Protokoll der Sitzung vom 21.01.2010

(Beifall von der CDU)

Wir haben aber damals über alle Haushalte hinweg Kürzungen von ca. 20 % gefahren. Davon ist nicht alles kaputtgegangen, das wissen Sie, denn sonst hätten Sie nicht darauf aufbauen können. Aber das hat die damalige Situation – das kann man nicht schönreden – 2004/2005 für die Kultur in NordrheinWestfalen erheblich erschwert.

Jetzt aber so zu tun, als ob die 70 Millionen, die es in den letzten fünf Jahren im Kulturetat absolut mehr sind, das Heil für die Kulturwelt bedeuten und die große Erleuchtung bringen, würde ich warnend ein bisschen relativieren wollen. Ich bin von den Entscheidungen absolut angetan, aber ich finde, sie sind relativ. Das sehen wir dann auch, wenn wir uns die genauen Zahlen, die absoluten Zahlen anschauen. Die Leistungen unserer Kommunen können wir, glaube ich, gar nicht hoch genug würdigen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Ich nenne das Beispiel Münster, weil diese Stadt in dieser Hinsicht so herausragend ist, Kollege Sternberg von da kommt und ein begeisterter Münsteraner ist: Ich finde es schon beeindruckend, dass eine Stadt wie Münster 5,9 % für Kultur ausgibt. Das ist im Verhältnis viel. Eine Stadt wie Düsseldorf liegt ein ganzes Stück darunter, obwohl wir alle wissen,

dass in absoluten Zahlen der Düsseldorfer Kulturetat etwa dem des Landes entspricht. Von daher sind das schon beeindruckende Leistungen unserer Kommunen.

Nur – jetzt kommt der riesige Wertmutstropfen –: Zurzeit bricht eben genau dieses Gefüge regelrecht zusammen. Das ist eine Situation, auf die wir uns auf der landes- und auf der bundespolitischen Ebene noch einmal sehr genau einstellen müssen. In der Großen Anfrage gibt es eine Reihe von Hinweisen darauf, wo die Problematiken liegen.

Wir haben die Tatsache zur Kenntnis zu nehmen, dass wir auf der einen Seite eine eiskalte und sehr gelungene Eröffnung von Ruhr.2010 zu feiern hatten und auf der anderen Seite sehr heiße Schließungsdebatten führen müssen über die Frage, in welcher Stadt noch welches Theater betrieben werden kann. Wir hatten diese Diskussion in Mönchengladbach, in Hagen, in Oberhausen und jetzt akut in Wuppertal, wo Ende des Monats große Aktionen „Wehrt euch“ und „Wuppertal wehrt sich“ organisiert werden. Das sind alles Momente, die wir in die Kulturpolitik und in unsere Debatten stärker einbeziehen müssen, wenn wir glaubwürdig mit unserem landespolitischen Kulturengagement gegenüber den Kommunen bleiben wollen.

Nur das zu tun, was der Staatssekretär immer wieder tut, nämlich zu sagen: „Ja; dann müsst ihr als Kommunen auch noch einen Euro dazutun“, wird vermutlich nicht ausreichen. Das ist meine Befürchtung. Wir müssen vielmehr meines Erachtens schon deutlich machen, dass wir uns auch gegenüber dem Bund neu in die Bresche schlagen.

Apropos Bund: Staatsminister Neumann hat gerade groß erklärt – kriegt ja auch die entsprechenden schlagkräftigen Meldungen –: An der Kultur sparen dürfen wir nicht. – Er verbietet es uns förmlich. Da hat der Kulturstaatsminister ja auch Recht. Wir tun das auf Landesebene nicht, aber unsere Kommunen müssen es, und wir müssen uns als Land überlegen, wie wir das verändern.

Es sind von Fritz Behrens richtige Dinge angesprochen worden. Wir diskutieren das wohl in allen Parteien. Zumindest wir reden intensiv darüber. Die Frage der Pflichtigkeit von Kultur, die Frage einer Kulturpauschale analog zur Schul- oder Sportpauschale, der Umbau möglicherweise auch im Rahmen des GFG müssen diskutiert werden Es gibt eine Reihe Überlegungen, die wir da konkret anstellen müssen.

