Protokoll der Sitzung vom 03.02.2010

Einige der Fragen versuche ich gerade aufzuzeigen, aber Fragen sind offenbar nicht Ihr Thema. Sie wollen hier ja lieber Meinungen vertreten.

(Svenja Schulze [SPD]: Nein, Antworten! – Zuruf von der SPD: Wir wollen die wahre Perspektive hören!)

Es stellt sich also die Frage: Führt ein solcher Wettbewerb zwischen kommunalen Energieversorgern nicht sogar zur Vernichtung kommunalen Vermögens durch das Handeln anderer Kommunen?

Auch das sollte man mal bedenken: Wie verhalten sich die Kommunen, die kommunalen Energieversorger untereinander? Ist es nicht vielmehr …

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Also, der Abgeordnete Becker kommt sonst nicht zur Ruhe; geben Sie ihm doch die Gelegenheit, die Zwischenfrage zu stellen.

(Zurufe von der SPD: Ooh!)

Herr Kollege Becker, nach unserer Auffassung beantwortet Frau Ministerin die Frage des Abgeordneten Börschel. Wenn diese Zwischenfrage des Abgeordneten Börschel beantwortet ist, dann rufe ich Ihre Zwischenfrage auf und frage die Frau Ministerin, ob sie diese beantworten will.

Wenn Ihnen die Frau Ministerin das in der verbundenen Debatte jetzt ermöglicht, wollen wir das nicht komplizierter und formeller gestalten, als es sein muss. Sie haben die Gelegenheit, Ihre Zwischenfrage zu stellen.

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Bis jetzt ist noch keine Antwort auf die Frage gekom- men!)

Frau Ministerin MüllerPiepenkötter, ist Ihnen bekannt, dass ausweislich der Presseartikel – und ich gehe davon aus, dass sie nicht falsch sind, sonst wäre ja korrigiert worden – Frau Ministerin Thoben a) angekündigt hat, dass es einen Vorstoß noch in dieser Legislaturperiode geben wird, und b) angekündigt hat, dass sie ausdrücklich dafür ist, dass die nordrhein-westfälischen Unternehmen auch bundesweit tätig werden können, die bisher gegenüber anderen Unternehmen in anderen Bundesländern ausdrücklich benachteiligt sind?

Frau Kollegin Thoben hat – wie ich bereits auf die Frage des Abgeordneten Börschel gesagt habe – dieses Problem zu Recht angesprochen. Dieses Problem muss gründlich geprüft werden.

Dabei müssen aber auch die Fragen bedacht werden, die ich Ihnen gerade zu vermitteln versuche, die Sie aber offenbar nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Es wäre sinnvoll, ein Problem unter Berücksichtigung aller sich stellenden Fragen zu lösen und sich nicht nur eine Frage herauszupicken.

(Zuruf von der SPD: Gilt das übrigens auch für Herrn Pinkwart in einem anderen Zusam- menhang?)

Das Gemeindewirtschaftsrecht, meine Damen und Herren, ermöglicht etwas, was vielleicht der richtigere Weg sein könnte, nämlich kommunal zu kooperieren. Das Gesetz über das Gemeindewirtschaftsrecht ist kooperationsfreundlich. Kooperationen scheitern also nicht am derzeitigen Recht, sondern oft an fehlendem Einigungswillen der lokal Verantwortlichen.

Meine Damen und Herren, Prüfbedarf zeigt sich insbesondere auch bei der Frage: Wie ist die Interpretation von Professor Burgi zu bewerten, dass es für einen öffentlichen Zweck im Sinne des Gemeindewirtschaftsrechts bereits ausreichen soll, dass die Gemeinde die entstehenden Erträge – und zwar Erträge, die möglicherweise auf Kosten anderer Gemeinden erzielt werden – zur Finanzierung ihrer eigenen, unmittelbar im öffentlichen Interesse liegenden Verwaltungsaufgaben einsetzen kann und muss?

Darauf stellt auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in ihrer Gesetzesbegründung ab: Ist dies überhaupt mit der Rechtssprechung des OVG vereinbar?

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass sich das Gutachten mit einer bekanntermaßen sehr komplexen und schwierigen rechtlichen Problematik in zahlreichen Facetten befasst und diese einfachen Lösungen eben nicht zugänglich sind. Hier mit übereilten gesetzgeberischen Maßnahmen zu arbeiten wäre nicht sinnvoll.

Es ist vielmehr eine gründliche Auswertung ohne jegliche Hast gefordert, und erst nach einer solchen Auswertung kann man gesetzgeberische Maßnahmen, soweit sie erforderlich sind, in Angriff nehmen.

Die Debatte muss sorgfältig und differenziert geführt werden. Und das werden wir tun. Dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen schon alles zu wissen glaubt, zeugt nur von mangelndem Problembewusstsein. Ähnliches gilt auch für den Entschließungsantrag der SPD.

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Diejeni- gen, die geohrfeigt werden, sind Sie! – Jo- hannes Remmel [GRÜNE]: Wollen Sie die Hotels auch noch ansprechen?)

Die SPD meint jetzt schon zu wissen, was in einem ersten und in einem zweiten Schritt im Gemeindewirtschaftsrecht zu tun ist und betrachtet dann das ohnehin schon komplexe Thema mit dem Thema Vergaberecht, das erst recht – und spätestens hier müsste man wach werden – Entscheidungen auf Biegen und Brechen verbietet.

