leicht schon vorher dran gewesen!)
Ich möchte auch feststellen – das geht an CDU und FDP –, dass sich der Ministerpräsident mittlerweile aus der Debatte verabschiedet hat. Was ist das für ein unwürdiges Demokratieverständnis, bei der parlamentarischen Diskussion seiner eigenen Regierungserklärung nicht bis zum Ende anwesend zu sein! Das ist schon ein sehr merkwürdiges Verständnis der Landesregierung. Ich kann nur feststellen: So verkommt das Parlament zum Polittheater.
Die Zukunft in Nordrhein-Westfalen ist so schwarz wie ein Kohlenkeller, wenn diese CDU/FDPLandesregierung weiterhin das Land regiert. Am 9. Mai ist aber Abpfiff – da bin ich mir sicher –, und dieses grauenhafte Spiel hier in NordrheinWestfalen wird endlich beendet. Dafür steht die Linke.
Nur eines hat diese Rüttgers-Regierung in fünf Jahren wirklich geschafft: Rekordschulden anzuhäufen wie keine Regierung je zuvor. Übertroffen wird ihre Bilanz nur noch von der gerade amtierenden Bundesregierung in Berlin. Der „Kahle Asten der Verschuldung“ in Nordrhein-Westfalen mit 130 Milliarden € Gesamtverschuldung wird in Berlin sogar noch getoppt. „Koalition auf Pump“ – so titelt die „Süddeutsche Zeitung“:
Bis zum Ende der Legislaturperiode wird die Koalition Angestellten, Beamten, Rentnern, Arbeitslosen, Kranken, Familien, Kulturfreunden … einiges zumuten müssen.
Und selbst die konservative „FAZ“ schreibt über CDU und FDP unter dem Titel „Ohne Konzept“, dass Finanzminister Schäuble nur Andeutungen macht, wohin die Reise geht. Gemeint sind wohl Einschnitte in Leistungsgesetze. – So weit zwei führende Zeitungen hier in der Bundesrepublik.
Das ist auch kein Wunder bei einer Rekordneuverschuldung von 86 Milliarden € und einer wahnsinnigen FDP, die immer noch Steuergeschenke verspricht, für die sie selbst Konservative für verrückt erklären – und nicht nur Konservative.
In Nordrhein-Westfalen hat Finanzminister Linssen genau wie Innenminister Wolf zwei Verfassungsklagen vor dem Gerichtshof in Münster verloren. In Nordrhein-Westfalen sitzen die Verfassungsgegner auf der Regierungsbank.
„Privat vor Staat“, diese Ideologie von der radikalen FDP immer wieder gefordert, wird von der CDU hier in Nordrhein-Westfalen eiskalt mit vollstreckt. Die Abschaffung des Staats, „Privat vor Staat“ – das ist verfassungsfeindlich.