Zum Schluss will ich noch einmal ansprechen – ich habe es bereits am Anfang meiner Ausführungen erwähnt –, dass ich die Trennung von Kultur- und Kreativwirtschaft einerseits und Kulturpolitik andererseits für etwas unselig halte. Zu Recht hat Fritz Behrens kritisiert, dass wir keine Kulturministerin oder keinen Kulturminister haben. Das ist in der Tat bedauerlich. Auch Claudia Scheler und ich

haben das von diesem Ort aus immer wieder kritisiert. Gleich wird Andreas Krautscheid sprechen. Das macht er ordentlich. Es ist aber nun einmal nicht sein Beritt. Eigentlich müsste er hier zu anderen Dingen vortragen. Hierzu muss er jetzt im Auftrag des Ministerpräsidenten sprechen. Genauso schade ist es, dass wir es bisher nicht geschafft haben, die Kreativwirtschaft aus dem Wirtschaftsministerium herauszulösen und in einen größeren Zusammenhang mit der Kultur zu stellen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Ich denke nämlich, dass beides eng zusammenhängt. Im Übrigen wirkt es immer etwas merkwürdig, wenn die Wirtschaftsministerin, was ich am Anfang schon ansprach, jetzt wieder zwei Manager losschickt, um noch einmal irgendein Clustermanagement zu organisieren. Letztlich kommt dabei dann heraus – das ist ein Beispiel, das genannt wird –, dass Kölner Galerien und Düsseldorfer Galerien gemeinsam Ausstellungen durchführen. Aus meiner Sicht ist das noch kein bedeutender Schritt.

Dass die Antwort auf diese Große Anfrage zum Thema Kultur von der Wirtschaftsministerin für den Ministerpräsidenten unterschrieben wurde, macht auch deutlich, dass die Kultur in dieser Landesregierung noch nicht dort verankert ist, wo sie eigentlich verankert sein müsste, nämlich bei einer Kulturministerin bzw. einem Kulturminister – oder aber beim Ministerpräsidenten, der künftig bitte auch solche Anfragen unterschreibt und dann auch hier mit uns diskutiert, wenn er der Kulturministerpräsident ist.

Ich bedanke mich also für die Große Anfrage und für die Antwort. Wir werden diese Debatten weiter sehr intensiv führen müssen – vor allen Dingen mit Blick auf die Kommunen und die Situation von Künstlerinnen und Künstlern in unserem Land. – Danke schön.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Keymis. – Jetzt hat Herr Minister Krautscheid das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu Beginn will ich gerne direkt auf die letzten Ausführungen des Abgeordneten Keymis eingehen. Lieber Herr Kollege Keymis, ich bin mir ziemlich sicher – wir bekommen es fast jeden Tag gesagt –: Den Kulturschaffenden in diesem Land ist ein Kulturstaatssekretär, der den Kulturhaushalt verdoppelt, dreimal lieber als ein Kulturminister in früheren Zeiten, der durch brutalen Kahlschlag bei der freien Szene auffiel.

(Beifall von CDU und FDP)

Es kommt nicht auf den Hut und den Titel an, sondern an den Taten sollt ihr sie messen. Da können wir uns ganz gut sehen lassen, denke ich.

Beginnen will ich auch mit einem Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich sehr viel Mühe mit der Beantwortung dieser Großen Anfrage gemacht haben. Die Antwort liefert nun in der Tat über die heiß diskutierten Fragen hinaus eine Menge interessante Anhaltspunkte.

Herr Minister, gestatten Sie, dass ich Sie kurz unterbreche? Sie haben zwar kaum angefangen; aber schon hat Herr Keymis eine Frage an Sie. Wollen Sie sie zulassen?

Selbstverständlich.

Das kostet Zeit.

(Allgemeine Heiterkeit)

Bitte schön.

Herr Minister, Sie haben kaum angefangen – aber völlig falsch, wie ich finde.

(Beifall von den GRÜNEN)

Würden Sie mir dahin gehend zustimmen, dass ich in meiner Rede gerade versucht habe, die entscheidenden Gemeinsamkeiten sowohl im Hinblick auf die Kultur und die Kulturförderung als auch im Hinblick auf die Tatsache, dass wir mit Krisensituationen umgehen mussten, herauszustellen, und genau auf das verzichtet habe, was Sie jetzt wieder tun, nämlich herumzukeilen, obwohl es eigentlich darauf ankäme, das gemeinsame Ziel im Blick zu behalten?