Die Landesregierung steht für eine ergebnisoffene und vor allem gründliche Prüfung

(Lachen von der SPD)

und lehnt daher den Gesetzentwurf der Grünen und den Entschließungsantrag der SPD ab.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD der Kollege Eiskirch das Wort.

Ich will darauf hinweisen, dass es insgesamt eine gute Angewohnheit hier im Hause ist, dem jeweiligen Redner zuzuhören. Das würde unserer Debattenkultur insgesamt einen Gefallen erweisen. – Herr Kollege Eiskirch, Sie haben das Wort.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Bei der CDU gibt es dort hinten einen Stehkonvent um die Prä- sidentin herum!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte es mir ja nicht träumen lassen, dass in den viereinhalb Jahren meiner Landtagszugehörigkeit noch der Tag kommt, an dem mir Frau Ministerin Thoben hier vorne auf der Regierungsbank ein Stück weit leidtut.

(Beifall von der SPD)

So, wie Sie hier gerade in den Regen gestellt werden, haben Sie das explizit bei diesem Thema und so, wie Sie sich dabei verhalten und inhaltlich dabei aufgestellt haben, nicht verdient. Sie haben ein richtiges Gutachten in Auftrag gegeben und aus meiner Sicht auch die richtigen Schlüsse daraus gezogen. Das, was der Kollege Wittke hier gemacht hat, nämlich Ihnen nicht nur Hausaufgaben, sondern ein ganzes Buch mit Aufgaben vollzuschreiben und Ihnen quasi ein Lastenheft mitzugeben, das abzuarbeiten ist, ist dem Umgang mit der Ministerin nicht angemessen.

(Beifall von der SPD -Hans-Willi Körfges [SPD]: Peinlich!)

Frau Ministerin Thoben, ich habe großes Verständnis dafür, dass Sie gerade diese Rede nicht halten wollten. Als Frau Müller-Piepenkötter so etwa bei der Hälfte war, dachte ich mir: Ich verstehe sehr wohl, dass Frau Thoben eine solche FDP-Rede hier in diesem Hause nicht halten will.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Es ist wirklich unglaublich. Kollege Brockes, Sie brauchen kein zweites Gutachten. Sie müssen das erste erst einmal lesen. Da stehen die Antworten auf die Fragen, die Sie hier die ganze Zeit stellen, schon lange drin.

(Beifall von der SPD)

Ihre Rede war wirklich „Brockes im Paralleluniversum“. Ich habe es vorhin wirklich nicht fassen können.

(Dietmar Brockes [FDP]: Weil Sie nicht zu- gehört haben! Es hilft schon, wenn Sie mal zuhören!)

Es gibt ein Gutachten, in dem deutlich gemacht wird, dass wir insbesondere im Energiesektor eine Veränderung verzeichnen, die immer stärkere oligopolartige Strukturen heraufbeschwört. Wir kommen gerade in der Energieerzeugung nicht davon weg, dass nur die vier Großen alle Produkte anbieten und wir insofern keine Konkurrenz- und Wettbewerbssituation hinbekommen. Es müsste gerade Ihr Bestreben sein, zu sagen: Die Wirtschaft kann die Angebote vorhalten, aber wir brauchen mehr Wettbewerb auf dem Energiesektor. – Wer können denn weitere Player sein, wenn nicht die kommunalen Anbieter? Es gibt gar keine anderen, die die Chance haben, dort Player zu werden.

Herr Kollege Wittke hat richtig beschrieben, welche Hilfestellungen man geben muss, um solchen Playern auch das notwendige Gewicht geben zu können. Dafür bin ich durchaus dankbar. Ob es der feinste Umfang miteinander war, dass er Frau Thoben den Rucksack mitgegeben hat, weiß ich nicht. Aber das müssen Sie untereinander ausmachen.

(Martin Börschel [SPD]: Das war der Sinn der Sache!)

Um das noch einmal deutlich zu machen: Vor einigen Jahren, 2007, gab es landesweite Proteste. Es gab die Aktion „5 vor 12“. 20.000 Menschen waren gegen die Veränderungen beim § 107 auf den Beinen.

Bei den Hotels braucht die FDP drei Wochen, um von Veränderungen zu reden. Hier brauchen Sie drei Jahre, um ein Gutachten erstellen zu lassen, das Sie danach nicht lesen und wahrhaben wollen. Das ist die Wahrheit der FDP hier in diesem Lande, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD – Bodo Wißen [SPD]: Bei den Hotels reden sie auch nur!)

Wahrscheinlich muss man einmal mit ver.di sprechen, ob sie spendenbereit sind. Vielleicht ändert sich dann irgendetwas, damit sich auch bei diesem Thema etwas bewegt. Ich weiß es nicht.

(Heiterkeit und Beifall von der SPD)

Ich finde es wirklich unglaublich.

Ich kann nicht verstehen, dass ein Haus wie dieses zu 94 % gemeinsam der Auffassung ist, an dieser Stelle zügig handeln zu wollen, wir uns aber in dieser unverschämten Art und Weise von 6 % hier ausbremsen lassen müssen. Es ist für die Zukunft dieses Landes nicht verantwortbar, was hier passiert, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Um auch Ihre Termini zu gebrauchen: In dem BurgiGutachten ist davon die Rede, dass die Stadtwerke in Zukunft in vernünftige Wettbewerbspositionen versetzt werden müssen, weil das heutige Recht schwerfällig, bürokratisch und mit erheblichen Rechtsbedenken behaftet ist. Daher muss man zügig handeln, und ich finde, Frau Ministerin Thoben hat auch einen vernünftigen Zeitplan vorgegeben.