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Geschätzter Kollege Keymis, Herumkeilen geht anders, wie wir beide wissen. Das lassen wir heute sein. Ich habe nur daran erinnert, dass es nicht auf den Titel, sondern auf die Taten ankommt.

(Frank Sichau [SPD]: Eben!)

Deswegen habe ich sehr wohl positiv zur Kenntnis genommen, dass Sie die Verdoppelung des Kulturetats und die Arbeit des Kulturstaatssekretärs positiv gewürdigt haben.

Wie in einem nächsten Kabinett die Aufgaben, die Posten und die Funktionen verteilt sind, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit und hoffentlich diese Re

gierung, die sehr kulturzugewandt arbeitet, nach dem 9. Mai dieses Jahres entscheiden.

Darf ich Sie noch einmal unterbrechen, Herr Minister? Ob Sie es glauben oder nicht: Wir haben eine zweite Frage, in diesem Falle von Frau Löhrmann. Wollen Sie sie ebenfalls zulassen?

Ich weiß, dass ich mir damit den Unmut des Präsidenten zuziehe; ich lasse sie aber zu.

Sie lassen sie zu. – Bitte schön.

Herr Krautscheid, da Sie sich jetzt gerade an der Vorgängerregierung, insbesondere an Herrn Vesper, abgearbeitet haben, darf ich Sie fragen, wem Sie es denn zu verdanken haben, dass es die Ruhrtriennale und die RUHR.2010 gibt, und warum Sie diese Dinge, die da so brutal möglich gemacht worden sind, nicht genauso gekappt haben wie manches andere auch?

(Beifall von den GRÜNEN)

Verehrte Frau Löhrmann, ich mache es jetzt wie der Kollege Keymis. Ich äußere hier überhaupt keine Kritik, sondern Respekt für diese Einzelprojekte. Er hat sie ja auch gelobt. Wenn heute allerdings die Finanzierungsfrage im Mittelpunkt steht – und die letzten drei Reden haben sich im Wesentlichen um die Frage der Kulturfinanzierung gedreht –, kann ich Ihnen die entsprechenden Hinweise nicht ersparen. Denken Sie an die Menschen im Bibliothekswesen. Denken Sie an die freie Szene.

(Beifall von CDU und FDP)

Die Weste ist nicht so rein, wie die Erinnerung sie manchmal erscheinen lässt.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Darum geht es doch gar nicht! Was Sie betreiben, ist kleinka- riert!)

Meine Damen und Herren, Nordrhein-Westfalen besitzt eine beeindruckende kulturelle Szene, die wir alle schätzen und wertschätzen. Geprägt ist sie durch die Kooperation aller Akteure, die Kultur gestalten und unterstützen; denn in NordrheinWestfalen ist die Kooperation schon immer Grundprinzip des kulturpolitischen Handelns gewesen. Deshalb hat die Landesregierung auch den Kahlschlag der früheren Regierung beendet und die

Entscheidung zur Verdoppelung des Kulturförderetats konsequent umgesetzt.

Für diese Arbeit steht auch eine Maßnahme wie die Unterstützung von RUHR.2010, die der Landtag durch eine pauschale Zuweisung in Höhe von 2 € pro Einwohner ergänzt hat. Dafür steht der bundesweit anerkannte Aufbau von Programmen auf dem Feld der kulturellen Bildung wie „Kultur und Schule“ oder „Jedem Kind ein Instrument“. Dafür stehen Investitionen in Kulturbauten, in den Schutz des kulturellen Erbes und in die Förderung junger Künstlerinnen und Künstler sowie kreativer Milieus.

Selbstverständlich sehen auch wir – wie könnte es anders sein? – die Entwicklung der kommunalen Haushalte in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise mit Sorge. Das Land unterstützt die Kommunen nach Kräften.

Ich will hier darauf verzichten, die heute und in den letzten Tagen immer wieder geführte Debatte aufzugreifen, ob dies genügt oder zu wenig ist. Immerhin jeder vierte Euro unserer staatlichen Ausgaben kommt in Nordrhein-Westfalen den Kommunen zugute. Im Vergleich mit anderen Bundesländern ist das ein hoher Anteil.